Gemäß § 47 d Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) waren bis zum 18. Juli 2018 Lärmaktionspläne aufzustellen, mit denen Lärmprobleme und Lärmauswirkungen für Orte in der Nähe von Hauptverkehrsstraßen mit einem Verkehrsaufkommen von über drei Millionen Kraftfahrzeugen pro Jahr und den Haupteisenbahnstrecken mit einem Verkehrsaufkommen von über 30.000 Zügen pro Jahr geregelt werden. Zusätzlich ist der Lärm zu betrachten, der von Geländen für industrielle Tätigkeiten ausgeht (nähere Beschreibung siehe auch Punkt 1.3. im Lärmaktionsplan). Nur Flughäfen mit über 50.000 Flugbewegungen pro Jahr (Großflughäfen) werden von der Lärmkartierung erfasst. In Schleswig-Holstein liegt allein der Flughafen Hamburg-Fuhlsbüttel oberhalb dieser Schwelle.
Zuständig für die Aufstellung der Lärmaktionspläne sind nach § 47 c Abs. 1 die Gemeinden.
Die Lärmaktionspläne haben den Mindestanforderungen des Anhangs V der Richtlinie 2002/49/EG zu entsprechen und die nach Anhang VI der Richtlinie 2002/49/EG an die Kommission zu übermittelnden Daten zu enthalten. Ziel der Pläne soll außerdem der Schutz ruhiger Gebiete vor der Zunahme von Lärm sein.
Des Weiteren ist die Öffentlichkeit zu Vorschlägen für die Pläne zu hören und soll rechtzeitig und effektiv die Möglichkeit erhalten, an der Ausarbeitung und der Überprüfung der Aktionspläne mitzuwirken. Die Ergebnisse dieser Mitwirkung sind zu berücksichtigen, und die Öffentlichkeit ist über die getroffenen Entscheidungen zu unterrichten.
Der vorliegende Aktionsplan 2018 / 2019 (Entwurf) ist auf Grundlage der strategischen Lärmkartierung von 2017 entstanden. Die strategischen Lärmkarten zeigen die berechneten Lärmbelastungen der Lübecker Bevölkerung. Grundlage der Lärmkarten an Hauptverkehrsstraßen sind Verkehrszahlen (Daten aus Verkehrszählungen). Die Lärmkarten beinhalten die Lage der Hauptlärmquellen und zeigen das Maß der Lärmbelastung im Stadtgebiet. Das Ausmaß des Lärms ist dabei durch verschiedene Farben kenntlich gemacht. Für die Berechnung des Lärms nach der EU-Umgebungslärmrichtlinie gibt es europaweit einheitlich vorgegebene Berechnungsmethoden.
Für die Lärmkartierung an Haupteisenbahnstrecken ist das Eisenbahn-Bundesamt (EBA) zuständig. Die Ergebnisse wurden ebenfalls 2017 veröffentlicht. Zudem ist seit dem 1. Januar 2015 für die Lärmaktionsplanung an Haupteisenbahnstrecken des Bundes das EBA zuständig. Bei Ballungsräumen wirkt das EBA an der Lärmaktionsplanung mit. Das EBA hat für das gesamte Bundesgebiet im Jahr 2018 einen Lärmaktionsplan in zwei Teilschritten aufgestellt (nähere Informationen: siehe Kapitel 3.2.2). Die Auswirkungen der geplanten festen Fehmarnbeltquerung sind nicht Gegenstand des aktuellen Lärmaktionsplans, da der Planungsstand noch nicht konkret genug ist. Die Thematik wird ggf. bei der nächsten Fortschreibung (je nach Planungsstand) aufgegriffen. Eine Maßnahmenplanung für Industrie, Gewerbe und Häfen ist nicht erforderlich. (Begründung: siehe Punkt 3.2.1)
Nach der Aufstellung des Aktionsplans (Entwurf) hat eine TÖB-Beteiligung und eine zweite öffentliche Auslegung zu erfolgen. Des Weiteren sind die politischen Gremien (Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung, Bauausschuss sowie Bürgerschaft) zu durchlaufen.
Der gesetzlich vorgeschriebene Termin, den Lärmaktionsplan bis zum 18. Juli 2018
aufzustellen, konnte aus folgenden Gründen nicht eingehalten werden:
Der von der EU vorgegebene Zeitraum vom 30.07.2017 (Ausarbeitung der Lärmkarten) bis zum 18.07.2018 (Beschluss über den Lärmaktionsplan) ist für eine effektive Maßnahmenplanung zu kurz angesetzt. Dieses wurde auch schon während der ersten und zweiten Umsetzungsstufe 2007/2008 und 2012/2013 bundesweit kritisiert. Aus diesem Grund wird von Seiten der EU bei der vierten Umsetzungsstufe die Frist von der Ausarbeitung der Lärmkarten bis zur Fertigstellung des Lärmaktionsplans um ein Jahr verlängert (4. Stufe: Erstellung Lärmkarten bis Juni 2022 und Meldung des Lärmaktionsplans bis Juli 2024).
Die gesetzlich vorgeschriebene erste Öffentlichkeitsbeteiligung hat im Rahmen einer Fragebogenaktion vom 05.01. bis 25.02.2018 stattgefunden. Die Resonanz war mit rund 560 eingereichten Fragebögen sehr hoch und die Auswertung der Fragebögen war entsprechend zeitaufwendig (inklusive Herausgabe der Borschüre „Lübeck – Stadt der lauten Wege“ im November 2018, die u.a. die Auswertung der Fragebogenaktion beinhaltet).
Der Bericht zum Lärmaktionsplan wurde ohne Unterstützung eines Gutachterbüros von der Verwaltung erstellt. Zwischenzeitlich kam es zu personellen Kapazitätsengpässen, so dass zu Verzögerungen in der Lärmaktionsplanung kam.
Des Weiteren mussten rund 650 Maßnahmenvorschläge (siehe Anhang 5), die im Rahmen der ersten Öffentlichkeitsbeteiligung vorgebracht wurden, aufbereitet, geprüft und abgewogen werden. Ein Großteil dieser Maßnahmenvorschläge mussten auch von anderen zuständigen Stellen wie z.B. dem EBA oder dem Landesbetrieb für Straßenbau und Verkehr S-H begutachtet werden. Aufgrund der Vielzahl der Eingaben und weiterer personeller Kapazitätsengpässe kam es zu weiteren zeitlichen Verzögerungen. (Anmerkung: Da es so viele Maßnahmenvorschläge gab, konnten diese aufgrund des bestehenden Termindrucks nicht bis ins Detail geprüft werden).
Es besteht erhöhter Termindruck von Seiten der EU. Laut einem Schreiben des Ministeriums für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung (MELUND) vom 22.07.2019 „wird die EU-Kommission voraussichtlich in Kürze entscheiden, ob die Bundesrepublik Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof wegen Defiziten bei der Aufstellung von Lärmaktionsplänen verklagt wird. Um eine Klage noch abwenden zu können und auch eventuelle Strafzahlungen zu vermeiden, ist eine Berichterstattung über den Aktionsplan notwendig.“ Vom MELUND wurde in diesem Schreiben eine Frist bis zum 30.10.2019 gesetzt. Diese Frist kann aufgrund der o.a. länger andauernden Beteiligungsverfahren nicht gehalten werden.
Es ist daher ein Beschluss noch im Jahr 2019 erforderlich, damit die Hansestadt Lübeck nicht durch Strafzahlungen belastet wird, wenn ein Vertragsverletzungsverfahren von Seiten der EU gegen die BRD eingeleitet wird. Zur Beschleunigung des Verfahrens hat aus diesem Grund nach der bereits erfolgten innerstädtischen Abstimmung zeitgleich die Beteiligung der Träger öffentlicher Belange und die öffentliche Auslegung im Zeitraum vom 09.09. bis 06.10. 2019 stattgefunden. Mit dem von der Bürgerschaft beschlossenen Lärmaktionsplan gemäß Anhang V der Richtlinie 2002/49/EG kommt die Hansestadt Lübeck ihrer Meldepflicht nach.
Auswirkungen auf den Klimaschutz:
Beispielhaft wird im Folgenden dargestellt, welche Maßnahmen aus dem Lärmaktionsplan Potenzial haben, CO2 einzusparen. Die Einschätzungen wurden überwiegend den „Maßnahmenblättern zur Lärmminderung im Straßenverkehr“ (Umweltbundesamt) bzw. den Internetseiten des Umweltbundesamtes entnommen.
Förderung des nicht motorisierten Verkehrs: Der Verkehrsträgervergleich zeigt, dass durch Rad- und Fußverkehr 138 g CO2 pro Personenkilometer eingespart werden können. Der Radverkehr ist gemeinsam mit dem Fußverkehr die klimaschonendste Fortbewegungsart. In Troisdorf (NRW) z. B. konnte in einem Zeitraum von acht Jahren durch eine konsequente Radverkehrsförderung die Fahrradnutzung um rund ein Drittel gesteigert und die Pkw-Fahrten gleichzeitig um rund zehn Prozent gesenkt werden. Anhand dieses Beispiels ergibt sich ein Einsparungspotenzial von circa 3 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr [BMVBW02c].
Bike-Sharing: Durch eine Benutzung von Leihfahrrädern anstelle von Kraftfahrzeugen können CO2-Emissionen eingespart werden. Nach einer Schätzung der Stadtverwaltung von Lyon vermeidet jedes Leihfahrrad pro Jahr 500 kg CO2 bzw. pro Kilometer 0,19 kg.
Car-Sharing: Der jährliche CO2-Ausstoß kann um 290 kg je aktivem Kunden verringert werden.
Förderung des ÖPNV: Durch die Verschiebung des modal split hin zum ÖPNV können CO2-Emissionen gesenkt werden. Hierzu liegen derzeit keine belastbaren Zahlen vor.
Einsatz von E-Bussen: Durch Einsatz von E-Bussen kann der Ausstoß von CO2 reduziert werden. Hierzu liegen derzeit keine belastbaren Zahlen vor.
Umsetzung des Rahmenplans Innenstadt mit Mobilitätskonzept (hier: Verkehrsberuhigung in der Beckergrube): Im Bereich Burgtor – Koberg – Beckergrube wird eine Halbierung der Verkehrsstärke angestrebt. Der Durchgangsverkehr soll deutlich reduziert bzw. ganz unterbunden werden. Um jedoch mögliche CO2-Einsparungen beziffern zu können, müssten nach der Umsetzung Verdrängungseffekte / Verkehrsverlagerungen untersucht werden.
Grüne Welle (hier: Verkehrsrechnersystem / Vernetzung der Signalanlagen): Durch die Vermeidung unnötiger Brems- und Beschleunigungsvorgänge ist eine Verringerung des Kraftstoffverbrauchs und damit auch der CO2-Emissionen um bis zu 5% möglich.
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