Vorlage - VO/2021/10054-02  

Betreff: Bericht zum Änderungsantrag zur Machbarkeitsstudie Radschnellweg
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna HagenBezüglich:
VO/2021/10054
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Hellwig, Nele
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
20.12.2021 
62. Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag


 

Am 07.06.2021 wurde die Machbarkeitsstudie Radschnellweg (VO/2021/10054) dem Bauausschuss vorgestellt. Im Zuge der Diskussion wurde ein Änderungsantrag (VO/2021/100541) verabschiedet:

 

Der Bericht Machbarkeitsstudie Radschnellweg wird als Zwischenbericht zur Kenntnis genommen. Die Verwaltung wird beauftragt, noch in diesem Jahr die vorliegende Studie zu ergänzen, um einen Bericht über die zu erwartenden Auswirkungen im Verkehrsnetz (z.B. Ratzeburger Allee, Auslastung B 207 neu einschl. Kreuzung Kronsforder Allee und Berliner Platz, Mönkhofer Weg, Erschließung und Erreichbarkeit der angrenzenden Wohn- und Gewerbegebiete), Sicherstellung MUL-Anfahrt mit Rettungsfahrzeugen und Verbesserung des ÖPNV. Zudem möge die Verwaltung berichten, inwieweit die geplante Radwegeverbindung zwischen Bad Schwartau und Groß Grönau als Radschnellweg für die Hansestadt Lübeck günstigere Fördermöglichkeiten eröffnet gegenüber einer gewöhnlichen Radwegförderung im Rahmen der umfangreichen Förderkulisse für Radwege.“

 


 


Begründung


 

Durch den Radschnellweg ist allgemein mit einem Umsteigeeffekt zugunsten des Radverkehrs zu rechnen. Diese Umstiege geschehen auch vom Pkw hin zum Fahrrad. Vor allem für Entfernungen zwischen drei und zehn Kilometern ist mit deutlichen Verlagerungseffekten zu rechnen.[1] Das Verkehrsaufkommen der einzelnen Verkehrsmittel ändert sich folglich durch die Realisierung eines Radschnellwegs. Das bedeutet auch, dass Pkw-Fahrten verlagert werden, wodurch das Kfz-Verkehrsaufkommen abnimmt. Bei Betrachtung der möglichen Auswirkungen auf die bestehende Infrastruktur durch den Bau eines Radschnellwegs sollte also stets beachtet werden, dass das Kfz-Verkehrsaufkommen nicht unverändert bleibt.

 

Um konkrete Auswirkungen auf umliegende Bereiche modellieren zu können, muss eine Detailplanung vorliegen. Die Beurteilung der möglichen Auswirkungen kann sich zu diesem Zeitpunkt des Grobkonzepts ausschließlich in abstrakteren Wirkungsabschätzungen bewegen. Des Weiteren lässt das vorhandene, veraltete Verkehrsmodell aufgrund seiner Grobmaschigkeit der Verkehrszellen nur Orientierungswerte in Bezug auf die Analyse der nahräumlichen Verkehrseffekte zu. Ein neues Verkehrsmodell ist zurzeit in Erarbeitung und wird voraussichtlich Mitte 2022 vorliegen (VO/2021/09686).

 

Eine Abgleichung mit dem vorliegenden Verkehrsmodell und der groben Planung zum Radschnellweg ergab bereits, dass vor allem aufgrund der Linksabbiegerspuren in Kreuzungsbereichen das Verkehrsaufkommen auf der Ratzeburger Allee ohne signifikante Verschlechterungen für den Kfz-Verkehr abwickelbar ist.

 

  1. Zu erwartende Auswirkungen im Verkehrsnetz (z.B. Ratzeburger Allee, Auslastung B 207 neu einschl. Kreuzung Kronsforder Allee und Berliner Platz, Mönkhofer Weg)

 

Anhand des Verkehrsmodells konnte eine Umlegung des Kfz-Aufkommens auf der Ratzeburger Allee von 8% (circa 1.600 Kfz/24h) ermittelt werden. Diese verteilen sich hauptsächlich auf die B207neu und im weiteren Verlauf auf die Kronsforder Allee sowie die Berliner Straße. Für den Mönkhofer Weg wurde ein Zuwachs von 2% (ca. 220Kfz/24h) ermittelt. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Berechnung bei Vorliegen des neuen Verkehrsmodells ggfs. erneut vorgenommen werden muss, um verlässlichere Aussagen treffen zu können. Darüber hinaus kann der Zusammenhang zwischen erhöhtem Radverkehr durch Umstieg vom Pkw nicht abgebildet werden.

 

Die Ratzeburger Allee ist aufgrund ihrer Verbindungsfunktion, ihrer Gestaltung und ihres Verkehrsaufkommens mit der Moislinger Allee vergleichbar. Die Moislinger Allee wurde so umgestaltet, wie es für weite Teile der Ratzeburger Allee im Zuge des Radschnellwegs angedacht ist: drei Fahrspuren (wovon eine Fahrspur ein Mittelstreifen bzw. an Knotenpunkten eine Linksabbiegerspur ist), Neugestaltung von Fuß-, Radverkehrsflächen und Parkstreifen. Die Vergleichbarkeit und damit die Abschätzung der Auswirkungen auf die Kapazität der Ratzeburger Allee ergibt sich durch die vergleichbare Verkehrsbelastung beider Straßen. Die Moislinger Allee kann nach Umgestaltung das dortige Verkehrsaufkommen abwickeln, sodass für die Ratzeburger Allee keine abweichenden Annahmen getroffen werden.

 

  1. Zu erwartende Auswirkungen auf Erschließung und Erreichbarkeit der angrenzenden Wohn- und Gewerbegebiete

 

Die Umsetzung eines Radschnellwegs wirkt sich i.d.R. nicht negativ auf die Erschließung von Wohn- oder Gewerbegebieten aus. Die Erschließung aller benachbarten Gebiete ist gegeben und gesichert. Die Erreichbarkeit von Wohn- und Gewerbegebieten wird für den Radverkehr verbessert. Da auf Radschnellwegen höhere Durchschnittsgeschwindigkeiten möglich sind, wächst der Zielradius von Radfahrenden. Dadurch, dass die Ratzeburger Allee die bestehenden Verkehre auch weiterhin aufnehmen kann, ist auch die Erschließung und Erreichbarkeit angrenzender Quartiere sichergestellt.

 

  1. Sicherstellung UKSH-Anfahrt mit Rettungsfahrzeugen

 

Durch Vorhaltung eines Mittelstreifens oder überbreiten Fahrstreifen auf dem Großteil der Trasse ist es Rettungsfahrzeugen jeder Art immer möglich, andere Kfz zu passieren. Des Weiteren ist die Zufahrt zur interdisziplinären Notaufnahme des UKSH nicht vom ersten Umsetzungsabschnitt des Radschnellwegs betroffen. Bei zukünftiger Umsetzung wird sichergestellt, dass Rettungsfahrzeuge ungehindert passieren können. Grundsätzlich sind auch auf zweispurigen Straßen Überholvorgänge durch Rettungswagen möglich.

 

  1. Verbesserung des ÖPNV

 

Im Zuge der Baumaßnahmen werden auch die im Streckenverlauf befindlichen Bushaltestellen angepasst. Dabei steht der barrierefreie Ausbau im Vordergrund und ermöglicht allen Lübecker:innen den Zugang zum ÖPNV. Ein positives Wirken bezüglich der Fahrgastgewinnung ist anzunehmen.

 

Darüber hinaus werden die Bushaltestellen nach Möglichkeit von Busbuchten zu Fahrbahnrandhaltestellen oder Haltestellenkaps ausgebildet. Die Busse müssen so beim Heran- oder Abfahren der Haltestellen nicht mehr die Fahrspur verlassen oder sich in den fließenden Verkehr einfädeln. Dadurch ergeben sich fahrdynamische Verbesserungen und Potentiale im betrieblichen Ablauf. Die bestehende Busspur bleibt bestehen, sodass bei den Kreisverkehrszufahrten am Mühlentorteller keine Nachteile für den ÖPNV zu erwarten sind. Es gibt eine enge Zusammenarbeit und Abstimmung zwischen den Projekten Radschnellweg und Busbeschleunigung sowie Absprachen mit dem Stadtverkehr Lübeck.

 

  1. rderkulisse

 

Das Förderprogramm des Bundes zu Radschnellwegen ist die Verwaltungsvereinbarung Radschnellwege 2017-2030“. Die Förderkriterien fordern hohen Standard, der nicht auf der gesamten Untersuchungstrasse für Lübeck eingehalten werden kann. Ob die Förderbedingungen in Zukunft angepasst werden, ist nicht abzusehen. Falls die Förderung über dieses Programm angestrebt wird, können 75% oder, in begründeten Einzelfällen, bis zu 90% Förderquote erreicht werden. Im Rahmen des Förderprogramms werden über die eigentlichen Radverkehrsanlagen hinaus auch andere Maßnahmen gefördert, wie etwa Beleuchtungsanlagen, Beschilderungen oder die erforderlichen Planungsleistungen Dritter.

 

Die Fördermittellandschaft für Radverkehrsprojekte ist darüber hinaus heterogen. Es existieren unterschiedliche Schwerpunkte. Für Radschnellwege bzw. Radwege mit geringeren Qualitätsstandards könnten unter bestimmten Bedingungen noch folgende Programme in Betracht gezogen werden:

 

Richtlinie zur Förderung von Klimaschutzprojekten im kommunalen Umfeld

(„Kommunalrichtlinie“) (in der Fassung ab dem 01.01.2022)

Ziel ist die Erhöhung des Radverkehrsanteils und somit eine Minderung von Treibhausgasemissionen. Die Förderquote beträgt i.d.R. 50%, lässt sich aber ggf. mit anderen Förderprogrammen kumulieren. Für finanzschwache Kommunen werden 65% gewährt. Die Förderrichtlinie erwähnt „Fahrradschnellwege“ explizit als Fördergegenstand. Darüber hinaus werden aber auch andere Arten der Radverkehrsinfrastruktur gefördert, welche die Radschnellwege-Standards nicht aufweisen.

 

Richtlinie zur Förderung innovativer Projekte zur Verbesserung des Radverkehrs in Deutschland

Die geförderten Maßnahmen sollen einen Beitrag zur Verbesserung der Verhältnisse für den Radverkehr in Deutschland leisten, und/oder die nachhaltige Mobilität durch Radverkehr sichern. Die reguläre Förderquote beträgt 75%,r finanzschwache Kommunen 90%. Neben den oben genannten Zielen der Richtlinie müssen die Projekte darüber hinaus innovativ sein und einen Modellcharakter aufweisen. Es handelt sich um ein zweistufiges Verfahren, bei welchem zuerst Projektskizzen eingereicht werden. Erst nach Bitte des Fördermittelgebers können vollumfängliche Anträge eingereicht werden.

 

Sonderprogramm Stadt und Land

Im Rahmen des Sonderprogramms Stadt und Land sind Radschnellwege (nach den Qualitätsanforderungen des Bundes) nicht Gegenstand der Förderung. Andere Radverkehrsinfrastrukturen können gefördert werden (Neu-, Um- und Ausbau). Das Vorhaben muss im Rahmen eines integrierten Verkehrskonzepts oder mindestens eines Radverkehrskonzepts bestehen. Die Förderquote beträgt i.d.R. 75%. Die Höhe der verfügbaren Mittel für Schleswig-Holstein ist im Vergleich mit den anderen Förderprogrammen eher gering und die Gewährung der Förderung für das Vorhaben der HL fraglich.

 

Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) Schleswig-Holstein

Über das GVFK können bis zu 75% (finanzschwache Kommunen) Förderquote akquiriert werden. Es muss ein zweistufiges Verfahren durchlaufen werden. Bis zum ersten Mai jeden Jahres müssen Fördervoranfragen (Antrag auf Anerkennung der Förderfähigkeit) gestellt werden. Nach (positiver) Prüfung durch den Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr sowie des Landesministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus stellen die Kommunen einen offiziellen Förderantrag. Dieser wird erneut geprüft. Die GVFG-Mittel lassen sich unter Umständen mit Bundesfördermitteln kumulieren (nur, wenn es laut entsprechender Bundesfördermittelrichtlinie ausdrücklich erlaubt ist).

 

Ziel sollte sein, die Bundesförderung der Verwaltungsvereinbarung Radschnellwege in Anspruch zu nehmen. Wenn die Inanspruchnahme nicht glich ist, da die geforderten Qualitätsstandards nicht eingehalten werden können, wird die Förderung über die Kommunalrichtlinie (in der Fassung ab 01.01.2022) favorisiert. Der Antrag muss nicht in einem zweistufigen Verfahren eingebracht werden, außerdem lässt sich eine Förderung ggf. mit Mitteln aus dem GVFG kumulieren, sodass eine höhere Förderquote (>65%) möglich ist.

 

 

 


[1] Vgl. dazu u.a.: PTV 2016: Hansestadt Rostock. Potenzialanalyse für das geplante Radschnellwegkonzept. Planersocietät et al. 2017: Machbarkeitsstudie e-Radschnellweg Braunschweig – Wolfsburg.

 


Anlagen


 

Stammbaum:
VO/2021/10054   Machbarkeitsstudie Radschnellweg   5.610 - Stadtplanung und Bauordnung   Bericht öffentlich
VO/2021/10054-01   Änderungsantrag von AM Christopher Lötsch (CDU) und AM Ulrich Pluschkell (SPD) zu: Machbarkeitsstudie Radschnellweg   Geschäftsstelle der CDU-Fraktion   Antrag eines Ausschussmitgliedes
VO/2021/10054-02   Bericht zum Änderungsantrag zur Machbarkeitsstudie Radschnellweg   5.610 - Stadtplanung und Bauordnung   Bericht öffentlich