Vorlage - VO/2017/04968  

Betreff: FDP - Anfrage des AM Thomas-Markus Leber zum neuen Gebietstyp "Urbanes Gebiet"
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsstelle der FDP Fraktion Bearbeiter/-in: Völker, Astrid
Beratungsfolge:
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
19.06.2017 
Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Mit der Novelle des Bauplanungsrechts, insbesondere auch mit der Einführung des neuen Gebietstyps „urbanes Gebiet“ in der Baunutzungsverordnung (BauNVO) ergeben sich neue Spielräume für den Wohnungsbau.

  1. Welche Möglichkeiten ergeben sich für anstehende Projekte wie „Roddenkoppel, Wallhalbinsel, Skandi-Kai, Fischereihafen, Herreninsel, Gewerbepark Genin, usw.
  2. Wie viele neue Wohnungen könnten mit dem neuen Instrument zu-sätzlich geschaffen werden?
  3. Wird in Lübeck bereits mit dem neuen Instrument geplant?
  4. Wie wird das neue Instrumente von der Verwaltung im Hinblick auf Umsetzbarkeit, Nutzen, usw. vor dem Hintergrund der Lübecker Verhältnisse bewertet?

 

 

 


Begründung

Neue Spielräume für den Wohnungsbau: Der Bundesrat macht den Weg frei für Einführung des "urbanen Gebietes"

 

Der Bundesrat hat grünes Licht für die von Bundesbauministerin Barbara Hendricks ange-stoßene Novelle des Bauplanungsrechts gegeben. Die Bundesregierung hatte den ent-sprechenden Gesetzentwurf zur "Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt" am 30. November 2016 beschlossen, der Bundestag dem Gesetz im 9.März 2017 zugestimmt. Das Gesetz soll voraussichtlich noch im ersten Halbjahr 2017 in Kraft treten.

 

Die Novelle gibt Städten und Gemeinden mehr Flexibilität bei der Planung von Innenstadt-quartieren mit gemischter Nutzung. Kommunen können zukünftig auch in Gewerbegebieten oder in stark verdichteten städtischen Gebieten neue Wohnungen bauen.

 

Herzstück der Reform ist die neue Gebietskategorie "urbanes Gebiet", die verdichtetes Bauen und Dachaufstockungen erleichtert und eine hohe Durchmischung von Wohnen, Arbeit und Freizeit ermöglicht. Die Städte bekommen mit dem „urbanen Gebiet“ ein neues Instrument an die Hand, um dichter und höher zu bauen und das Miteinander von Wohnen und Arbeiten in den Innenstädten zu erleichtern. Mit dem 'urbanen Gebiet' wird eine wichtige Voraussetzung für den Wohnungsbau in den Städten geschaffen.

Die Baurechtsnovelle schafft neue Möglichkeiten für das Zusammenleben in der Stadt. Sie macht den Weg frei für eine dynamische, zukunftsorientierte Stadtentwicklung. Sie schafft neue Perspektiven für eine lebendige und vielfältige Stadtgesellschaft.

Außerdem können Sportplätze jetzt intensiver und länger genutzt werden.

 

"Urbane Gebiete" schaffen Wohnraum

Immer mehr Menschen zieht es in die Städte, aber dort fehlt es an Wohnraum. Bundesweit müssten 350.000 bis 400.000 Wohnungen im Jahr gebaut werden, um den Bedarf zu decken.

 

Vor allem in Städten sind preiswerte Wohnungen kaum auf dem Markt. Menschen mit gerin-gerem Einkommen, Familien und Studenten haben es schwer, angemessene und bezahlbare Wohnungen zu finden. Die Unterbringung der hohen Zahl von Flüchtlingen stellt die Städte und Gemeinden zusätzlich vor große Probleme.

 

Gerade in Ballungsgebieten wird dringend mehr bezahlbarer Wohnraum benötigt.

 

Mit der Novellierung des Baurechts wird nun die neue Baugebietskategorie "urbane Ge-biete" eingeführt, die den Wohnungsbau in Städten befeuern soll. Der neue Baugebietstyp erlaubt den Kommunen, dass künftig auch in stark verdichteten städtischen Gebieten oder in Gewerbegebieten Wohnungen gebaut und Gebäude als Wohnraum genutzt werden dürfen.

Es darf dichter und höher gebaut werden um das Miteinander von Wohnen und Arbeiten in den Innenstädten zu erleichtern. Leitbild ist eine Stadt mit kurzen Wegen, Arbeitsplätzen vor Ort und einer guten sozialen Mischung.

Wohnen im Gewerbegebiet bedeutet häufig aber auch Leben mit einem höheren Geräusch-pegel. In Bezug auf Gewerbelärm soll mehr Flexibilität ermöglicht werden.

Um Handwerks- und Gewerbebetriebe trotz des Wohnungsbaus nicht aus den Innenstädten zu verdrängen, darf es im „urbanen Gebiet“ etwas lauter zugehen als im sogenannten Misch-gebiet: Die gewerblichen Lärmimmissionswerte dürfen am Tag um 3 dB (A) höher sein und damit bei 63 dB liegen. Die Richtwerte der zumutbaren Lärmbelastung für Kern-, Dorf- und Mischgebiete sind in der "Technischen Anleitung zum Schutz gegen Lärm" (TA Lärm) ge-regelt. Die TA Lärm sieht eine Erhöhung von Immissionswerten vor, wenn "dem Wohnen dienende Gebiete an gewerblich oder industriell genutzte Flächen angrenzen". In der Nacht sollen dagegen auch im „urbanen Gebiet“ die Werte für Kern-, Dorf- und Mischgebiete gelten, die bei 45 dB liegen.

Auch die Immissionsrichtwerte von Sportanlagen wurden neu geregelt, um den Spielbetrieb auf Sportanlagen zu fördern. Der Bundesrat hat der Änderung der entsprechenden Sport-anlagenlärmschutzverordnung zugestimmt. Die Richtwerte dürfen in den Abendstunden, sowie den Ruhezeiten an Sonn- und Feiertagen um fünf Dezibel erhöht werden.

 

Mit dem Gesetz wird eine Stadtentwicklung in Gang gesetzt, die auf weniger Flächenver-brauch ausgerichtet ist. Das 'Urbane Gebiet' soll ermöglichen, mehr Wohnraum zu schaffen, gerade in den besonders nachgefragten Innenstädten.

 

"Urbane Gebiete" zeichnen sich durch Nutzungsmischung aus: Gewerbebetriebe, Woh-nungen, aber auch soziale, kulturelle und andere Einrichtungen werden in nächster Nähe gemeinsam existieren. Das Miteinander von Wohnen und Arbeiten wird dadurch erleichtert, ohne dass die Wohnnutzung wesentlich gestört ist.

 

„Urbane Gebiete“ sind als Ergänzung der bestehenden Gebietstypen der Baunutzungsver-ordnung BauNVO zu verstehen: Kleinsiedlungsgebiet (§ 2 BauNVO), reines Wohngebiet (§ 3 BauNVO), allgemeines Wohngebiet (§ 4 BauNVO), besonderes Wohngebiet (§ 4a BauNVO), Dorfgebiet (§ 5 BauNVO), Mischgebiet (§ 6 BauNVO), Kerngebiet (§ 7 BauNVO), Gewerbe-gebiet (§ 8 BauNVO), Industriegebiet (§ 9 BauNVO), Sondergebiete, die der Erholung dienen (§ 10 BauNVO) und sonstige Sondergebiete (§ 11 BauNVO).

 

 

Das Zusammenleben in der Stadt stärken

Das Zusammenleben der Menschen in den Städten ist von Vielfalt und Wandel geprägt:

Gerade in Ballungszentren stoßen unterschiedliche Wünsche und Interessen aufeinander. Die Stadtplaner müssen nicht nur die sozialen Folgen von Bebauungsplänen berücksichtigen, sondern auch ökologische, wirtschaftliche und infrastrukturelle Aspekte in die Planung ein-beziehen. So sollen beispielsweise keine neuen Flächen versiegelt werden. Es soll genügend Grünflächen geben, damit Erholungsräume entstehen. Läden, Schulen, Kindergärten, Ar-beitsplätze in erreichbarer Nähe – all das beeinflusst das soziale Klima im Stadtteil. Nicht zuletzt ist gute Nachbarschaft auch entscheidend dafür, ob Flüchtlinge und Migranten sich willkommen fühlen und sich integrieren können. Mit der Einführung der neuen Baugebiets-kategorie "urbane Gebiete" in der Baunutzungsverordnung können diese Ziele umgesetzt werden. Bevölkerungsgruppen mit Förderbedarf profitieren gleichermaßen vom sozialen Wohnungsbau und der sozialen Infrastruktur in den Nachbarschaften. So können Nachbar-schaften gestärkt werden und die Integration vor Ort gelingen. 

 

Die Vorteile des „urbanen Gebietes“ auf einen Blick

  • Das „urbane Gebiet“ entspricht den Vorstellungen der "Leipzig-Charta", also der funktionsgemischten nachhaltigen europäischen Stadt.
  • Das „urbane Gebiet“ bietet mehr Flexibilität bei der Mischung der einzelnen Nut-zungsarten: Es ist ausdrücklich geregelt, dass die Nutzungsmischung nicht gleich-gewichtig sein muss. Die Kommunen erhalten differenzierte Festsetzungsmöglich-keiten, z. B. hinsichtlich eines Anteils der zulässigen Geschossfläche, der in Gebäuden für Wohnungen oder für gewerbliche Nutzungen zu verwenden ist.
  • Das Immissionsschutzrecht soll einer Nutzungsmischung nicht entgegenstehen. Da-her wird parallel die Technische Anleitung zum Schutz vor Lärm (TA Lärm) geändert und „urbane Gebiete“ aufgenommen. Die Immissionsrichtwerte können dort tags und nachts um 3 dB (A) höher liegen als in Kern-, Dorf- und Mischgebieten.
  • Die bauliche Verdichtung soll erleichtert werden: In „urbanen Gebieten“ wird eine höhere Bebauungsdichte erlaubt sein als in Mischgebieten. In § 17 Abs. 1 BauNVO (Maß der baulichen Nutzung) wird eine entsprechende Vorgabe eingefügt.
  • Die Schaffung von mehr Wohnraum soll erleichtert werden: Auf Grund der höheren Obergrenzen beim Maß der baulichen Nutzung können in urbanen Gebieten auf der gleichen Flächengröße mehr Wohneinheiten als im Mischgebiet geschaffen werden.
  • Es soll mit dem „urbanen Gebiet“ mehr planerischen Handlungsspielraum für die Kommunen geschaffen werden: In geeigneten Fallgestaltungen können Kommunen bestehende Gebiete – ggf. mit einem Bebauungsplan der Innenentwicklung im be-schleunigten Verfahren - in "urbane Gebiete" umplanen, um die Schaffung von mehr Wohneinheiten zu ermöglichen.

 

 

 

 


Anlagen