Auszug - Sonderhilfeprogramm "Strukturerhalt Kultur"
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Wortprotokoll Beschluss Abstimmungsergebnis |
– Gemeinsame Beratung mit dem Hauptausschuss –
Herr Bürgermeister Lindenau verweist auf den Auftrag aus dem Hauptausschuss, um hier zeitnah eine Kulturhilfe zu organisieren. Dazu hat am 1.7.2020 ein Arbeitstreffen der kulturpolitischen Sprecher:innen zusammen mit Senatorin Weiher stattgefunden. Herr Bürgermeister Lindenau führt aus, dass zwei Punkte im Rahmen der Anträge des Sonderhilfeprogramms „Strukturerhalt Kultur“ zur Diskussion stünden. Aus Sicht der Verwaltung sollen die Anträge ab 1.8.2020 zur Verfügung stehen und die Einreichfrist am 30.8.2020 enden. Da Geld schnell ausgeschüttet werden soll, sei es nicht sinnvoll, die Frist bis zum 15.9.2020 zu verlängern. Bereits Anfang September 2020 würde es direkt zur Auszahlung der Zuwendungen kommen. Die Nachweisfrist könne auf Ende Juni 2021 verlängert werden. Er warne vor einem offenen Verfahren, da hierbei der Finanzrahmen nicht in Gänze kontrolliert werden könne. Mglw. könne die Verwaltung mit evtl. vorhandenen Restmitteln aus dem 1,2 Mio-Euro-Programm erneut und ergänzend fördern. Der finanzielle Rahmen des von der Bürgerschaft bewilligten Rettungsschirms (VO/2020/08831) in Höhe von 10 Mio. Euro sei bisher noch nicht vollumfänglich ausgeschöpft.
AM Zunft (Hauptausschuss) bedankt sich bei der Verwaltung für die Ausarbeitung eines Unterstützungskonzepts, allerdings habe sie Verbesserungsvorschläge, da ihrer Ansicht nach nicht alle Punkte aus der Arbeitskreissitzung vom 1.7.2020 im Konzept berücksichtigt wurden. Sie bittet gemäß ihres Änderungsantrags VO/08963-01-01 um eine verlängerte Frist der einzureichenden Anträge bis zum 15.9.2020. Sie schlägt außerdem eine Sofortzahlung in Höhe von 10.000 Euro an Antragstellende vor, um dringende offene Rechnungen zahlen zu können, bevor der Antrag abgearbeitet sei. Bei Anrechnungen sollen zweckgebundene Spenden nicht berücksichtigt werden. Sie beantragt eine punktweise Abstimmung.
AV Stolzenberg dankt dem Herrn Bürgermeister Lindenau, Frau Senatorin Weiher und dem Kulturbüro für das Konzept. Er weist auf die Vielfältigkeit der Kulturszene hin und auf die derzeitige Situation der Kulturakteure, die aufgrund des staatl. angeordneten Veranstaltungsverbots besonders in den Fokus staatlicher Hilfe genommen werden müssten. Das Land SH habe keinen Hilfefond für Soloselbstständige, der auskömmlich sei. Es sei keine gerechte Handhabung, wenn diese Berufsgruppe an die Grundsicherung verwiesen würde. Es bedürfe eines Unterstützungskonzepts – ausgearbeitet von der Verwaltung –, das alle Kulturakteure berücksichtige.
AM Grabitz spricht ein Plädoyer für Soloselbstständige wie Künstler:innen und Veranstaltungstechniker:innen. Sie teilt mit, dass 34 % der Kulturakteure freischaffend arbeiten würden. Der Bund unterstütze finanziell vorwiegend die Arbeitgeber der Soloselbstständigen. Der Verweis auf ALG II sei „kurios“, da Künstler:innen dem Grunde nach nicht arbeitslos seien, sondern einem vorübergehenden Berufsverbot unterliegen würden. Es müssen Mittel gefunden werden, damit kulturell tätige Soloselbstständige nicht durch das Netz von Hilfsprogrammen fallen. Lübeck müsse konkrete Hilfeleistung anbieten, damit sie Kulturstadt bleibe.
AM Leber (Hauptausschuss) dankt der Verwaltung für die Erarbeitung eines Konzepts. Er fragt, wie die Gesamtsumme von 1,2 Mio. Euro ermittelt wurde und wie groß die Zielgruppe der Kulturakteure in Lübeck eingeschätzt wird. Er weist darauf hin, dass es große Abgrenzungsschwierigkeiten geben würde, um Geld gerecht verteilen zu können.
Die Nachfragen von AM Leber beantwortet Herr Bürgermeister Lindenau. Es wurde ein Mittelwert errechnet, der auskömmlich sei, um sehr schnell Hilfe leisten zu können. Im Vorwege wurden ca. 40 bis 45 antragsberechtigte Einrichtungen geschätzt. Unter Pkt. 6 des Konzepts „Strukturerhalt Kultur“ ist aufgeführt, wer antragsberechtigt ist. Ein Antragsverfahren sei nötig, da über dieses Hilfeprogramm Steuergelder verteilt werden. Außerdem gebe es aktuell einen Dreiklang aus Unterstützungsformaten in verschiedene Richtungen: Unterstützung von Projektarbeiten über die Aktion „Kulturfunke“, Genehmigung der Veranstaltungen durch die Stadt und das neu aufgelegte kommunale Förderprogramm. Bisher wurde keine Einzelcoronahilfe in dieser Größenordnung von der Stadt ins Leben gerufen, damit sei ein deutliches Signal gegeben.
Es spricht AM Dr. Flasbarth (Hauptausschuss). Er kritisiert den längeren Vorlauf bis zur Vorlage des Konzepts, thematisiert die Ungleichbehandlung mit der Travemünder Woche und fragt nach, für welche konkreten sechs Monate der Zuschuss berechnet werden soll. Die Soloselbstständigen sollen mindestens von einem sog. kommunalen Absicherungsnetz unterstützt werden.
Herr Bürgermeister Lindenau verweist auf die bislang fehlende politische Entscheidung. Er sehe keine Diskrepanz zwischen dem Konzept „Strukturerhalt Kultur“ und dem Hilfspaket Travemünder Woche. Beiden lege eine Bewertung des gesamten Jahresabschlusses zugrunde. Mit dem Kulturpaket erreiche man ein breites Portfolio an in verschiedenen Strukturen organisierten Künstler:innen. Es werden jetzt kulturelle Strukturen erhalten, die den Solokulturschaffenden zugutekommen. Im September wird die Verwaltung einen Bericht über das Antragsvolumen vorlegen.
AM Rottloff bedankt sich für die Vorlage mit dem Sonderhilfeprogramm „Strukturerhalt Kultur“. Er spricht von einer „Blaupause für die Zukunft“ und einem großen Akt Lübecker Solidarität. Zusätzlich zur Possehl-Stiftung würde auch die Gemeinnützige Sparkassenstiftung unterstützen.
AM Steffen dankt der Verwaltung für die Vorlage und erklärt, dass die AfD dieser Vorlage zustimmen werde. Die Änderungsanträge lehne die AfD ab. Er merkt an, dass sich die im Änderungsantrag unter Top 3.1.1 aufgeführten Beispiele auf Geberländer im Namen des Bundesfinanzausgleichs beziehen würden (Schleswig-Holstein erwirtschafte diese Steuergelder nicht). Außerdem gebe es seit 16 Jahren ein von der rot-grünen Bundesregierung beschlossenes Hilfsprogramm.
AM Prieur (Hauptausschuss) erklärt, dass die CDU der geänderten Antragsfrist vom 1.8. bis zum 30.8.20 und der Nachweispflicht bis 30.6.2021 zustimme. Alle anderen Änderungsanträge werden abgelehnt.
AM Zunft (Hauptausschuss) bewertet es als positiv, dass alle anwesenden Politiker:innen an einem Strang ziehen wollen. Kultur sei für Lübeck systemrelevant und helfe gegen Armut, da Kultur auch Bildung sei. Sie fordert erneut, dass zweckgebundene Spenden in den Vergabeberechnungen unberücksichtigt bleiben. Es bleibe für sie weiterhin unklar, wer nun antragsberechtigt sei.
Herr Bürgermeister Lindenau erklärt hierzu, dass Soloselbstständige nicht antragsberechtigt seien. Die kulturell tätigen Institutionen müssen darlegen, dass sie pandemiebedingte Verluste verzeichnen. Er weist darauf hin, dass seit März Pachten, Mieten und Steuern auf Antrag gestundet werden. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Antrag gestellt wird. Er hebt hervor, dass die Stadt mit „Kulturerhalt Struktur“ Akuthilfe leistet, womit nicht allen postwendend geholfen werden kann. In sechs Monaten könne neu überlegt werden, wie die Stadt auf pandemiebedingte Notsituationen regieren kann. In der aktuellen Lage können keine Prophezeiungen geäußert werden, denn die Pandemie habe gelehrt, dass nur tagesaktuelle Entscheidungen getroffen werden können.
AM Stolzenberg kritisiert den holprigen Start, ein kommunales Unterstützungspaket für die hiesige Kultur zu schnüren und wünsche sich mehr Initiative vom Verwaltungschef. Er bringt verstärkt zum Ausdruck, dass aus Sicht der Die Unabhängigen die Soloselbstständigen ebenfalls gefördert werden müssen und bringt das Beispiel eines Ehepaares, das eine einmalige Förderung von 2.500 Euro erhalten habe und auf ALG II angewiesen sei. Viele würden durch das Raster der Hilfsprogramme fallen. Das Programm „Strukturhalt Kultur“ müsse auch diejenigen berücksichtigen, die bisher zu kurz kamen.
AM Petereit (Hauptausschuss) widerspricht der Darstellung von Herrn Stolzenberg. Er betont, abzuwarten, welche Leistungen das Bundeskonjunkturprogramm beinhaltet. Die Antragsfrist solle nicht bis zum 15.9.2020 verlängert werden. Durch die kritischen Kommentare zu ALG II würden Menschen, die die Grundsicherung beziehen, diffamiert werden. Diese Sozialhilfe sei ein gesellschaftlich anerkanntes Instrument.
AM Leber (Hauptausschuss) führt aus, dass die Kommune Soloselbstständige unterstützen könne, indem geeignete Rahmenbedingungen geschafft werden, z. B. von der Stadt veranstaltete Verkaufsausstellungen für Künstler:innen nach dem Flensburger Vorbild „Flensburg. Kauft. Kunst“ oder ähnliche Plattformen. Auch ein Kulturinfrastrukturfond könne die Kultur- und Kreativwirtschaft stärken. Er merkt an, dass die Possehl-Stiftung nicht nach dem Gießkannen-Prinzip fördere. Hier müssten die Antragsteller:innen wirtschaftlich tragfähige und für die Hansestadt Lübeck bereichernde Konzepte einreichen.
Herr Bürgermeister Lindenau kritisiert den Wortbeitrag von AM Stolzenberg, mit welchem er der Verwaltung ein Nichthandeln vorwerfe.
AM Stolzenberg weist die Kritik von Herrn Lindenau zurück und erklärt, dass sein Vorwurf des Nichthandelns zur Unterstützung der Kulturschaffenden direkt an den Bürgermeister gerichtet sei, der im Gegensatz zur Travemünder Woche, hier nicht von sich aus tätig geworden sei. Die Kritik beziehe sich nicht auf die Mitarbeitenden in der Verwaltung. In der Sache stellt er klar, dass sein Ergänzungsantrag die Erweiterung des Kreises der Antragsberechtigten um unternehmerisch tätige Kulturschaffende vorsehe.
AM Grabitz weist darauf hin, dass die Lübecker Kulturszene nicht selbstverständlich sei. Kultur mache eine Stadt nicht nur attraktiv, sondern sei v. a ein echter Wirtschaftsfaktor, der auch hohe Einnahmen für die Stadt generiere. Sie stellt den besonderen Umstand heraus, dass soloselbstständige Künstler:innen aus Nicht-EU-Ländern ihr Arbeitsvisum verlieren würden und die Stadt somit auch ein Teil ihrer Kulturakteuren.
Nach der gemeinsamen Beratung unterbricht der Vorsitzende des Hauptausschusses um 18:04 Uhr dessen Sitzung für die Beratung und Beschlussfassung durch den Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege. Das Wort wird hierzu nicht gewünscht. Der Vorsitzende lässt nun zunächst über die Anträge zu TOP 3.1.1 und 3.1.2 abstimmen. Das Abstimmungsergebnis ist jeweils dort wiedergegeben. Sodann stimmt der Ausschuss über den Beschlussvorschlag der Vorlage VO/2020/08963-01 in geänderter Fassung ab.
Beschluss in geänderter Fassung (fett/kursiv):
- Der Bürgermeister wird beauftragt, das Corona-Sonderhilfeprogramm der Hansestadt Lübeck „Strukturerhalt Kultur“ gem. Anlage 1 umzusetzen.
- Es wird ein Betrag von bis zu 1,2 Mio. Euro aus dem von der Bürgerschaft am 26.03.2020 beschlossenen Rettungsschirms (VO/2020/08831) zur Linderung finanzieller Schäden, die ursächlich im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie stehen, bewilligt und zur Verfügung gestellt.
- Die Antragsfrist beginnt am 1.8.2020 und endet am 30.8.2020. Der Verwendungsnachweis ist bis zum 30.6.2021 einzureichen.
Dem Ausschuss für Kultur und Denkmalpflege wird nach Abschluss des Antrags- und Bewilligungsverfahrens über den Umfang der beantragten und gewährten Hilfen berichtet.
Abstimmungsergebnis in geänderter Fassung | einstimmige Annahme | x |
einstimmige Ablehnung |
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Ja-Stimmen |
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Nein-Stimmen |
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Enthaltungen |
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Kenntnisnahme |
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Vertagung |
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Ohne Votum |
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