Bericht über Maßnahmen der Hansestadt Lübeck zur Erreichung der Ziele der „Charta der Vielfalt“
Am 26.2.2015 beschloss die Bürgerschaft:
1. die „Charta der Vielfalt“ für die Stadtverwaltung Lübeck zu unterzeichnen und
2. die städtischen Beteiligungen als Gesellschaftervertreter
aufzufordern, sich ebenfalls der „Charta der Vielfalt“ anzuschließen
3. der Bürgerschaft bis September 2015 zu berichten, welche Maßnahmen
die Hansestadt Lübeck bisher zur Erreichung der Ziele der Charta bereits
durchführt.
4. Die Übergabe der Urkunde findet auf Einladung des Bürgermeisters in einem feierlichen Rahmen im Lübecker Rathaus statt.
Zu diesem Punkt soll geprüft werden, inwieweit die Unterzeichnung der „Charta der Vielfalt“ in einem feierlichen Rahmen am diesjährigen „Diversity Tag“ am 9. Juni 2015, der vom Forum für Migrantinnen und Migranten in der Hansestadt Lübeck ausgerichtet wird, organisiert werden kann.
Die Charta der Vielfalt ist eine Unternehmensinitiative zur Förderung von Vielfalt in Unternehmen und Institutionen. Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel ist Schirmherrin, die Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration Frau Aydan Özoguz unterstützt die Initiative.
Unternehmen und Organisationen sollen ein wertschätzendes und vorurteilsfreies Arbeitsumfeld schaffen, in dem sich alle Talente optimal entwickeln und entfalten können. Dabei sollen alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gleiche Chancen und Wertschätzung erfahren – unabhängig von Geschlecht, Nationalität, ethnischer Herkunft, Religion oder Weltanschauung, Behinderung, Alter, sexueller Orientierung und Identität.
Die Charta der Vielfalt wurde im Dezember 2006 von Daimler, der BP Europa SE (ehemals deutsche BP), der Deutschen Bank und der Deutschen Telekom ins Leben gerufen. Mehr als 2000 Unternehmen und öffentliche Einrichtungen haben die Charta bereits unterzeichnet. In Lübeck sind darunter Firmen wie J.G. Niederegger, Konditorei Junge, Bockholdt KG, die Volksbank Lübeck und seit Juni dieses Jahres auch die Hansestadt Lübeck.
Durch die Unterzeichnung der „Charta der Vielfalt“ bekräftigt die Hansestadt Lübeck ihre auf Chancengleichheit ausgerichtete Personalarbeit, die auf gesetzlichen Grundlagen basiert (u.a. Grundgesetz, AGG, Gleichstellungsgesetz, SGB IX) und bei deren Einhaltung die jeweiligen Interessensvertretungen (Personalrat, JAV, Frauenbüro, Schwerbehindertenvertretung) einbezogen sind.
Die Unterzeichnung der „Charta der Vielfalt“ konnte zwar aus terminlichen Gründen nicht mit dem „Diversity Tag“ verknüpft werden, allerdings bot sich sehr zeitnah die Ausbildungsmesse Nordjob an, die am 16. und 17. Juni in der MUK stattfand. Zum Auftakt der Ausbildungsmesse Nordjob hat deren Schirmherr, der ehemalige Ministerpräsident Björn Engholm, die unterzeichnete Charta-Urkunde offiziell an Bürgermeister Saxe überreicht. Die Nordjob Lübeck wurde für diesen Anlass gewählt, weil sie sehr gute Möglichkeiten bietet, für die vielfältigen und familienfreundlichen Ausbildungs- und Arbeitsmöglichkeiten einer Kommune zu werben und sich neue Talente zu erschließen.
Die berufliche Ausbildung gehört zu den wichtigsten Aufgaben vorausschauender Personalplanung. Die Hansestadt Lübeck bildet durchschnittlich über alle drei Jahrgänge gerechnet 192 Auszubildende in bis zu 20 Ausbildungsberufen aus. Die Anzahl der Ausbildungsberufe variiert nach Ausbildungsbedarf. Etwa ein Drittel wird in den Betrieben und zwei Drittel in der Kernverwaltung ausgebildet. Der Frauenanteil bei den Auszubildenden umfasst nach dem Personalbericht 2014 43,4 %.
Bei etwa 10% der BewerberInnen um einen Ausbildungsplatz ließ sich im vergangenen Jahr anhand des Lebenslaufs ein Migrationshintergrund vermuten, bei den ausgewählten Auszubildenden lag der Anteil vermutlich sogar bei 18%. Wie hoch der Anteil der Beschäftigten der HL mit Migrationshintergrund insgesamt ist, wird zurzeit anhand einer freiwilligen anonymisierten Befragung ermittelt. Es ist geplant über die Ergebnisse der Befragung der Bürgerschaft Anfang 2016 zu berichten.
Zur Erreichung der Ziele der Charta der Vielfalt werden eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt. Dazu zählen u.a.:
Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils an Bewerbungen und Einstellungen von Menschen mit Migrationshintergrund (Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse)
- Menschen mit Migrationshintergrund werden gezielt in Stellenausschreibungen angesprochen, außerdem werden öffentliche Stellenausschreibungen über die Stabstelle Integration an die dort bekannten Migrationsverbände weiter geleitet. Dadurch wird die Information über zu besetzende Stellen einem erweiterten Adressatenkreis zugänglich gemacht.
- Im Rahmen von Messeauftritten, Informationsveranstaltungen, Filmen, Interviews in Broschüren und Zeitungen werden gezielt Auszubildende mit Migrationshintergrund in die Öffentlichkeitsarbeit der Hansestadt Lübeck einbezogen.
- Bei der vom Städteverband Schleswig-Holstein initiierten landesweiten gemeinsamen Imagekampagne für den öffentlichen Dienst hat die Hansestadt Lübeck initiiert, den Blick auf die Bewerbungspotenziale von Menschen mit Migrationshintergrund zu verstärken. Im Rahmen eines Auftaktworkshops im Juni 2015 wurden bereits erste Ideen entwickelt. Dazu zählen die Überarbeitung und Erweiterung der Homepage www.berufe-sh.de um interkulturelle Aspekte (Informationen für Eltern mit Migrationshintergrund, Ergänzung von themenbezogenen links, Aktualisierung von Fotos und Kurzportraits von Auszubildenden mit und ohne Migrationshintergrund). Desweiteren sollen spezielle Ausbildungsflyer für Eltern entworfen und in verschiedenen Sprachen übersetzt werden.
Maßnahmen zur Sensibilisierung und Qualifizierung der Beschäftigten zur Stärkung der interkulturellen Kompetenz
- Es gibt regelmäßige Schulungsangebote zur Entwicklung von interkultureller und Diversity-Kompetenz für unterschiedliche Zielgruppen ( u.a. MitarbeiterInnen des Job-Centers, der Kitas, der Ausländerbehörde, der Altenhilfe, Nachwuchsführungskräfte).
- In Kooperation mit der Lübecker Gemeindediakonie finden verpflichtende Schulungsangebote für unsere Auszubildenden statt.
- In Kooperation mit dem IQ Netzwerk Schleswig-Holstein und dem Flüchtlingsrat Schleswig-Holstein e.V. werden zum Ende diesen und Beginn nächsten Jahres MitarbeiterInnen der Verwaltung und Führungskräfte gezielt in Workshops für die Chancen und Herausforderungen kultureller Vielfalt im täglichen Führungs- und Verwaltungshandeln geschult.
Maßnahmen zur Frauenförderung ( laut Rahmenplan zur Frauenförderung 2013)
- Im Rahmen von Ausbildung und Nachwuchsförderung werden Ausbildungsverhältnisse in Teilzeit angeboten. In Ausbildungsberufen mit weibl. Unterrepräsentanz werden Praktikumsplätze zur Berufsorientierung angeboten und das Interesse der Schülerinnen durch Teilnahme am Girls-Day geweckt.
- Zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf werden u.a. alternierende Telearbeit, eine flexible Arbeitszeitgestaltung und eine verlässliche Unterstützung beim Wiedereinstieg nach der Familienphase angeboten. Die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit gehört inzwischen zum Standard sehr vieler Arbeitsplätze in der Kernverwaltung.
- Um mehr Frauen in Führungs- und qualifizierten Fachpositionen zu gewinnen, werden gezielt Frauen in Stellenanzeigen aufgefordert sich zu bewerben. Außerdem werden im Rahmen der Personalentwicklung gezielt Frauen für die Besetzung von Führungspositionen sowie für die Gewinnung und Qualifizierung von Nachwuchsführungskräften angesprochen
- Spezielle Qualifizierungsmaßnahmen für Frauen sollen dazu beitragen, die Qualifikation aller Mitarbeiterinnen auszubauen bzw. zu erhalten und sie ggf. auf andere qualifizierte Arbeitsplätze umzuqualifizieren.
Weitere Maßnahmen zur Frauenförderung bzw. Schaffung und Herstellung von Chancengleichheit sind im Rahmenplan zur Frauenförderung 2013 konkretisiert und werden bei der Hansestadt Lübeck bereits seit 1996 mit der Verabschiedung der ersten Frauenförderpläne nach § 11 GstG verfolgt. Im Ergebnis bringen die auf Chancengleichheit ausgerichteten Maßnahmen in ihrer Umsetzung durchaus Vorteile für beide Geschlechter hervor.
Maßnahmen zur Förderung eines partnerschaftlichen diskriminierungsfreien Verhaltens am Arbeitsplatz
- Die seit 2003 bei der Hansestadt Lübeck gültige Dienstvereinbarung „Partnerschaftliches Verhalten am Arbeitsplatz“ soll dazu beitragen, sexuelle Belästigung, Mobbing, Schikane und Diskriminierung am Arbeitsplatz zu unterbinden und vorbeugende Maßnahmen zu ergreifen, um ein partnerschaftliches Klima zu fördern und aufrecht zu erhalten.
Darin geregelt sind ein internes Beratungs- und Unterstützungsangebot, ein Stufenplan zur Konfliktlösung, sowie interne Fortbildungsmaßnahmen ( u.a. Führungskräfteschulungen, Fortbildungen zur Konfliktbewältigung, regelmäßige Seminarangebote zur Prävention und zum Umgang mit sexueller Belästigung am Arbeitsplatz, Mobbing/Schikane und anderen Diskriminierungsformen).
Die Entwicklung von Maßnahmen zur Förderung von Vielfalt, Wertschätzung und Chancengleichheit ist ein fortlaufender Prozess, über deren Umsetzung regelmäßig berichtet wird.
Auch die städtischen Beteiligungen waren aufgefordert, sich der Charta der Vielfalt anzuschließen und über ihre bisherigen Aktivitäten zu berichten. Die Ergebnisse sind der beigefügten zusammengefassten Stellungnahme des Beteiligungscontrolling zu entnehmen.