Vorlage - VO/2017/04896  

Betreff: Antrag des AM Rolf Klinkel zu TOP 8.1: »Schaffung von Beschäftigungsangeboten für ausländische Flüchtlinge ? Überweisungsauftrag aus der Sitzung der Bürgerschaft am 30.03.2017« [VO/2017/04835]
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsstelle der Fraktion grün+alternativ+links (GAL) Bearbeiter/-in: Schulz, Jens-Uwe
Beratungsfolge:
Ausschuss für Soziales zur Entscheidung
02.05.2017 
31. Sitzung des Ausschusses für Soziales in der Wahlperiode 2013/2018 zurückgezogen   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

Die Sozialverwaltung wird gebeten, dem Sozialausschuss in der Junisitzung ein Konzept für die Beschäftigung von Flüchtlingen im Rahmen des Asylbewerberleistungsgesetzes vorzulegen. Darin ist zu gewährleisten, dass Flüchtlinge für jede geleistete Arbeitsstunde eine Mehraufwandentschädigung in Höhe von 1,05 Euro gezahlt wird und die Arbeitsaufnahme freiwillig erfolgt.

 


Begründung

Flüchtlinge können während des Asylverfahrens wie Langzeitarbeitslose zu so genannten „gemeinnützigen“ Arbeiten herangezogen werden. Dafür gibt es aber noch nicht einmal den gesetzlichen Mindestlohn sondern nur eine angebliche Aufwandsentschädigung. Diese war bisher für Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge gleich niedrig und betrug einen ganzen Euro für jede Arbeitsstunde. Flüchtlinge bekamen wegen ihrer niedrigeren Sozialleistungen zusätzlich 5 Cent mehr.

Zusammen mit der Verschärfung des Asylrechtes kürzte im vergangenen Jahr die schwarz-rote Bundesregierung den kümmerlichen Stundenlohn für Flüchtlinge um 24 Prozent. Langzeitarbeitslose bekommen weiterhin einen Euro „Stundenlohn“. Flüchtlinge sollen sich dagegen mit 80 Cent begnügen.

Nach Meinung meiner Fraktion darf die Hansestadt sich aber an diesem regierungsamtlichen Lohndumping nicht beteiligen und muss Flüchtlingen auch weiterhin eine Aufwandentschädigung in Höhe von 1,05 Cent für jede Arbeitsstunde zahlen. Dies gebietet auch das Diskriminierungsverbot unseres Grundgesetzes, das gleichen Lohn für gleiche Arbeit verlangt.

 


Anlagen

Konzept „Beratung und Vermittlung von Asylbewerbern in Praktikum und AGH“

Anlage 7 der Richtlinie zur Unterbringung und Betreuung von Flüchtlingen im Landkreis Gießen (https://www.lkgi.de/images/formulare_downloads/Gesundheit_Soziales_Integration/Zuwanderung_und_Einreise/Richtlinie_Unterbringung_Betreuung_Fluechtlinge_LK.pdf)

Trägerbeschreibung

Das Zentrum Arbeit und Umwelt - Gießener gemeinnützige Berufsbildungsgesellschaft (ZAUG gGmbH) bietet seit 1988 Ausbildung, Qualifizierung und Beschäftigung für Jugendliche und Erwachsene aus der Region im Rahmen spezieller Förderprogramme mit dem Ziel der (Wieder-) Eingliederung auf den Arbeitsmarkt. Gesellschafter der ZAUG gGmbH sind alle Kreisstädte und Kreisgemeinden des Landkreises Gießen, die Universitätsstadt Gießen und der Landkreis Gießen als Hauptgesellschafter. Die Gesellschaft verfolgt ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke. Satzungsgemäßer Auftrag der ZAUG gGmbH ist insbesondere die Förderung der Jugendhilfe sowie der Erziehung, Volks- und Berufsbildung. Allein im Jahr 2013 verzeichnete unsere Statistik 1.722 Teilnehmende an Angeboten der beruflichen Bildung.

Die Verzahnung mit Betrieben in der Region Mittelhessen ist im Rahmen der beruflichen Förderung entscheidend. Auf alle Ausbildungsberufe bezogen, arbeitet die ZAUG gGmbH aktuell ganz konkret mit 262 Betrieben der unterschiedlichsten Branchen zusammen. Durch unsere langjährige Präsenz als Anbieter von beruflicher Bildung und Weiterbildung für Jugendliche und junge Erwachsene haben wir sehr gute Kontakte zu kleinen- und mittelständischen Unternehmen. Die ZAUG gGmbH kann im Rahmen bisher durchgeführter Projekte bei der Akquise von Praktikums- und AGH-Plätzen auf seine umfassenden Erfahrungen und guten Kooperationen in der Region Mittelhessen zurückgreifen.

Regionale Ausgangssituation

Mit Stand Januar 2015 werden vom Landkreis Gießen 1.135 Asylbewerber bzw. Asylberechtigte betreut. Diese wohnen in Gemeinschaftsunterkünften und in Wohnungen, verteilt im Landkreis Gießen. Der Landkreis Gießen umfasst 18 Kommunen mit ca. 253.000 Einwohnern (Fortschreibungsergebnisse 2. Hj. 2013 auf Basis des Zensus 2011). Aktuell sind nur wenige Asylbewerber und auch nur an ausgesuchten Standorten, in einer Arbeitsgelegenheit bzw. in einem Praktikum tätig. Der Landkreis Gießen bietet allen Asylbewerbern die Teilnahme an einer Sprachförderung an.

Projektziele

Ziel ist der Aufbau und die Erprobung einer Beratungs- und Vermittlungsstruktur für Asylbewerber (nach dem schulpflichtigen Alter), zur Teilnahme an Praktika und Arbeitsgelegenheiten. Dadurch soll der Einstieg in das Berufsleben und die damit verbundene gesellschaftliche Integration für Asylbewerber im Landkreis Gießen erleichtert werden. Ziel ist es, das Asylbewerber Erfahrungen in bestimmten Arbeitsbereichen erlangen und dadurch die Chance, in ein reguläres Arbeitsverhältnis zu gelangen, zu erhöhen.

Projektumsetzung

Asylbewerber bringen aus ihren Herkunftsländern Arbeitsbegabungen und Lebenserfahrungen mit, die im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit bzw. Praktikum gefördert und ausgebaut werden können. Die Tätigkeiten dienen als Sprungbrett in die Arbeitswelt und werden entsprechend gestaltet. Die Teilnahme ist für Asylbewerber ausdrücklich freiwillig und als Angebot zu verstehen.

Die Umsetzung der Beratungs- und Vermittlungsstruktur erfolgt durch eine aufsuchende Beratung in den Gemeinschaftsunterkünften bzw. in den Rathäusern der Kommunen. Hierfür werden feste Sprechzeiten für die einzelnen Beratungsstandorte vereinbart. Zur Entspannung der räumlichen Situation in den Gemeinschaftsunterkünften und zur Einhaltung der Persönlichkeitsrechte, soll hierfür ein Beratungs-Bus eingesetzt werden.

Im Vorfeld jeder Beratungseinheit wird mit dem jeweils zuständigen Sozialarbeiter Kontakt aufgenommen um abzusprechen, welche Asylbewerber für ein Praktikum bzw. eine Arbeitsgelegenheit grundsätzlich in Frage kommen. Insbesondere der Aufenthaltsstatus sowie die körperliche und geistige Verfassung einer Person ist für diese Vorauswahl entscheiden.

Im anschließenden Beratungsgespräch wird geprüft, welche Kompetenzen, Erfahrungen und Interessen die einzelne Person mitbringt und wie ihre berufliche Zukunft gestaltet werden könnte bzw. was das Ziel der beruflichen Integration sein soll. Während des Beratungsprozesses wird erwogen und gemeinsam besprochen, in welcher Form die Arbeitserprobung erfolgen soll. Die Asylbewerber werden über die genaue Art der Tätigkeit und die Arbeitszeiten der Tätigkeit durch eine Beratungsfachkraft informiert. Alle Personen, die an einer Arbeitsgelegenheit oder an einem Praktikum teilnehmen, werden während der Tätigkeit durch eine Beratungsfachkraft eng begleitet.

Arbeitsgelegenheit nach AsylbLG, max. 20 Std. pro Woche, Dauer Ø 2 Monate

Die Arbeitserprobung und Beschäftigung im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit erfolgt ausschließlich bei staatlichen, kommunalen oder bei gemeinnützigen Institutionen, sofern die zu leistende Arbeiten im öffentlichen Interesse liegen, zusätzlich und wettbewerbsneutral gemäß § 16d SGB II sind. Die Arbeitsgelegenheiten werden zeitlich und räumlich so gestaltet werden, dass sie von den Teilnehmenden ausgeführt werden können und zumutbar sind.

Die Arbeitszeit wird zwanzig Stunden pro Woche nicht überschreiten und beträgt im Durchschnitt zwei Monate, im Einzelfall kann die Arbeitsgelegenheit zeitlich verlängert werden. Die Aufwandsentschädigung beträgt 1,05 Euro (gemäß § 5 Abs. 2 AsylbLG) je Stunde und wird von der Institution übernommen, die die Arbeitsgelegenheit bereitstellt. Die Bezahlung der Aufwandsentschädigung erfolgt direkt an den Asylbewerber. Der Betrag wird nicht bei den Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz angerechnet. Die Asylbewerber sind während einer Arbeitsgelegenheit über die Kreisverwaltung Gießen krankenversichert. Eine Haftpflichtversicherung ist freiwillig und muss bei Bedarf über die Institution, die die Arbeitsgelegenheit anbietet, abgeschlossen werden. Ist eine Prüfung der Gesundheit bzw. ein Gesundheitszeugnis erforderlich, wird dieses extra angefordert, wobei die Kostenübernahme der notwendigen Bescheinigung vor deren Ausstellung mit der Kreisverwaltung Gießen zu klären ist. Die Arbeitsgelegenheiten begründen weder ein Arbeitsverhältnis im Sinne des Arbeitsrechts, noch ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung.

Bevor eine Beschäftigung erfolgen kann, muss die Arbeitsgelegenheit durch das Team Asyl des Landkreises genehmigt und diesem die Vereinbarung über die Teilnahme an einer Arbeitsgelegenheit mit Mehraufwandsentschädigung vor Beginn vorgelegt werden. Die Arbeitsgelegenheit kann von beiden Seiten mit Angabe von Gründen innerhalb einer Frist von 3 Werktagen beendet werden. Eine vorzeitige Beendigung der Arbeitsgelegenheit ist dem Team Asyl umgehend zu melden.

Praktikum nach AsylbLG, max. 6 Wochen pro Person

Das Betriebspraktikum hat die Aufgabe, Erfahrungen in der Arbeitswelt zu ermöglichen. Der Praktikumsplatz sollte den Asylbewerbern Einblicke in Arbeitsprozesse und Strukturen der Arbeitswelt erlauben. Ein Praktikum kann insbesondere auch dafür hilfreich sein, vorhandene soziale Fähigkeiten am Arbeitsplatz einzubringen und auszubauen. Daher können auch gering qualifiziertere Asylbewerber an einem Praktikum teilnehmen.

Ein Praktikum dauert einen Monat und kann bei Bedarf um maximal zwei Wochen verlängert werden. Das Betriebspraktikum kann eine ganztägige Tätigkeit umfassen, Teilzeit ist jedoch auch möglich. Ein Entgelt wird nicht gezahlt. Die Asylbewerber sind während eines Praktikums über die Kreisverwaltung Gießen krankenversichert. Anfallende Fahrtkosten zum Praktikumsbetrieb werden bei Bedarf im Einzelfall in angemessenem Umfang und gegen einen entsprechenden Nachweis vom Landkreis Gießen getragen.

Als Praktikumsbetriebe kommen Unternehmen in Frage, die den Teilnehmenden berufliche Erfahrungen vermitteln können und wo sie berufliche Fähigkeiten erworben werden können. Der Praktikumsbetrieb stellt dem Teilnehmenden am Ende des Praktikums eine Praktikumsbestätigung aus, welche über die Tätigkeiten und die erworbenen Kenntnisse und Fertigkeiten Auskunft gibt. Die Beratungsfachkraft unterstützt hierbei den Betrieb. Das Praktikum wird mit dem Team Asyl abgestimmt und der Praktikumsvertrag wird vor Beginn des Praktikums zur Genehmigung vorgelegt.

Das Praktikum kann mit einer Kündigungsfrist von drei Werktagen von beiden Seiten vorzeitig beendet werden. Eine vorzeitige Beendigung des Praktikums ist dem Team Asyl umgehend zu melden.

Zielvereinbarungen

Für 50 Asylbewerber wird eine möglichst wohnortnahe Arbeitsgelegenheit organisiert.

Für 50 Asylbewerber wird ein möglichst wohnortnahes Praktikum organisiert.