Auszug - Sachstand Marienkrankenhaus  

30. Sitzung des Ausschusses für Soziales
TOP: Ö 2.1
Gremium: Ausschuss für Soziales Beschlussart: zur Kenntnis genommen / ohne Votum
Datum: Di, 31.01.2023 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:00 - 20:20 Anlass: Sitzung
Raum: Musik- und Kongresshalle
Ort: Willy-Brandt-Allee 10, 23554 Lübeck
 
Wortprotokoll

Frau Senatorin Steinrücke führt in das Thema ein und berichtet vom Termin des „Runden Tisches“ am 17. Februar 2023 zum Erhalt des Standortes Marienkrankenhaus.

 

Sie übergibt das Wort an Herrn Alexander Becker vom Erzbistum Hamburg, der als Träger des Krankenhaues spricht.

Er berichtet von den 4 Jahre andauernden erfolglosen Bemühungen, einen seriösen Käufer für das Marienkrankenhaus zu finden, so dass am 04.11.2022 das erste Gespräch mit dem UKSH stattgefunden hat.

Dieser Schritt war nunmehr dringend erforderlich, da die Versorgung auf dem Gebiet der Geburtshilfe nicht mehr gesichert war.

 

Er stellt dar, dass das UKSH sich bereit erklärt hat, ein neues Gebäude auf dem Campus der Uni zu errichten, 100 % der Mitarbeitenden übernehmen würde, aber nur 90% der gGmbH übernehmen würde, so dass 10 % der gGmbH weiterhin beim Erzbistum verbleiben würden.

 

Die Mitarbeitenden wurden am 19.01.2023 informiert. Leider hatte es vorher eine öffentliche Berichterstattung gegeben, so dass diese unglückliche Informationsabfolge entstanden ist, die er sehr bedauert.

 

Herr Becker bemerkt abschließend, dass das Erzbistum sich auch die Rolle eines Vermieters des Gebäudes Marienkrankenhaus vorstellen kann, aber nicht weiter als Betreiber des Krankenhauses zur Verfügung steht.

 

Hierzu stellt Herr Prof. Dr. Dr. Scholz dar, dass sich das UKSH zu keiner Zeit um den Kauf des Marienkrankenhauses bemüht hatte. Er berichtet von der guten 100-jährigen Zusammenarbeit mit dem Marienkrankenhaus und berichtet weiter von div. Schließungen anderer Geburtskliniken und verweist auf die verbleibenden Kliniken in Eutin und Bad Segeberg.

 

Weiter stellt er dar, dass das UKSH ein Level 1 Krankenhaus mit jährlich 1900 Geburten und das Marienkrankenhaus ein Level 4 Krankenhaus mit 1400 Geburten ist. In beiden Krankenhäusern sind für die Geburten jeweils 4 Kreissäle eingerichtet.

 

Die UNI-Klinik ist nicht in der Lage die durch den Wegfall des Marienkrankenhauses entstehende Versorgungslücke so aufzufangen. Daher hatte man den Ansatz erarbeitet, das Level 1 Marienkrankenhaus in der räumlichen Nähe zum Level 4 Klinikum des UKSH einzurichten.

 

Weiterhin berichtet er von Gesprächen mit den Ärztinnen und Ärzten vom UKSH. Diese sind aber bewusst in einem Level 1 Krankenhaus tätig und sind nicht bedingt bereit, die drohende Versorgungslücke am Standort Marienkrankenhaus aufzufangen.

 

Herr Dr. Grohmann erscheint zur Sitzung.

 

Durch den Neubau am Standort UKSH könnte man eine Intensivstation freiziehen und dort eine Interimslösung anbieten.

 

Herr Dr. Grundei bedauert zunächst die Form der öffentlichen Berichterstattung. Weiterhin berichtet er von dem „kalten Strukturwandel“ und den Schließungen der Geburtskliniken in Preetz, Eckernförde und Ratzeburg.

 

Er berichtet, dass es seitens des Landes eine nachgeordnete Rolle spielt, wo das Gebäude des Marienkrankenhauses steht. Viel wichtiger ist, dass gesichert ist, dass die 1400 Geburten in geordneter Umgebung aufgefangen werden können.

 

Weiter berichtet er von der möglichen Krankenhausreform und sieht die Zukunft der Level 4 Krankenhäuser problematisch. Er gibt auch zu bedenken, dass neben der Geburtshilfe auch andere Belegärztinnen und -ärzte dort tätig sind, für die man sicher auch eine Lösung finden wird.

 

Herr Dr. Teffner spricht für die Belegärztinnen und -ärzte der Geburtshilfe und betont seinerseits, dass auch er und seine Kollegen sich bewusst für das Marienkrankenhaus und gegen ein Level 1 Krankenhaus entschieden haben. Auch die dort tätigen Hebammen können sich eine Beschäftigung im UKSH nicht vorstellen.

 

Aktuell sind es 8 Kolleg:innen, die es braucht um den Dienstplan weiterhin aufrecht zu erhalten. Obwohl einige angekündigt hatten aufzuhören, haben sich Kolleg:innen bereit erklärt, zunächst weiterzumachen, damit man in dieser Zeit eine Lösung erarbeiten kann.

 

Dr. Teffner erklärt, dass man vom „Aus“ des Krankenhauses komplett überrascht wurde und sich die Kolleg:innen absolut nicht mitgenommen fühlen. Er erklärt abschließend, dass man bis Ende 2023 die belegärztliche Geburtshilfe sicherstellen könnte.

 

Frau Jaeckel ist Hebamme am Marienkrankenhaus und die Leiterin des Kreissaals und der Wochenstation.

Sie erklärt, dass die Konzepte und Gespräch den Kolleg:innen unbekannt sind. Auch sie betont nochmals, dass die Hebammen sich bewusst für ein Level 4 Krankenhaus entschieden haben, da hier eine andere Atmosphäre und ein anderer Umgang gepflegt wird.

Sie betont erneut, das die Informationen zur Schließung auch die Belegschaft komplett überrascht habeb und erklärt weiter, dass der hochgelobte „Spirit“ des Marienkrankenhaues nicht übertragbar an das UKSH sein wird.

 

Herr Dr. Frenzel spricht als HNO-Belegarzt für die am Marienkrankenhaus, neben den Ärzten der Geburtshilfe, tätigen 40 Belegärzte. Er erklärt, dass er selbst Erfahrungen mit beiden Systemen hat.

Er führt zudem aus, dass das Marienkrankenhaus neben der Geburtenhilfe ein modernes Schlaflabor hat, in dem 4500 Untersuchungen jährlich vorgenommen werden.

Er berichtet von dem ehemaligen C & A Gebäude, das zu einem Ärztehaus umgebaut wurde und welches durch einen kleinen Übergang mit dem Marienkrankenhaus verbunden ist. Hier haben sich viele Belegärzte niedergelassen, um einen kurzen Weg zur guten Betreuung der Patienten zu haben.

 

Zudem bemerkt er noch, dass sogar das UKSH Operationen ins Marienkrankenhaus auslagert, und es stellt sich damit auch die Frage, wie die 4500 eigenen Eingriffe dann noch im UKSH durchgeführt werden sollen.

 

Zudem weist er noch auf die Empfehlung des Bundes hin, dass das Belegarztwesen unbedingt erhalten bleiben soll.

 

Er erklärt, dass die Belegärzte nunmehr in alle Richtungen an Lösungsmöglichkeiten arbeiten, wie z.B. der Gründung einer Praxisklinik und bittet auch um eine getrennte Betrachtung der Geburtshilfe und der anderen Fachrichtungen, mit Blick auf die weiteren Operationen, die im Marienkrankenhaus durchgeführt werden.

 

Abschließend bittet er um den erforderlich Zeitaufschub, um alternative Lösungen zu finden.

 

Hierzu erfragt Frau Odendahl, wie die Lösung dann aussieht, wenn die Ärzte und Hebammen des Marienkrankenhauses nicht mit an den Standort UKSH umziehen und warum so eine Eile geboten ist.

Sie verweist auf die Runde am 17.02.2023 und erfragt, ob es Bestrebungen gibt, schon vor dem 17.02.2023 Verträge zu unterzeichnen.

 

Herr Prof. Dr. Dr. Scholz erklärt, dass es vor dem 17.02.2023 keine Vertragsunterzeichnungen jeglicher Art geben wird.

Er erklärt, dass die Versorgung in der Geburtshilfe nicht mehr gesichert ist und daher Eile geboten ist. Er stellt zudem dar, dass die angestrebte Lösung nur mit den Hebammen und Ärzten zusammen funktioniert, andernfalls gibt es keine Lösung.

 

Auch Herr Becker bestätigt, dass vor dem 17.02.2023 keine Vertragsunterzeichnungen angestrebt werden.

 

Herr Müller erfragt, wer die Schuld an diesen Umständen trägt. Er erfragt weiter, was das UKSH kauft und erklärt, dass er beim nächsten Mal besser informiert werden möchte.

 

Herr Dr. Grundei erläutert, dass die Schuldfrage schwer zu beantworten sei, aber hier grundsätzlich ein gesellschaftliches Problem besteht: Zu wenige Kinder und wenige Menschen, die in den pflegerischen Berufen tätig sein wollen.

Er berichtet, dass die Krankhausreform hier hoffentlich Besserung bringen wird.

Seitens des Landes sind auch andere Lösungen willkommen.

 

Herr Prof. Dr. Dr. Scholz stellt klar, dass das Gebäude nicht zum Verkauf steht und hier nur eine Betriebsübernahme im Raum steht.

Es besteht das Angebot, 90 % der Anteile an der gGMBH durch das UKSH zu übernehmen. Alle Mitarbeitenden sollen dann am Standort UKSH tätig sein und 10 % der gGMBH verbleiben beim Erzbistum. Dieses hat zur Folge, dass die Haustarife und die betriebliche Altersversorgung bestehen bleiben.

 

Frau Senatorin Steinrücke sagt zu, dass der Ausschuss für Soziales künftig regelmäßig informiert wird und im Prozess mitgenommen werden.

 

Frau Akyurt hinterfragt, wie denn die Prozesse gemeinsam gestaltet werden sollen, und wie eine Mitnahme erfolgen soll.

 

Herr Prof. Dr. Dr. Scholz kündigt an, dass es schon viele Gespräche gegeben hat und noch viel folgen werden. Irgendwann würden dann Fakten auf dem Tisch liegen, mit denen man dann umgehen muss.

 

Herr Voht erfragt, wie die Position des Landes zum Umgang mit Level 4 Häuser ist.

 

Herr Dr. Grundei verweist auf das Landeskrankenhausgesetz, wonach das Land und die Kommunen die Versorgung sicherzustellen haben. Grundsätzlich setzt sich das Land für den Erhalt der Level 4 Häuser ein.

 

Er erfragt bei Herr Prof. Dr. Dr. Scholz, ob man mit der Abwanderung der Beschäftigten rechnen muss, wenn man mit denen im Gespräch ist.

 

Herr Prof. Dr. Dr. Scholz erklärt, dass das UKSH ein attraktiver Arbeitgeber mit 16.000 MA ist und sich um 500.000 Patientenhrlich kümmert. Man kann die Mitarbeitenden des Marienkrankenhauses mit einbinden, aber die müssen auch wollen.

 

Herr Voht erfragt weiter, ob die Belegärzte eine ausschließlich privatwirtschaftliche Lösung anstreben oder eine kommunale Beteiligung gewünscht ist.

 

Herr Dr. Frenzel stellt klar, dass auch eine städtische Betreiberschaft/Beteiligung denkbar wäre.

 

Frau Zeplin betont noch einmal die wirklich furchtbare Kommunikation in dieser Angelegenheit.

 

Herr Dr. Flasbarth erfragt, was die Strukturreform für die Krankenhäuser bedeutet.

 

Herr Dr. Grundei erläutert, dass in der Vergangenheit Fachabteilungen eröffnet wurden, weil diese lukrativer waren als andere und hier soll nun alles auf den Prüfstand gesetzt werden. Der Fachkräftemangel erzwingt zum Teil die Verringerung der Standorte.

 

Frau Zunft berichtet, dass in der Vergangenheit das UKSH vom Netz gegangen ist, d.h. dass keine Schwangeren mehr aufgenommen werden konnten. Wie soll das künftig aufgefangen werden, wenn es das Marienkrankenhaus nicht mehr gibt?

Zudem erläutert sie, dass sich viele Betroffene an die Politik gewandt haben, weil die Kommunikation so schlecht war.

 

Herr Prof. Dr. Dr. Scholz erklärt, dass die Abmeldungen der Feuerwehrleitstelle mitgeteilt werden und im Jahr 2022 insgesamt 11 Mal das UKSH für wenige Stunden abgemeldet war.

Natürlich hat das Marienkrankenhaus sog. „Low Risk-Fälle“ aufgefangen. So war es in der Vergangenheit immer und so wird es an dem neuen Standort ebenfalls sein, wenn diese Lösung umgesetzt wird.

Zudem war das UKSH in den genannten Zeiten weiterhin für alle Fälle abseits der sog „low-Risk“-Fälle erreich- und anfahrbar.

 

 

Frau Senatorin Steinrücke verweist auf den eigentlich guten Austausch mit dem Gesundheitsamt, aber auch die Stadt war von dem Verkaufswillen des Marienkrankenhauses überrascht und hätte sich eine frühere Einbindung gewünscht. Sie wirbt dafür, den Blick nun nach vorne zu richten und an konstruktiven Lösungen zu arbeiten.

 

Herr Dr. Lengen fasst zusammen, dass nunmehr erst einmal die Versorgung bis zum 01.09.2023 gesichert ist und bis dahin hoffentlich eine gute Lösung gefunden werden kann.

 

Der Ausschuss nimmt Kenntnis.