Vorlage - VO/2013/01015  

Betreff: Teilentwidmung des öffentlichen Hafengebietes der Hansestadt Lübeck für bestimmte radioaktive Stoffe
Status:öffentlich  
Dezernent/in:1. Bürgermeister Bernd Saxe
2. Senator/in F. - P. Boden
Bezüglich:
VO/2013/00227
Federführend:5.691 - Lübeck Port Authority Beteiligt:1.300 - Recht
Bearbeiter/-in: Kempin, Wolfram   
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Vorberatung
18.11.2013 
Sitzung des Bauausschusses zurückgestellt   
02.12.2013 
Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Vorberatung
26.11.2013 
7. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
28.11.2013 
Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck Nr. 4 / 2013 - 2018 zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Erneute rechtliche Prüfung des Bescheides des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 10

Beschlussvorschlag

Erneute rechtliche Prüfung des Bescheides des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 10.01.2013

 

Die Lübeck Port Authority (LPA) hatte mit Bericht vom 05

Begründung

 

Die Lübeck Port Authority (LPA) hatte mit Bericht vom 05.02.2013 (VO/2013/00227 - TOP 8.5 der Bürgerschaftssitzung vom 21.03.2013) darüber informiert, dass der Antrag auf die teilweise Befreiung von der Betriebspflicht (Teilentwidmung) des öffentlichen Hafengebietes der Hansestadt Lübeck für bestimmte radioaktive Stoffe mit Bescheid des Ministeriums für Wissenschaft, Wirtschaft und Verkehr des Landes Schleswig-Holstein vom 10.01.2013 abgelehnt worden war. Die Bürgerschaft hatte in der Sitzung am 21.03.2013 (VO/2013/409) den Bürgermeister mehrheitlich damit beauftragt, gegen diese Entscheidung Widerspruch einzulegen.

 

Bei der hierzu erneut erfolgten rechtlichen Prüfung wurde festgestellt, dass im vorliegenden Fall gemäß § 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in Verbindung mit § 6 S. 2 des Ausführungsgesetzes zur Verwaltungsgerichtsordnung ohne vorheriges Widerspruchsverfahren sogleich Klage gegen die Entscheidung des Ministeriums zu erheben wäre. Die Frist hierfür liefe am 17.01.2014 ab.

 

Eine solche Klage dürfte jedoch keine Erfolgsaussichten haben.

 

Nach § 140 Abs.4 S.2 Landeswassergesetz (LWG) kann die zuständige Behörde auf Antrag (ganz oder teilweise) von der nach § 140 Abs.4 S.1 LWG bestehenden Betriebspflicht eines Hafens befreien. Es handelt sich damit um eine Ermessensentscheidung. Sie wäre nur mit Erfolg anzugreifen, wenn die Ablehnung des Antrages der Hansestadt Lübeck ermessensfehlerhaft wäre. Dafür gibt es jedoch keine Anhaltspunkte. Es spricht im Gegenteil viel dafür, dass eine andere Entscheidung als die Ablehnung des Antrages nicht getroffen werden durfte, also kein Ermessensspielraum für eine Genehmigung bestand.

 

Die Begründung des Bescheides vom 10.01.2013 stützt sich darauf, dass eine teilweise Befreiung von der Betriebspflicht hinsichtlich bestimmter Warenarten eine nicht gerechtfertigte Ein- bzw. Ausfuhrbeschränkung darstellt und deshalb nicht mit Art. 34 ff des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) vereinbar sei. Dies dürfte zutreffen.

 

Nach dem Grundsatz der Warenverkehrsfreiheit in der EU gem. Artikel 34 AEUV sind mengenmäßige Einfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen mit gleicher Wirkung bzw. gem. Art. 35 AEUV mengenmäßige Ausfuhrbeschränkungen sowie alle Maßnahmen mit gleicher Wirkung grundsätzlich zwischen den Mitgliedsstaaten verboten. Eine Teilentwidmung für den Umschlag radioaktiver Stoffe stellt eine Beeinträchtigung der Warenverkehrsfreiheit dar, die nicht durch die Ausnahmetatbestände des Art. 36 AEUV gerechtfertigt ist (vgl.: Schwarz NordÖR 2012, 334). Gleiches gilt für die Dienstleistungsfreiheit nach Art. 56 AEUV, da der Güterumschlag als Dienstleistung ebenfalls diskriminierungsfrei zu gewährleisten ist.

 

Eine Teilentwidmung wäre voraussichtlich auch aus weiteren Gründen unzulässig.

Der Bescheid vom 10.01.2013 lässt zwar dahingestellt, ob auch die Regelungen des Atomgesetzes als ausschließliche, dem Bund vorbehaltene Regelungsmaterie zu allen Bereichen der Atomnutzung und der Grundsatz der Bundestreue einer Teilentwidmung entgegenstehen. Auch dies dürfte aber der Fall sein.

Nach Art. 73 Abs. 1 Nr. 14 Grundgesetz (GG) besitzt der Bund die ausschließliche Zuständigkeit für sämtliche Bereiche der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, und damit auch für den Transport von Kernbrennstoffen. Der § 4 Atomgesetz (AtomG) bestimmt, dass die Beförderung von Kernbrennstoffen einer Genehmigungspflicht unterliegt, wobei gemäß § 23 Absatz 1 Nr. 3 AtomG allein das Bundesamt für Strahlenschutz für die Erteilung solcher Genehmigungen zuständig ist. Die beantragte Teilentwidmung für einen Großteil von Atomtransporten stellt der Sache nach eine atomrechtliche Regelung dar (vgl. Lagoni NordÖR 2012, 336), die mithin allein der Regelungskompetenz des Bundes unterfiele. Die Teilentwidmung verstieße deshalb gegen die Kompetenzordnung des Grundgesetzes (vgl. auch das Minderheitenvotum zum Urteil des Bremer Staatsgerichtshofes vom 12.04.2013 – Az. St 1/12, RN 120-122 - juris).

 

In einem Verstoß gegen die Kompetenzordnung des GG läge möglicherweise auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Bundestreue (vgl. Schwarz NordÖR 2012, 333).

 

Weil eine Teilentwidmung damit gegen EU-Recht, die Kompetenzordnung des Grundgesetzes und den Grundsatz der Bundestreue verstieße, liegt die Ablehnung des Antrages auf teilweise Befreiung von der Betriebspflicht des Hafens zumindest im Bereich des Ermessensspielraumes des Ministeriums wenn sie nicht sogar die einzig rechtmäßige Entscheidung darstellt.

 

Da eine Klage gegen den Bescheid vom 10.01.2013 aus diesen Gründen aussichtslos erscheint, ist von ihr - auch vor dem Hintergrund des Kostenrisikos - abzuraten. Der Streitwert einer solchen Klage wäre voraussichtlich mit 60.000,00 EUR anzusetzen. Damit beträgt das Kostenrisiko für das erstinstanzliche Verfahren ca. 10.000 EUR sofern beide Seiten Anwälte beauftragen.

 

keine

Anlagen

 

keine

 

Stammbaum:
VO/2013/00227   Teilentwidmung des öffentlichen Hafengebietes der Hansestadt Lübeck für bestimmte radioaktive Stoffe   5.691 - Lübeck Port Authority   Bericht öffentlich
VO/2013/01015   Teilentwidmung des öffentlichen Hafengebietes der Hansestadt Lübeck für bestimmte radioaktive Stoffe   5.691 - Lübeck Port Authority   Bericht öffentlich