Die Hansestadt Lübeck beabsichtigt, die Erschließung des Gebietes des Bebauungsplanes „15.04.00 Kronsforder Landstraße – südlich BAB 20“ auf die KWL GmbH zu übertragen. Die Übertragung der Erschließung auf einen Dritten ist nur aufgrund eines Beschluss des Bauausschusses zulässig.
I. Die Hansestadt Lübeck betreibt zurzeit die Aufstellung des Bebauungsplanes „15.04.00 Kronsforder Landstraße – südlich BAB 20“. Mit diesem Bebauungsplan sollen die wegen Betriebsaufgabe nicht mehr genutzten Flächen eines ehemaligen Obsthofes einer neuen Nutzung zugeführt werden. Geplant ist zukünftig eine gewerbliche Nutzung.
Die verkehrliche Erschließung erfolgt über die Kronsforder Landstraße. Im Innern sind vier Planstraßen sowie ein Teil der Raabrede vorgesehen, die zukünftig auch die verkehrliche Anbindung zum Abfallwirtschaftszentrum Niemark sicherstellen werden. Die äußere Erschließung erfolgt über zwei neue Knotenpunkte, ebenso ist der Rückbau des Knotenpunktes Raabreede / Kronsforder Landstraße geplant. Die Ableitung des Niederschlagswassers erfolgt über Entwässerungsanlagen in den Glindbruchgraben. Ein Teil des Niederschlagswassers wird der Versickerung und Verdunstung zugeführt. Das Schmutzwasser wird in die mechanisch-biologischen Abfallbehandlungsanlage (MBA) der Entsorgungsbetriebe Lübeck geleitet, die an das zentrale Entsorgungsnetz der Entsorgungsbetriebe Lübeck angeschlossen ist.
Die Erschließung des Gebietes mit Wasser, Strom und Wärme erfolgt durch die Versorgungsträger. Die Erschließungsträgerin übernimmt die Koordination mit den Versorgungsträgern.
Zur Sicherung der Erschließung stellt die KWL GmbH eine selbstschuldnerische Bürgschaft in Höhe der voraussichtlichen Erschließungskosten.
Nach Herstellung der Erschließungsanlagen überträgt die KWL der Stadt unentgeltlich das Eigentum an den Erschließungsanlagen. Die unentgeltliche und lastenfreie Übertragung der zukünftig öffentlichen Flächen (Verkehrsflächen) wird durch eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch gesichert. Die Kosten für die entwässerungstechnischen Erschließungsanlagen werden mit den anfallenden Anschlussbeiträgen gemäß des Kommunalabgabengesetzes verrechnet.
II. Die Verwaltung empfiehlt dem Bauausschuss zu beschließen, die Erschließung auf die KWL GmbH durch städtebaulichen Vertrag zu übertragen.
Grundsätzlich ist die Gemeinde gemäß § 123 BauGB zuständig für die Erschließung und somit für die Herstellung der Erschließungsanlagen. Im Falle der Eigenerschließung ist die Gemeinde dann verpflichtet, die Kosten der Erschließung für die beitragsfähigen Erschließungsanlagen durch die Erhebung eines Erschließungsbeitrages nach BauGB zu decken. Ein Anteil von 10% der Kosten verbleibt bei der Gemeinde. Für die Erschließungsanlagen, für die keine Erschließungsbeiträge entstehen, werden Anschlussbeiträge nach dem Kommunalabgabengesetz des Landes Schleswig-Holstein erhoben.
Die Erschließung kann aber an einen Dritten übertragen werden, der die Erschließung im eigenen Namen und auf eigene Kosten zu 100% übernimmt. Diese Möglichkeit der Übertragung räumt § 11 BauGB einer Gemeinde ein. Die Übertragung der Erschließung muss den gesamten Umständen nach angemessen sein.
Im Falle der Erschließung des Baugebietes „15.04.00 Kronsforder Landstraße – südlich BAB 20“ stellt sich die Fremderschließung als vorteilhaft dar. Zum einen hat die Hansestadt nicht den Anteil von 10% der Erschließungskosten, die sich insgesamt geschätzt auf 15 Mio. EUR belaufen, zu tragen. Zum anderen entfallen Fremdfinanzierungskosten, die bei einer Eigenerschließung wegen der Kapitalbeschaffung anfallen würden.
Die Übertragung der Erschließung auf die KWL GmbH stellt auch die zeitnahe Umsetzung des planerischen Willens der Hansestadt Lübeck sicher. Die Erschließung ist haushalterisch nicht eingeplant und daher kurzfristig nicht möglich.
Die Übertragung der Erschließung ist ebenfalls angemessen. Der anfallende Erschließungsaufwand dient der Baureifmachung der durch die Erschließungsträgerin erworbenen Flächen.
Die Übertragung der Erschließung stellt sich auch aus einem weiteren Punkt als vorteilhaft dar. Grundsätzlich besteht kein Anspruch auf Erschließung. Zu diesem Grundsatz bestehen verschiedene Ausnahmen. Eine gesetzlich geregelte Ausnahme ist die des § 124 BauGB. Sobald die Gemeinde einen Bebauungsplan erlassen hat und das zumutbare Angebot eines Dritten auf Durchführung der Erschließung ablehnt, ist sie verpflichtet, die Erschließung selbst durchzuführen. Um zu verhindern, dass die Hansestadt Lübeck für die Erschließung in Anspruch genommen wird, soll die Erschließung vor Rechtskraft des Bebauungsplanes auf einen Dritten übertragen werden.
Durch den zu fassenden Beschluss werden die Belange von Kindern und Jugendlichen nicht berührt. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen im Sinne des § 47f GO erfolgte im Zuge des Verfahrens zur Aufstellung des Bebauungsplanes „15.04.00 Kronsforder Landstraße – BAB 20“, der dem hier zu schließenden Vertrag zugrunde liegt.
Auf Grundlage dieses Beschlusses zur Übertragung der Erschließung des Gebietes des Bebauungsplanes „15.04.00 Kronsforder Landstraße – südlich BAB 20“ wird mit der KWL GmbH als Erschließungsträgerin ein Erschließungsvertrag geschlossen.
Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen des Beschlusses
1. Wegfall des 10%igen Anteils der Hansestadt Lübeck an den beitragsfähigen Erschließungskosten
Wie oben dargestellt, entfällt der städtische Anteil an den beitragsfähigen Erschließungskosten durch die Übertragung der Erschließung auf den Dritten. Hierdurch wird eine entsprechende Entlastung des städtischen Haushalts erreicht (voraussichtliche Entlastung ca. 1,5 Mio. EUR / etwa 10% der Erschließungskosten).
2. Kosten für die Unterhaltung der Verkehrsflächen und Anlagen
Nach Übernahme der Anlagen durch die Stadt entstehen Kosten für die Reinigung und Unterhaltung der Flächen durch den Straßenbaulastträger. Diese entstehen mit dem Zeitpunkt der Übernahme. Vertraglich soll geregelt werden, dass die Hansestadt Lübeck die Anlagen erst übernimmt, wenn der Großteil der Hochbautätigkeiten (i.d.R. wird eine Bebauung von 80% der Grundstücke im Geltungsbereich vertraglich vereinbart) im Erschließungsgebiet abgeschlossen ist. Dieser Zeitpunkt ist abhängig von der Vermarktung der Grundstücke durch die Erschließungsträger sowie der Bautätigkeit der Grundstückserwerber. Insoweit lässt sich gegenwärtig nicht darstellen, wann diese Belastung entsteht.
Den Entsorgungsbetrieben entstehen Kosten für den Bau der inneren und äußeren entwässerungstechnischen Erschließungsanlagen, die nicht über Beiträge refinanziert werden können. Ein entsprechender Rechtsanspruch für die Hansestadt Lübeck besteht ausdrücklich nicht. Eine Verrechnung mit den Anschlussbeiträgen würde auf freiwilliger Basis erfolgen, die Verhandlungen hierüber sind noch nicht abgeschlossen.
3. Zuwachs des Anlagevermögens und der Sonderposten der Hansestadt Lübeck nach Übernahme der Erschließungsanlagen
Mit der Übergabe der Erschließungsanlagen erhöht sich der Wert des städtischen Anlagevermögens. Zum einen erhöht sich der Wert der betroffenen Grundstücke um die erstmaligen Erschließungskosten. Zum anderen kommen weitere Anlagen der Infrastruktur hinzu (z.B. Straßen, Nebenanlagen wie Parkplätze, Gehwege, Beleuchtung, Verkehrszeichen, Straßenbegleitgrün sowie Straßenbäume). Diese Anlagen werden der Stadt vom Erschließungsträger nach Fertigstellung unentgeltlich und lastenfrei übertragen. Da der Übertragungszeitpunkt vom Baufortschritt abhängt, kann gegenwärtig noch nicht konkret benannt werden, wann die Werte dem Anlagevermögen der Stadt zufallen.
Gleichzeitig, mit Übernahme der Werte im Anlagevermögen, entsteht in derselben Höhe ein Sonderposten auf der Passivseite, der die Finanzierung des Anlagenvermögens darstellt.
4. Abschreibungen der Anlagen und Auflösung des Sonderpostens der Erschließungsmaßnahme nach der Übernahme
Mit der Übernahme der Anlagen und ihrer Aktivierung im städtischen Vermögen beginnt deren Abschreibung. Ebenso beginnt die Auflösung der Sonderposten. Da die Höhe der Abschreibungen maßgeblich vom Anschaffungs- und Herstellungswert der Anlagen abhängt und dieser erst nach Herstellung feststeht, ist eine Bezifferung zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur vage möglich.
5. Wegfall von Fremdfinanzierungszinsen
Durch die Übertragung der Erschließung übernimmt der Erschließungsträger auch deren Finanzierung. Die Kosten der Vorfinanzierung (Kreditzinsen) entfallen für die Hansestadt Lübeck.
6. Bilanz der finanziellen Auswirkungen
Die durch den Beschluss entstehenden finanziellen Auswirkungen sind mit Ausnahme der zusätzlichen Unterhaltungskosten günstig für die Stadt. Ferner entfallen der Eigenanteil der Stadt nach § 129 Abs. 3 BauGB, sowie die Finanzierungskosten für die Herstellung der Erschließungsanlagen.