Vorlage - VO/2018/06508
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Beschlussvorschlag
Gemäß den Empfehlungen im Bericht zum Innenstadtmonitoring 2009 bis 2013 (VO/2013/00803) und dem Protokoll über die Sitzung des Bauausschusses am 19.12.2016 zu den Auslegungsbeschlüssen der Bebauungspläne 22.55.09, 22.55.10 und 22.53.09 (VO/2016/04328) soll ein aktualisiertes Einzelhandelsmonitoring für die Innenstadt erstellt werden, dessen Ergebnisse u.a. als Voraussetzung für die Beurteilung von weiteren Verkaufs- und Dienstleistungsflächen sowie Sortimentstauschen an den Sonstigen Sonderstandorten im Lübecker Einzelhandel dienen. Dieses Monitoring liegt hiermit vor.
Begründung
Ausgangssituation:
Im Jahr 2013 hat der Bereich Stadtplanung ein Einzelhandelsmonitoring für die Innenstadt durchführen lassen (VO/2013/00803). Zu diesem Zeitpunkt konnten sich die Erweiterungen des CITTI-Parks und die erfolgte Neuansiedlung von IKEA/ LUV noch nicht auf die zentralen Versorgungsbereiche auswirken.
In dem Monitoring wurde die Einzelhandelsentwicklung in der Innenstadt zwischen 2009 und 2013 betrachtet. Die Datenbasis für das Ausgangsjahr 2009 bildete die sortimentsgenaue Vollerhebung der Einzelhandelsflächen durch das regionale Einzelhandelsforum der Wirtschaftsregion Lübeck. Nach rd. 10 Jahren hat das Einzelhandelsforum eine erneute Vollerhebung der Einzelhandelsflächen durchführen lassen. Der aktuell vorliegende Datensatz ist der Anlass, um die Verkaufsflächenentwicklung in der Innenstadt, an den beiden (über-) regionalen Sonderstandorten (IKEA + LUV und CITTI-Park) und in der Gesamtstadt vergleichend gegenüberzustellen.
Im Gegensatz zum Einzelhandelsmonitoring 2013 wurde bei der Erhebung 2018 die sortimentsspezifische Verkaufsfläche nicht nur für die Innenstadt, sondern für das gesamte Stadtgebiet erfasst. Leerstandsflächen in Quadratmetern und die Anzahl der bestehenden Dienstleister wurden nicht ermittelt. Die Fortschreibung des Monitorings behandelt somit nur die sortimentsbezogenen Verkaufsflächen, die tatsächlich in Nutzung sind.
Verkaufsflächenentwicklung in der Innenstadt, an den (über-)regionalen Sonderstandorten und der Gesamtstadt zwischen 2009, 2013 und 2018
Die in Nutzung befindliche Verkaufsfläche hat sich in der Gesamtstadt seit 2009 von 468.290 qm um rd. 6,8 % auf 502.259 qm erhöht. Abweichend von diesem Trend hat die genutzte Verkaufsfläche in der Innenstadt um rd. 15 % von 111.205 qm auf 93.839 qm abgenommen (d.h. minus rd. 17.300 qm genutzte Verkaufsfläche). In der Innenstadt ging dabei die Anzahl der Geschäfte von 644 auf 544 zurück (minus 100 Geschäfte). Zeitlich parallel laufend hat sich die Verkaufsfläche an den beiden (über-)regionalen Sonderstandorten von 41.420 qm auf 91.815 qm mehr als verdoppelt. Im Trendverlauf wird deutlich, dass die Verkaufsflächen in der Innenstadt im Wesentlichen erst nach 2013, also erst nachdem die Großvorhaben marktwirksam wurden, rückläufig waren.
Abb. 1: Verkaufsflächenentwicklung 2009 bis 2018
Standorte | Verkaufsfläche | Geschäfte | ||||||||
2009 | 2013 | 2018 | 2009 | 2009 - 2018 | 2009 | 2013 | 2018 | 2009 - 2018 | 2009 - 2018 | |
in qm | in qm | in qm | in qm | in % | Anz. | Anz. | Anz. | Anz. | in % | |
Innenstadt | 111.205 | 108.360 | 93.839 | -17.366 | -15,6% | 644 | 606 | 544 | -100 | -15,5% |
(über-) regionale | 41.420 | - | 91.815 | +50.395 | +121,7% | 57 | - | 128 | +71 | +124,6% |
Gesamtstadt | 468.290 | - | 502.259 | +33.969 | +6,8% | 1.642 | - | 1.427 | -215 | -13,1% |
Quellen: Erhebung EHF durch CIMA GmbH 2009 und 2018 (eigene Berechnungen)/ Einzelhandelsmonitoring Dr. Lademann und Partner GmbH 2013 (eigene Berechnungen)
Bezogen auf die Sortimentsbereiche nahmen die ausschlaggebenden Verkaufsflächen für zentrenrelevante Sortimente, im Sinne der Lübecker Sortimentsliste, in der Innenstadt um rd. 14.787 qm (rd. 16,4%) ab. Dabei ist ein besonderer Fokus auf das innenstadtprägende Leitsortiment Bekleidung zu legen:
Zwischen 2009 und 2018 hat die Verkaufsfläche für dieses Sortiment von 42.580 qm auf 33.655 qm um rd. 21,0 % abgenommen (d.h. minus 8.925 qm genutzte Verkaufsfläche für Bekleidung). Im gleichen Zeitraum hat sich die Verkaufsfläche für Bekleidung an den (über-) regionalen Sonderstandorten um 9.360 qm erhöht. Die Verkaufsflächenrückgänge in der Innenstadt sind u.a. auf die Schließungen von Rieckmann in der Sandstraße (rd. 1000 qm Bekleidung), Olymp & Hades in der Königspassage (rd. 1.000 qm Bekleidung), Verkaufsflächenreduzierungen im Rahmen der Verlagerung von C&A (rd. 2.200 qm Bekleidung) sowie Reduzierungen im Sortiment Bekleidung bei Karstadt zurückzuführen.
Die angekündigte Schließung von H&M im Haerder Center sowie Roland Schuhe, SŽOliver und Esprit in der Breiten Straße ist in dieser Aufstellung noch nicht berücksichtigt.
Abb. 2: Entwicklung zentrenrelevante Sortimente 2009 bis 2018 Abb. 3: Entwicklung Sortiment Bekleidung 2009 bis 2018
Quellen: Erhebung EHF durch CIMA GmbH 2009 und 2018 (eigene Berechnungen)/ Einzelhandelsmonitoring Dr. Lademann und Partner GmbH 2013 (eigene Berechnungen)
Im Vergleich mit anderen westdeutschen Städten hat Lübeck mit einem Anteil von 19 % der innerstädtischen Verkaufsfläche von der Gesamtverkaufsfläche die geringste Quote.
Abb. 4: Städtevergleich Einzelhandel - westdeutsche Städte in vergleichbarer Größe und in solitärer Lage
Stadt | Einwohner | Verkaufsfläche insgesamt in qm | Verkaufsfläche Innenstadt in qm | Innenstadt- | Innenstadtanteil Umsatz in % | Zentralitäts-kennziffer |
Kiel | 247.441 | 444.000 | 111.000 | 25 | 25 | 136 |
Braunschweig | 251.364 | 570.000 | 190.000 | 33 | 39 | 143 |
Aachen | 244.951 | - | - | 47 | 44 | 126,7 |
Freiburg | 226.000 | 458.620 | 133.000 | 29 | 36 | 147 |
Lübeck* | 218.523 | 502.259 | 93.839 | 19 | 29 | 153,3 |
Mainz | 209.779 | 379.411 | 129.000 | 34 | 38 | 109,8 |
Kassel | 194.747 | 425.000 | 136.000 | 32 | 35 | 143,2 |
Saarbrücken | 177.201 | 418.060 | 125.000 | 30 | 32 | 149,4 |
* nur die Nutzung befindliche Verkaufsfläche ohne Leerstandsflächen |
Quelle: COMFORT Städtereport/ Erhebung EHF 2018 durch CIMA GmbH (eigene Berechnungen)
Empfehlungen zur Stärkung der Innenstadt:
Die innerstädtische Einzelhandelsverkaufsfläche ist im Zeitraum zwischen 2009 bis 2018 geschrumpft. Der Einzelhandel in der Innenstadt steht durch das gestiegene Angebot an den beiden (über-)regionalen Sonderstandorten unter einem immensen Wettbewerbsdruck, dies insbesondere weil sich die Sortimente und ergänzenden Angebote in der Innenstadt und auf der „Grünen Wiese“ immer weiter angleichen.
Zudem steht der gesamte stationäre Einzelhandel unter einem stetig steigenden Druck durch den Onlinehandel. Welche Auswirkungen der Onlinehandel und welche die Zuwächse auf der Grünen Wiese auf den Einzelhandel in der Innenstadt jeweils gehabt haben, ist nicht exakt quantifizierbar, da sich sowohl diese beiden großen Trends als auch weitere Effekte gegenseitig überlagern. Insbesondere im Sortiment Bekleidung ist der Wettbewerbsdruck für den stationären Handel durch den Onlinehandel besonders hoch. Bei der Betrachtung der Zeitreihe wird jedoch deutlich, dass die wesentlichen Verkaufsflächenrückgänge in der Innenstadt erst nach der Eröffnung von IKEA/LUV und der CITTI-Park Erweiterung im Jahr 2013 zu verzeichnen sind und in ihrer Höhe den Zuwächsen an diesen Standorten entsprechen.
Die Innenstädte stellen mit ihrer öffentlichen Infrastruktur, den Kulturangeboten und ihrem historischen Erbe enorme finanzielle Anforderungen an die Kommunen und die steuerzahlenden BürgerInnen, diese zu erhalten und zu erneuern. Diese Investitionen sind nur zu rechtfertigen, wenn die Innenstädte auch als wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Mittelpunkt durch die BürgerInnen wahrgenommen und genutzt werden. Aus diesem Grund geben bereits seit vielen Jahren die Bundes- und Landesregierungen den Kommunen Gesetze und Instrumente anhand, um dem entgegenzusteuern und die Innenstädte als Mittelpunkt des gesellschaftlichen Lebens zu erhalten. Der Bundesgesetzgeber fordert im Baugesetzbuch den „Erhalt und die Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche“ als einen wesentlichen öffentlichen Belang in der Bauleitplanung zu berücksichtigen.
Die Auswirkungen des Onlinehandels sind real, können jedoch durch die Hansestadt Lübeck nur bedingt beeinflusst werden. Im Gegensatz dazu, kann die Konkurrenzsituation zwischen der „Grünen Wiese“ und der Innenstadt durch die Bauleitplanung direkt beeinflusst werden.
Um die Innenstadt nicht weiter zu schwächen, empfiehlt der Bereich Stadtplanung und Bauordnung, wie bereits beim letzten Monitoring aus dem Jahr 2013, keine weitere Zunahme von zentrenrelevanten Verkaufsflächen außerhalb der Innenstadt und der zentralen Versorgungsbereiche zuzulassen. Weiterhin sollen auch nicht durch Verlagerungen oder Sortimentstausch die sortimentsbezogenen Verkaufsflächenobergrenzen für innenstadtsensible Sortimente erhöht werden. Um eine weitere Schwächung der zentralen Versorgungsbereiche zu vermeiden, sollen dort darüber hinaus auch keine weiteren Dienstleistungsflächen zugelassen werden. Die gleichen Vorgaben sollten auch an weiteren Standorten wie dem Schlachthof Anwendung finden.
Gerade im Hinblick auf den aktuell laufenden Prozess zum Rahmenplan Innenstadt wird deutlich, dass die zukünftige Entwicklung der Altstadt wesentlich mit dem Fortbestand des stationären Einzelhandels verbunden ist. In den Beteiligungsprozessen zum Rahmenplan haben die teilnehmenden BürgerInnen gefordert, die Innenstadt als Mittelpunkt des öffentlichen Lebens mit allen seinen Funktionen, insbesondere auch die Funktion Einzelhandel, zu erhalten und weiterzuentwickeln. Dementsprechend sollte akteursübergreifend ein tragfähiges Zukunftskonzept „innerstädtischer Handel“ auf den Weg gebracht werden, das sich mit den zukünftigen Herausforderungen und der Bedeutung der Innenstadt als „Herz (Impulsgeber)“ einer Stadt intensiv auseinander setzt und Lösungsansätze entwickelt.
Anlagen
Anlage 1 – Sortimentsstruktur in der Innenstadt zwischen 2009-2018
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1 | öffentlich | Anlage 1 - Sortimentsstruktur in der Innenstadt zwischen 2009-2018 (156 KB) |