Zwischenbericht
Projekt „Poolbildung zur Beförderung einer inklusiven Beschulung“
Einleitung
Die Fallzahlen der Integrationshelfer in Schulen sind innerhalb der letzten zwei Jahre deutlich angestiegen. Im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe (I-Hilfen wegen „seelischer Behinderung“) wurden im Januar 2011 49 Kinder durch I-Hilfen im Schulalltag begleitet, im Januar 2013 waren es 187 Kinder. Im Bereich der Sozialen Sicherung (I-Hilfen wegen körperlicher oder geistiger Behinderung) waren es Anfang 2011 insgesamt 70 Fälle, zwei Jahre später 99 Fälle. Die Zahl der Integrationshelfer in Schulen hat sich demnach innerhalb von zwei Jahren fast verdreifacht.
Diese Entwicklung ist auf die integrative Beschulung und auf den zunehmenden Förderbedarf bereits bei Einschulung zurückzuführen. Die inklusive Beschulung von Schülerinnen und Schülern ist im Schleswig-Holsteinischen Schulgesetz verankert. Der gemeinsame Unterricht von Schülern mit Behinderung ist festgeschriebener Standard und zunehmende Realität. Teilweise haben diese Schüler erheblichen Assistenz- und Förderbedarf, auch in medizinischer und pflegerischer Hinsicht. Da immer mehr Kinder und Jugendliche mit Behinderung Regelschulen statt Förderzentren besuchen, steigt der Unterstützungsbedarf. An Regel- und Förderschulen werden Anforderungen gestellt, die sie ohne Jugend- bzw. Sozialhilfe nicht erfüllen können.
Mit dem gesamtstädtischen Projekt „Poolbildung zur Beförderung einer inklusiven Beschulung“ soll die Teilhabe von Kindern mit Behinderungen am Unterricht sichergestellt werden. Ziele einer möglichst unbürokratischen Erbringung von Leistungen sind
- für die betroffenen Kinder und ihre Eltern eine ausreichende Hilfeleistung ohne zusätzliches Antrags- und Verwaltungsverfahren und ärztliche Gutachten
- für die Schulen und die freien Träger eine größtmögliche Flexibilität
- für die Stadt als Sozial- und Jugendhilfeträger eine verbesserte Kostensteuerung im Vergleich zu individuell erbrachten Leistungen
Mit in Lübeck anerkannten freien Trägern der Jugendhilfe ist eine Projektvereinbarung über die flexible Erbringung von Hilfen zur Schul- und Klassenbegleitung abgeschlossen worden. Mit dieser Vereinbarung wurden die Leistungen der Jugendhilfe und der sozialen Sicherung gebündelt und den Trägern ein Gesamtbudget für alle Integrationshelfer an Regelschulen zur Verfügung gestellt.
Dieses vorangestellt, wird auf den Auftrag der Bürgerschaft VO/2013/00869 vom 26. 09. 2013
wie folgt berichtet:
1. Die Aufteilung der Träger im Schulhelferpool nach Stadtteilen und dazugehörigen Schulen/ Ob die Integrationshelfer pädagogisches Fachpersonal sind/ Wieviele Stunden die Schulhelfer arbeiten
Die Aufteilung der Träger nach Stadtteilen ist auf der Grundlage der für die Schulsozialarbeit gebildeten und damit vorhandenen Schulsozialräume erfolgt. Für die Koordination der Helfer in den einzelnen Schulen besteht eine feste Trägerzuständigkeit im jeweiligen Schulsozialraum
Die Träger halten für alle Regelschulen im gesamten Stadtgebiet Schulbegleiter vor und stellen diese den Schulen unmittelbar zur Verfügung. Hier arbeiten die Träger übergreifend, d.h. verschiedene Träger sind in einem Schulsozialraum oder auch an einer Schule mit Integrationshilfen tätig. Zurzeit werden an 59 Schulen 450 Kinder von 181 IntegrationshelferInnen betreut (Anlage 1).
Grundsätzlich sind Integrationshelfer sog. „sozial erfahrene Personen“. Es sind aber auch zunehmend ErzieherInnen (47), sozialpäd. AssistentInnen (18), FSJler (6) und sonstige (8) Fachkräfte (Heilerzieher, Lehrer, Dipl.Soz.päd.) als IntegrationshelferInnen tätig.
2. Die Höhe der Zuschüsse der Hansestadt an die einzelne Träger / Wonach die Höhe des Zuschusses an die Träger berechnet wird
Das Gesamtbudget beträgt lt. Projektvereinbarung
EUR 2.383.000 für das Schuljahr 2013/2014 (ohne die Standorte Grundschule Eichholz, Lauerholz und Grönauer Baum)
EUR 2.793.000 für das Schuljahr 2014/2015 (mit allen, den Schulsozialräumen zugeordneten Lübecker Schulen).
Auf der Grundlage der Schülerzahlen und von sozialen Indikatoren, der bisherigen Bedarfslage und der Einschätzung der Förderzentren wurde ein Wochenstundenkontingent ermittelt. Im Schuljahr 2013/2014 wurden 2.748 Wochenstunden und im Schuljahr 2014/2015 3.224 Wochenstunden erwartet, so dass sich bei einem Stundensatz von 21,50 €/Helfer und unter Berücksichtigung von Sachkosten für Klassenfahrten in Höhe von 20.000 € p.a das Budget abbildet.
3. Ob Eltern bei der Erstellung des Hilfeplans formal auf ihren individuellen Hilfeanspruch verzichten
Ein Hilfeplanverfahren, analog sonstiger Angebote der Kinder- und Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe, wird bei der Bündelung der Hilfen nicht durchgeführt. Eltern verzichten nicht formal auf ihren Antrag, das Kind erhält die Hilfe im Klassenverbund, nicht als Einzelfallhilfe.
Soweit Eltern Anträge stellen, wird – wie bisher- ein Verwaltungsverfahren durchgeführt. Bei Festellung eines Hilfebedarfes erhält der zuständige Sozialraumträger den entsprechenden Bescheid und ist auf Grundlage der Projektvereinbarung verpflichtet, die Hilfe „aus dem Pool“ zu leisten.
4. Zahl und Art der bisher eingegangenen Beschwerden und an welchen Schulen diese vorkamen
Offizielle, von LeistungsempfängerInnen vorgebrachte Beschwerden im rechtlichen Sinne liegen keine vor.
Die Umstellung von der Einzelfallhilfe hin zur flexiblen Erbringung von Hilfen zur Schul- und Klassenbegleitung war jedoch erwartungsgemäß auch von Sorgen, Missverständnissen und Anlaufschwierigkeiten begleitet.
An 12 Schulen wandten sich in 20 Fällen Eltern von Kindern mit seelischer Behinderung persönlich an die MitarbeiterInnen des Jugendamtes. Ihre Fragen und Unsicherheiten - meist zum Betreuungsumfang ihrer Kinder - konnten durch konstruktive Gespräche in den jeweiligen Schulen, mit den Trägern, den Eltern und Mitarbeitern des Jugendamtes geklärt werden. In einer gleichen Anzahl von Einzelfällen haben sich die Eltern von Kindern mit einer körperlichen und/oder geistigen Behinderung an den Bereich Soziale Sicherung gewandt. Auch hier konnten die bestehenden Probleme durch gemeinsame Gespräche mit den zu beteiligenden Stellen gelöst werden.
Im Juni 2013 hat die „Elterninitiative Integration“ vor der Einführung des Poolmodells bei der Kommunalaufsicht sozial- und vergaberechtliche Bedenken gegen die Umstrukturierung der Lübecker Schulbegleitung vorgebracht. Eine Prüfung des Ministeriums kam zu dem Schluss, dass ein Verstoß gegen geltende Normen nicht ersichtlich ist (Anlage 2).
Auf eine Abfrage des Schulamtes zur Umsetzung des Pools für Integrationshilfen zeigten sich einzelne Schulen mit der Zuweisung von Helferstungen unzufrieden.
Hier wurden Gespräche mit VertreterInnen der Jugendhilfe und der sozialen Sicherung, der freien Träger, der Kooperativen Erziehungshilfe und dem Schulamt geführt. Einige Anliegen konnten kurzfristig durch Stundenaufstockung in Form von Umverteilung realisiert werden. In anderen Fällen verständigte man sich auf eine Optimierung der Abläufe im kommenden Schuljahr.
Von allen Seiten ist den Gesprächen stets die Kernidee der Bündelung der Hilfen ohne „lästige“ Verwaltungsverfahren und „stigmatisierende“ kinder- und jugendpsychiatrische Gutachten als ausserordentlich positiv bewertet worden. Das Modell des flexiblen Helfereinsatzes erfüllt auch Bedarfe unterhalb der Schwelle der Eingliederungshilfe. Bei konsequenter Umsetzung des Inklusionsgedankens wird sich diese Leistung ausweiten müssen, denn in den geführten Gesprächen ist unter dem Aspekt Inklusion deutlicher Mehrbedarf angemeldet worden.
Mit Beschluss vom 17. Februar 2014 ( L 9 SO 222/13 B ER) hat das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht den Verantwortungsbereich der Schule für Aufgaben der Inklusion verdeutlicht. Die Schule habe Maßnahmen anzubieten, dass behinderte Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit den übrigen Schülerinnen und Schülern beschult werden können. Inklusion dürfe nicht zu Lasten der Sozialhilfe gehen. Es ist daher zu erwarten, dass das Land in Umsetzung des Schulgesetzes entsprechend tätig wird.
Die freien Träger haben zum Lübecker Poolmodell ebenfalls ein positives Resümee, bezogen auf das erste Schulhalbjahr, abgegeben (Anlage 3).
Nach Abschluss der Projektlaufzeit wird ein ausführlicher Bericht vorgelegt.