Vorlage - VO/2013/00100  

Betreff: Entwicklung des Stadthausgrundstückes am Lübecker Markt und Rahmenbedingungen für eine Neubebauung
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senator/in F. - P. Boden
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Weber, Wolfgang
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Wirtschaftsausschuss zur Kenntnisnahme
11.02.2013 
Sitzung des Wirtschaftsausschusses zurückgestellt   
11.03.2013 
-SITZUNG FÄLLT AUS- Sitzung des Wirtschaftsausschusses      
Bauausschuss zur Kenntnisnahme
18.02.2013 
Sitzung des Bauausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Finanz-, Personal- und Rechnungsprüfungsausschuss zur Kenntnisnahme
20.02.2013 
54. Sitzung des Finanz-, Personal- und Rechnungsprüfungsausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Hauptausschuss zur Kenntnisnahme
26.02.2013 
69. Sitzung des Hauptausschusses zur Kenntnis genommen / ohne Votum   
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
28.02.2013 
Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck Nr. 40 / 2008 - 2013 zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n
Anlagen:
Grundstück Stadthaus

Den geplanten Verkauf des Grundstücks des ehemaligen Stadthauses vorbereitend sollen die Historie und die Rahmenbedingungen einer Neubebauung der Flächen dargelegt werden

Beschlussvorschlag

Den geplanten Verkauf des Grundstücks des ehemaligen Stadthauses vorbereitend sollen die Historie und die Rahmenbedingungen einer Neubebauung der Flächen dargelegt werden.

 

Das brach liegende Grundstück des ehemaligen „Stadthauses“ im Eigentum der Hansestadt Lübeck liegt im Herzen der Lübecker Altstadt und soll nach Jahren der Parkplatznutzung einer neuen Nutzung zugeführt werden

Begründung

Das brach liegende Grundstück des ehemaligen „Stadthauses“ im Eigentum der Hansestadt Lübeck liegt im Herzen der Lübecker Altstadt und soll nach Jahren der Parkplatznutzung einer neuen Nutzung zugeführt werden. Durch ein konkretes Hotelprojekt kann nun dieser städtebaulich unzulängliche Bereich der Lübecker Altstadt neu bebaut werden. Voraussichtlich ab 2013 soll ein Hotel realisiert werden, das die städtebauliche Situation entscheidend verbessert und zur Belebung des Lübecker Marktes beitragen wird.

 

Stadthausgrundstück

Das Grundstück des ehemaligen „Stadthauses“ liegt im Zentrum der Altstadt in direkter Nachbarschaft zu mittelalterlichem Rathaus, Marienkirche und Markt, dem Zentrum des UNESCO - Welterbes Lübecker Altstadt. Diese Bauwerke prägen den Raum und geben ihm seine herausragende Bedeutung. Die Anforderungen an Nutzung und Gestaltung eines neuen Gebäudes in unmittelbarer Nachbarschaft dieser Bauwerke und zur Vervollständigung dieses Ensembles sind entsprechend hoch und weltweiter Beachtung sicher.

 

Baugeschichte des Marktes

Bei der Neugründung Lübecks 1158/ 59 wurde der Markt auf dem heute noch bestehenden Platz angelegt. Hier hatten die Händler und Handwerker ihre Stände und Buden. Mit dem Neubau des steinernen Gewandhauses an der Nordostecke des Marktes setzten im zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts umfangreiche Baumaßnahmen am und um den Markt ein. Ständige An- und Umbauten ließen bis um die Mitte des 15. Jahrhunderts große Teile des heute noch vorhandenen Rathauskomplexes entstehen. In der Mitte des 13. Jahrhunderts begann der Neubau von Marien- und Petrikirche, Mitte des 14. Jahrhunderts war die gotische Kathedrale St. Marien fertig gestellt. Die Nachbarschaft von Marienkirche und Rat führte zu einem gemeinsamen Wachstum von Ratskirche und Rathaus, es entstand eines der eindruckvollsten Ensembles in Deutschland. Etwa in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts entstanden um den Markt ortsfeste Bauten, aus dem Markt wurde ein Marktviertel. Die Architektur der Kleinhäuser unterlag in den folgenden Jahrhunderten stetigen Veränderungen, so dass das ursprüngliche, durch mehrgeschossige Fachwerkbauten geprägte Bild im 18. und 19. Jahrhundert durch steinerne Bürgerhäuser verändert war. Bis in die siebziger Jahre des 19. Jahrhunderts bewahrte das Marktviertel den einheitlichen Ausdruck des geschlossenen Platzraumes. Mit dem Bau der Hauptpost 1882 / 84 änderte sich das alte Bild des Marktes gänzlich wie auch die Nutzungen. Neben Handel bot der Markt nun auch den Rahmen für kulturelle Nutzungen wie Musikaufführungen.

Zahlreiche Bürgerhäuser am Markt veränderten Ende des 19. Jahrhunderts durch umfangreiche Um- und Neugestaltungsmaßnahmen ihr Gesicht. An der Marktnordseite entstandenvor der Jahrhundertwende vier- bis fünfgeschossige, aufwendig geschmückte Neubauten.  Im 2. Weltkrieg fielen sämtliche Bürgerhäuser der Randbebauung dem Bombenangriff bzw. deren Reste den Wiederaufbauarbeiten zum Opfer.

Im Zuge des Wiederaufbaus in den 1950 er Jahren wurden die historischen Abmessungen und die städtebaulichen Proportionen des mittelalterlichen Marktplatzes gravierend verändert. Geplant wurde eine halboffene Platzanlage mit Schwerpunktbildung in der nordwestlichen Ecke, eine klare Absetzung der Neubauten vom Rathaus sowie der Verzicht auf Nachahmung alter Formen. An der Ostseite des Marktes entstanden drei schlichte, viergeschossige Geschäftshäuser mit ungewöhnlich flach geneigten Traufendächern. Bis 1955 wurde zwischen dem Weiten Krambuden und dem Engen Krambuden ein langgezogenes, dreigeschossiges Traufenhaus mit offenen Arkaden im Erdgeschoss als Zugang zu einem Rathaushof, der von zwei zweigeschossigen Trakten begrenzt wird, gebaut. Mit einem gläsernen Treppenhaus schließt das Verwaltungsgebäude seitdem direkt an das Rathaus an.

 

Mit dem Bau des zweiten Verwaltungsgebäudes, dem Stadthaus, wurde die letzte Baulücke am Markt geschlossen. Der sechsgeschossige Stahlskelettbau bildete mit seiner Natursteinverkleidung die einzige Ausnahme im ziegelgeprägten Ensemble der Marktneubauten. Damit war 1957 die bauliche Wiederherstellung des Lübecker Marktes beendet. Das weitgehend kriegszerstörte neugotische Postamt wurde in den 1950er Jahren zunächst mit einer schlichteren Fassade und verringertem Volumen unter Erhaltung von Teilen des Altbaus wieder aufgebaut, nach dem Auszug der Post 2003 abgebrochen und 2005 durch einen modernen Kaufhausneubau ersetzt.

 

Die Räumung des Gebäudes auf dem Stadthaus-Grundstück erfolgte ab 1992, es wurde sieben Jahre später abgebrochen. Verschiedene Konzeptentwicklungen von 1995 bis etwa 2005, auch mit einem Verkauf, der rückabgewickelt wurde, führten nicht zu einer Neubebauung, da kein Nutzer für eine der exponierten Lage angemessene Nachfolgenutzung gefunden wurde. 2005 wurde die Fläche schließlich als Parkplatz hergerichtet.

 

Vermarktungsbemühungen seit 2005

Seit 2005 gab es immer wieder von Architekten bzw.  Projektentwicklern bis hin zu Hotelbetreibern Interesse am Stadthausgrundstück, was dazu führte, dass im Juli 2008 entschieden wurde, dass KWL die Vermarktung des Grundstücks vorantreiben soll. Die stadtinternen Vermarktungsvorbereitungen und Gespräche mit Investoren zeigten, dass eine Hinzunahme des Rathaushofes die Wirtschaftlichkeit durch eine bessere Grundstücksauslastung z.B. für ein Hotelkonzept deutlich erhöhen würde. Seit November 2008 waren beide Grundstücke Teil der Vermarktung. Die betroffenen Bereiche der Hansestadt konnten aber keinen Konsens darüber finden, wie mit dem Denkmalschutz des Rathaushofes und dem Verbleib der dortigen Mieter umzugehen sei. Nur auf Grundlage eines Konzepts für die Entwicklung des Stadthausgrundstückes und Rathaushofes könne die Diskussion weitergeführt werden, empfahl der FB5 im Juni 2010 und beauftragte die KWL, auf der EXPO REAL weiter das Interesse zu erkunden. Das in der Folge eruierte Interesse war vorhanden aber verhalten, da ein höherwertigeres Hotel nur mit Rathaushof wirtschaftlich zu entwickeln sei. Andere Nutzungen wie Büro, Einzelhandel oder Ärztehaus wurden nur als Teilnutzungen und/oder als nicht wirtschaftlich genug betrachtet und der Denkmalschutz sowie weitere Auflagen als Entwicklungshemmnis eingestuft. Bürgermeister und KWL bemühten sich daher seit Anfang 2012 um eine Prüfung der Entwicklungsmöglichkeiten des separierten Stadthausgrundstücks ohne Rathaushof durch Motel One.

 

 

Städtebauliche Eckpunkte für die Bebauung des Stadthausgrundstückes

Für eine Neubebauung des Stadthausgrundstückes soll als Vorgaben für die erforderlichen Planungsverfahren (Konkurrierender Entwurf des Gebäudeäußeren, B-Planverfahren, Entwidmungsverfahren) von folgenden Rahmenbedingungen ausgegangen werden:

 

Städtebauliche Daten

Überbaubare Fläche                            ca. 1.000

BGF              ca. 3.500 m² , genaue Festlegung nach Ergebnis des

konkurrierenden Verfahrens

Geschosszahl                                          III + Dach (IV einschl. Dach)

Firsthöhe                                           max. 19 m, entsprechend P & C-Gebäude

 

Planungsrecht

Das Plangebiet liegt in der Lübecker Altstadt. Der rechtsverbindliche, einfache Bebauungsplan 01.10.01 – Innenstadt – setzt für den Bereich MK-Gebiet fest. Beurteilungsgrundlage ist derzeit § 34 BauGB, die Durchführung eines Bebauungsplanverfahrens wird kurzfristig begonnen.

 

Gestaltung

Die zentrale Lage des Grundstücks in der historischen Lübecker Altstadt und die stadträumliche Qualität der geschlossenen mittelalterlichen Platzanlage stellen hohe Ansprüche an die städtebauliche und architektonische Gestaltung und Einbindung einer Neubebauung. Zur Absicherung der beabsichtigten Qualität des Gebäudes ist ein konkurrierendes Entwurfsverfahren unter Einbindung des Lübecker Welterbe- und Gestaltungsbeirates und der UNESCO bzw. ICOMOS erforderlich.

 

Konkurrierendes Entwurfsverfahren

Der Gestaltungs- und Welterbebeirat der Hansestadt Lübeck betont die große architektonische Verantwortung an diesem Standort und hat sich für ein konkurrierendes Gutachterverfahren ausgesprochen. Beteiligt werden sollen Architekturbüros, die sich durch hervorragende Arbeiten im historischen Kontext qualifiziert haben. Für diese anspruchsvolle Aufgabe sollen acht Architekturbüros eingeladen werden, um das Erlangen  eines hochqualifizierten Ergebnisses sicherzustellen. Eine Abstimmung über die Teilnehmer erfolgt mit dem Bauherrn. Das Ergebnis des Gutachterverfahrens soll Grundlage für Bebauungsplan und Realisierungsplanung werden.

 

Bebauungsstruktur

Die Neubebauung muss auf den Ort, den Stadtgrundriss, die Charakteristik des Platzes, die dominanten Baudenkmale und auf die Stadtsilhouette eingehen und ausgehend von der beabsichtigten Hotelnutzung die vorhandenen Strukturen und ihre Gesetzmäßigkeiten beachten und neu interpretieren. Das betrifft insbesondere die Gebäudehöhen sowie die Dachausbildung.

 

Gebäudehöhe

Die Bebauung des Stadthausgrundstückes darf weder die Trauf- noch die Firsthöhe des Geschäftshauses (P&C) überschreiten (13m/19m). Es sind max. vier Geschosse (einschließlich Dachgeschoss) zulässig.

 

Baufluchten

“Weiter Krambuden” und Twiete sind als öffentliche Wegeverbindungen zu erhalten. Eine Unterschreitung der bauordnungsrechtlichen Mindestabstände nach LBO muss durch das Ergebnis des konkurrierenden Entwurfsverfahrens begründet werden.

 

Fassaden und Dach

Fassadenarchitektur und Dachlandschaft sollen das Hotel in einer zeitgemäßen, ausdrucksstarken Architektursprache darstellen, so dass die Identität des Gebäudes deutlich wird und gleichzeitig die Baumasse städtebaulich und gestalterisch in die bestehende Stadtstruktur der Lübecker Altstadt und des näheren Umfeldes eingepasst wird.

Auf die typologischen Eigenschaften der Lübecker Stadtstruktur soll eine adäquate Antwort gefunden werden. Insbesondere die vertikale und horizontale Gliederung sowie die Dachlandschaft sind in einer zeitgemäßen Architektur- und städtebaulichen Sprache zu interpretieren. Dabei sind Grundzüge und Ziele der Gestaltungssatzung zu berücksichtigen.

Der Ausbildung und Gestaltung des Daches als fünfte Fassade wird eine besondere Bedeutung beigemessen. Die in der Gestaltungssatzung für die Hansestadt Lübeck geforderte steile Dachneigung mit roter Eindeckung ist dem Gebäude und der Zeit entsprechend zu interpretieren. Verlangt wird eine gegliederte und differenzierte Dachgestaltung, die die Blockstruktur nachzeichnet und kenntlich macht. Eine Integration der technisch erforderlichen Dachaufbauten und Lüftungselemente in den Dachraum ist zwingend erforderlich.

Verkehr

Das Grundstück ist für den Fahrverkehr durch die Straße Schüsselbuden erschlossen. Fußläufig ist es zusätzlich über die Markttwiete an den Markt und über Weiter Krambuden an Marienkirchhof und Marienkirche angebunden. Bushaltestellen im Schüsselbuden und auf dem Kohlmarkt stellen eine optimale Anbindung des Grundstückes an den ÖPV sicher. Stellplätze im Neubau (Tiefgarage) sind nicht vorgesehen, diese sollen abgelöst bzw. im Umfeld nachgewiesen werden.

 

 

 

Bodendenkmalpflege

Die Grundstücke liegen in der UNESCO-Welterbekernzone. Die komplette Altstadt ist eingetragenes Bodendenkmal und als Grabungsschutzgebiet “Innere Stadt” ausgewiesen, d.h. alle Bodeneingriffe unterliegen einem Genehmigungsvorbehalt durch die Obere Denkmalschutzbehörde. Art und Umfang des Eingriffes sind mit der Bodendenkmalpflege abzustimmen.

 

 

Verfahren

Um die besonderen Anforderungen des Standortes und des Programms zusammenzuführen, ist die Aufstellung eines qualifizierten Bebauungsplanes auf der Grundlage des prämierten Entwurfes des Gutachterverfahrens zur Realisierung des Hotelneubaus erforderlich. Parallel zum B-Planverfahren wird ein Verfahren zur Ent- bzw. ggf. Re-Widmung von Verkehrsflächen im direkten Umfeld der geplanten Bebauung durchgeführt. Der Aufstellungsbeschluss für den B-Plan ist kurzfristig vorgesehen.

 

Verfahrenskosten

Die Kosten für das konkurrierende Entwurfsverfahren und die Aufstellung des Bebauungsplans trägt der Erwerber des Grundstückes.

 

Übersichtsplan

Anlagen

Übersichtsplan

 

 

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Grundstück Stadthaus (529 KB)