Ausgangssituation
Bereits seit vielen Jahren ist bei den Gebäuden der Bauverwaltung am Standort Mühlendamm/Kleiner Bauhof ein sehr hoher Instandhaltungsstau zu verzeichnen. In der Vergangenheit wurden nur zwingend erforderliche bauliche Einzelmaßnahmen im Rahmen der Verkehrssicherheit oder zum Erhalt der Nutzungsfähigkeit durchgeführt, um eine Schließung von Räumen oder auch von Gebäudeabschnitten zu vermeiden (z.B. Austausch einzelner Fenster; Schadstoffsanierungen in Teilbereichen; Notsicherung von Fassadenbauteilen; Brandschutzmaßnahmen). Allerdings nehmen die baulichen, anlagetechnischen und brandschutztechnischen Probleme gravierend zu, so dass in vielen Bereichen akuter Handlungsbedarf besteht. Dieser besteht zusätzlich auch in Hinblick auf organisatorische und arbeitsschutzrechtliche Probleme, die in den bestehenden Gebäuden aufgrund der bereits vorhandenen, massiven Arbeitsplatzverdichtung nicht mehr gelöst werden können.
Standortanalyse Mühlendamm I
Zur monetären Bewertung des baulichen Sanierungsbedarfs wurde im Jahr 2014 eine Machbarkeitsstudie zur Untersuchung der „Zukunftsfähigkeit der Bauverwaltung am Mühlendamm“ beim Architekturbüro GPK aus Lübeck in Auftrag gegeben. Hierbei wurden unter Beteiligung verschiedener Fachplaner insbesondere folgende Aspekte betrachtet:
- Bautechnischer Zustand der Gebäude
- Haustechnischer Zustand der Gebäude
- Energetischer Bestand
- Brandschutzerfordernisse
- Bauteiluntersuchungen zum Bestand der tragenden Bauteile
- Schadstoffuntersuchungen
- Barrierefreiheit
Um die Kosten zu begrenzen sind diese Untersuchungen stichpunktartig erfolgt und es wurde aus den Einzelergebnissen eine Einschätzung auf das Ganze vorgenommen. Räumliche Änderungen sind nicht vorgesehen oder untersucht worden. Ebenso sind für die erforderlichen Baumaßnahmen, um z.B. Brandschutztüren, Aufzüge oder andere Funktionen unterzubringen, keine Entwurfslösungen erarbeitet worden.
Im Ergebnis wurden massive Mängel in allen Untersuchungsbereichen festgestellt. Eine Sanierung bzw. Modernisierung der Gebäude scheint zwar grundsätzlich möglich, wäre im Vergleich zu einem Neubau jedoch unwirtschaftlich. Dieses Ergebnis wird noch verstärkt, wenn man den Aspekt der Nutzungs- und Flächenoptimierung eines Neubaus in die Betrachtung einbezieht. Der schlechte Zustand der Gebäude wirkt sich zusätzlich negativ auf die Nutzungsfähigkeit zahlreicher Arbeitsplätze aus. Aus Nutzersicht können folgende Aspekte beispielhaft als Negativerscheinungen genannt werden:
- Auskühlung/Überhitzung der Räume
- Mögliche Beeinträchtigungen durch Schadstoffe
- Ausfall der Stromversorgung
- Zugerscheinungen an den Arbeitsplätzen
- Unzureichende Belichtung durch Tageslicht
- Fehlende/r Verschattungsmöglichkeit/Blendschutz
- Akustische Probleme (Tritt- und Luftschall)
- Überalterte Sanitäreinheiten; Verstopfungen von Sielleitungen
- Flächenverdichtung /-mangel (Arbeitsräume z.T. zu klein)
- Fehlende Sozialflächen
- Verteilung von Organisationseinheiten/Bereiche über mehrere Gebäude
- Keine Barrierefreiheit gegeben
- uvm.
Standortanalyse Mühlendamm II
Aufgrund des schlechten Bauzustands der Gebäude und dem hohen Investitionsbedarf für eine Modernisierung wurde in 2015 eine weitere Untersuchung in Auftrag gegeben, um die verschiedenen Handlungsoptionen im Umgang mit dem Standort der Bauverwaltung zu ermitteln und zu bewerten. Hierbei wurden auch die Aspekte der Prozess- und Flächenoptimierung, des Städtebaus, der Realisierungsphase der Baumaßnahmen und der möglichen Standortaufgabe von bisher für die Verwaltung genutzten Büroflächen berücksichtigt. Mit der Untersuchung wurden das Architekturbüro Petersen Pörksen Partner und die CIMA Beratung + Management GmbH (beide aus Lübeck) beauftragt.
Die Untersuchung hatte nicht nur verschiedene Handlungsoptionen auf dem heutigen Grundstück der Bauverwaltung zum Inhalt, sondern auch die Prüfung von zahlreichen städtischen Grundstücken hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Eignung für einen entsprechenden Verwaltungsstandort. Auch wurde eine Betriebskostenprognose für die jeweiligen Varianten vorgenommen. Es wurden die baulichen und städtebaulichen Belange für die verschiedenen Grundstücke geprüft, die jeweiligen Investitionskosten und Entmietungen und/oder möglichen Verkaufserlöse ermittelt und unter Berücksichtigung der Betriebs- und Finanzierungskosten monetär bewertet und unter Ausweisung von Gesamt- und Jahreskosten gegenübergestellt.
Die Untersuchungsergebnisse liegen diesem Bericht als Anlagen bei und werden im Rahmen der Ausschusssitzung präsentiert und mündlich erläutert.
Wesentliche Ergebnisse der Standortanalysen
Sanierung vs. Neubau
Die Realisierung eines Neubaus bietet die Möglichkeit, Bürostrukturen zu schaffen, die an den Bedarfen der Nutzungseinheiten ausgerichtet sind und somit zur Effizienzsteigerung der damit verbundenen Prozessabläufe beitragen. Dies trägt auch zur spürbaren Flächenreduzierung der Gesamtflächen bei, da die z.Zt. genutzten Gebäude einen sehr hohen Verkehrsflächenanteil und damit einen höheren Flächenverbrauch ausweisen, als moderne Bürogebäude. Gleiches gilt für die damit verbundenen Betriebs- und Bauunterhaltungskosten. Auch sind die Organisationseinheiten des FB5 heute dezentral organisiert und z.T. selbst innerhalb der Bereiche auf verschiedene Gebäude verteilt.
Flächenoptimierung
Die Zusammenführung der Bauverwaltung in ein Gebäude hat neben den zuvor erwähnten organisatorischen Vorteilen auch zur Folge, dass heute noch angemietete Büroflächen aufgegeben und stadteigene Flächen/Gebäude verkauft oder anderweitig genutzt werden könnten.
Standort / Städtebau
Der Verbleib der Bauverwaltung am vorhandenen, historisch gewachsenen Standort Mühlendamm ist hinsichtlich der städtebaulichen Kontinuität grundsätzlich positiv zu bewerten. Die Zusammenführung der Bauverwaltung würde zu einer räumlichen Verdichtung führen, bei der sich die Neubauten an das denkmalgeschützte Gebäude Mühlendamm 12 anfügen. Die verbleibenden Grundstücksflächen könnten veräußert und bspw. für Wohnungsbau genutzt werden. Hierfür wäre die Erstellung eines B-Plans erforderlich.
Die Verlagerung der Bauverwaltung an einen anderen Standort wurde ebenfalls geprüft. Hierbei wurden zahlreiche städtische Flächen hinsichtlich ihrer grundsätzlichen Eignung und Zweckmäßigkeit zur Errichtung eines Neubaus untersucht. Im Ergebnis hat sich der Standort auf der Mittleren Wallhalbinsel (zwischen den Parkplätzen der MuK und der Drehbrücke) als geeignetste Alternative zum Standort Mühlendamm herausgestellt. Dieser Standort böte auch das Potenzial einer späteren baulichen Erweiterung, falls die Führung der rückwärtigen Straßen (Lastadie, Marienbrücke) verändert werden sollte. Ein Neubau eines Bürogebäudes an diesem Standort würde sich im Kontext der MuK und der Mediadocks städtebaulich gut einfügen. Auch die gute Erreichbarkeit der Verwaltung für die Bürger und die Nähe zu den innerstädtischen Verwaltungseinheiten sind wichtige Vorteile dieses Standorts gegenüber den anderen Standortoptionen. Für den Neubau eines Bürogebäudes auf der Mittleren Wallhalbinsel wäre die Erstellung eines B-Plans erforderlich.
Investitionskosten
Die isolierte Betrachtung der Investitionskosten für die reinen Baumaßnahmen der unterschiedlichen Planungsvarianten ist zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Projektes nur bedingt aussagekräftig. Da in Abhängigkeit der gewählten Planungsvariante unterschiedliche Erlöse durch Grundstücksverkäufe und Entmietungen generiert werden können, sind diese in die Wirtschaftlichkeitsbetrachtung einzubeziehen. Gleiches gilt für die Betriebs-, Bauunterhaltungs- und Finanzierungskosten.
Betriebs- und Bauunterhaltungskosten
Der Neubau eines Bürogebäudes ermöglicht eine deutliche Reduzierung der lfd. Betriebskosten gegenüber der heutigen Situation, aber auch im Vergleich zur Situation nach einer möglichen Sanierung der bestehenden Gebäude. Insbesondere eine Flächenreduzierung durch die Wahl einer neuen räumlichen Struktur der Bürolandschaft würde sich positiv auf die Betriebs- und Bauunterhaltungskosten auswirken.
Wirtschaftlichkeitsbetrachtung
Im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsanalyse wurden folgende Faktoren bei Zugrundelegung eines Betrachtungszeitraums von 20 Jahren berücksichtigt:
- mögliche Erlöse durch Verkauf von Gebäuden nach Nutzungsaufgabe
- Investitionsbedarf der Baumaßnahmen
- evtl. erf. Ersatzmaßnahmen und Interimslösungen
- Kommunalkreditfinanzierung (bei Eigeninvestition durch HL)
- Abschreibungen
- Bauunterhaltungskosten
- Betriebskosten
- ggf. entfallende Mietkosten
Im Ergebnis stellt sich ein Neubau als die wirtschaftlichste Variante heraus. Auf Grundlage einer rein ökonomischen Betrachtung ist die Realisierung eines Neubaus am Standort Mittlere Wallhalbinsel wirtschaftlicher als eine vergleichbare Baumaßnahme am Standort Mühlendamm. Dies ist u.a. dadurch bedingt, dass am heutigen Standort das denkmalgeschützte Gebäude Mühlendamm 12 in einen Neubau zu integrieren wäre. Zusätzlich könnte bei einem Verkauf des Grundstücks am Mühlendamm schon aufgrund der größeren Grundstücksfläche ein höherer Erlös für die HL generiert werden als bei einem theoretischen Verkauf des Grundstücks Mittlere Wallhalbinsel.
Erweiterungsoptionen
Sinnvoll und realistisch wäre im Zuge der Realisierung eines Neubaus am Standort Mittlere Wallhalbinsel die Integration von innerstädtischen/stadtnahen Organisationseinheiten des FB1. Hierdurch könnten weitere, positive Kostenreduzierungseffekte für die HL erzielt werden, da zusätzliche Erlöse durch den Verkauf von innerstädtischen Büroflächen und die Aufgabe von innenstadtnahen und relativ teuren, angemieteten Flächen erzielt werden könnten. Auch hier wäre die Realisierung von neuer Büroraumfläche für die Teileinheiten des FB1 wirtschaftlicher als der Erhalt des räumlichen Status quo.
Die Realisierung eines Neubaus für die Organisationseinheiten der Bauverwaltung und für Teileinheiten des FB1 wäre nach erster planerischer Ermittlung am Standort Mittlere Wallhalbinsel möglich. Darüber hinaus gehende räumliche Erweiterungen wären nach einer Neuordnung der rückwärtigen Straßen Lastadie und Marienbrücke ebenfalls möglich.
Am Standort Mühlendamm wäre eine Integration von Teileinheiten des FB1 nur bei Ausweitung der in der bisherigen Planung für Büroflächen vorgesehen Grundstücksfläche denkbar. Dies würde zu Lasten möglicher Grundstücksflächen für Wohnungsbebauung gehen.
Fazit der Standortanalysen
Eine reine Sanierung/Modernisierung der vorhandenen Gebäude wäre sowohl unter monetären Aspekten, als auch aus organisatorischer Sicht (Funktionalität der Büroflächen) unwirtschaftlich.
Bei rein wirtschaftlicher Betrachtung wäre einem Neubau auf der Mittleren Wallhalbinsel der Vorzug zu geben. Die Erweiterung des Bürogebäudes um die innerstädtischen/stadtnahen Nutzungseinheiten des FB1 (ohne Rathaus) würde die Wirtschaftlichkeit der Baumaßnahme noch erhöhen.
Aktuelle Situation und Ausblick
Aufgrund der massiven Brandschutzmängel und der damit einhergehenden Gefährdungen für die Nutzer des Gebäudes mussten bereits in 2016 bauliche Maßnahmen für rd. 350.000,- Euro in den Brandschutz investiert werden. Weitere, kostenintensive Maßnahmen in anderen Gebäudeteilen müssen zeitnah folgen. Sollte sich jedoch eine neue Planungsperspektive für die Gebäude der Bauverwaltung abzeichnen, wäre der Versuch zu starten, in Abstimmung mit der Bauordnung und Feuerwehr für einen abgegrenzten Zeitraum technische und/oder organisatorische Interimslösungen zu finden, um weitere Investitionen in die Bestandsgebäude so gering wie möglich zu halten.
Unabhängig von einer eventuellen Neuordnung des Standorts der Bauverwaltung ist leider nicht auszuschließen, dass aufgrund der vorhandenen, tlw. desaströsen Zustände der Bestandsgebäude, weitere Instandhaltungsmaßnahmen umgesetzt werden müssen, um die Nutzungsfähigkeit und Verkehrssicherheit der Gebäude zu erhalten.
Die heutigen Raumbedingungen dürfen für zahlreiche Mitarbeiter/innen der Bauverwaltung keine Dauerlösung darstellen. Mit geringinvestiven Maßnahmen können ggf. partiell kurzfristig angelegte Interimslösungen geschaffen werden, um die gravierendsten, negativen Beeinträchtigungen am Arbeitsplatz zu mindern. Dies kann jedoch keine durchgreifende Sanierung ersetzen, sollte ein Verbleib der Bauverwaltung im bestehenden Gebäude erforderlich sein.
Aufgrund des enormen Handlungsdrucks muss schnellstmöglich eine Entscheidung zur räumlichen Neuordnung der Bauverwaltung herbeigeführt werden.