Vorlage - VO/2013/01003  

Betreff: Wegeeinziehung von öffentlichen Flächen gemäß § 8 Abs. 1, Satz 2, des Straßen- und Wegegesetzes (StrWG) für Schleswig-Holstein:
hier: Einziehung einer Teilfläche der Markttwiete und der Straße Schüsselbuden (5.660)
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator/in F. - P. Boden
Federführend:5.660 - Stadtgrün und Verkehr Bearbeiter/-in: Schott, Ralf
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bauausschuss zur Vorberatung
18.11.2013 
Sitzung des Bauausschusses zurückgestellt   
02.12.2013 
Sitzung des Bauausschusses zurückgestellt   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Entscheidung
28.11.2013 
Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck Nr. 4 / 2013 - 2018 zurückgestellt   
30.01.2014 
Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck Nr. 5 / 2013 - 2018 unverändert beschlossen   

Beschlussvorschlag
Finanzielle Auswirkungen
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Anlage 2 - Einz_Plan_Stadthaus

1 Beteiligte Bereiche/Projektgruppen:

Verfahren

Beteiligte Bereiche/Projektgruppen:

 

 

 

Ergebnis:

 

Alle Beteiligten im Rahmen des B-Planver-fahrens 01.07.00 – Rathaushof/ Schüsselbuden (ehem. Stadthausgrundstück),

Bereich 1.300 - Recht.

Keine rechtlichen Bedenken.

 

 

 

Beteiligung von Kindern und Jugendlichen

 

Ja

gem. § 47 f GO ist erfolgt:

X

Nein

Begründung:

 

Eine gesonderte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist mangels spezifischer Betroffenheit nicht erfolgt.

 

 

 

Die Maßnahme ist:

 

Neu

 

 

Freiwillig

 

X

vorgeschrieben durch das Straßen- und Wegegesetz für Schleswig-Holstein in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.11.2003.

 

 

 

Finanzielle Auswirkungen:

 

Ja (Anlage 1)

 


Begründung

 

  •     Planungsrechtliche Grundlagen

Auf der Grundlage des sich im Verfahren befindenden Bebauungsplanes 01.07.00 – Rathaushof/ Schüsselbuden (ehem. Stadthausgrundstück), der als qualifizierter Bebauungsplan der Innenentwicklung im beschleunigten Verfahren nach § 13a BauGB läuft, wird das Grundstück des ehemaligen Stadthauses im Zentrum der Altstadt überplant.

Dieses zurzeit als provisorischer Parkplatz genutzte und von der KWL GmbH bewirtschafte Grundstück zwischen Markttwiete, Weiter Krambuden, Twiete und Schüsselbuden soll an einen Investor verkauft werden, um dort ein Hotel zu errichten.

Für den geplanten Hochbau werden auf Dauer Teilflächen der öffentlichen Verkehrsflächen: Markttwiete und Schüsselbuden in Anspruch genommen und dem Baugrundstück zugeschlagen, betreffend die Flurstücke 2/44 und 2/42 der Flur 74, Gemarkung Innere Stadt.

  •     Städtebauliche Rahmenbedingungen

Das ehem. Stadthausgrundstück ist eingetragenes Bodendenkmal, es liegt in direkter Nachbarschaft zum mittelalterlichen Rathaus, zur Marienkirche und zum Markt, dem Zentrum des UNESCO - Welterbes Lübecker Altstadt. Entsprechend der Welterbekonvention verpflichtet sich die Hansestadt Lübeck, dieses Erbe zu schützen und für kommende Generationen zu erhalten.

Aufgrund dieser Nähe resultieren hohe Ansprüche an die städtebauliche und architektonische Gestaltung des Neubaus. Sie wird auf den Ort, den Stadtgrundriss, die Charakteristik des Platzes, die dominanten Baudenkmale und auf die Stadtsilhouette eingehen, die vorhandenen Strukturen und ihre Gesetzmäßigkeiten beachten und neu interpretieren.

So ist zur Absicherung der hierfür notwendigen Qualität des Gebäudes ein konkurrierendes Entwurfsverfahren unter Einbindung des Lübecker Welterbe- und Gestaltungsbeirates erforderlich.

  •     Straßen- und wegrechtlicher Status „rund ums“ Stadthausgrundstück
    •       Markttwiete

Die Markttwiete wurde gemäß Einziehungsverfügung des damaligen Ministers für Wirtschaft und Verkehr und des Innenministers des Landes Schleswig-Holstein vom 26.09.1977 unter Beschränkung der Widmung auf den Fußgängerverkehr teileingezogen.

Nach rechtskräftigem Abschluss des Einziehungsverfahrens wurde als entsprechende Beschilderung das Verkehrsschild Zeichen 241 mit dem Zusatzschild: „Lieferverkehr frei von 18.00 - 10.00 Uhr“ angeordnet.

Gemäß Anordnung vom 17.07.2001 erfolgte die weitere Beschränkung der Lieferzeiten auf die Zeitspanne 05.00 – 10.30 Uhr.

Die aktuelle Beschilderung an der Markttwiete zeigt dort Lieferverkehr frei in der Zeit von 5.00 - 10.30 Uhr und von 19 - 22 Uhr.

Über die Markttwiete erfolgt an der Stirnseite die Belieferung des Warenhauskomplexes P&C im Rahmen dieser genannten Lieferzeiten, zudem die Beschickung des Marktes an allen Markttagen und für Sonderveranstaltungen.

Auch mit Inanspruchnahme des Flurstückes 2/44 für den geplanten Hotelneubau soll die Durchfahrtsbreite für die Zu- und Abfahrt zum Markt mindestens 9 m betragen.

    •       Weiter Krambuden

Der Senat der Hansestadt Lübeck hatte in seiner Sitzung vom 16.08.1954 dem Antrag der Bauverwaltung Lübeck vom 13.04.1954 zugestimmt, die Verkehrsflächen Enger Krambuden vollständig und Weiter Krambuden als Fahrweg einzuziehen.

 

In der diesbezüglichen Amtlichen Bekanntmachung vom 24.02.1955 wurde mitgeteilt, dass das damalige Landesamt für Straßenbau Schleswig-Holstein den entsprechenden Senatsbeschluss bestätigt hat.

Eine darüber hinaus gehende Sperrung auch des Gehweges wurde 1957 abgelehnt, um die Verkehrsfläche Weiter Krambuden als öffentliche Wegeverbindung zwischen Markt und Marienkirchhof zu erhalten.

Zudem gilt für die Verkehrsfläche Weiter Krambuden die Gewichtsbeschränkung bis max. 7,5 t Gesamtgewicht.

    •       Schüsselbuden

In Erweiterung des „Verkehrsberuhigungskonzeptes Lübecker Altstadt“, das auf der Teileinziehungsverfügung vom 01.07.1998 basiert, wurde die Straße Schüsselbuden auf der Grundlage der Widmungsverfügung des Bürgermeisters vom 06.12.2004 gemäß §6 Abs. 1 StrWG wieder zu einer ganztägig, uneingeschränkt befahrbaren Straße für den Kraftfahrzeugverkehr (mit Zufahrt zur Schmiedestraße und zur Holstenstraße für den allgemeinen Kfz-Verkehr) gewidmet.

Der Schüsselbuden ist heute Bestandteil der Route für die Fahrradfahrer vom Kohlmarkt zur Drehbrücke als Umfahrung der Straße An der Untertrave. Den Radfahrern ist es derzeit erlaubt, den Schüsselbuden entgegen der Einbahnstraßenregelung auf der Seite von P&C zu befahren.

Im Falle einer zukünftigen Hotelnutzung ist eine Belieferung oder eine An- und Abfahrt am Fahrbahnrand über die Straße Schüsselbuden vorgesehen.

Der beabsichtigte Verkauf des Flurstückes 2/42 führt diesbezüglich zu keinen verkehrlichen Einschränkungen.

    •       Twiete

Die in den Katasterplänen ausgewiesene und öffentliche „Twiete“ südlich des Marienwerkhauses wurde in den vorab genannten Verfügungen nicht explizit erwähnt. Vielleicht weil sie zum einen keinen eigenständigen Straßenschlüssel hat und die Bezeichnung „Twiete“ kein offizieller Straßenname ist. Zum anderen weil sie örtlich nicht als Verkehrsfläche erscheint.

  •     Einziehungsverfahren für das ehem. Stadthausgrundstück

Der dauerhafte Entzug des Gemeingebrauchs an den Flurstücken 2/44 und 2/42 der Flur 74, Gemarkung Innere Stadt, gemäß anl. Plan bedarf einer förmlichen Einziehung.

Rechtsgrundlage hierfür ist §8 Abs. 1, Satz 2 StrWG unter der Voraussetzung, dass Gründe des öffentlichen Wohls vorliegen, die gegenüber privaten Interessen überwiegen. Die betroffenen privaten und öffentlichen Interessen sind festzustellen und gegeneinander abzuwägen.

Als öffentlicher Belang sind demnach zu berücksichtigen:

  •     Rahmenplan für die Entwicklung der Lübecker Altstadt: in seinem Leitbild werden drei Oberziele für die Altstadt benannt; dies sind

      Erhaltung der Innenstadt Lübeck in der Gesamtheit ihrer kulturhistorischen Werte und stadtbildprägenden Elemente als nationales und internationales Kulturdenkmal,

      Erhalt und Stärkung der Wohnfunktion für unterschiedliche Bevölkerungsgruppen,

      Beibehaltung der Innenstadt als Einkaufszentrum und Standort zentraler und oberzentraler Einrichtungen für die Versorgung der Bevölkerung der Hansestadt Lübeck und ihres Einzugsbereiches mit ca. 550.000 Einwohnern.


  •     Städtebauliche Gründe: die Wahrung bzw. die Wiederherstellung des geschlossenen Straßenraumes unter Beseitigung einer Baulücke zur Wahrung und Erneuerung des durch Jahrhunderte geprägten Altstadtbildes.
  •     Touristische Gründe: Stärkung des Tourismus durch die Errichtung eines Hotels in zentraler Altstadtlage zur Erweiterung der Hotelkapazitäten und somit Belebung der Innenstadt.
  •     Wirtschaftliche Gründe: durch das geplante Hotel werden Arbeitsplätze geschaffen und der Stadt Steuereinnahmen generiert. Zudem erfolgt mit der Frequentierung des Hotels eine weitere Stärkung der innenstadtnahen Lübecker Einzelhandels- und Gastronomiebetriebe.

Diesen öffentlichen Zielen und Interessen des Gemeinwohls stehen folgende, erkennbare private Interessen gegenüber:

  •     Belange der direkten Bewohner/Anlieger infolge des ersatzlosen Wegfalls des provisorischen Parkplatzes.

Der über Tag bewirtschaftete, nicht öffentliche Parkplatz auf dem ehemaligen Stadthausgrundstück soll ersatzlos entfallen. Dies ist nicht einziehungsrelevant.

  •     Verlagerung der Toilettenanlage und der Fahrradbügel, die derzeit auf dem Flurstück 2/44 stehen, auf nahe gelegene Ersatzstandorte.
  •     Belange der direkten Bewohner/Anlieger der Markttwiete und der Straße Schüsselbuden, betreffend Beeinträchtigung verkehrlicher oder sonstiger rechtlicher Art.

Durch die geplante Hotelansiedlung unter Inanspruchnahme der Flurstücke 2/42 und 2/44 werden zusätzliche Verkehre infolge von Anlieferung und Entsorgung (Müll, Wäsche, Verpflegung usw.) und durch vorfahrende Hotelgäste entstehen. Die verkehrliche Anbindung erfolgt über die Straße Schüsselbuden und die Markttwiete, deren Durchfahrtsbreite für die Zu-/Abfahrt zum/vom Markt mindestens 9 m betragen soll.

Die Einziehung beeinträchtigt weder den Verkehr noch steht sie im Widerspruch zur öffentlichen Nutzung. Zudem wird das öffentliche Wohl durch die Festsetzung des B-Planes rechtssatzmäßig festgestellt.

Insgesamt besteht kein Rechtsanspruch auf Beibehaltung der verkehrlichen Erschließung in dem jetzigen Umfang.

Die Einziehung von Teilflächen der Markttwiete und des Schüsselbuden steht weiter nicht im Widerspruch zur bisherigen öffentlichen Nutzung der verbleibenden öffentlichen Verkehrsflächen. Sie stellt auch weiterhin den privaten Anliegergebrauch, d.h. das aus Artikel 14 GG abgeleitete Recht auf Erhaltung der (Anlieger-) Anschlüsse zu dem davor liegenden Straßenteil und weiterführend an das öffentliche Straßenverkehrsnetz, sicher. Auch werden die Verkehrsinteressen der dortigen Bewohner sowie der Allgemeinheit von der Einziehung nicht berührt.

Die für die Einziehung sprechenden Belange des öffentlichen Wohls überwiegen nach derzeitiger Sachlage u.U. entgegenstehenden Einzelinteressen aus der Anliegerschaft. Durch diese Einziehung werden weiterhin das Interesse der Allgemeinheit, die Belange der künftigen Betreiber/Nutzer und die Belange der betroffenen Bewohner gewahrt. Zur Klärung und abschließenden Gewichtung sonstiger betroffener Belange dient das Auslegungsverfahren nach § 8 Abs. 3 StrWG.

Vor diesem Hintergrund wird auf der Grundlage des §8 Abs. 1, Satz 2, StrWG die Einziehung von Teilflächen der Markttwiete und des Schüsselbuden gemäß Plan – betreffend die Flurstücke 2/44 und 2/42 der Flur 74, Gemarkung Innere Stadt – beschlossen.


  •     Allgemeines zum Einziehungsverfahren

Die Hansestadt Lübeck verfügt als Straßenbaulastträger auf der Grundlage des § 8 StrWG  in der Fassung der Bekanntmachung vom 25.11.2003 (GVOBl.-SH S. 631, 2004 S. 140)  selbst die Wegeeinziehungen.

Im förmlichen Einziehungsverfahren beschließt die Bürgerschaft zunächst darüber, ob sie die Absicht hat, eine öffentliche Verkehrsfläche einzuziehen. Dazu dient diese Vorlage.

Diese Einziehungsabsicht wird nach § 8 Abs. 3 StrWG öffentlich bekannt gemacht unter Hinweis auf Zeit und Ort der Auslegung der Pläne der einzuziehenden Fläche zur Einsichtnahme (4 Wochen). Nach Beendigung der Auslegung haben alle Verkehrsteilnehmer gemäß §8 Abs. 4 StrWG die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen Einwendungen gegen die Einziehung zu erheben.

Nach Ablauf der Auslegungs- und Einwendungsfristen werden die Einwendungen von der Verwaltung bewertet, danach erfolgt die öffentliche Bekanntgabe (§8 Abs. 5 StrWG) der Einziehungsverfügung.

Widerspruchs- und klagebefugt hiergegen sind nur Personen, die in ihren subjektiven Rechten betroffen sind, das sind in der Regel nur die Anlieger, wenn die Zugänglichkeit ihres Grundstücks möglicherweise beeinträchtigt wird.

 

 

 

Anlage 1 - Finanzielle Auswirkungen – entfällt,

Anlagen

Anlage 1 - Finanzielle Auswirkungen – entfällt,

Anlage 2 - Plan zur Einziehung – Auszug aus dem Amtlichen Liegenschaftskataster-             Informationssystem (ALKIS)

 

 

 

 

 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Anlage 2 - Einz_Plan_Stadthaus (308 KB)