Vorlage - VO/2014/01788
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Beschlussvorschlag
Beschluss der Bürgerschaft am 27.02.2014, VO/2014/01262, weitere Schritte zur Umsetzung des Integrationskonzeptes der Hansestadt Lübeck zu entwickeln und der Bürgerschaft vorzulegen
Begründung
Interkulturelle Öffnung der Verwaltung
Am 27. 02.2014 hat die Bürgerschaft unter VO/2014/01262 einstimmig beschlossen:
Antrag:
Der Bürgermeister wird gebeten, weitere Schritte zur Umsetzung des Integrationskonzeptes
der Hansestadt Lübeck zu entwickeln und der Bürgerschaft vorzulegen, und dabei
insbesondere Maßnahmen vorzuschlagen, um
1. den Anteil von Bewerbungen und Einstellungen von Menschen mit Migrationshintergrund
auf Ausbildungs- bzw. Arbeitsstellen in der Verwaltung und den Betrieben der Hansestadt
Lübeck signifikant und dauerhaft zu erhöhen. Ziel ist, dass die Ausbildungs- und
Beschäftigungsquote im öffentlichen Dienst den Anteil der Bevölkerung mit
Migrationshintergrund abbildet;
2. eine Sensibilisierung und Qualifizierung der Beschäftigten durch Weiterbildungen mit dem
Schwerpunkt „interkulturelle Kompetenz“ zu gewährleisten. Gleiches soll für Auszubildende
gelten. Insbesondere Beschäftigte im Personalwesen und Führungskräfte sollen in
Schulungen interkulturelle Sensibilität entwickeln.
3. Mehrsprachigkeit und interkulturelle Kompetenz verstärkt in Stellenausschreibungen der
öffentlichen Verwaltung zu nennen und als positive Einstellungskriterien zu werten. Hierfür
sind geeignete Verfahren zu entwickeln, die das diskriminierungsfreie Auswahlverfahren
dokumentieren.
Begründung:
Gleichberechtigte Teilhabe und interkulturelle Öffnung müssen im Bereich der Hansestadt
Lübeck sichergestellt werden, um die Potentiale zu heben, die Menschen mit
Migrationshintergrund in die Verwaltungen einbringen können.
Die Hansestadt Lübeck muss diese Chance nutzen und als Vorbild für Freie Träger und
Institutionen fungieren. Die derzeitigen Zahlen der Beschäftigten in der Verwaltung und den
Betrieben der Hansestadt Lübeck spiegeln die gesellschaftliche Realität bislang ungenügend
wider.
Durch gezielte Informationskampagnen und vermehrte Anwerbung sollen Menschen mit
Migrationshintergrund ermutigt werden, sich für eine Ausbildung oder Arbeit in der
Verwaltung der Hansestadt Lübeck und ihren Betrieben zu entscheiden. Neben diesen
gezielten Maßnahmen muss insbesondere eine interkulturelle Sensibilisierung und
Qualifizierung der Beschäftigten durch regelmäßige Schulungen erfolgen, um ein
Bewusstsein für Vielfalt zu schaffen und Diskriminierung abzustellen bzw. zu vermeiden.
Bericht:
Das Ziel der interkulturellen Öffnung der Verwaltung sowie der Stärkung interkultureller Kompetenzen bei den MitarbeiterInnen wird mit Bezug zum vorhandenen „Integrationskonzept der Hansestadt Lübeck“ in der gesamtstädtischen Personalpolitik seit mehreren Jahren verfolgt. Der vorliegende Bericht stellt insofern sowohl diejenigen Maßnahmen dar, mit denen in Bezug auf die beschlossenen drei Schwerpunkte in der Kernverwaltung bereits begonnen wurde als auch noch bevorstehende Planungen und Umsetzungen.
Zu 1. Maßnahmen zur Erhöhung des Anteils an Bewerbungen und Einstellungen von Menschen mit Migrationshintergrund (Ausbildungs- und Arbeitsverhältnisse)
- Im ersten Schritt wurde bei der Gewinnung von Auszubildenden für die Hansestadt Lübeck mit der gezielten Ansprache von Menschen mit Migrationshintergrund begonnen. Dafür werden potenzielle BewerberInnen mit Migrationshintergrund in Stellenausschreibungen gezielt angesprochen. Darüber hinaus werden die Ausschreibungen vom Personal- und Organisationsservice (POS) an die Stabstelle Integration weitergegeben mit Bitte um Weiterleitung an die dort bekannten Migrationsverbände. Dadurch wird die Information über zu besetzende Stellen einem erweiterten Adressatenkreis zugänglich gemacht.
- Als wirksamer Faktor in der Ansprache von InteressentInnen hat sich die Präsenz und das Sichtbarmachen bereits vorhandener Auszubildenden mit Migrationshintergrund gezeigt. Im Rahmen von Messeauftritten, Informationsveranstaltungen, Filmen, Interviews in Broschüren und Zeitungen werden gezielt Auszubildende mit Migrationshintergrund in die Öffentlichkeitsarbeit der Hansestadt Lübeck einbezogen. 2013 und 2014 wurde insbesondere die Präsenz auf Ausbildungsmessen verstärkt. Der POS hat unter Einbindung von Auszubildenden mit und ohne Migrationshintergrund für Ausbildungsberufe bei der Stadt geworben auf Informationsveranstaltungen der Hanseschule, Friedrich-List-Schule, bei der Orientierungsschau Berufe in der Petri-Kirche und bei der Ausbildungsmesse nord-job in der MUK. Darüber hinaus haben sich Lübecker Studierende (InspektorenanwärterInnen der HL) im Rahmen eines Projektes mit dem Thema der Interkulturellen Öffnung auseinandergesetzt und gemeinsam einen Marketing-Film erstellt, der sowohl auf der Homepage der Fachhochschule für Verwaltung (FHVD) als auch auf der landesweiten Seite berufe-sh.de veröffentlicht wurde.
- In Bezug auf die generell zu verstärkende Einbeziehung von InteressentInnen mit Migrationshintergrund wird zukünftig ein entsprechender Hinweis in die öffentlichen Stellenausschreibungen aufgenommen.
- Im Rahmen einer Imagekampagne für den öffentlichen Dienst wird seit 2008 vom Städteverband Schleswig-Holstein in Kooperation mit derzeit 30 Kommunen eine Informations- und Werbeplattform im Internet betrieben. Neben der Beschreibung von (Ausbildungs-)Berufen und Einsatzgebieten in der Kommunalverwaltung sind dort auch die Stellenausschreibungen vieler Verwaltungen zu finden. Auch die Hansestadt Lübeck beteiligt sich aktiv an diesem landesweiten Programm (www.berufe-sh.de). Im Rahmen der dort eingebrachten Aktivitäten hat die Hansestadt Lübeck bereits angeregt, den Blick auf die Bewerbungspotenziale von Menschen mit Migrationshintergrund zu verstärken. Dieser Ansatz soll vertieft und weiter verfolgt werden.
Für 2014 ist feststellbar, dass bei 10 % der BewerberInnen um einen Ausbildungsplatz bei der Hansestadt Lübeck anhand des Lebenslaufes ein Migrationshintergrund vermutet werden kann. Bei den derzeit neu ausgewählten Auszubildenden ist ein Migrations-hintergrund sogar bei 18% (9 von 50) erkennbar. Es ist anzunehmen, dass sich diese Entwicklung auch auf die verstärkte Werbung um MitarbeiterInnen mit Migrationshintergrund sowie auf die laufenden Bewußtmachungsprozesse zurückführen lässt. Auch die Stabstelle Integration unterstreicht in ihrer Stellungnahme zum vorliegenden Bericht, dass Imagekampagnen ein wichtiges Medium sind, um den öffentlichen Dienst für MigrantInnen als attraktiven Arbeitgeber darzustellen.
Auch bei den übrigen Beschäftigten ist der Migrationsanteil gestiegen. Im Personalbericht wird jährlich der Anteil der Beschäftigten der Kernverwaltung ohne deutsche Staatsangehörigkeit dargestellt sowie auch der Anteil der Beschäftigten, die ihren Geburtsort außerhalb der BRD hatten. Während Ende 2012 noch 3,8% des Stammpersonals der Kernverwaltung (das Stammpersonal umfasst alle bezahlten befristeten und unbefristeten Beschäftigungsverhältnisse) ihren Geburtsort außerhalb Deutschlands hatten, waren es Ende 2013 4,9 %. Bezogen auf den gesamten Personalbestand inkl. der Betriebe lag der Anteil der MitarbeiterInnen, die ihren Geburtsort außerhalb Deutschlands hatten im Mai 2014 bei 5,4%.
Da diese Angaben diejenigen Beschäftigten nicht einbezieht, bei denen lediglich deren Eltern außerhalb der BRD geboren wurden, ist davon auszugehen, dass der Anteil der Beschäftigten mit Migrationshintergrund* insgesamt noch deutlich höher sein dürfte.
Mit der durch die Bürgerschaft am 18.9.2014 beschlossenen freiwilligen anonymisierten Befragung zum Migrationshintergrund der Beschäftigten der Verwaltung werden weitergehende Informationen zum Migrationsanteil vorliegen, die im nächsten Personalbericht dargestellt werden. Die Stabstelle Integration hält die freiwillige Abfrage ebenfalls für eine adäquate Möglichkeit, den Ist-Stand zu erfassen. Kiel, Hamburg und Flensburg hätten dies mit überdurchschnittlichen hohen Rücklaufquoten praktiziert und damit repräsentative Ergebnisse erzielt.
Zu 2. Maßnahmen zur Sensibilisierung und Qualifizierung der Beschäftigten zur Stärkung der interkulturellen Kompetenz
- Seit ca. 10 Jahren finden in regemäßigen Abständen Schulungen zur Entwicklung von interkultureller Kompetenz für unterschiedliche Zielgruppen statt ( u.a. MitarbeiterInnen des Job-Centers, der Kitas, der Ausländerbehörde, der Altenhilfe).
- Seit 2013 finden in Kooperation mit dem Projekt I.B.I.S. der Gemeindediakonie verpflichtende Schulungsangebote für Auszubildende aus den verwaltenden Berufen statt. Auch für 2014 sind weitere Schulungsangebote für Auszubildende der gewerblichen und verwaltenden Berufe geplant.
- Darüber hinaus werden angehende Führungskräfte im Rahmen einer Qualifizierungsreihe „Fit für Führung“ zum Thema Diversity-Management geschult. Die insgesamt aus 8 Pflicht- und 2 Wahlbausteinen bestehende Qualifizierungsreihe vermittelt die für Führungstätigkeiten erforderlichen Schlüsselkompetenzen, zu denen u.a. auch der bewusste und positive Umgang mit der Verschiedenheit von MitarbeiterInnen (Diversity-Management) gehört.
- Die MitarbeiterInnen der Abteilung „Angelegenheiten von Ausländerinnen“ werden insbesondere darin bestärkt und gefördert ihre Sprachkenntnisse zu erweitern. Außerdem ist dort eine Fortbildung zum Thema Interkulturelle Kompetenz für Dezember 2014 geplant.
Diese Aktivitäten sollen weitergeführt und um folgendes ergänzt werden.
- Die Thematik soll auch im Rahmen des Konzeptes „Führungskräfteentwicklung bei der Hansestadt Lübeck“, das derzeit vor allem durch das von der EU geförderten Projekt „Führen im Fokus“ umgesetzt wird, weiter geführt werden. Die geplante Verstetigung der darin enthaltenen Qualifizierungen soll auch interkulturelle Schulungselemente für bestehende Führungskräfte enthalten, was von der Stabstelle Integration ausdrücklich begrüßt wird.
- Für die im Bürgerschaftsbeschluss geforderte interkulturelle Sensibilisierung der Beschäftigten im Personalwesen wird derzeit eine geeignete Referentin bzw. ein geeigneter Referent gesucht für die Schulung der MitarbeiterInnen des Personal-und Organisationsservices.
Zu 3. Mehrsprachigkeit, interkulturelle Kompetenz in Stellenausschreibungen und Auswahlverfahren
- Das bisherige Auswahlverfahren für Auszubildende ist in den kommenden Jahren zu überarbeiten. Im Zuge dessen kann auch das Thema Mehrsprachigkeit, interkulturelle Kompetenz und Testverfahren aufgegriffen werden unter Einbezug der Erfahrungen bereits erfolgreich praktizierter kultursensibler Auswahlverfahren anderer Kommunen wie z.B. Osnabrück, Hamburg und Bremen. Da die Überarbeitung der Verfahren verwaltungsintern abgestimmt werden muss, ist hier von einem längerfristigen Prozess auszugehen.
- Bei Stellenbesetzungsverfahren entscheiden die Bereiche über den Inhalt der Ausschreibung und die Personalauswahl. Hier kann der POS im Rahmen des Ausschreibungsverfahrens anregen, das Anforderungsprofil eines Aufgabenbereichs daraufhin zu überprüfen, ob Mehrsprachigkeit und interkulturelle Erfahrung ein Vorteil für die Aufgabenerledigung darstellt, wie es z.B. in der Abteilung „Angelegenheiten für AusländerInnen“ bereits praktiziert wird.
- Im öffentlichen Dienst erfolgt die Personalauswahl mit Bezug zum Grundgesetz Artikel 33 Abs. 2 nach dem Prinzip der Bestenauslese nach „Eignung, Leistung, und Befähigung“. Die Stellenbesetzungsverfahren berücksichtigen diesen Grundsatz durch konsequente Einbeziehung der fachlichen Voraussetzungen sowie auch der persönlichen Eignung für eine qualifizierte Aufgabenwahrnehmung. Für 2015 ist diesbezüglich der erste Teil eines abgestimmten Personalauswahlkonzeptes geplant, mit dem Ziel, transparente Qualitätskriterien für die Auswahl von Führungskräften festzulegen. Sensibilität für interkulturelle Prozesse kann hier einbezogen werden.
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* Zitat aus dem Integrationskonzept der HL:
„Das Merkmal ‚Migrationshintergrund’ muss als Grundlage der Indikatoren einheitlich erfasst werden. Hierzu kann als Orientierungsrahmen die Verordnung zur Erhebung der Merkmale des Migrationshintergrundes (Migrationshintergrund-Erhebungsverordnung – MighEV, § 6) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales vom 29. September 2010, dienen.
Ein Migrationshintergrund liegt hiernach vor, wenn:
- die Person nicht die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, oder
- der Geburtsort der Person außerhalb der heutigen Grenzen der Bundesrepublik Deutschland liegt und eine Zuwanderung in das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach 1949 erfolgte, oder
- der Geburtsort mindestens eines Elternteils der Person außerhalb der heutigen Grenzen der Bundesrepublik Deutschland liegt und eine Zuwanderung in das heutige Gebiet der Bundesrepublik Deutschland nach 1949 erfolgte.
Anlagen
Stellungnahmen Fachbereiche 2 und 3
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