Vorlage - VO/2019/08493
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Beschlussvorschlag
Das BM Thomas Misch hat am 12.11.2019 im Hauptausschuss folgende Anfrage gestellt:
Der Bundesfinanzhof will den sogenannten steuerlichen Querverbund bei kommunalen Unternehmen durch den Europäischen Gerichtshof überprüfen lassen. Welche Auswirkungen
kann dies für die Hansestadt Lübeck haben? Trifft die Hansestadt Lübeck entsprechend Vorbereitungen für den Fall eines negativen Urteils?
Begründung
Der Bundesfinanzhof (BFH) bittet den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) um Klärung, ob die Steuerbegünstigung für dauerdefizitäre Tätigkeiten kommunaler Eigengesellschaften gegen die Beihilferegelung des Unionsrechts verstößt. Der Vorlagebeschluss vom 13.03.2019 - I R 18/19 betrifft § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes 2009 und ist für Städte und Gemeinden von großer Bedeutung, da sie im Bereich der Daseinsvorsorge häufig an Eigengesellschaften mit dauerdefizitären Tätigkeiten beteiligt sind.
Der BFH ist der Auffassung, dass § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG den kommunalen Eigengesellschaften einen selektiven Vorteil dadurch verschafft, dass die Rechtsfolgen einer verdeckten Gewinnausschüttung nicht zu ziehen sind, während bei den übrigen Steuerpflichtigen, die ebenfalls im Interesse ihrer Gesellschafter verlustreiche Tätigkeiten durchführen, diese Rechtsfolgen eintreten. In seinem Vorlagebeschluss geht der BFH von einem grundsätzlichen Vorliegen einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV aus, überantwortet aber dem EuGH die verbindliche Klärung der im Streitfall bestehenden Auslegungsfrage.
Sollte der EuGH das Vorliegen einer Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV bejahen, wäre § 8 Abs. 7 S. 1 Nr. 2 KStG bis zu einer Entscheidung der Europäischen Kommission über die Vereinbarkeit der Steuerbegünstigung mit dem Binnenmarkt nicht anwendbar. Der Streitfall wie auch die weitere Anwendung dieser Vorschrift müssten bis zu einer Entscheidung durch die Kommission ausgesetzt werden.
Betroffen von diesem Urteil wäre der steuerliche Querverbund der Stadtwerke Lübeck Holding GmbH (SWLH), bei dem die negativen Ergebnisse der Stadtverkehr Lübeck GmbH (SL) mit den positiven Ergebnissen der Stadtwerke Lübeck GmbH verrechnet werden.
Folgende Rechtsfolgen könnten eintreten:
- Die Zulässigkeit des steuerlichen Querverbunds wird bestätigt und alles bleibt unverändert.
- Die Zulässigkeit des steuerlichen Querverbundes wird nur für bestimmte Fallkonstellationen als zulässig erachtet. Dann wären die konkreten Umstände bei der SWLH zu prüfen.
- Die Zulässigkeit des steuerlichen Querverbundes wird verneint. Es könnten dann zukünftig keine Steuervorteile mehr geltend gemacht werden. Ggf. könnten auch Rückforderungen von Steuervorteilen seit Einführung bundesgesetzlichen Regelung des § 8 KStG im Jahr 2009 erfolgen.
Ein Ergebnis ist schwer vorherzusagen. Es ist zu hoffen, dass der EuGH die Relevanz für die deutsche öffentlichen Daseinsvorsorgefinanzierung berücksichtigt. Die monetären Folgen bei Rückforderungen insbesondere für alle Stadtwerke wären nicht zu bewältigen und hätten Insolvenzen zur Folge.
Es besteht von Seiten der Hansestadt Lübeck (HL) und der SWLH nach rechtlicher Prüfung keine Möglichkeit, Vorsorge für ein negatives Urteil zu treffen.
Sollte der steuerliche Querverbund in der bisherigen Form aufgrund des Urteils nicht mehr bestehen bleiben, hätte das für die SWLH für die Zukunft steuerliche Nachteile von
2020 = 4,3 Mio. EUR
2021 = 4,5 Mio. EUR
2022 = 4,9 Mio. EUR
2023 = 4,7 Mio. EUR
2024 = 4,8 Mio. EUR,
die sich auch auf das Ergebnis der SWLH auswirken würden.
Bei Wegfall des steuerlichen Querverbundes wäre damit die vollständige Abdeckung der Verluste der SL im Stadtwerke-Konzern und damit die Finanzierung der von der HL an die SL direkt vergebenen Beförderungspflichten nicht mehr sichergestellt.
Die SWLH hat den Vorlagenbeschluss in ihr Risikoportfolio aufgenommen. Das Risiko einer Versagung des Querverbundes hält die SWLH unter den o.g. monetären Gesichtspunkten für nicht wahrscheinlich. Sie erwartet dann eher eine Änderung des KStG innerhalb der deutschen Gesetzgebung.
Anlagen