Die Bürgerschaft hat in ihrer Sitzung am 19.12.1985 (Pkt. 7.5 der TO) beschlossen, den Senat aufzufordern alle 5 Jahre über die Verunreinigung des oberflächennahen Grundwassers mit Nitrat zu berichten.
1. Gesetzliche Grundlagen
Seit dem Bürgerschaftsbeschluss von 1985 sind folgende Gesetze und Richtlinien der Europäischen Union in nationales und Landesrecht umgesetzt worden, die dem Schutz des Grundwassers, u. a. auch vor Nitratverunreinigungen, dienen:
a) EU-Nitratrichtlinie
Die Richtlinie 1991/676/EWG soll die Verunreinigung des Grund- und des Oberflächenwassers durch Nitrate aus der Landwirtschaft vor allem durch Düngung verhindern. Die Anwendung von Regeln der guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft soll dadurch gefördert werden. Zum 26. Januar 1996 wurde die Richtlinie durch die Düngeverordnung (DüV) in bundesdeutsches Recht übernommen.
b) EU-Wasserrahmenrichtlinie
Die Richtlinie 2000/60/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates beinhaltet die Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik. Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie erfolgte im Wasserhaushaltsgesetz(WHG) und im Landeswassergesetz.
Das WHG bildet den Hauptteil des deutschen Wasserrechts. Es ist in der Fassung vom 31. Juli 2009 ein Gesetz in der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Das WHG enthält Bestimmungen über den Schutz und die Nutzung von Oberflächengewässern und des Grundwassers, außerdem Vorschriften über den Ausbau von Gewässern und die wasserwirtschaftliche Planung sowie den Hochwasserschutz.
Die Überwachung der Grundwassersituation ist gemäß WHG eine Landesaufgabe und erfolgt durch das Grundwasser-Messnetz des Landes (Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume – LLUR). Des Weiteren berät das LLUR die Landwirte in Gebieten, in denen die Grundwasserleiter durch die Landwirtschaft und damit die Zielsetzung der Wasserrahmenrichtlinie gefährdet sein könnten.
Die Ergebnisse des Grundwasser-Messnetzes werden auf http://www.umweltdaten.landsh.de/atlas/script/index.php
veröffentlicht.
c) Düngeverordnung
Die Regelung der Verbringung organischer Dünger erfolgt über die Bundes-DüV und die Verordnung der „Guten landwirtschaftlichen Praxis“. Ziel der DüV vom 26. Januar 1996 ist es, durch einen schonenden Einsatz von Düngemitteln und eine Verminderung von Nährstoffverlusten langfristig die Nährstoffeinträge in die Gewässer und andere Ökosysteme zu verringern.
Kontrollbehörde für die Einhaltung der DüV ist das LLUR, Sitz in Flintbek mit einer Zweigstelle am Meesenring 9 in Lübeck.
d) Cross-Compliance
Die so genannte „Cross-Compliance“, auch Auflagenbindung genannt, ist ein Mechanismus, mit dem Direktzahlungen an Landwirte an die Erfüllung von Auflagen im Bereich Umwelt- und Naturschutz, Lebensmittelsicherheit, Tier- und Pflanzengesundheit und Tierschutz sowie den Erhalt der landwirtschaftlichen Nutzfläche in gutem Bewirtschaftungs- und Umweltzustand gebunden sind.
Seit 2005 ist für alle Landwirte, die Direktzahlungen erhalten, die Cross-Compliance obligatorisch. Die Kontrolle der Betriebsinhaber hinsichtlich der Einhaltung der Cross Compliance-
Verpflichtungen obliegt den in den Ländern zuständigen Fachrechtsbehörden, in diesem Fall dem LLUR.
Das EG-Recht schreibt grundsätzlich vor, dass die Einhaltung der anderweitigen Verpflichtungen von der fachlich zuständigen Behörde bei mindestens 1 % der Betriebsinhaber, die einen Antrag auf Cross-Compliance relevante Zahlungen stellen, systematisch vor Ort kontrolliert werden muss.
Bei diesen Kontrollen werden die örtlichen Behörden wie Untere Wasserbehörden und untere Naturschutzbehörden mit hinzugezogen. Bei der Überprüfung von 1% der Betriebsinhaber in Schleswig-Holstein jährlich war bisher ein Betrieb in Lübeck betroffen.
Die Einzelergebnisse unterliegen dem Datenschutz.
Eine sehr ausführliche Broschüre zu Cross-Compliance ist unter
http://www.schleswig-holstein.de/UmweltLandwirtschaft/DE/LandFischRaum/ 01_EU_Direktzahlung/03_CrossCompliance/PDF/CC_2014__blob=publicationFile.pdf
zu finden.
Die Auflage, das Land in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand zu erhalten, bezieht sich auf eine Reihe von Standards zum Bodenschutz, zum Erhalt von organischen Substanzen und der Struktur der Böden, zur Vermeidung der Zerstörung von Lebensräumen sowie zur Wasserbewirtschaftung.
2. Ist-Situation
Seit 1985 hat die Abteilung Gesundheitlicher Umweltschutz in unregelmäßigen Abständen Berichte zur Nitratsituation in den überwachten Brunnen zur Trinkwasserversorgung von Einzelhäusern den politischen Gremien vorgelegt. Dies sind laut Trinkwasserverordnung Kleinanlagen zur Eigenversorgung, aus denen pro Tag weniger als 10 m³ Trinkwasser entnommen werden.
Der Grenzwert für Nitrat gemäß Trinkwasserverordnung beträgt seit 2001 50 mg/l.
Werden dauerhaft höhere Werte gemessen, ist die Anlage als Trinkwasserversorgungs-anlage nicht mehr für die Trinkwassergewinnung geeignet und muss stillgelegt werden.
Die Untere Wasserbehörde betreibt kein eigenes Messnetz und ist daher zur Einschätzung der Nitratsituation im oberflächennahen Grundwasserleiter auf die Daten der Trinkwasserüberwachung angewiesen.
Nach den gesetzmäßigen Trinkwasser-Untersuchungen der Brunnen ergab sich in den Jahren 1958-2012 folgendes Bild:
Im Zeitraum von 1958-2003 wurden 111 Trinkwasserversorgungsanlagen (Kleinanlagen) stillgelegt. Davon wiesen 28 Kleinanlagen einen Nitratgehalt von 50mg/l und größer auf.
Viele Kleinanlagen wurden inzwischen an das städtische Wassernetz angeschlossen, wodurch sich die Anzahl der überwachungspflichtigen Anlagen stark reduziert hat.
Derzeit werden im Gebiet der Hansestadt Lübeck noch 120 Kleinanlagen betrieben, welche jeweils alle drei Jahre kontrolliert werden müssen. Im Jahr 2013 wurden 40 Kontrollen durchgeführt. Dazu zählen Einzelwasserversorgungen und Betriebsbrunnen.
Im Zeitraum von 2004-2012 ergaben die Trinkwasseruntersuchungen vereinzelt erhöhte Nitratgehalte an 5 Kleinanlagen. Mittlerweile liegen die Gehalte wieder unter 50 mg/l.
Durch den Anschluss- und Benutzungszwang und die entsprechende zentrale Wasserversorgung sind hinsichtlich der Trinkwasserqualität keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen für die Bevölkerung zu erwarten.
Fazit
Der Bereich Umwelt-, Natur- und Verbraucherschutz schlägt vor, sich den aktuellen Gegebenheiten anzupassen und zukünftig die politischen Gremien anlassbezogen zu unterrichten.
Die Untere Wasserbehörde verweist auf ständig aktuelle Informationen zu diesem Themenbereich im Internet
http://ec.europa.eu/environment/pubs/pdf/factsheets/nitrates/de.pdf
http://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Klima-und-Umwelt/Nitratbericht-2012.pdf?__blob=publicationFile
und den Nitratbericht 2012 als gemeinsamer Bericht der Bundesministerien für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucher-schutz.
Im Januar 2014 wurden die Mitglieder des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung anhand einer Power-Präsentation ausführlich über die Trinkwasserversorgung der Hansestadt Lübeck durch die Stadtwerke Lübeck GmbH informiert. Als Ergebnis wurde festgehalten, dass auf dem Lübecker Stadtgebiet keine erhöhten Nitratwerte festgestellt sind und die Trinkwasserqualität gut ist:
http://www.luebeck.de/stadt_politik/buergerinfo/bi/___tmp/tmp/45081036745815409/745815409/01024367/67-Anlagen/01/Anlage3.pdf