Auszug - Antrag des AM Thomas-Markus Leber (FDP): Fortschreibung des Rahmenplans Innenstadt unter Berücksichtigung von Maßnahmen, die sich gegen die Folgen der Pandemie richten.  

54. Sitzung des Bauausschusses
TOP: Ö 7.5
Gremium: Bauausschuss Beschlussart: abgelehnt
Datum: Mo, 02.08.2021 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:00 - 19:17 Anlass: Sitzung
Raum: Große Börse
Ort: Rathaus
VO/2021/10068 Antrag des AM Thomas-Markus Leber (FDP): Fortschreibung des Rahmenplans Innenstadt unter Berücksichtigung von Maßnahmen, die sich gegen die Folgen der Pandemie richten.
   
 
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftsstelle der FDP Fraktion Bearbeiter/-in: Völker, Astrid
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

 

Herr Leber sagt, dass es darum gehe, dies im Rahmenplan Innenstadt zu verankern. Er habe einen Maßnahmenkatalog vorgeschlagen, der könne beispielhaft verwendet werden.

 

Herr Anrdt von der Wirtschaftsförderung Lübeck GmbH, der Rederrecht vom Bauausschuss erhalten hat, stellt Herrn Krappa vor, der bei der Wirtschaftsförderung Lübeck GmbH für Innenstadtentwicklung und Leerstandsmanagement zuständig ist.

 

Herr Krappa, der vom Bauausschuss Rederecht erhalten hat, stellt sich dem Bauausschuss vor. Die Herausforderungen sei in vielen Städte zu spüren, da es Veränderungen an den Bedarfen und den Forderungen des Einzelhandels gebe. Ein aktuelles Beispiel dafür sei der Umzug von Marco Polo aus der Königstraße, mit einem Geschäft über zwei Stockwerke in die Breite Straße in Räumlichkeiten mit nur einer Eben. Es gebe einen großen Lernprozess, den vor allem die Eigentümer der Immobilien erleben würden, da deren Flächen zu den aktuellen Anforderungen passen müssten. Die Wirtschaftsförderung Lübeck würde diesen Änderungsprozess begleiten, so habe man eine Passantenfrequenzmessung eingerichtet, die auch über das Internet eingesehen werden könne, da solche Informationen zentral für den Einzelhandel oder auch die Verwaltung seien. Immobiliengipfel mit Referaten und Anregungen für die Eigentümer der Innenstadt würden abgehalten werden, und neuerdings auch Quartiersgespräche, um neben den Eigentümern auch die Mieter bei den Gesprächen miteinbeziehen zu können, wie in Zukunft mit den Immobilien der Innenstadt umgegangen werden solle. Andere Dinge, die in dem Antrag erwähnt seien, würden auch bereits bei der Wirtschaftsförderung Lübeck bewegt werden.

 

Herr Leber sagt, dass ihm wichtig sei, dass ein Gremium für Krisenmanagement eingerichtet werde, mit dem man angemessen auf Situationen wie mit den Karstadt-Häusern reagieren könne. Es müssten Spielregeln aufgestellt werden, die für alle Beteiligten präsent seien.

 

Herr Lötsch sagt, dass der Rahmenplan Innenstadt dafür entwickelt worden sei und er erst sehen wolle, wie sich dieser auf die Innenstadt auswirke. Es müsse diesem die Zeit gelassen werden, seine Wirkung zu entfalten.

 

Herr Dr. Flasbarth ist überrascht, dass ein solcher Antrag von der FDP gestellt worden sei, da dieser sehr viel Wert auf staatliche Lösungen lege, beispielsweise damit, dass der Staat einspringe, wenn Leerstände bestünden. Er finde die Richtung des Antrages aber gut.

Herr Leber antwortet, dass ein solcher Antrag schon ungewöhnlich sei, aber er halte es für notwendig auch über den Tellerrand zu sehen und solche Projekte anzustoßen. Es gebe eine schwierige Situation und er gehe davon aus, dass es auch in der Zukunft zu schwerwiegenden Veränderungen komme.

 

Herr Anrdt führt aus, dass es nicht Aufgabe des Steuerzahlers sei, für die Leerstände in der Innenstadt aufzukommen. Der jeweilige Vermieter habe die Aufgabe, seine Mietobjekte attraktiv zu halten, und wenn dieser wüsste, dass der Staat für den Leerstand aufkommen würde, hätte dieser keine Anreize, dies zu tun. Dafür sei auch der Immobiliengipfel ins Leben gerufen worden. Es sei ohnehin schwer, alle Eigentümer zu erreichen, da diese größtenteils keine Lübecker seien, sondern zum Großteil aus Investoren und Fonds bestehen.

 

Herr Dr. Lengen sagt, dass es über viele Jahre Veranstaltungen, Pläne und Gespräche gegeben habe, um den Rahmenplan Innenstadt aufzustellen. Er wolle, dass dieser Aufwand wertgeschätzt werde, daher solle dem Rahmenplan die Möglichkeit gelassen werden, seine Wirkung zu entfalten. Ansonsten würde dies das Engagement der Lübecker ad absurdum führen. In diesem Gremium hätte bestimmt jeder zu jedem Punkt neue Ideen, aber es solle abgewartet werden, bis die bereits gefassten Beschlüsse umgesetzt seien.

 

Herr Dr. Brock sagt, dass der Antrag wirke, als sei das Ergebnis eines Brainstormings als Antrag formuliert worden. Viele der Punkte müssten auch eher in der Bürgerschaft, nicht im Bauausschuss diskutiert werden. Es gebe hier außerdem schon viele beteiligte Parteien, die schnell reagieren könnten und würden, wenn eine Krise entstehe, und teilweise könne in einer solchen Situation eben nur reagiert werden. Vieles aus dem Antrag gebe es schon. Er habe auch den Eindruck, dass viele Anträge gestellt werden würden, ohne zu bedenken, dass die Verwaltung an solchen Maßnahmen bereits arbeite.

 

Herr Lötsch ergänzt, dass viele der Punkte im Antrag bereits im Rahmenplan Innenstadt enthalten seien.

 

Herr Leber widerspricht Herr Dr. Lengen. Es gehe ihm um eine Fortschreibung des Rahmenplan Innenstadt, nicht darum, dass alles bestehende Makulatur werde.


Antrag:

Die Lübecker Innenstadt, aber auch die Stadtteilzentren stehen in Folge der Corona-Pandemie vor grundlegenden strukturellen Veränderungen. Bereits jetzt sind gravierende Einbrüche im Einzelhandel, in der Gastronomie, in der Hotellerie sowie in der Freizeit- und Kulturwirtschaft festzustellen, bzw. für die Zukunft in einem noch weit größeren Umfang zu erwarten. Das Coronavirus hat als weitere Folge die Digitalisierung im Einzelhandel (Stichwort Onlinehandel) und in der Büroarbeit (Stichwort Home-Working) erheblich beschleunigt. Die sich daraus ergebenden Veränderungen werden sich schnell, umfassend und vielfältig realisieren und nicht wenige Beteiligte in der Substanz treffen. Der Druck auf alle Akteure ist entsprechend groß. Der „Markt“ wird die erwarteten Probleme kaum allein stemmen können. Deshalb ist proaktives, zielgerichtetes Handeln erforderlich. Insbesondere die Hansestadt ist gefordert, sich stärker als bisher als orientierende, ordnende und unterstützende Hand einzubringen. Konkret geht es darum Rahmenbedingungen zu schaffen, die die privaten Akteure im Einzelhandel, in der Immobilienwirtschaft, in der Gastronomie und in der Kultur in die Lage versetzen, ihre Geschäftsmodelle und ihre Immobilien an die veränderte Situation anzupassen.

 

Antrag:

1. Der Rahmenplan Innenstadt wird um entsprechende, zielgerichtete Maßnahmen erweitert, um einen nachhaltigen Prozess zu gestalten und diesen zu verstetigen. 

2. Die Hansestadt schafft kurzfristig ein Management, das in der Lage ist, ad hoc einzigartige, individuelle, ggf. auch temporäre, stationäre oder digitale Zwischen- und Nachnutzungen zu organisieren.

3. Die Hansestadt organisiert z.B. über die LTM oder in Kooperation mit dem Lübeck Management Märkte, Veranstaltungen und Aktionen, um zusätzlichen zum Handel Besuchsanlässe zu schaffen und das „Erlebnis Innenstadt“ zu stärken.  

4. Die Hansestadt interveniert ggf. auch ökonomisch und nimmt nach einem entsprechenden Gremienlauf die Anmietung von Flächen für Zwischennutzungen vor, betreibt Anschubförderungen für innovative Formate und erwirbt ggf. im Zwischenerwerb strategisch wichtige Immobilien.

5. Die Hansestadt schafft Rahmenbedingungen, dass privatwirtschaftlichen Akteure, d.h. Gewerbetreibende (Einzelhandel, Gastronomie, Dienstleister usw.), Immobilieneigentümer, Kultur- und Bildungseinrichtungen sowie soziale Träger noch stärker mit der Kommune zusammenarbeiten.

6. Die Einbindung der verschiedenen Akteure, die Erarbeitung entsprechender Maßnahmen sowie die Entwicklung und Realisierung von Projekten und Maßnahmen erfordert ein entsprechendes Management. Dieses bündelt die Ressourcen der Hansestadt, bereitet gemeinsam getragene Maßnahmen vor und setzt diese in Kooperation mit den Akteuren um.

7. Die Hansestadt unterstützt die Maßnahmen mit bodenrechtlichen Instrumenten, insbesondere mit dem Besonderen Vorkaufsrecht (§25 BauGB).

8. Entsprechende Instrumente der Städtebauförderung sowie weitere Förderinstrumente sind zu prüfen und zu nutzen, um die Finanzierung des Engagements zu erleichtern.

9. Der öffentliche Raum kann und sollte durch Schaffung/Verbesserung hoher Aufenthaltsqualität, durch Schaffung/Verbesserung von Flächen für Veranstaltungen, ggf. durch Verkürzung und Konzentration von Einkaufsbereichen optimiert werden.

10. Durch die Kooperation der Eigentümer und der Geschäfte in zusammenhängenden Bereichen der Innenstadt (Geschäftsstraßen, Plätze, Quartiere) soll die Angebotsvielfalt erhöht und neue Modelle der Nutzungsmischung aus Handel, Gastronomie, Kultur, Handwerk sowie experimenteller und temporärer Nutzungen ermöglicht werden, um einen attraktiven Nutzungsmix zu schaffen.

11. Neue ökonomische Modelle für Nutzungsmischungen z.B. Quersubventionierungen sollten geprüft und etabliert werden. Hierbei können „starke“ Nutzungen „schwache“ unterstützen. Denkbare wäre ein 10 - 20%-Mix zugunsten wenig zahlungsfähiger Nutzungen (Kultur, Handwerk, experimentelle und temporäre Nutzungen). So würden die „starken“ Nutzungen einen Betrag leisten, um die Vielfalt und Attraktivität der Innenstadt zu erhöhen, von der sie selbst dann wieder profitieren.

12. Märkte, Straßenkultur, Veranstaltungen getragen von der Hansestadt und der Geschäftswelt können mehr Begegnung und Kommunikation im öffentlichen Raum möglich machen.

13. Das gleiche Ziel kann mit Dependancen der Museen in Ladengeschäften, mit Straßentheatern, mit Projekt- und Seminarräumen von Schulen und Hochschulen erreicht werden.

14. Der Rahmenplan Innenstadt gibt weiterhin eine Orientierung für die zukünftige räumliche und funktionale Struktur und wird mit Projekten und Maßnahmen, die in einem Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen, konkretisiert und fortlaufend fortgeschrieben.


 


 

 

 

 

Abstimmungsergebnis

 

einstimmige Annahme

 

einstimmige Ablehnung

 

Ja-Stimmen

1

Nein-Stimmen

11

Enthaltungen

3

Kenntnisnahme

 

Vertagung

 

Ohne Votum

 

Der Bauausschuss lehnt den Antrag mehrheitlich ab.