Gliederung:
1. Ausgangslage und bisherige Berichterstattungen an die Bürgerschaft
2. Abstimmung ,Vorbereitung und Umsetzung des Verkehrsversuchs
3. Begleitende Untersuchungen
3.1 Vorher- Untersuchungen
3.1.1 Unfallsituation allgemein
3.1.2 Unfallsituation der Radfahrer
3.1.3 Ergebnisse der Verkehrszählungen
3.2 Nachher-Untersuchungen
3.2.1 Unfallsituation
3.2.2 Ergebnisse der Verkehrszählungen
4. Zusammenfassung der Ergebnisse
5. Empfehlungen und weiteres Vorgehen
Anlagen Markierungs- und Beschilderungsplan des Verkehrsversuchs
Detailpläne provisorische bauliche Maßnahmen
1. Ausgangslage und bisherige Berichterstattungen
Als zentraler Verteilerknoten am Westrand der Lübecker Altstadt steht der Lindenplatz seit Jahren im Fokus der VerkehrsteilnehmerInnen und der Lübecker Verkehrspolitik. Dies ist nicht nur seiner exponierten Lage auf der Achse zwischen dem Hauptbahnhof/ZOB und dem Holstentor und dem damit einhergehenden hohen Kfz- und Fußgängerverkehrsaufkommen geschuldet, sondern mehr noch seinen seit Jahren durchgängig hohen Unfallzahlen (30 und mehr polizeilich erfasste Unfälle pro Jahr, s. Tab.1).
Jahr Unfälle insges. LV SV Unfälle am K-Arm Radunfälle
Fackenburger Allee
2000 46 28 1 24 9
2001 50 26 1 25 14
2002 37 22 0 13 13
2003 39 21 1 25 14
2004 39 22 2 15 15
2005 56 29 1 28 17
2006 34 24 1 21 15
2007 39 17 4 18 18
2008 48 ? ? 20 24
2009 51 ? ? 25 21
2010 31 21 0 ? 17
2011 41 20 2 24 22
Tab.1: Polizeilich erfasste Verkehrsunfälle am Lindenplatz 2000-2011
nach Verletzungsschwere (LV= Leichtverletzte, SV= Schwerverletzte)
Das Verkehrsaufkommen von ca. 50.000-55.000 Kfz/24 h und die komplexe verkehrliche Situation auf dem Kreisverkehrsplatz bewirken –gepaart mit z. T. überhöhten Geschwindigkeiten der Kfz- beträchtliche Gefährdungen insbesondere der RadfahrerInnen (15-20 Radverkehrsunfälle pro Jahr). Für Viele war und ist der Lindenplatz auch subjektiv in hohem Maße „angstbesetzt“; nicht wenige -eher „ungeübte“- RadlerInnen meiden den Kreisel, indem sie ihn großräumig umfahren, schiebenderweise die Zebrastreifen benutzen oder gänzlich auf andere Verkehrsmittel ausweichen.
Die Hansestadt Lübeck ist bereits seit vielen Jahren bemüht, den Lindenplatz sicherer zu machen. Anfang der 90er Jahre wurde der Knotenarm zum Lindenpark (Konrad-Adenauer-Straße) hin abgepollert (späterer Umbau als Fußgänger- und Radlerallee). In der Zufahrt der Moislinger Allee und in der Ausfahrt zur Fackenburger Allee wurden 1998 jeweils Radwege angelegt; im Jahr 2000 schließlich erfolgte eine Ummarkierung des Einmündungsbereiches der Fackenburger Allee in den Lindenteller (versetzte Haltlinien der Zufahrtsspuren), um die Sichtverhältnisse auf die im Kreisel fahrenden Fahrzeuge zu verbessern.
Eine umfassende und konsensfähige Lösung zur nachhaltigen Verbesserung der Situation des Radverkehrs für den gesamten Knoten konnte wegen der vielfältigen zu berücksichtigenden verkehrlichen und städtebaulichen Ansprüche sowie der straßenverkehrs-rechtlichen Rahmenbedingungen aber seinerzeit nicht gefunden werden.
Das Ziel-Szenario des Verkehrsentwicklungsplans der Hansestadt Lübeck (VEP-HL 2000) empfiehlt -neben anderen Maßnahmen- für den Bereich Lindenplatz-Puppenbrücke nach der Fertigstellung der Nordtangente eine bessere städtebauliche Integration, d.h. einen Umbau/Teilumbau des Platzes mit Beibehaltung der Verbindungsfunktion, aber mit Einschränkungen von Kfz-Kapazitäten zugunsten des ÖPNV und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit von Rad- und Fußverkehr. Im Rahmen des von der Bürgerschaft zur Kenntnis genommenen Programms „Lübeck-staufrei bis 2015“ wurden diese Zielsetzungen grundsätzlich bestätigt.
Im Jahr 2006 erstellte die Ingenieurgemeinschaft Schnüll-Haller und Partner/Hannover (SHP) im Auftrag der Hansestadt Lübeck daraufhin eine Studie zur städtebaulichen und verkehrlichen Integration des Lindenplatzes, bei der mehrere Varianten der Verkehrsführung (u. a. auch eine Untertunnelung des Lindenplatzes mit einer Unterführung für Rad- und Fußverkehr) vergleichend untersucht und die jeweiligen Verkehrsqualitäten mittels einer Verkehrssimulation ermittelt wurden. Dabei wurden auch die Konfliktbereiche am Lindenplatz näher benannt (s. Abb.1).
Abb.1: Konfliktbereiche am Lindenplatz (Quelle: Schnüll-Haller und Partner 2006)
Der Schlussbericht wurde vom Bauausschuss nach Vorstellung durch Prof. Dr.-Ing. Haller am 19.02.2007 zur Kenntnis genommen. Die Vorzugsvariante - eine vollständige Signalisierung des Lindenplatzes und die signaltechnische Koordinierung mit den Nachbarknoten durch eine „Grüne Welle“ - wurde zur Grundlage einer Entwurfsplanung gemacht, mit der SHP im Juni 2008 beauftragt wurde (Zustimmung zum Auftrag durch den Bauausschuss am 19.05.2008). Diese Lösung sollte nach Inbetriebnahme der Nordtangente ab 2008 in mehreren Schritten realisiert werden.
Im Haushalt der Stadt wurden daraufhin 2,5 Mio. EUR für den Umbau des Lindenplatzes in den kommenden Jahren eingestellt (Produktsachkonto 54.1001.629.7852000).
Am 17. Juli 2008 stimmte die Lübecker Bürgerschaft mehrheitlich einem Antrag von SPD/Die GRÜNEN und der BfL zu, die Planungen gemäß BA-Beschluss vom 19.05.2008 bis auf Weiteres einzustellen und bis Oktober 2008 eine verkehrsplanerische Lösung vorzulegen, die
- dem hohen Verkehrsaufkommen am Lindenplatz ohne die Installation einer Signalanlage gerecht werden kann,
- die Sicherheitsbedürfnisse der schwächeren Verkehrsteilnehmer wie Fußgänger und Radfahrer besonders berücksichtigt,
- für Einzelmaßnahmen (Linksabbieger Holstentorplatz, Stadtgrabenbrücke) die stauentlastende Wirkung konkret darstellt, ebenso die vorhersagbare Auswirkung auf die Verkehrs-sicherheit und Mobilität sowie
- die Empfehlungen des Runden Tisches „Fahrradfreundliches Lübeck“ beachtet.
Auf weitere Gutachten solle verzichtet und auf das in der Verwaltung vorhandene Zahlen-material und Know-How zurückgegriffen werden.
Von der Abteilung Verkehrsplanung der HL wurden daraufhin zahlreiche - weitgehend am Bestand orientierte - Varianten einer veränderten Radverkehrsführung am Lindenplatz erarbeitet (u. a. auch eine mit umlaufenden benutzungspflichtigen 2-Richtungs-Radwegen am Lindenplatz) und dem Gutachter SHP zur Prüfung in verkehrlicher Hinsicht vorgelegt (Simulation des Verkehrsablaufes in den Verkehrsspitzenstunden). Aus Verkehrssicherheitsgesichtspunkten und wegen der starken Rückstauungen, die bei Beibehaltung des Fußgängerüberweges und dessen Mitbenutzung durch Radfahrer an der Fackenburger Allee entstehen würden, empfahl SHP, nur Lösungen mit einer Fußgänger-LSA am Knotenarm Fackenburger Allee weiterzuverfolgen.
Die Bauverwaltung entwickelte daraufhin weitere Varianten, die auch Aspekte einer optimierten Führung des Linienbusverkehrs beinhalteten (Ausweisung von Bussonderspuren in der Achse ZOB-Puppenbrücke). Am 07.09.2009 erfolgte dazu ein mündlicher Sachstandsbericht durch Herrn Schünemann (Verkehrsplanung) und Herrn Johannsen (für die Straßenverkehrsbehörde) im Bauausschuss, der eine Entscheidung mit Hinweis auf Beteiligungserfordernisse des „Runden Tisches Fahrradverkehr“ (RTF) jedoch vertagte.
Bei der Erörterung am 29.09.2009 lehnte der RTF die vorgestellte Vorzugsvariante (Signalisierung des Fußgängerüberweges und Zwangsführung des Radverkehrs außerhalb des Kreisels auf einer parallel geführten Radfurt über die Fackenburger Allee) mehrheitlich ab und formulierte Kriterien/Randbedingungen für ergänzende Prüfaufträge zur künftigen Radverkehrsführung am Lindenplatz. Die von der Bauverwaltung dazu erarbeiteten Varianten wurden dem RTF in Rahmen der nachfolgenden Sitzungen am 09.02.2010, am 22.06.2010, am 24.05.2011, am 23.08. 2011 sowie am 04.10.2011 (mit Präsentation einer Verkehrssimulation) vorgestellt. Ein einstimmiges Votum unter den TeilnehmerInnen war dabei nicht zu erzielen.
Auf der Basis der erörterten Varianten wurde am 23.08.2011 ein Gespräch beim Landesbetrieb Straßenbau und Verkehr S-H, Niederlassung Lübeck (LBV-SH) zur möglichen Förderfähigkeit der Maßnahmen durchgeführt. Dabei wurde seitens des LBV-SH zur Förderfähigkeit erklärt:
- Radverkehrsführungen mit Wahlmöglichkeit für die Radfahrer (Radfahren auf der Fahrbahn ebenso zulässig wie auf abgesetzten Radwegen) seien nicht konfliktreduzierend
- Maßnahmen, die - auch temporär -zu Leistungseinbußen beim Kfz-Verkehr führten, seien nicht förderfähig
- förderfähig seien gemäß den GVFG-Richtlinien nur benutzungspflichtige (bauliche) Radwege, die außen um den Kreisel herumführen.
2. Abstimmung, Vorbereitung und Umsetzung des Verkehrsversuches
Strittige Punkte einer künftigen (veränderten) Verkehrsführung am Lindenplatz waren vor allem die Signalisierung des Fußgängerüberweges am Knotenarm Fackenburger Allee und die (weitere) Mitbenutzungsmöglichkeit der Kreisfahrbahn durch die RadfahrerInnen.
Bereits am 08. Juni 2011 hatte der Arbeitskreis für Verkehrsfragen (ihm gehören neben der Stadtplanung, Abt. Verkehrsplanung auch der Straßenbaulastträger, der Bereich. Verkehrsangelegenheiten, die Straßenverkehrsbehörde, die Polizeidirektion Lübeck und der Stadtverkehr Lübeck an) sich in einer Sondersitzung ausführlich mit den strittigen Fragen auseinandergesetzt. Dabei wurde auch eine Simulation des Verkehrsgeschehens während der nachmittäglichen Spitzenstunde präsentiert und deren Ergebnisse diskutiert.
Von den TeilnehmerInnen wurde konstatiert, dass es durch die vorgesehenen Maßnahmen (Reduzierung der Zufahrt Fackenburger Allee auf 2 Kfz-Fahrstreifen, Signalisierung des dortigen Fußgängerüberweges, Anlage von Radfahrstreifen am Knotenarm Moislinger Allee zu Lasten der vorhandenen Fahrbahnbreiten) zu keinen erkennbaren Verschlechterungen der Leistungsfähigkeit des Kreisels für den Kfz-Verkehr kommt. Unter Verkehrssicherheitspunkten wurden die vorgesehenen Maßnahmen ausnahmslos begrüßt.
Von der Verkehrssicherung der HL wurde ferner dargelegt, dass die neue Signalanlage am Knotenarm Fackenburger Allee mit den Lichtsignalanlagen am Holstentorplatz und an der Werner-Kock-Straße bzw. Schwartauer Allee koordiniert werden könnte, sodass für den Kfz-Verkehr aus der Stadt zur Fackenburger Allee eine „grüne Welle“ schaltbar sei (für den Radverkehr stadtauswärts in Richtung Bahnhof sei dies ebenfalls möglich). Für die Fußgänger seien Grünzeiten von 25-30 Sekunden vorgesehen, die ein Überqueren der Fackenburger Allee in einem Zuge ermöglichen. Durch eine „Rest-Rot-Anzeige“ an der neuen Signalanlage Fackenburger Allee (bei der den wartenden Fußgängern die verbleibende Wartezeit bis zur nächsten Grünphase in einem Signalfeld mit Ziffern laufend angezeigt wird) sei eine hohe Akzeptanz der Signalisierung auch in verkehrsschwachen Zeiten erwartbar.
Die vom Bereich Stadtplanung vorgetragene Alternative einer 2-streifigen Zufahrt für Kfz von der Fackenburger Allee und Verzicht auf eine Signalisierung des dortigen Fußgängerüberweges (stattdessen lediglich Einrichtung von Gelbblinkern am vorhandenen Überweg) wurde von der Polizei und der Straßenverkehrsbehörde abgelehnt, da dies kein sicheres Querungsangebot für Fußgänger und (schiebende) Radfahrer sei und sich an der Konfliktlage beim Queren der Fackenburger Allee dadurch grundsätzlich nichts ändere.
Angesichts der differierenden Einschätzungen zur künftigen Führung des Radverkehrs (Wahlmöglichkeit versus Benutzungspflicht von Radwegen außerhalb des Kreisels) wurde angeregt, zunächst einen Verkehrsversuch mit einer einfach zu realisierenden Lösung vorzubereiten, die sich ohne größere Umbauten weitgehend am baulichen Bestand des Lindenplatzes orientiert.
Nach nochmaliger Erörterung der Planungen in einer weiteren Sondersitzung des Arbeitskreises für Verkehrsfragen am 03. Februar 2012 wurde schließlich die Versuchsanlage festgelegt. Diese sieht im Kern vor (s. Anlage 1):
- den dritten (rechten) Kfz-Fahrstreifen in der Zufahrt der Fackenburger Allee mittels (wiederverwendbarer) baulicher Absperrelemente einzuziehen,
- den Fußgängerüberweg über die Fackenburger Allee zu signalisieren (mit „Rest-Rot-Anzeige“) und die Anlage ganztägig in Festzeitsteuerung mit Umlaufzeiten von 95-105 Sekunden zu betreiben (lediglich in den Nachtstunden von 22-6 Uhr Anforderung durch die FußgängerInnen bei einer reduzierten Umlaufzeit von 60 Sekunden ohne Koordinierung mit den Nachbarknoten),
- ausreichend breite Aufstellflächen für die wartenden FußgängerInnen auszuweisen (z. T. queren die Fußgänger vom Bahnhof kommend oder dorthin gehend in größeren Pulks),
- den Innenkreis des Lindenplatzes durch Markierungen und punktuelle Absperrelemente in den Sichtachsen der zufahrenden Kfz zu verbreitern und die Zahl der Fahrstreifen im Kreisel dadurch auf 2 zu reduzieren (Entfall des „Bypasses“ von der Fackenburger zur Moislinger Allee),
- die bestehende Radwegelücke in der Ausfahrt der Moislinger Allee durch Abmarkierung eines Radfahrstreifens am Fahrbahnrand zu schließen (dadurch einspurige Kfz-Ausfahrt zur Moislinger Allee auf einem überbreiten Fahrstreifen),
- den 3. Fahrstreifen in der Zufahrt der Moislinger Allee einzuziehen und zu einem Aufstellstreifen für in den Kreisel einfahrende RadfahrerInnen umzumarkieren,
- die Querungsstelle für die vom Kreisel zur Fackenburger Allee hin ausfahrenden RadfahrerInnen etwa 30 m entfernt vom Fußgängerüberweg vorzuverlegen in den separaten Rechtsabbiegestreifen von der Puppenbrücke stadtauswärts (dadurch klare Separation von den querenden Fußgängern an der neuen Signalanlage Höhe Kiosk) und
- die Vorwegweisung für Kfz und die RadfahrerInnen in den Zufahrten zum Lindenplatz entsprechend anzupassen bzw. zu ergänzen.
Den RadfahrerInnen wird mithin freigestellt, ob sie – wie bisher – den Kreisverkehrsplatz auf der Fahrbahn fahrend überqueren oder ihn außen „umfahren“ und die Knotenarme an den Fußgängerüberwegen (schiebenderweise) überqueren.
Am 13.03.2012 wurde die Versuchsanordnung dem „Runden Tisch Fahrradverkehr“ abschließend vorgestellt. Am 14.03.2012 erfolgte die Anordnung für den zunächst vom 16.4.2012 bis 15.04.2013 terminierten „Feldversuch“, über den der Bauausschuss in seiner Sitzung am 19.03.2012 schriftlich informiert wurde. Insgesamt wurden für die Maßnahmen ca. 100 TEUR aus Resthaushaltsmitteln vorgesehen/verwendet.
Erste bauliche Maßnahmen zur Vorbereitung des Versuches erfolgten noch Ende März, hauptsächlich jedoch während der Osterferien in der ersten Aprilhälfte 2012. Die Fußgänger-Signalanlage wurde am 16. April 2012 morgens in Betrieb genommen.
Über den Feldversuch wurde bereits während der Bauphase von der örtlichen Presse (überwiegend positiv) berichtet. Größere Berichte in den Lübecker Nachrichten mit ersten Meinungen und Einschätzungen zum Versuchsstart erfolgten am 17. und am 24. April 2012.
In der Sitzung des Arbeitskreises für Verkehrsfragen am 24.04.2012 wurde von den beteiligten Dienststellen zum Verkehrsversuch Lindenplatz kein grundlegender kurzfristiger Änderungsbedarf angemeldet; nach den ersten – noch unsystematischen- Beobachtungen konnte insgesamt eine Beruhigung der Verkehrsabläufe festgestellt werden. An der Versuchsanordnung wurden lediglich einige kleinere Ergänzungen und Änderungen vorgeschlagen und zeitnah umgesetzt:
- Entfernung der Vorankündigung auf VZ 205 StVO in der Zufahrt der Fackenburger Allee
- Austausch der Baken entlang des eingezogenen Fahrstreifens durch feste Sperrelemente
- Austausch der Baken auf dem Innenkreis des Lindenplatzes gegen feste Sperrelemente
- Markierung der Warteflächen für Fußgänger an der FSA Fackenburger Allee
- Komplettierung der Vorwegweisung für Radfahrer in der Fackenburger und Moislinger Allee
Die Änderungen wurden dem BA zu dessen Sitzung am 14. Mai 2012 schriftlich mitgeteilt.
3. Vorher-Nachher-Untersuchungen
3.1 Vorher-Untersuchungen
Aus der Zeit vor Einrichtung des Verkehrsversuches stehen folgende Daten aus den genannten verkehrlichen Gutachten, aus Verkehrszählungen der Abt. Verkehrsplanung und von der Polizeidirektion Lübeck (Unfalldaten) zur Verfügung:
- Video-Beobachtung von SHP am 27.01.2005, Nachmittagsspitzenstunde 16:15-17:15 Uhr
- Zählungen des Fußgänger- und Radverkehrs auf der Puppenbrücke am 17.07.2008
- Zählungen des Fußgänger- und Radverkehrs an den Fußgängerüberwegen Fackenburger Allee, Moislinger Allee und Hansestraße am 28.03.2011 ( 6:30-8:30 Uhr, 15:30-17:30 Uhr)
- Unfalldaten der Polizeidirektion Lübeck aus den zurückliegenden Jahren (Jahresunfallberichte, Protokolle zu den Besprechungen der Unfallhäufungspunkte, ausgewählte Einzeldaten zu den Radverkehrsunfällen am Lindenplatz)
Zusammenfassend ergeben sich daraus folgende Befunde für den Vorher-Zustand:
3.1.1 Unfallsituation allgemein
Eine zusammenfassende Analyse der Unfalldaten aus den Jahren 2004 – 2007 (s. Tab. 2) lässt erkennen, dass
- etwa jeder zweite Unfall am Lindenplatz auf (Vorfahrt)Konflikten zwischen den Kfz an den Zu- und Ausfahrten des Kreisels basiert; es handelt sich dabei fast immer um Sachschadensunfälle oder Unfälle mit lediglich leichten Verletzungsfolgen,
- an 37 % der Unfälle RadfahrerInnen beteiligt sind; diese kollidieren überwiegend mit Kfz auf der Kreisfahrbahn (FB), vielfach aber auch beim Überqueren der Knotenarme an den Fußgängerüberwegen (FGÜ)
- Fußgänger am Lindenplatz nur in geringem Maße verunfallen; die wenigen Kollisionen mit Kfz ereignen sich meistens an den Fußgänerüberwegen und haben vergleichsweise schwere Verletzungen der Fußgänger zur Folge.
- Busse spielen im Unfallgeschehen am Lindenplatz insgesamt keine Rolle; bei Unfällen an den Fußgängerüberwegen kommt es jedoch zu schweren Verletzungen (der Fußgänger).
Jahr/e 2004 2005 2006 2007 Su 2004-2007 Unfallort
Unfallgegner abs % FB FGÜ
Kfz-Kfz 18 30 14 19 81 48,2 % 77 4
Kfz- Krad/Roller/Mofa 4 3 3 2 12 7,1 % 12 0
Kfz-Radfahrer 10 14 13 15 52 31,0 % 32 (2) 20
Kfz- Fußgänger 3 5 2 1 11 6,5 % 1 10 (2)
Kfz bzw. Mofa allein 0 1 0 1 2 1,2 % 2 0
Radfahrer-Radfahrer/Mofa 1 1 0 1 3 1,8 % 1 2
Radfahrer- Fußgänger 0 1 0 1 2 1,2 % 0 2
Radfahrer allein 3 1 1 0 5 3,0 % 3 2 (1)
Summe 39 56 34 39 168 100 % 128 (2) 40(3)
Tab. 2: Unfälle am Lindenplatz Jahre 2004-2007 (in Klammern: Schwerverletzte)
Quelle: Unfalldaten der Polizeidirektion Lübeck, eigene Auswertung
3.1.2 Unfallsituation der RadfahrerInnen
Die Unfallsituation der RadfahrerInnen lässt sich wie folgt kennzeichnen:
- Mit der allgemeinen Zunahme des Radverkehrs in Lübeck hatten in den letzten Jahren auch die Radunfälle am Lindenplatz erkennbar zugenommen und sich auf einem Level von jetzt im Mittel 20 Radunfällen pro Jahr eingependelt (s. Tab.1).
- Die allermeisten Radunfälle am Lindenplatz verlaufen eher glimpflich (mit leichten Verletzungsfolgen); Radunfälle mit Schwerverletzten sind eher selten.
- Hauptunfallort der RadfahrerInnen ist der Knotenarm Fackenburger Allee; hier summieren sich im Mittel über die Hälfte der Radunfälle am Lindenplatz insgesamt.
- Die Radunfälle an der Fackenburger Allee ereignen sich zu etwa gleichen Teilen auf der Fahrbahn (Vorfahrtverletzungen der einfahrenden Kfz gegenüber Radfahrern) und an dem Fußgängerüberweg (meist mit dort fahrenderweise querenden Radfahrern).
- Es ist von einer nicht unerheblichen Dunkelziffer bei den Radunfällen auszugehen; tatsächlich dürften die Unfallzahlen höher liegen.
Jahr Fackenb. Allee Hansestr. Moisl. Allee Puppenbr.
Unfallort FB FGÜ FB FGÜ FB FGÜ FB FGÜ
2007 4 5 2 1 2 1 1 0
2008 4 7 3 1 6 3 0 0
2009 3 4 1 1 7 2 2 1
2010 7 3 1 1 4 0 1 0.
Summe 18 19 7 4 19 6 4 1
Tab. 3: Radunfälle am Lindenplatz 2007 – 2010 nach Unfallort
Quelle: Unfalldaten der Polizeidirektion Lübeck, eigene Auswertung
3.1.3 Ergebnisse der Verkehrszählungen (Vorher-Zustand)
Kfz-Verkehr
Das Gesamtverkehrsaufkommen am Lindenplatz betrug bei der Zählung im Januar 2005 ca. 52.000 Kfz/24 h (Hochrechung). Im Jahresschnitt dürfte dieser Wert witterungsbedingt bei 55.000 - 58.000 Kfz/24h (Spitzenwert im Sommer) gelegen haben.
Nach Inbetriebnahme der Nordtangente im März 2008 ist das Kfz-Verkehrsaufkommen im Umfeld des Lindenplatzes nach Zählungen der HL um ca. 5-6 % zurückgegangen. Es kann daher für den Vorher-Zustand im Jahr 2012 von der im Jahr 2005 ermittelten Höhe des Gesamtverkehrsaufkommens von 52.000 Kfz/24 h ausgegangen werden.
Die am stärksten belasteten Knotenarme waren und sind (s. auch Tab. 6)
- die Fackenburger Allee (35.400 Kfz/ 24 h) und
- die Puppenbrücke (37.600 Kfz/24 h).
Ursächlich dafür ist die starke Verkehrsbeziehung von und zur Lübecker Altstadt. Diese schlägt sich in der Morgenspitze durch einen starken (Links)Abbiegeverkehr stadteinwärts von der Fackenburger Allee zur Puppenbrücke nieder (1.410 Kfz/Sp-h); im nachmittäglichen Berufsverkehr dominiert dagegen der Rechtsabbiegeverkehr vom Holstentorplatz stadtauswärts zur Fackenburger Allee(1.570 Kfz/Sp-h). In den genannten Verkehrsspitzenzeiten kam es im Vorher-Zustand infolge von Überlastungen und wegen der an den Fußgängerüberwegen querenden Fußgänger und Radfahrer regelmäßig zu Rückstaus der Kfz im Kreisel und an dessen Zufahrten.
In der Achse Puppenbrücke –ZOB ist infolge der Linienbusse des Stadtverkehrs Lübeck ein fast doppelt so hohes Schwerverkehrsaufkommen zu konstatieren als in der Achse Moislinger Allee- Fackenburger Allee. Behinderungen des Linienbusverkehrs halten sich infolge der Vorrangschaltung für die Busse am Holstentorplatz und des gegenseitigen „Freisperrens“ der Busse im Kreisel aber in Grenzen.
Fahrradverkehr
Aufgrund von Verkehrsbeobachtungen aus den 90er Jahren (Routenverfolgungen) ist davon auszugehen, dass etwa 70 % der RadfahrerInnen den Lindenplatz bisher auf der Fahrbahn durchquerten; etwa 30 % der RadlerInnen benutzten allerdings den Seitenraum (d.h. die Gehwege und die Fußgängerüberwege) zur „Umfahrung“ des Lindenplatzes.
Nach den im März 2011 durchgeführten Zählungen werden die Fußgängerüberwege von der RadlerInnen oft fahrenderweise überquert. Besonders hoch ist das Radverkehrsaufkommen an den Fußgängerüberwegen Moislinger Allee und Hansestr. (s. Tab. 4). Die starke Nutzung der Überwege durch RadfahrerInnen ist ganztägig zu beobachten. Darunter sind auch zahlreiche links fahrende RadlerInnen, die sich auf diese Weise Umwege „ersparen“.
Querungen von RadfahrerInnen am Fußgängerüberweg ...
Fackenb. Allee Moislinger Allee Hansestr. Alle FGÜs
Zeitintervall insges. fahrend insges. fahrend insges. fahrend insges. fahr.
06:30-08:30 117 41 225 141 192 109 534 291
15:30-17:30 161 77 254 168 234 142 649 387
Tab. 4: Querungen von RadfahrerInnen an den Fußgängerüberwegen am Lindenplatz
Quelle: Zählungen der Abt. Verkehrsplanung vom 28.März 2011
Fußgängerverkehr
Die Fußgänger haben infolge der abgesetzten Lage der Überwege zum Lindenplatz, die vorrangig der Schaffung von Stauflächen für den Kfz-Verkehr am Kreisel dient, relativ lange Wege zu gehen; durch den Vorrang gegenüber dem Kfz-Verkehr an den Fußgängerüberwegen gleichen sich die zeitlichen Nachteile jedoch weitgehend aus. Günstig ist die Verkehrsabwicklung derzeit insbesondere für Fußgängergruppen vom und zum Lübecker Hauptbahnhof, die ihren Weg mit i. A. nur geringen Zeitverlusten und im „Gruppenverband“ fortsetzen können und damit keine großen Aufstellflächen an den Querungsstellen benötigen.
Nach den im März 2011 durchgeführten Zählungen sind die Überwege zur morgendlichen Spitzenstunde deutlich geringer frequentiert als tagsüber (s. Tab. 5).
Querungen von Fußgängern am Fußgängerüberweg ...
Fackenb. Allee Moislinger Allee Hansestr. Alle FGÜs
Zeitintervall
06:30-08:30 292 394 361 1.047
15:30-17:30 675 842 649 2.166 .
Tab. 5: Querungen von Fußgängern an den Fußgängerüberwegen am Lindenplatz
Quelle: Zählungen der Abt. Verkehrsplanung vom 28. März 2011
Insbesondere bei Sonderveranstaltungen und im vorweihnachtlichen Verkehr kommt es bei starkem Fußgängeraufkommen durch die Querungen temporär zu verkehrsbedingten Rückstaus des Kfz-Verkehrs; kritische Situationen beim Queren der Fußgängerüberwege gibt es für die Fußgänger dadurch i. A. aber nicht.
3.2 Nachher-Untersuchungen
Für die Zeit nach Einrichtung des Verkehrsversuchs stehen folgende Daten zur Verfügung:
- Verkehrszählung der Abt. Verkehrsplanung vom 31.Mai 2012 (Kfz, Radf., Fußg.)
- Videobeobachtung des Kreisels vom 4. und 5. Juni 2013 (Kfz, Radf., Fußg), Büro T+T
- Unfalldaten der Polizeidirektion Lübeck im Vorher-/Nachher-Vergleich
Zusammenfassend ergeben sich daraus folgende Befunde für den Nachher-Zustand:
3.2.1 Unfallsituation
Wie ein Vergleich der entsprechenden 6-Monats-Zeiträume aus 2010-2013 (jeweils 16.04. bis 15.10. eines Jahres) zeigt, ist die Zahl der polizeilich erfassten Verkehrsunfälle am Lindenplatz nach Realisierung des Verkehrsversuches deutlich und nachhaltig zurückgegangen: Ursächlich dafür ist vor allem der starke Rückgang der Unfälle am Knotenarm Fackenburger Allee (s. Tab.6).
Jahr
Knotenarm 2010 2011 2012 2013
Fackenburger Allee 13 13 5 4
Moislinger Allee 7 2 5 4
Pupppenbrücke 3 3 3 3
Hansestr. 1 4 1 2
Insgesamt 24 22 14 13
Tab.6: Verkehrsunfälle am Lindenplatz im Vorher-/Nachher-Vergleich
Quelle: Polizeidirektion Lübeck SB 13
Der Rückgang der Unfallzahlen ist vor allem auf die deutlich geringere Zahl an Unfällen mit Radbbeteiligung zurückzuführen; hier wurden im Nachher-Zeitraum im Jahr 2012 auch keine Schwerverletzten mehr registriert (s. Tab. 7).
Jahr/e (jeweils 6 Monate) 2010 2011 2012 2013
Unfallgegner
Kfz-Kfz 9 6 6 6
Kfz- Krad/Roller/Mofa ..2 2 1 0
Kfz-Radfahrer 12 13 (2) 5 6
Kfz- Fußgänger 1 1 1
Kfz bzw. Mofa allein 0 0 1 1
Radfahrer- Radfahrer 0 0 0 0
Radfahrer- Fußgänger 0 0 0 0
Radfahrer allein 0 0 0 0
Summe 24 22 (2) 14 13
Tab. 7: Verkehrunfälle am Lindenplatz nach Unfallgegnern
(in Klammern: Schwerverletzte)
Quelle: Polizeidirektion Lübeck SB , eigene Auswertung
Besonders positiv ist die Unfallentwicklung für die RadfahrerInnen am Knotenarm Fackenburger Allee: hier ereigneten sich im Nachher-Zeitraum jährlich nur noch 4 Unfälle, davon eine Rotlichtmissachtung an der neuen Fußgängersignalanlage (s. Tab. 8). Auch an der Moislinger Allee ist eine Abnahme der Radunfälle feststellbar; eine Zunahme jedoch an der (Ausfahrt zur) Puppenbrücke feststellbar.
Unfälle Jahr 2010 2011 2012 2013
Fackenburger Allee 7 10 2 1
Moislinger Allee 4 2 1 2
Pupppenbrücke 0 0 2 3
Hansestr. 1 1 0 0
Insgesamt 12 13 5 6
Tab.8: Radverkehrsunfälle am Lindenplatz im Vorher-/Nachher-Vergleich
Quelle: Polizeidirektion Lübeck SB 13
Die Unfallentwicklung am Lindenplatz ist mithin nach Einführung des Verkehrsversuches insgesamt und vor allem im Hinblick auf die Radunfälle uneingeschränkt positiv. Nicht nur die Unfallzahlen, sondern auch die Zahl der Leicht- und Schwerverletzten ist rückläufig. Es bleibt abzuwarten, ob der Rückgang der Unfälle nachhaltig ist.
Handlungsbedarf ist für den Knotenarm Moislinger Allee erkennbar, wo es im Nachher-Zeitraum eine Zunahme der Unfälle (auf allerdings geringem Niveau) gab.
Auch die Konflikte zwischen geradeausfahrenden Radfahrern und abbiegenden Kfz auf der Puppenbrücke und bei der Ausfahrt vom Lindenplatz zur Puppenbrücke legen dort eine Überprüfung bzw. Optimierung der jetzigen Radverkehrsführung nahe (s. Kap. 3.2.2).
3.2.2 Ergebnisse der Verkehrszählungen
Kfz-Verkehr
Das Kfz-Verkehrsaufkommen am Lindenplatz ist den durchgeführten Zählungen zufolge im Nachher-Zeitraum um ca. 5.400 Kfz/24 h auf nunmehr insgesamt ca. 47.000 Kfz/24 h zurückgegangen. Für die einzelnen Knotenarme stellt sich der Vorher/Nachher-Vergleich wie folgt dar (s. Tab. 9):
Zähltag Do 27.01.2005 Do 31.05.2012 Abnahme
Knotenarm (beide Ri) Kfz/24 h Kfz/24 h Kfz/24 h
Fackenburger Allee 35.400 29.100 - 6.300
Hansestr. 9.450 9.460 +/- 0
Moislinger Allee 22.000 20.800 -1.200
Puppenbrücke 37.600 34.200 -3.400................
Summe 52.200 46.800 -5.400
Tab.9: Vorher-/Nachher-Vergleich des Kfz-Verkehrsaufkommens am Lindenplatz
Deutliche Abnahmen hat es danach vor allem am Knotenarm Fackenburger Allee gegeben. Die Abnahme ist nicht nur den Entlastungseffekten des Lindenplatzes nach Inbetriebnahme der Nordtangente zuzuschreiben, sondern sicher auch dem Umstand geschuldet, dass nach der Einziehung des 3. Fahrstreifens in der Zufahrt der Fackenburger Allee und nach der Signalisierung des Fußgängerüberweges diese Zufahrt - auch infolge des jetzt zeitlich und räumlich verstärkten Rückstaus im morgendlichen Berufsverkehr- für etliche Kraftfahrer an Attraktivität verloren hat und diese jetzt z. T. andere Fahrtrouten wählen (z.B. Umfahrung des Lindenplatzes über die Konrad-Adenauer-Straße/Werner-Kock-Straße und den Bahnhofsvorplatz oder großräumige Umgehung des Lindenplatzes).
Der Rückstau in der Fackenburger Allee reicht im morgendlichen Berufsverkehr jetzt nicht selten bis zur Schwartauer Allee, im kritischen Zeitintervall von 7:45-8:15 Uhr bisweilen auch darüber hinaus bis zur Einmündung Ziegelstraße. Es ist allerdings festzustellen, dass während dieser Zeit auch im Vorher-Zustand dort bereits starke Staubildungen zu verzeichnen waren.
Die zeitliche Dauer des Staus im morgendlichen Berufsverkehr hat sich um ca. 30 Minuten verlängert. Bei Sonderveranstaltungen in der Altstadt ist auf der Fackenburger Allee auch tagsüber bisweilen eine (temporäre) Staubildung zu beobachten
Den Videobeobachtungen zufolge hat sich der Zufluss aus der Fackenburger Allee während der Verkehrsspitzenzeiten im Jahr 2013 weiter reduziert; der Verkehr zur Fackenburger Allee stadtauswärts befindet sich aber wieder auf dem Niveau des Vorher-Zeitraums. Ein erheb-licher Teil des von der Puppenbrücke zur Fackenburger Allee fließenden Kfz-Verkehrs wird (weiterhin) über den „Bypass“ am Lindenplatz abgewickelt (Klammerwerte in Tab. 10).
Zähltag Do 27.01.2005 Do 31.05.2012 Mi 05.06.2013
Fackenburger Allee Kfz/h Kfz/h Kfz/h .
Morgenspitze ste 1.410 1.190 730
sta 850 670 830 (420)
Nachmittagsspitze ste 1.370 1.040 860
sta 1.180 990 1.280 (620)
Tab. 10: Vorher-/Nachher-Vergleich des Kfz-Verkehrs an der Fackenburger Allee
ste= in Richtung Lindenplatz, sta: in Ri Schwartauer Allee/stadtauswärts
(in Klammern: davon über den „Bypass“ zur Fackenburger Allee)
Fahrradverkehr
Die Menge und die Wegewahl der RadfahrerInnen haben sich am Lindenplatz im Nachher-Zeitraum insgesamt wenig verändert.
Den Videobeobachtungen zufolge wird die Kreisfahrbahn im morgendlichen Berufsverkehr von ca. 470 RadfahrerInnen benutzt; während der nachmittäglichen Spitzenstunde von ca. 390 RadfahrerInnen. Die Hauptströme sind der Tab. 11 zu entnehmen.
Hauptströme des Radverkehrs im Kreis Morgenspitze Abendspitze
7:30-8:30 Uhr 17:15-18:15 Uhr
Lindenpark/Fackenb. Allee – Moislinger Allee 130 60
Lindenpark/Fackenb. Allee - Puppenbrücke 170 165
Puppenbrücke – Ri Hansestr./Lindenpark 100 60 .
Tab. 11 Hauptströme des Radverkehrs am Lindenplatz zu den Hauptverkehrszeiten
Quelle: Auswertung der Videobeobachtungen am 4. und 5. Juni 2013
Weiterhin „umfahren“ viele RadfahrerInnen den Lindenplatz und queren an den Fußgängerüberwegen (bzw. an der Fußgängersignalanlage Fackenburger Allee). Die Querungen haben im Nachher-Zeitraum leicht zugenommen; stärkere Zunahmen waren am FGÜ Moislinger Allee festzustellen. Insgesamt sind die Veränderungen aber nicht signifikant (s. Tab. 12).
Querungen von RadfahrerInnen am Fußgängerüberweg ...
Fackenb. Allee Moislinger Allee Hansestr. Alle FGÜs
Zeitintervall vorher nachher vorher nachher vorher nachher vorher nach
06:30-08:30 117 121 225 252 192 200 534 573
15:30-17:30 161 215 254 346 234 149 649 710
Tab. 12: Querungen von RadfahrerInnen an den Fußgängerüberwegen am Lindenplatz
Quelle: Zählungen der Abt. Verkehrsplanung vom 28.03. 2011 und 31.05.2012
Qualitative Beobachtungen des Einfädel- und Fahrverhaltens der RadfahrerInnen zeigen, dass diese bei vielen seit dem Verkehrsversuch offensichtlich kontrollierter und offensiver erfolgen. Durch den Entfall des dritten Fahrstreifens im Kreisel und den gleichmäßigeren Verkehrsfluss der Kfz im Kreis sind Fahrstreifenwechsel für die RadfahrerInnen nicht mehr so oft erforderlich und auch weniger risikoreich als vorher.
Durch die Unterbrechung des Kfz-Verkehrsflusses an der Fußgängersignalanlage Facken-burger Allee treten nicht nur vermehrte Zeitlücken für den Radverkehr zum Einfahren in den Kreis auf; auch die Einfahrgeschwindigkeiten der Kfz haben sich verringert, was zu geringeren Bremswegen der Kfz im Falle von notwendigen Interaktionen mit den Radfahrerinnen führt.
„Schwieriger“ geworden für RadlerInnen sind dagegen das Einfahren von der Moislinger Allee und das Queren der in Richtung Puppenbrücke ausfahrenden Kfz bei der Weiterfahrt der RadlerInnen zur Fackenburger Allee. Auch das bereits zum Versuchsbeginn von verschiedenen Seiten bemängelte Ausfahren aus dem Kreis über den „Bypass“ zur Fackenburger Allee ist für weniger geübte RadlerInnen und solche mit Anhängern wegen der nahezu rechtwinkligen Querung des „Bypasses“ schwierig und verbesserungsbedürftig (s. Kap. 5).
Fußverkehr
Nach den durchgeführten Zählungen und Videobeobachtungen haben sich bei der Nutzung der Überwege und der Fußgängersignalanlage mit dem Verkehrsversuch insgesamt nur eher wenige Änderungen ergeben. Ein gewisser „Verlagerungseffekt“ der Fußgängerquerungen zum FGÜ Moislinger Allee infolge der Signalisierung des Knotenarmes Fackenburger Allee ist wahrscheinlich, aber nicht signifikant. Zur morgendlichen Spitzenstunde sind die Überwege (weiterhin) deutlich geringer frequentiert als tagsüber (s. Tab. 13).
Querungen von Fußgängern am Fußgängerüberweg ...
Fackenb. Allee Moislinger Allee Hansestr. Alle FGÜs
Zeitintervall vorher nachher vorher nachher vorher nachher vorher nach
06:30-08:30 292 315 394 383 361 300 1.047 998
15:30-17:30 675 597 842 901 649 326 ? 2.166...1.824
Tab. 13: Querungen von Fußgängern an den Fußgängerüberwegen am Lindenplatz
Quelle: Zählungen der Abt. Verkehrsplanung vom 28.03. 2011 und 31.05.2012
Den Videobeobachtungen zufolge sind die „Störungen“ für die ein- und ausfahrenden Kfz am FGÜ Moislinger Allee durch querende FußgängerInnen insbesondere im morgendlichen Berufsverkehr, aber auch tagsüber erheblich. Da die Kfz die eigentlich einstreifige Ausfahrt quasi 2-streifig befahren, gelingt es den FußgängerInnen hier nicht immer, ihren Vorrang gegenüber den Kfz durchzusetzen. Auch stauen die verkehrsbedingt haltenden Kfz in den Kreisel zurück und „stören“ so den Abfluss der Kfz aus dem Kreisel in Richtung Puppenbrücke.
Sehr gut -sowohl seitens der FußgängerInnen als auch seitens der Kfz- ist dagegen die Akzeptanz der Fußgängersignalanlage Fackenburger Allee. Hierzu trägt bei den FußgängerInnen zweifellos auch die „Rest-Rot-Anzeige“ bei.
Die befürchteten Probleme im Aufstellbereich der FußgängerInnen vor den Signalgebern der FSA Fackenburger Allee halten sich in Grenzen. Zwar kommt es bei größeren Fußgängergruppen zu gelegentlichen Überstauungen der angrenzenden Radwege; die RadfahrerInnen beharren aber mehrheitlich nicht auf ihrem Vorrang und weichen ggf. auf die angrenzenden Gehwege aus (was straßenverkehrsrechtlich zwar nicht zulässig, als Beitrag zur Konfliktlösung aber hinnehmbar ist).
Klagen von FußgängerInnen wegen der Signalisierung des Knotenarmes Fackenburger Allee sind den Dienststellen der HL im Versuchszeitraum nicht bekannt geworden. Die in den Lübecker Nachrichten dazu präsentierten „Stimmungsbilder“ sind nicht repräsentativ und können lediglich als „Momentaufnahmen“ angesehen werden.
4. Zusammenfassung der Ergebnisse
Der am 16.04.2012 nach einem sehr langen und intensiven Abstimmungs- und Diskussionsprozess gestartete und zwischenzeitlich bis Jahresende 2014 verlängerte Verkehrsversuch am Lindenplatz hat nicht zu den von vielen befürchteten stundenlangen Verkehrsstaus und zu Irritationen bei den Verkehrsteilnehmern geführt, sondern insgesamt zu einer deutlichen Beruhigung der Situation beigetragen.
Als Kernergebnisse sind nach den durchgeführten Zählungen, Beobachtungen und den öffentlichen Reaktionen zu dem Verkehrsversuch herauszustellen:
- deutlicher Rückgang der Radverkehrsunfälle am Knotenarm Fackenburger Allee
- deutliche Erhöhung der Verkehrssicherheit für FußgängerInnen an der Signalanlage Fackenburger Allee bei marginal zeitlicher Verschlechterung für FußgängerInnen.
- Rückgang der Kfz-Geschwindigkeiten durch die radialere Verkehrsführung in den Zufahrten und im Kreisel
- Rückgang des Kfz-Verkehrsaufkommens um ca. 6.000 Kfz/24 h im Vergleich zur Situation vor Inbetriebnahme der Nordtangente
- Verbesserter Verkehrsfluss der Kfz vom Holstentorplatz in die Fackenburger Allee aufgrund der Koordinierung der Signalanlagen stadtauswärts
- zeitlich und räumlich erkennbar leicht verlängerte Staus des Kfz-Verkehrs in der Zufahrt Fackenburger Allee während der morgendlichen Hauptverkehrszeit; tagsüber aber keine wesentlichen Verschlechterungen für den Kfz-Verkehr gegenüber dem Vorher-Zustand
- weiterhin akzeptable Bedingungen für den Linienbusverkehr beim Queren des Platzes vom/zum ZOB
Die unspektakuläre Berichterstattung in den lokalen Medien und die geringe Zahl an Leserbriefen und direkten Beschwerden zum Verkehrsversuch bei den Dienststellen der HL lassen den Schluss zu, dass die Maßnahmen als weniger „einschneidend“ empfunden wurden und werden als es die vorherige jahrelange öffentliche und politische Diskussion vermuten ließ.
Die Komplexität der Verkehrsabläufe am Lindenplatz bringt es mit sich, dass nicht alle Verkehrsbeziehungen von den ergriffenen Maßnahmen profitieren. So sind weiterhin am Knotenarm Moislinger Allee Konflikte zw. FußgängerInnen und ein- und ausfahrenden Kfz zu beobachten. Auch scheint der subjektive (Un-)Sicherheitseindruck bei vielen RadfahrerInnen zur Mitbenutzung der Kreisfahrbahn unverändert.
So gibt es weiterhin Prüfungsbedarfe für zahlreiche Detailfragen an verschiedenen Stellen des Lindenplatzes; Auswirkungen auf die Gesamtsituation sind aber stets im Auge zu behalten. Einseitige Optimierungen zugunsten nur einer Verkehrsart sind daher nicht zielführend.
5. Empfehlungen und weiteres Vorgehen
Vorrangiges Ziel des Verkehrsversuches war und ist es,
- die Verkehrssicherheit zu erhöhen (die Zahl der Unfälle und Konflikte am Lindenplatz insgesamt zu reduzieren) und
- diesen Platz als Kreisverkehrsplatz zu erhalten und die Verkehrsabwicklung fußgänger- und fahrradfreundlicher zu gestalten/zu entwickeln, um die Mobilitätseinschränkungen für Fuß- und Radverkehr so gering wie möglich zu halten .
Es ist anzustreben, einige der versuchsbedingten „Provisorien“ möglichst zeitnah umzugestalten, um der städtebaulichen Bedeutung des Lindenplatzes als Eingangstor/„Entree“ für die Lübeck-BesucherInnen gerecht zu werden.
Die zur Überführung der markierten Versuchsanordnung in eine bauliche Lösung erforderlichen Haushaltsmittel (ca. 100 000 €) stehen nach aktueller Planung 2016 zur Verfügung.
Die grundsätzlichen Änderungen in der Geometrie des Kreisels (max. 2 Fahrstreifen in den Zufahrten Fackenburger Allee und Moislinger Allee, 2-streifige Kreisfahrbahn, Signalisierung des Fußgängerüberweges in der Fackenburger Allee) haben sich bewährt und sollten beibehalten werden.
Folgende zunächst nur provisorisch errichtete Maßnahmen sollten als Empfehlung des Arbeitskreises für Verkehrsfragen optimiert bzw. einem Teilumbau unterzogen werden:
1. Vertauschen der Lage von Radweg und Lieferstreifen an der Ausfahrt zur Moislinger Allee (dadurch bessere optische Verengung gegenüber der jetzigen Situation), s. Anlage 2
2. Bauliche Herrichtung der Fläche zw. der Fackenburger Allle und der Hansestraße, um die Erkennbarkeit der Verkehrsführung – insbesondere bei schlechten Sicht- und Witterungsverhältnissen - zu verbessern, s. Anlage 3
3. Vorziehen des Bordsteins in der Zufahrt Moislinger Allee zw. dem Fußgängerüberweg und der Kreisfahrbahn und Umbau des jetzigen Radfahrstreifens zu einem baulichen Radweg (s. Anlage 2)
4. Bauliche Anpassung der Querungsstelle für Radfahrer an dem „Bypass“ von der Puppenbrücke zur Fackenburger Allee (z.B. Verbreiterung der Radspur bzw. Aufstellfläche)
5. Ausführung einer durchgängigen Sperrmarkierung auf dem Innenring zur Vermeidung von unzulässigen Überfahrungen durch Kfz, es ist eine zeitnahe Überführung in eine bauliche Lösung anzustreben.
6. Bauliche Herrichtung der Warteflächen für die an der Fußgängersignalanlage querenden Fußgänger
7. Umbau des -jetzt gesperrten- ehemals dritten Fahrstreifens in der Zufahrt Fackenburger Allee zu einem Baumstreifen.
Zur weiteren Verbesserung des Verkehrsflusses sollten die durchgeführten Verkehrsbeobachtungen vertieft mit dem Ziel ausgewertet werden, eine Optimierung an der Fußgängersignalanlage Fackenburger Allee zu prüfen.
Unabhängig davon wurde im Rahmen einer vom Bereich Stadtgrün und Verkehr
erstellten Verkehrssimulation zwischenzeitlich geprüft, inwieweit durch eine Sig-
nalisierung des Fußgängerüberweges Moislinger Allee eine Verbesserung des Kfz-
Durchflusses insgesamt und insbesondere des Kfz-Abflusses aus dem Kreisel zur
Moislinger Allee erreicht werden kann. Es hat sich dabei eindeutig gezeigt, dass
bei Einrichtung einer weiteren lokalen Lichtsignalanlage Verbesserungen für den
Kfz-Verkehr möglich sind. So könnten damit die Stauerscheinungen in der Facken-
burger Allee in ihrer zeitlichen und räumlichen Ausdehnung deutlich reduziert
werden. Damit verbunden sind Benachteiligungen des Fußgängerverkehrs (Warte-
zeiten, kein freies bevorrechtigtes Queren mehr).
Im Zuge der Sanierung der Hafendrehbrücke (Vollsperrung) entstehen ab 21.10.14
Umleitungsverkehre, die am Lindenplatz durch die o. a. zusätzliche Signalisierung
voraussichtlich besser abgewickelt werden können. Deshalb wird für diesen zu-
nächst rund sechsmonatigen Zeitraum diese LSA eingerichtet. Nach positiver Prüfung
und Bewertung des in diesem Zeitraum beobachteten Verkehrsablaufs könnte und
sollte die LSA dann dauerhaft in Betrieb bleiben