a) Unbegleitete minderjährige Ausländer:innen – Mehrbedarf i.H.v. 1 Mio €
Die Fallzahlen der unbegleiteten minderjährigen Ausländer:innen (umA) sind zwar rückläufig, allerdings nicht so deutlich wie bisher angenommen. Hintergrund dieser Entwicklung ist die vermehrte Aufnahme von umA im Rahmen der quotalen Verteilung durch Zuweisungen des Landes. Zum Stand 01.06.2019 waren durchschnittlich noch rund 70 Fälle/Monat in Maßnahmen.
Für die ambulanten und stationären Maßnahmen (Erziehungsbeistand, intensive sozialpäd. Einzelbetreuung im trägereigenen Wohnraum, Heimunterbringung) wurden seinerzeit rund 1,2 Mio € eingeplant. Nach den aktuellen Prognosen werden in 2019 jedoch rund 2,2 Mio € benötigt.
Die Kostenerstattung für diesen Teil der Jugendhilfe seitens des Landes erfolgt leider zeitverzögert, teilweise erst im folgenden Haushaltsjahr.
b) Hilfen zur Erziehung – Mehrbedarf i.H.v. 1 Mio €
Durch eine verbesserte Steuerung der Jugendhilfe konnte im Zeitraum 2014-2016 zunächst ein enormer Fallzahlrückgang erreicht werden. Seit 2017 steigen die Fallzahlen an.
Maßgeblich hierfür ist der unerwartete, teilweise hohe Unterstützungsbedarf nach Hilfen zur Erziehung bei den Flüchtlingsfamilien. Neben ambulanten Hilfen aus Gründen des Kinderschutzes kommt es vermehrt zu Unterbringungen in stationärer Jugendhilfe.
Zunehmende Bedarfe haben psychisch kranke Eltern. Diese Bedarfe wirken sich weitgehend im ambulanten Bereich aus. Inzwischen hat hier ein Träger die Sozialpädagogische Familienhilfe fachlich auf diese Zielgruppe ausgerichtet. Eine für die Leistungsempfänger gute Entwicklung.
Die Fallzahlen im stationären Bereich entwickeln sich - leider - wieder nach oben. Sowohl bei der Unterbringung in gemeinsamen Wohnformen für Mütter/Väter und Kinder, als auch bei der Unterbringung in Vollzeitpflege und in der Heimunterbringung sind Steigerungen zu erkennen.
Neben den o.g. Gründen, die auch im stationären Bereich vermehrt Ursache für den Hilfebedarf darstellen, führt auch mangelnder Wohnraum in Lübeck zu zeitlichen Verzögerungen hinsichtlich der Verselbständigung von jungen Menschen bzw. Beendigung von Mutter-Kind-Maßnahmen. Der mangelnde Wohnraum verursacht in der Regel laufend in ca. 3-5 Fällen von Mutter-Kind-Unterbringung und ca. 10 Fällen der Unterbringung von jungen Menschen im trägereigenen Wohnraum die Notwendigkeit der Verlängerung dieser Maßnahmen um mind. drei Monate. Dies erzeugt bei durchschnittlichen Kosten pro Fall/Monat i.H.v. 5.400 € (§ 19 Mutter-Kind-Einrichtung) und 2.700 € (§ 35 ISPE im trägereigenen Wohnraum) "zusätzliche" Ausgaben i.H.v. 150.000 €/Quartal.
Ebenfalls wirken sich auch die Schwierigkeiten bei der Vermittlung von Kindern unter 10 Jahren (Mangel an adäquaten Pflegefamilien) und die daraus resultierende Erforderlichkeit der stationären Unterbringung in Einrichtungen in der Kostenentwicklung aus.
Hinzu kommt die landesweit zu beobachtende Steigerung von Fällen mit einer enorm hohen Kostenintensität im Einzelfall, sog. Systemsprenger, die Zusatzleistungen auch in stationärer Hilfe erfordern.
Zudem hat die Hansestadt Lübeck im Vergleich 2014 zu 2018 bei den Einwohner:innen unter 21 Jahren einen Zuwachs um 2,7 % zu verzeichnen.
Der Bereich Familienhilfen/Jugendamt hat aufgrund der positiven Entwicklung in 2016 und gem. der fachbereichsinternen Abstimmung die Haushalte 2017 ff restriktiv geplant. Die Haushaltsplanung 2019 wurde auf Grundlage der Fallzahlen und Kosten des Jahres 2017 vorgenommen. Zu diesem Zeitpunkt waren die oben dargestellten Entwicklungen nicht punktgenau einzuschätzen.
Nach den aktuellen Prognosen werden für die ambulanten und stationären Hilfen (ohne umA) rund 32,0 € benötigt, was im Vergleich zur Haushaltsplanung eine Überschreitung i.H.v. rund 1,0 Mio € bedeutet.
In Betrachtung der Fallzahl- und Kostenentwicklung der letzten fünf Jahre ist jedoch festzuhalten, dass es sich hierbei um eine für die Jugendhilfe moderate Steigerung handelt, die der landesweiten Entwicklung entspricht bzw. sich im Vergleich noch unter dem durchschnittlichen Anstieg bewegt.