Rechtsgrundlagen Straßenreinigung
Nach § 45 Straßen- und Wegegesetz (StrWG) sind die Gemeinden für die Durchführung der Straßenreinigung aller innerhalb der geschlossenen Ortslage gelegenen Straßen verantwortlich. Zur Reinigung gehört nach der gesetzlichen Regelung auch die Schneeräumung und Glättebeseitigung auf den Fahrbahnen, Geh- und Radwegen. Die Gemeinden sind berechtigt, durch Satzung die Reinigungspflicht ganz oder teilweise den Eigentümern:innen der anliegenden Grundstücke oder den zur Nutzung dinglich Berechtigten aufzuerlegen. Die Übertragung von Reinigungspflichten auf Grundstückseigentümer:innen ist immer nur dort rechtlich zulässig, wo die Übernahme der Reinigungspflichten zumutbar ist. Soweit die Reinigungspflicht bei der Hansestadt Lübeck verblieben ist, wird sie durch die Entsorgungsbetriebe Lübeck wahrgenommen. Sofern die Gemeinde die Reinigung selbst durchführt, ist sie berechtigt, durch Satzung die Eigentümer:innen oder die zur Nutzung dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke sowie der durch die Straße erschlossenen Grundstücke zu den entstehenden Kosten heranzuziehen.
In der ersten Jahreshälfte 2019 sind mehrere Urteile zur Straßenreinigungsgebühr ergangen. Das Verwaltungsgericht hat dabei festgestellt, dass unsere bisherigen Satzungsregelungen zur Entstehung der Gebühr und deren Fälligkeit gegen geltendes Recht verstoßen würden. Dies und der Beginn eines neuen Kalkulationszeitraumes, der die Jahre 2021 und 2022 umfassen soll, sind die wesentlichen Gründe für die Neufassung der Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung.
Gem. § 45 Straßenwegesetz SH ist die Gemeinde berechtigt die Reinigungspflicht auf die anliegenden Grundstückseigentümer:innen zu übertragen. Von diesem Recht macht die Hansestadt Lübeck in § 2 Abs. 1 Gebrauch. Damit wird unter anderem die Reinigungspflicht für die Fahrbahnen auf die Grundstückseigentümer:innen oder die dinglich Berechtigten übertragen. Eine solche Übertragung ist aber nur dann zulässig, wenn die Übernahme der Reinigungspflicht der/dem Grundstückseigentümer:in zuzumuten ist. Durch den neugeschaffenen Absatz 5 wird die Möglichkeit geschaffen die Zumutbarkeit der Übertragung der Reinigungspflicht im Einzelfall prüfen lassen zu können. Diese Regelung dient der Rechtssicherheit der Satzung.
Die Textliche Ergänzung in § 4 dient der Klarstellung.
Die Änderung in § 5 ist redaktionell und dient der Klarstellung.
Die Ergänzung in § 8 dient der Klarstellung der Auswirkung einer Pflichtverletzung.
Die Änderungen in den §§ 9, 10, 12 und 13, soweit sie die Entstehung und Fälligkeit der Gebühr regeln, dienen der Umsetzung der Feststellung des Verwaltungsgerichts. In den bisherigen Satzungen entstand die Gebühr mit Beginn des Kalendervierteljahres für das die Gebühr erhoben wird.
Nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes verstieß diese Regelung gegen die Vorschriften des
§ 11 Abs. 1 Satz 2 KAG in Verbindung mit § 38 AO, wonach eine Gebühr sukzessive mit der Erbringung der gebührenpflichtigen Leistung entsteht.
Die Fälligkeit kann erst nach Entstehung der Gebührenschuld definiert werden. Damit war die bisherige Regelung der Fälligkeit der Gebühr (in der Mitte des Quartals) ebenfalls rechtswidrig.
Die Neuregelung sieht vor, dass die Gebühr erst mit Ablauf des Quartals der Leistungserbringung entsteht. Erhebungszeitraum ist dabei das jeweilige Quartal. Es wäre möglich gewesen eine jährliche Gebühr zu erheben und zur Sicherung der Liquidität Vorauszahlung festzusetzen. In einem solchen Fall wäre es aber zwingend erforderlich einen endgültigen Gebührenbescheid, unter Anrechnung der Vorauszahlung, zu erlassen. Die vorliegende Regelung setzt die Benutzungsgebühren mit Ablauf des Quartals endgültig fest. Auf Vorauszahlungen und einen abschließenden Gebührenbescheid kann dadurch verzichtet werden.
Eine Änderung der Gebührensätze musste stattfinden. Im Schnitt ist eine Steigerung um
7,2 % zu verzeichnen. Im Einzelfall sind größere Abweichungen erkennbar. Diese resultieren im Wesentlichen aus dem verstärkten Einsatz von Straßenreinigern bei der Fahrbahnreini-gung. Dies ist unter anderem durch eine stärkere Beparkung von Fahrbahnen (z.B. Travemünder Allee, Falkenstraße), die dann nicht mehr ausschließlich maschinell gereinigt werden können, bedingt.
Die nachfolgende Grafik zeigt die Entwicklung der Straßenreinigungsgebühren im Vergleich zur allgemeinen Inflationsrate (Verbraucherpreisindex). Danach beträgt die durchschnittliche Infaltionsrate im Betrachtungszeitraum 1,3 %/Jahr. Bei der ausgewählten Reinigungsklasse 6 und 8 Frontmetern ist die Straßenreinigungsgebühr lediglich um 1,1 %/Jahr gestiegen. Wird zusätzlich zur Straßenreinigungsgebühr auch noch eine Winterdienstgebühr erhoben, ist die Gesamtgebühr im selben Zeitraum sogar um 1,8 %/Jahr gesunken.
Im Übrigen wird auf die Anlage 4 verwiesen.
Im Rahmen der Überarbeitung der Satzung wird die Zuordnung von Straßen zu Reinigungs- und Winterdienstklassen regelmäßig überprüft und aktualisiert. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere die Zuordnung zu den Reinigungsklassen S 0 und S 5 kritisch überprüft. Dabei wurde festgestellt, dass die bisherigen Satzungsregelungen keine eindeutige Abgren-zung ermöglichten, da sowohl das Reinigungsintervall als auch der Reinigungsumfang mit je-weils 12 x wöchentlich identisch sind. Der Reinigungsklasse S 0 wurden nun nur solche Straßen zugeordnet, die durch das Verkehrszeichen 242.1 (Fußgängerzone) gekennzeichnet sind.
Alle übrigen Straßen, die einen fußgängerzonenähnlichen Charakter haben, ohne als solche ausgewiesen zu sein, sind nunmehr der Reinigungsklasse S 5 zugeordnet. Wegen der einzelnen Änderungen wird auf die Synopse verwiesen.
Allgemeininteresse
Einfluss auf die Reinigungs- und Winterdienstgebühr hat auch die Höhe des Allgemeininteresses.
Die Straßenreinigung und der Winterdienst umfassen ein breites Spektrum an Leistungen, die durch ein Team von rund 70 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern - beim Winterdienst in der Spitze bis zu 300 Arbeitskräften pro Einsatz - täglich per Hand oder mit modernen Maschinen ausgeführt werden. Für die Straßenreinigungsleistungen gemäß Satzung wird derzeit eine Gebühr mit 7 Reinigungsklassen und, davon unabhängig, für Winterdienstleistungen gemäß Satzung eine Gebühr mit 2 Winterdienstklassen erhoben. Die kommunale Straßenreinigung ist keine geschlossene Einrichtung in dem Sinne, dass die von ihr erbrachte Reinigungsleistung nur den Grundstückseigentümern zugutekommt, deren Grundstücke durch die von der Gemeinde gereinigten Straßen erschlossen werden; sie dient vielmehr in einem nicht unbeachtlichen Maß allen Straßenbenutzern und damit der Allgemeinheit. Dieses Allgemeininteresse ist bei der Gebührenkalkulation entsprechend zu berücksichtigen. Diesem Umstand Rechnung tragend, werden 25,3 % der Aufwendungen für den gebührenfinanzierten Sommerdienst und 28,6 % der Aufwendungen für den gebührenfinanzierten Winterdienst durch die Hansestadt Lübeck getragen. Die Höhe des Anteils zur Abgeltung des allgemeinen Interesses an sicheren und sauberen Straßen ist vom Gesetzgeber nicht vorgegeben, sondern hängt jeweils von den örtlichen Gegebenheiten ab.
Die Begründung, die zu der Höhe des Allgemeininteresses führt, setzt sich folgendermaßen zusammen. Zunächst wird die Verkehrsbelastung jeder Straße, die gebührenpflichtig gereinigt wird, ausgewertet und einer von vier Kategorien zugeordnet.
Die Kategorien sind:
1. Straßen mit einem hohen Repräsentationswert (Fußgängerzonen, oder vergleichbar)
2. Hauptverkehrsstraßen mit mehr als 2000 Fahrzeugbewegungen pro Stunde
3. Hauptstraßen mit mindestens 800 und höchstens 2000 Fahrzeugbewegungen pro
Stunde
4. Sammel- und Wohnstraßen / Anliegerstraßen, für den Winterdienst mit öffentlichem
Personennahverkehr.
Nach dieser grundsätzlichen Einstufung erfolgt eine Prüfung, ob die einzelne Straße auch der richtigen Kategorie zugeordnet ist, oder ob abweichend von der Verkehrsbelastung eine andere Zuordnung erfolgen muss. (Beispielsweise wäre die Straße "Blankenseer Straße" von der Verkehrsbelastung Anliegerstraßen (Kategorie 4), wird jedoch wegen der Bedeutung als Zubringer zum Flughafen und zur B 207 als Hauptstraße Kategorie 3 eingestuft).
Danach wird für jede Kategorie ein Verhältnis zwischen dem Verkehr, der den Anliegern dient und jenem, der durch die einrichtungsfremden Nutzer erfolgt, gebildet.
Für die Ermittlung des Allgemeininteresses werden die Straßen der Kategorie 1 mit 50 %, die Straßen der Kategorie 2 mit 40 %, die der Kategorie 3 mit 30 % und die Straßen der Kategorie 4 mit 20 % berücksichtigt.
Der Bürgerschaft wurden mit VO/2017/05600 die der Ermittlung des Allgemeininteresses zugrundeliegenden Berechnungen und Bewertungen umfassend dargelegt. Eine erneute Bewertung ist mit dieser Satzungsänderung erforderlich, da Änderungen im Straßenverzeichnis vorgenommen werden. Der Verbindungsweg zwischen Auf dem Baggersand und Fischereihafen wurde eingezogen, die Straßen Klingenberg, Kohlmarkt, Sandstraße und ein Teil der Wahmstraße (zwischen Königstraße und Kohlmarkt) werden von der Reinigungsklsse S 0 in die Reinigungsklassen S 5 umgestuft, der Blankenseer Dorfplatz (Busstrecke) wird in die Winterdienstklasse W 1 aufgenommen und die Straße Söllbrock wechselt in der Einstufung des Allgemeininteresses von 4 auf 3 (Wegfall der Geschindigkeitsbeschränkung "30 km/h". Weitere Änderungen ergeben sich aus der Synopse. Die Verkehrsbelastung der einzelnen bewerteten Straßen hat sich nicht wesentlich geändert.
Soweit Reinigungs-/Winterdienstleistungen auf Brücken, an Wasserstraßen und Strecken außerhalb der geschlossenen Ortslage erbracht werden, fehlt es an einer Möglichkeit, hierfür Gebühren zu erheben. Auch diese Leistungen sind aus dem städtischen Haushalt zu finanzieren und dürfen nicht mit der Quote für das Allgemeininteresse verrechnet werden.