Auszug - Stand OVG-Urteil (Straßenreinigung)  

41. Sitzung des Werkausschusses EBL
TOP: Ö 4.2.2
Gremium: Werkausschuss EBL Beschlussart: (offen)
Datum: Do, 27.07.2017 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:30 - 18:59 Anlass: Sitzung
Raum: Entsorgungsbetriebe
Ort: Malmöstraße 22, Lübeck
 
Wortprotokoll

Herr Senator Hinsen stellt kurz den Stand der Angelegenheit dar; die Urteilsbegründung liegt nunmehr vor. In einer Power-Point-Präsentation wird diese zusammengefasst dargestellt.

 

Es sind Konsequenzen für die Abläufe des Wirtschaftsplans zu ergreifen. Anhand des Urteils muss ausgewertet werden, wie die neue Satzung aussehen werde. Es sei beabsichtigt, noch dieses Jahr damit die Bürgerschaft zu erreichen. Es sollen die Eckpunkte eines Entwurfs einer Vorlage zur Diskussion für die nächste Werkausschusssitzung vorgelegt werden. Es gilt, eine Satzung zu erarbeiten, die bis 2018 wirksam ist. Aufgrund dieser Zeit­schiene wird sich die Verabschiedung des Wirtschaftsplans zwangsläufig nach hinten verschieben (vo­raussichtlich in den Januar 2018).

 

Herr Rathcke fragt, ob noch Gebührenbescheide versandt werden und inwieweit das Urteil rückwirkend sei. Herr Senator Hinsen teilt mit, dass aufgrund des Fehlens einer aktuellen Satzung zurzeit keine Bescheide mehr versandt werden. Das Urteil wirke bis auf 2015 zu­rück. Bezüglich der Frage zum Rechtsanspruch von Bürgern, die bereits gezahlt haben, führt Herr Senator Hinsen aus, dass nur die Bürger, die geklagt haben, auch Ansprüche hätten. Wie mit dem alten Bescheiden umgegangen werde, sei noch zu klären.

 

Herr Rehberg übernimmt die weiteren Ausführungen zum Urteil:

 

Auf die Urteilsbegründung wurde lange gewartet. Leider seien nicht alle Fragen, die sich ergeben haben, in der mündlichen Verhandlung geklärt worden. Die schriftliche Urteilsbe­gründung helfe da­bei auch nicht. Bis auf zwei Fragen wurde die Gebührenkalkulation im Grunde in Allem vom Gericht akzeptiert. Auch die errechnete Unterdeckung 2010 – 2012 wurde bestätigt; diese ist grundsätzlich vortragsfähig. Jedoch hätte der Ausgleich bis Ende 2016 erfolgt sein müssen. Die Unterdeckung muss drei Jahre nach Feststellung ausgegli­chen sein. Aber die Frage, wann dies festgestellt wurde, war in der mündlichen Verhandlung nicht gestellt. Diese Frage hätte man jetzt noch aufgreifen können; wg. zu großen Aufwandes wird das jedoch nicht mehr geprüft. Die Überdeckung aus den Jahren  2007 - 2009 in Höhe von 238 TEUR wird damit nun auch untersagt und geht für den Gebührenzahler verloren.

Zum Punkt des Allgemeininteresses waren nach damals geltender Rechtsprechung 15 % angesetzt worden. Das OVG Schleswig sieht hier jedoch einen deut­lich höheren Prozentsatz für erforderlich.

 

Herr Senator Hinsen merkt an, dass es in anderen Ländern eine ausdrückliche Regelung dazu im KAG gebe. Um Unklarheiten zu beseitigen, sollte auch für Schleswig-Holstein auf eine solche Lösung hingewirkt werden. Er werde mit dem Innenminister darüber sprechen und einen entsprechenden Vorschlag unterbreiten. Dazu wirbt er um Unterstützung aus der Poli­tik.

Es sollte jetzt ein Prozentsatz von ca. 25 % anvisiert werden, um auf der rechtssicheren Seite zu sein (s. KAG Niedersachsen).

Herr Rohlf hakt nach, ob die Berechnung auch der Bürgerschaft vorgelegen habe. Dies ver­neint Herr Senator Hinsen; sie lag nur dem Gericht vor.

 

Herr Rehberg teilt die zeitliche Reihenfolge mit: Die Satzung wurde 2014 beschlossen und hielt sich an die damals gültige Rechtsprechung des OVG Schleswig. Das OVG Schleswig bezieht sich in seiner Urteilsbegründung jetzt auf ein Urteil des OVG Lüneburg aus 2016.

 

Auf Nachfrage von Herrn Dr. Koß erklärt Herr Rehberg das Allgemeininteresse.

 

Herr Rehberg führt den weiteren zeitlichen Ablauf aus: Zurzeit gibt es keine gültige Satzung. Für Bürger, die Widerspruch eingelegt haben, wird der Bescheid auf Basis der alten Satzung aufgehoben. Theoretisch gibt es damit einen Anspruch auf Auszahlung der bereits gezahlten Gebühren. Der Verlust aus 2010 – 2012 ist bestätigt und muss auf 2015 – 2016 vortragen werden. Damit erhöht sich der Gebührensatz. 2017 sieht dagegen wieder anders aus.

Fazit: Das bedeutet nicht, dass in Lübeck keine Straßenreinigungsgebühren zu zahlen sind. Eventuell werden es nicht einmal zwingend niedrigere Gebühren sein.

Für die, die keinen Widerspruch eingelegt haben, ändert sich nichts. Für die, die geklagt ha­ben, wird es rückwirkend eine Änderung geben.

 

Herr Dr. Koß fragt nach, ob die Kläger damit nunmehr schlechter gestellt seien. Herr Rehberg erläutert, dass dies rechtlich nicht möglich sei. Laut Herrn Hinsen gelte das KAG Verschlechte­rungsverbot, in dem die Kläger durch das Urteil nicht schlechter gestellt werden dürfen.

Auf Nachfrage von Herrn Quirder führt Herr Rehberg aus, dass zum jetzigen Zeitpunkt zur Höhe der Gebühr noch keine Aussagen getroffen werden könnten.

Herr Dr. Koß möchte wissen, ob alle entsprechend informiert werden; dies bejaht Herr Rehberg.

 

Herr Rathcke stellt fest, dass Bürger, die auf die Rechtskonformität einer Satzung bauen, bestraft würden und die Kläger allein den Vorteil bekämen. Herr Senator Hinsen weist darauf hin, dass dies rechtskonform sei, der liberale Rechtsstaat mutet es den Bürgern zu, sich selbst ums Recht zu kümmern. 

 

Herr Rehberg informiert weiterhin, dass die rückwirkende Satzung für 2015, 2016 und 2017 das eine sei – die neue Satzung für 2018 das andere. In dieser werde es einen höheren Pro­zentsatz für das Allgemeininteresse geben sowie einen Verlustvortrag aus 2013/2014 auf einen kürzeren Zeitraum. Hierzu lässt sich Herr Rohlf eine Erläuterung von Herrn Rehberg geben.

 

Auf die Frage von Herrn Quirder, ob der Bürger nachzahlen müsse, weil sich die Gebühr eventuell erhöhe, da der Verlust sich durch das Verschlechterungsgebot erhöhen könne, teilt Herr Rehberg mit, dass für die kommenden Jahre evtl. alle zwei Jahre eine neue Satzung zu erstellen sei. Nach dem neuen Urteil sei der vorher gültige Zeitraum von drei Jahren einge­schränkt worden. Das ist mit ein Grund, warum Herr Senator Hinsen eine Re­gelung im KAG anstrebt. Herr Rehberg führt aus, dass noch offen sei, wann und wie eine Unterdeckung festzustellen sei; Herr Senator Hinsen bestätigt dies.

 

Herr Dr. Koß bittet, dass die schriftliche gerichtliche Begründung zur Verfügung gestellt werde; Herr Senator Hinsen stimmt dem zu. Anschließend diskutiert er mit Herrn Senator Hinsen über Kommentare aus der Fachliteratur.

 

Herr Rathcke meint, dass kurzfristig eine Satzung erstellt werden müsse; erst dann könne eine Änderung durch die Landesregierung angestrebt werden. Herr Senator Hinsen verweist auf die bereits zuvor erwähnten ca. 25 % zum Ansetzen für das Gemeininteresse, um von vornherein auf der sicheren Seite zu sein. Wann was festzustellen sei, müsse dann durch den Gesetzgeber geregelt werden.