Beim Luftangriff auf Lübeck am 29. März 1942 wurde ungefähr 20% der Lübecker Innenstadt zerstört. Etwa 1.500 Gebäude wurden vollständig zerstört, weitere 2.200 Gebäude wurden schwer beschädigt und in dessen Folge teilweise abgerissen. Die aus dem Kriegsschutt geborgenen Fragmente stammen aus dem gesamten Gebiet der Innenstadt.
Naturstein-Fragmente wurden aus dem Kriegsschutt geborgen und im St. Annen-Museum eingelagert.
Diese wurden 2000 beim Umbau des St. Annen-Museums auf 89 Paletten in das Lager der Denkmalpflege in der Medenbreite eingelagert. Ein Restbestand blieb im St. Annen-Museum.
Bei den archäologischen Grabungen im Gründungsviertel wurden weitere Fragmente geborgen und eingelagert.
Im Lager des Bereichs Archäologie und Denkmalpflege in der Medenbreite sind - transportbedingt in zufälliger Anordnung - überwiegend Bruchstücke von Naturstein-Bauteilen auf Paletten gelagert. Die Anzahl der klein- und großteiligen Bruchstücke beträgt etwa 500 Stück.
Bei den archäologischen Grabungen im Gründungsviertel wurden von der Abteilung Archäologie etwa 10 Steinfragmente geborgen und eingelagert. Ein einziger gestalteter Stein davon lässt sich einem Türportal in der Fischstraße 25 zuordnen. Ein Großteil der Bruchstücke stammt von einfach gestalteten unspezifischen Bauteilen wie Fenstergewänden, Gesimsprofilen, Postamenten, Säulen oder Pilastern. Eine Zuordnung der übrigen Fragmente zu spezifischen Bauteilen ist im jetzigen Lagerzustand nicht möglich.
Im St. Annen-Museum sind an verschiedenen Standorten neben Fragmenten aus Naturstein u.a. auch Terrakotten gelagert (insgesamt etwa 500 Stück). Weiterhin ist eine große Anzahl von Formsteinen aus Backstein eingelagert.
Um eine Zuordnung der Bauteile vornehmen zu können, müssten die Fragmente systematisch erfasst werden.
Die räumlich beengte Lagersituation lässt eine Bestandsaufnahme vor Ort nicht zu. Es wäre notwendig, die eingelagerten Bestände an einem geeigneten Ort zusammenzuführen. Alle Fragmente müssten maßlich und fotografisch erfasst werden. Eine kompetente Bestandserfassung ist nur durch entsprechend fachlich qualifizierte Bearbeiter, z.B. Kunsthistoriker und Steinrestauratoren, möglich. Aufgrund des hohen Gewichtes der einzelnen Fragmente wären außerdem Hilfskräfte und technisches Gerät notwendig.
Der bauliche Zustand des Gründungsviertels vor der Zerstörung 1942 ist in großen Teilen fotografisch und archivalisch erfasst. Um die eingelagerten Fragmente verorten zu können, ist eine Auswertung dieser umfangreichen Quellen ebenfalls durch Fachleute notwendig.
Es handelt sich überwiegend um kleinteilige Fragmente von Bauteilen. Deren Wiedereinbau in Form von Spolien müsste im gesamten Gestaltungskontext der Neubebauung des Gründungsviertels beurteilt werden.
Große Portale oder zusammengehörende Teile konnten bisher nicht identifiziert werden. Ein solches Portal ist im St. Annen Museum gelagert, es gehört nachweislich nicht ins Gründerviertel.
Die Abteilung Denkmalpflege hält eine Rekonstruktion ganzer Fassadengestaltungen der ehemaligen Gebäude anhand der vorliegenden einzelnen Bruchstücke fachlich nicht für sinnvoll und auch nicht für möglich.
Nach Sichtung der Stichproben würde es voraussichtlich nur bei wenigen Teilen eine konkrete Zuordnung geben können. Ein Wiederaufbau mit Einfügungen von Bruchstücken ist erst dann zu beurteilen, wenn die Erfassung erfolgte.
Der Rechtsstatus der geborgenen Museumsteile ist unklar.
Anders beurteilt wird ausschließlich die Rekonstruktion der Fassade Mengstraße 6. Diese ist am Standort Fischstraße 19 abgebrochen worden und unter Verwendung der alten Materialien nicht als Original restauriert, sondern lediglich nachempfunden worden. Sie wurde nach dem Krieg also nicht als mittelalterliches Original, sondern als typische Neuschaffung der Nachkriegszeit unter Denkmalschutz gestellt.
Die Diskussion zu dieser Sondersituation ist fachlich noch nicht abgeschlossen.