Vorlage - VO/2013/00110
|
Beschlussvorschlag
. Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin,
die Fraktion BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN beantragt, die Bürgerschaft möge beschließen:
Der Bürgermeister wird aufgefordert:
- Dafür zu sorgen, dass in der offiziellen Webseite der Hansestadt Lübeck erwähnt wird, dass der Lübecker Ehrenbürger und damalige Reichspräsident Paul von Hindenburg
- am 30. Januar 1933 Hitler zum Reichskanzler ernannte,
- einen knappen Monat später (28. Februar 1933) mit der Aussetzung der wichtigsten Grundrechte der Verfassung die freiheitliche und demokratische Grundordnung der Weimarer Republik beseitigte und
- damit dem Naziterror Tür und Tor öffnete.
- Der Bürgerschaft in der nächsten Sitzung darüber zu berichten ob und wie sich Lübecker Ehrenbürger denen vor 1919 die Ehrenbürgerschaft verliehen wurde, für die Umsetzung der Menschenrechte, für die Einführung der Volkssouveränität, der demokratischen Grundrechte, der soziale Gerechtigkeit und gegen Militarismus in Deutschland und für das Wohl der Hansestadt Lübeck und dem seiner Bürgerinnen und Bürger einsetzten.
3. Eine Arbeitsgruppe einzurichten, die alle Biografien der Ehrenbürger, denen nach 1945 die Ehrenbürgerschaft verliehen wurde - und der bedeutenden Persönlichkeiten im Teil „Ehrenbürger“ der offiziellen Webseite der Hansestadt Lübeck - überarbeitet und Fehler beseitigt.
Begründung: Auf der städtischen Webseite befindet sich eine Liste aller Lübecker Ehrenbürger und die der bedeutenden Lübecker Persönlichkeiten und deren Lebensläufe. Es findet sich jedoch nichts dazu, ob und wie die vor 1919 geehrten Personen sich für Freiheit und Demokratie einsetzten.
Die Biografien der Ehrenbürger, denen nach 1945 die Ehrenbürgerschaft verliehen wurde, sind teilweise fehlerhaft und verharmlosen sogar die nationalsozialistische Gewaltherrschaft. So wird über den Ehrenbürger Willy Brandt folgendes behauptet: „Ein nach dem Abitur am Johanneum zu Lübeck begonnenes Volontariat bei einer Schiffsmaklerfirma musste Brandt im Jahr 1933 abbrechen, da ihm nationalsozialistische Verfolgung drohte. Brandt zog nach Norwegen, wo er auch seinen Namen änderte.“
Tatsächlich musste Willy Brandt Deutschland verlassen, nicht weil ihm Verfolgung drohte, sondern weil die Nazibande ihn verfolgte, und es war auch kein Umzug nach Norwegen, sondern eine Flucht vor dem Naziterror. Bei Nacht und Nebel musste Brandt in einem Fischerboot über die Ostsee in das skandinavische Land fliehen.
Über das Verhältnis Thomas Manns zu seinem Bruder Heinrich wird folgendes behauptet: „Politisch befürwortete Mann die Republik, worüber es zu einem vorübergehenden Zerwürfnis mit seinem Bruder Heinrich kam.“
Es war genau umgekehrt. Zu dem Zerwürfnis kam es, weil Thomas Mann sich vor 1919 nicht zur republikanischen Staatsform bekannte, sondern dies erst in den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts tat. Erst danach wurde das Verhältnis beider Brüder wieder eng und herzlich.
Begründung
Die Begründung erfolgt mündlich
Anlagen
Lübeck-Fenster Offizielle Webseite der Hansestadt Lübeck - Stadt und Politik – Ehrenbürger (http://www.luebeck.de)
Paul von Hindenburg (* 2. 10. 1847; † 2. 8. 1934)
Quelle: Deutsches Bundesarchiv (German Federal Archive), Bild 183-S51620
Paul von Beneckendorff und von Hindenburg kam am 2. Oktober 1847 in Posen im heutigen Polen zur Welt. Er entschied sich für eine militärische Laufbahn und nahm unter anderem an der Schlacht von Königgrätz und im Deutsch-Französischen Krieg an der Schlacht von Sedan teil und beendete seinen Militärdienst vorläufig im Jahr 1911. Zum Ersten Weltkrieg nahm von Hindenburg seinen Dienst wieder auf und war verantwortlich für den Sieg bei Tannenberg, der später zum Mythos ausgebaut werden sollte. 1916 übernahm er die Oberste Heeresleitung (OHL) und behielt sein hohes Ansehen im politischen Deutschland auch nach der Kapitulation, sodass ein erneuter Rückzug Hindenburgs nach dem Krieg nur kurzweilig war. Zu dieser Zeit begründete er die Dolchstoßlegende, die das Scheitern des Ersten Weltkrieges den innerdeutschen sozialistischen Strömungen anlastete und die Heeresleitung so aus dem Fokus nahm. Im April 1925 wurde von Hindenburg zum Reichspräsidenten, ein Amt, das er bis zu seinem Tod am 2. August 1934 in Neudeck innehatte. Die Stadt Lübeck machte den Militär an seinem 70. Geburtstag im Jahre 1917 zum Ehrenbürger..