Auszug - Diskussion zum Beschluss des Ausschusses zum Thema "Sofortmaßnahmen Obdachlosenhilfe" in der Sitzung am 04.12.2018, TOP 11.3 und Beschlussfassung
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Wortprotokoll |
Folgende Anträge liegen vor:
1. Antrag der AM Akyurt, Hönel, Büche, Müller und Friemer
1. Der Sozialausschuss begrüßt die vom Sozialsenator Herrn Schindler koordinierte Wärmekooperation und hält an dem Auftrag zur Einrichtung eines Kältebusses fest.
Falls das Konzept für den Winter 2018 nicht umgesetzt werden kann, dann ist dies zum Winter 2019 umzusetzen.
2. die ehrenamtliche Obdachlosenhilfe (Verein in Gründung) erhält im Haushaltsjahr 2019 (nach Vereinsgründung und Anerkennung Gemeinnützigkeit) ein Zuschuss in Höhe von 10.000 € netto.
2. Antrag der AM Voht, Schaffenberg, Ulrich, Bachmann, Steen
Der Sozialausschuss möge beschließen:
- Der Sozialausschuss begrüßt die von Sozialsenator Sven Schindler unter Beteiligung diverser freier Träger ins Leben gerufene Wärmekooperation für Lübeck.
- Der am 4. Dezember vom Sozialausschuss getroffene Beschluss zum Kältebus wird angesichts der neuen Entwicklung bzgl. der Wärmekooperation insofern geändert, dass der in Gründung befindlichen Lübecker Obdachlosenhilfe weiterhin 10.000 EUR für ein solches Projekt in Aussicht gestellt wird, jedoch der angestrebte Startzeitpunkt auf den Winter 2019 verschoben wird. Bis dahin hat die Lübecker Obdachlosenhilfe insbesondere die notwendige Verfasstheit zu schaffen, um Empfänger für städtische Zuschüsse sein zu können.
- Vor Auszahlung der Mittel an die Lübecker Obdachlosenhilfe ist eine mit den Akteuren der Wärmekooperation abgestimmte Konzeption für den Kältebus dem Sozialausschuss zur Zustimmung vorzulegen.
- Der am 4. Dezember vom Sozialausschuss getroffene Beschluss zur Nutzung von Mobil-Containern als Hilfsangebot für Obdachlose wird angesichts der neuen Entwicklung bzgl. der Wärmekooperation aufgehoben.
3. Antrag des AM Bachmann (Ergänzung zu Antrag 2.)
1. Die Verwaltung möge bis Juni 2019 ein Konzept erarbeiten, wie die Obdachlosenunterkünfte menschenwürdiger (bzgl. Zimmergröße, Belegungsdichte, Raumausstattung, Sanitäreinrichtungen) gestaltet werden können. Finanzielle Auswirkungen sind dem Ausschuss mitzuteilen.
2. Insbesondere möge zeitnah geprüft werden, ob die frei gewordenen Schlafplätze für Flüchtlinge in den Räumen des Solizentrums (der Alternativen e.V. auf der Wallhalbinsel) in zusätzliche Schlafplätze für Obdachlose umgewidmet werden können.
Herr Senator Schindler führt zunächst zu dem Gespräch mit der Obdachlosenhilfe, der Winterhilfe, Heilsarmee, der Vorwerker Diakonie sowie der JohanniterUnfallHilfe und dem DRK am 10.12.2018 aus, in dem sich über den Kältebus ausgetauscht und schließlich die Wärmekooperation vereinbart wurde. Es ging darum, von Herrn Rühmling zu erfahren, was die ehrenamtlichen Helfer der Obdachlosenhilfe vor Ort tun und welche Vorteile der Einsatz eines Kältebusses bringen würde. Als zentrales Problem stellte sich der Transport der Obdachlosen in eine der Unterkünfte heraus. Alle Beteiligten waren sich einig, dass dieser Transport und die Ankündigung der betroffenen Person in der Unterkunft künftig professionalisiert werden soll. Die Johanniter und das DRK entwickeln dazu ein Konzept. Die Unterkünfte der Heilsarmee und der Vorwerker Diakonie nehmen rund um die Uhr obdachlose Menschen auf; niemand wird abgewiesen. Die Obdachlosenhilfe betreut 7 Tage die Woche 10-15 Personen im Lübecker Stadtgebiet mit warmer Kleidung, Lebensmitteln etc. Ein Kältebus wurde in diesem Zusammenhang von keinem der Beteiligten für erforderlich gehalten, auch von der Obdachlosenhilfe nicht.
Der Vorsitzende begrüßt die Wärmekooperation. Allerdings seien Beschlüsse des Ehrenamtes umzusetzen, und bei einem Abweichen und/oder Umsetzungsproblemen müsse die Verwaltung eine entsprechende Mitteilung geben. Dabei sei unerheblich, ob man den Beschluss als unsinnig empfinde.
Herr Hönel erklärt, er sei schockiert gewesen, aus den Medien zu erfahren, dass der Beschluss des Ausschusses für die Verwaltung offensichtlich irrelevant war. Auch er setze voraus, dass Beschlüsse von der Verwaltung umgesetzt und der Ausschuss andernfalls rechtzeitig und allumfassend informiert werde. Die Wärmekooperation sei sehr begrüßenswert; fraglich sei allerdings, warum es erst durch die Debatte um den Kältebus zu dieser Lösung gekommen sei.
Frau Akyurt befürwortet ebenfalls die Wärmekooperation, diese ersetze aber nicht den Kältebus. Hier sei eine Lücke zu schließen für die Menschen, die nicht in eine Unterkunft wollen. Der entsprechende Bedarf sei daher spätestens im nächsten Winter zu decken.
Frau Friemer empfindet das Vorgehen des Senators als Pflichtverletzung.
Herr Senator Schindler weist die Vorwürfe zurück und erklärt, dass gemäß Beschluss des Ausschusses bis Ende des Monats ein Konzept zu erstellen war. Damit musste unter enormem Zeitdruck eine Lösung gefunden werden. Der Gesprächstermin mit den Hilfsorganisationen sei bereits vor der letzten Ausschusssitzung anberaumt worden. Um sowohl Politik als auch die Öffentlichkeit über das Ergebnis des Gespräches schnellstmöglich zu informieren, sei nach Abstimmung mit Herrn Rühmling die Pressemitteilung am Freitagmittag erfolgt. Ergänzend weist Herr Senator Schindler darauf hin, dass die Obdachlosenhilfe erst als Verein gegründet werden muss, damit diesem die 10.000,00 € zur Verfügung gestellt werden könnten. Herr Senator Schindler bittet, die Wärmekooperation im Frühjahr zu evaluieren. Die Verwaltung werde dann auch einen Bericht zur allgemeinen Situation der Obdachlosen vorlegen. Eine schnelle Umsetzung sei auch mit den geforderten Containern nicht möglich. Über den mit der dortigen Unterbringung der Obdachlosen verbundenen finanziellen Aufwand für die Überführung, Anschlüsse, Bewachung etc. müsste die Bürgerschaft entscheiden.
Frau Schwartz und Herr Kewitz erklären ergänzend, die Verwaltung hätte bereits am 06.12.2018 Eckpunkte für das geforderte Kältebus-Konzept erstellt und in der Gesprächsrunde am 10.12.2018 ausgeteilt. Es wurde erörtert, welche zusätzlichen Möglichkeiten der Kältebus schaffen würde und wie eine Umsetzung erfolgen könnte. Herr Rühmling weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Kältebus nicht für einen Aufenthalt/zum Aufwärmen gedacht sei, sondern als Transportmittel für die benötigten Gegenstände, Lebensmittel etc. Herr Kewitz erklärt, damit würde ein Kältebus keine andere/zusätzliche Hilfe schaffen als die, die bereits von der Obdachlosenhilfe mit Privat-Pkws angeboten wird. Mit der Wärmekooperation werde dagegen zusätzlich erreicht, dass der Transport zur Übernachtungsmöglichkeit gewährleistet sei. Damit habe man eine Lücke geschlossen, die bisher nicht erkannt, aber auch nicht thematisiert wurde.
Herr Rühmling erklärt auf Nachfrage von Herrn Müller, er sehe die Wärmekooperation als Interimslösung; die Anschaffung eines Kältebusses nach Berliner Vorbild sei weiterhin sein Ziel. Der Verein sei jedoch noch in der Gründungsphase. Weitere Unterstützung durch die Hansestadt Lübeck (Lagerraum für die benötigten Gegenstände, zentraler Stellplatz für den Kältebus u.a.) wäre wünschenswert. Es gebe unterschiedliche Gründe, warum die Menschen nicht in die Unterkünfte möchten (Registrierung, Hausverbot). Gegen ihren Willen könne eine Unterbringung nicht erfolgen. Frau Majora berichtet, die Menschen wünschen sich „einen Platz zum Schlafen ohne Registrierung“. Bezüglich einer Unterbringung in Containern weist Herr Rühmling auf diverse Probleme hin (Formalitäten, Bewachung, Hygiene, Obdachlosenprostitution, Verlagerung Drogentreff?).
Herr Ulrich erklärt, dass die benötigten Plätze für Obdachlose in den Notunterkünften zur Verfügung gestellt werden können. Mit der Eröffnung des Sophie-Kunert-Hauses für Frauen und Jungerwachsene sei eine Lücke in der Versorgung geschlossen und eine Entlastung des Bodelschwingh-Hauses erreicht worden. Durch die Wärmekooperation habe er das zentrale Problem der Zuführung als gelöst angesehen. Der Kältebus sei eine gute technische Hilfe, ändere aber nichts daran, dass einige Menschen nicht in eine Unterkunft wollen. Bezüglich der Unterbringung in Containern gibt auch Herr Ulrich zu Bedenken, dass diese bewacht werden müssten.
Herr Preuß führt aus, er habe mit der Beteiligung an der Wärmekooperation eine kurzfristige Lösung angeboten. Er gibt zu bedenken, dass zu den Anschaffungskosten für den Kältebus jährliche Unterhaltungskosten von 5.000,00-10.000,00€ anfallen würden. Mit der Anschaffung würde auch ein Kältetod nicht verhindert werden können. Mit Frau Schwartz war bereits die Möglichkeit erörtert worden, dass die JohanniterUnfallHilfe ein altes Fahrzeug aus dem Bestand bereitstellt.
Herr Jeguschke bittet, diese Möglichkeit im Auge zu behalten. Er kritisiert ebenfalls die Information der Ausschussmitglieder ausschließlich über die Presse, bezeichnet die Situation für die Obdachlosen aber insgesamt als zufriedenstellend.
Auch Herr Dr. Grohmann hätte sich eine Mitteilung an den Ausschuss über den neuen Sachstand vor der Pressemitteilung gewünscht. Für die Menschen, die nicht in einer Unterkunft untergebracht werden wollen, müsse eine bestmögliche Betreuung sichergestellt werden.
Frau Bachmann, Frau Ulrich und Herr Voht loben die Zusammenarbeit von Haupt- und Ehrenamt. Frau Bachmann möchte die Kommunikationsebene optimieren. Frau Ulrich wünscht sich, solche Maßnahmen frühzeitig (im Sommer) zu besprechen. Nach Aussage von Herrn Voht müsse eine Verbesserung im Thema erreicht werden. Für die Obdachlosen müsse „Raum geschaffen“ werden; dabei sei fraglich, ob eine Unterbringung in Containern angezeigt sei.
Außerdem werden Fragen von Herrn Wiese (Container als niedrigschwellige Unterbringungsmöglichkeit, ausreichende Räumlichkeiten für eine menschenwürdige Unterbringung?) beantwortet.
Auf Antrag des Vorsitzenden wird die Sitzung zwecks Beratung unterbrochen (17.34-17.54 Uhr).
Herr Voht verliest nach der Sitzungsunterbrechung folgenden gemeinsamen Antrag der sozialpolitischen Sprecher, der Bestandteile aller drei o.a. Anträge enthält:
Der Sozialausschuss möge beschließen:
1. Der Sozialausschuss begrüßt die vom Sozialsenator Sven Schindler koordinierte Wärmekooperation und hält an dem Auftrag zur Einrichtung eines Kältebusses fest.
- Der am 4. Dezember vom Sozialausschuss getroffene Beschluss zum Kältebus wird angesichts der neuen Entwicklung bzgl. der Wärmekooperation insofern geändert, dass der in Gründung befindlichen Lübecker Obdachlosenhilfe weiterhin 10.000 EUR netto für ein solches Projekt in Aussicht gestellt wird, jedoch der angestrebte Startzeitpunkt auf den Winter 2019 verschoben wird. Bis dahin hat die Lübecker Obdachlosenhilfe insbesondere die notwendige Verfasstheit zu schaffen, um Empfänger für städtische Zuschüsse sein zu können.
- Vor Auszahlung der Mittel an die Lübecker Obdachlosenhilfe ist eine mit den Akteuren der Wärmekooperation abgestimmte Konzeption für den Kältebus dem Sozialausschuss zur Zustimmung bis spätestens September 2019 vorzulegen.
- Die Verwaltung möge bis Juni 2019 ein Konzept erarbeiten, wie die Obdachlosenunterkünfte menschenwürdiger (bzgl. Zimmergröße, Belegungsdichte, Sicherheit, Raumausstattung, Sanitäreinrichtungen) gestaltet werden können. Finanzielle Auswirkungen sind dem Ausschuss mitzuteilen.
Der Ausschuss beschließt einstimmig, diesem Antrag stattzugeben.
Die drei erstgenannten und vor Sitzungsbeginn umverteilten Anträge sind damit erledigt.
Der Vorsitzende schließt die Sitzung.