Auszug - Sonderprüfungsbericht Auswertung der Prüfung von Gebäudebewertungen im Rahmen der Doppik-Einführung  

14. Sitzung des Rechnungsprüfungsausschusses
TOP: Ö 7.1
Gremium: Rechnungsprüfungsausschuss Beschlussart: zurückgestellt
Datum: Do, 10.11.2016 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 17:03 - 18:11 Anlass: Sitzung
Raum: Thomas-Mann-Schule
Ort: Thomas-Mann-Straße 14, 23564 Lübeck
VO/2013/01040 Sonderprüfungsbericht Auswertung der Prüfung von Gebäudebewertungen im Rahmen der Doppik-Einführung vom 01.09.2011 sowie zwei Stellungnahmen
   
 
Status:öffentlich  
Federführend:1.140 - Rechnungsprüfungsamt Bearbeiter/-in: Sieburg, Dirk
 
Wortprotokoll

Herr Petersen stellt eine Frage zum Bericht auf S. 16 Nr. 19, wo es um die Berücksichtigung von Baumängeln gehe. Das BWL-Fachkonzept und der § 43 (6) GemHVO-Doppik widersprechen sich nach Auffassung von Herrn Petersen in der Frage der Berücksichtigung von Baumängeln. Außerplanmäßig seien gemäß § 43 (6) GemHVO-Doppik Abschreibungen nur bei dauerhafter Wertminderung vorzunehmen, während das BWL-Fachkonzept vorsehe, Baumängel grundsätzlich wertmindernd zu berücksichtigen.

 

Herr Schmitz erläutert daraufhin die Regelungen zur Bewertung des Anlagevermögens, die im Zuge der Einführung der Doppik in der Hansestadt Lübeck seinerzeit vereinbart worden sind. Demzufolge sei gemäß BWL-Fachkonzept der Hansestadt Lübeck die Durchführung des Sachwertverfahrens im Sinne der Wertermittlungsverordnung 2006 (WertV) vereinbart worden. In einem zusätzlich geschlossenen Vertrag zwischen dem GMHL und dem Bereich Haushalt und Steuerung sei zudem festgelegt worden, Schäden an Gebäuden ab einer Schadenbeseitigungskostenhöhe von 2.500 EUR wertmindernd in Abzug zu bringen.

Man habe sich also in der Hansestadt Lübeck entsprechend der Wertermittlungsrichtlinie Tz. 3.6.1.1.8 (WertR) auf eine von mehreren zulässigen Möglichkeiten festgelegt, Bauschäden wertmindernd zu berücksichtigen.

 

Entsprechend den vereinbarten Regelungen habe das GMHL die Gebäudebewertungen durchgeführt. Es seien bei einigen Wertermittlungen, wie vereinbart, vorhandene Bauschäden in Abzug gebracht worden. Allerdings sei dieses nicht immer in ausreichendem Maße erfolgt. Darüber hinaus seien bei der Anwendung des Sachwertverfahrens zahlreiche weitere wertrelevante Bewertungsfehler festgestellt worden, die im Prüfungsbericht vom RPA umfassend begründet und dargelegt worden sind.

 

In einem Bericht aus dem August des Jahres 2015 habe das GMHL eindrucksvoll dargelegt, dass bei den Gebäuden inzwischen ein Instandhaltungsstau in Höhe von 270 Mio. EUR im Minimum vorliege. Gemäß diesem Bericht müsse das GMHL über 15 Jahre jährlich 30 Mio. EUR aufwenden, um diesen Instandhaltungsstau abbauen zu können. Tatsächlich allerdings stehen dem GMHL z. B. in 2016 lediglich ca. 16 Mio. EUR für die Instandhaltung zur Verfügung. Mit den Bauunterhaltungsmitteln, die dem GMHL in 2016 zur Verfügung stehen, sei laut Darstellung des GMHL lediglich die Verkehrssicherheit herzustellen. Substanzerhaltende Maßnahmen seien mit den zur Verfügung stehenden Mitteln nicht realisierbar, so das GMHL.

 

Eine Frage von Herrn Freitag, wie viele Gebäude die Stadt unterhalte, wird von Herrn Schmitz dahingehend beantwortet, dass man im GMHL davon spreche, 1.000 Gebäude zu verwalten.

Im Zuge der Gebäudebewertungsprüfung sei jedoch vom RPA festgestellt worden, dass ca. 675 Gebäudebewertungsmappen existieren. Da allerdings für einige komplexe Gebäude mehrere Mappen angefertigt wurden, die Gebäudeteile also mitunter einzelne Bewertungen erhielten, könne man nicht davon ausgehen, dass die Anzahl der Bewertungsmappen mit der Anzahl der vorhandenen Gebäude übereinstimme.

Letztlich sei nicht eindeutig und abschließend geklärt, wie viele Gebäude tatsächlich vom GMHL unterhalten werden.

 

Eine weitere Anfrage von Herrn Freitag, ob der Vermögensbestand grundsätzlich auch negativ in der Bilanz dargestellt werden könne, wird von Herrn Schmitz beantwortet.

Hintergrund dieser Frage sei, dass nach seinem Kenntnisstand die bebauten Grundstücke mit 228,5 Mio. EUR im Anlagevermögen ausgewiesen seien. Bei einem Instandhaltungsstau von 270 Mio. EUR liege das Anlagevermögen tatsächlich im negativen Bereich, so Herr Freitag.

Herr Schmitz beantwortet diese Frage dahingehend, dass gemäß Wertermittlungsrichtlinie Tz. 3.6.1.1.8 die unterlassene Instandhaltung bereits einen Bauschaden darstelle. Bauschäden seien laut Vereinbarung bei der Bewertung von Gebäuden grundsätzlich wertmindernd in Abzug zu bringen. Übersteigen die Bauschadensbeseitigungskosten den Restbuchwert des Gebäudes, so ist die Anlage in der Bilanz mit einem Erinnerungswert von 1 EUR auszuweisen. Darüber hinaus gehende Schäden seien nach seiner Kenntnis im Anhang bzw. Lagebericht zur Bilanz darzustellen.

 

Herr l’Orteye verweist in diesem Zusammenhang auf die Stellungnahmen des Bereichs Haushalt und Steuerung zum Bericht. Letztlich seien es die Experten des GMHL, die in fachtechnischer Hinsicht beurteilen können, ob Bauschäden vorliegen oder nicht.

Die angesprochenen Sachverhalte seien mit dem GMHL intensiv diskutiert worden. Sie würden von dort unterschiedlich bewertet. Herr l’Orteye schlägt vor, Vertreter des GMHL einzuladen, um Aufklärung in den offenen Fragen zu erhalten. Alternativ dazu biete er an, sich zu den in Rede stehenden Angelegenheiten noch mal zusammen zu setzen, um eine Aufklärung herbei zu führen.

Mit dem RPA habe es Abstimmungen gegeben, die zu unterschiedlichen Darstellungen der Bewertungen geführt haben. Diese Zusammenhänge müssen nun nachträglich aufgeklärt werden.

 

Frau Dr. Schur erläutert anschließend, das RPA habe inzwischen eine Vereinbarung mit dem Bereich Haushalt und Steuerung getroffen, wonach man sich gemeinsam mit dem Bereich GMHL zusammensetzen werde, um die strittigen Fragen zu klären.

Man wolle sachlich und neutral ein tragfähiges Ergebnis erarbeiten. Mit Unterstützung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO, die man als Mediator bzw. Schiedsrichter hinzugezogen habe, sei sie zuversichtlich, in 2 bis 3 Monaten gemeinschaftlich ein tragfähiges Ergebnis zu erarbeiten.

 

Herr Niewöhner stellt anhand eines Beispiels aus dem Bericht die Frage, wo die Verwaltung die Probleme hinsichtlich der Korrekturerfordernisse sehe. Gemäß lfd. Nr. 27 des Berichts sei die Bewertung einer ehemaligen Hausmeisterwohnung in der Schule Schönböcken vorgenommen worden, welche allerdings gar nicht mehr existiere. Da gebe es doch keine zwei Meinungen, dass an dieser Stelle korrigiert werden müsse, wenn diese Wohnung immer noch im Anlagevermögen enthalten sei, so Herr Niewöhner.

Warum setze die Verwaltung die seitens des RPA seriös vorgetragenen Korrekturerfordernisse nicht einfach um, statt sich stets zu verweigern. Wieso sei keine Einigung zwischen den beteiligten Bereichen GMHL, Haushalt und Steuerung und dem RPA möglich, obwohl die aufgezeigten Bewertungsfehler nach logischem Verständnis offensichtlich Korrekturen zur Folge haben müssen. Das alles könne er nicht verstehen, so Herr Niewöhner.

Ein privater Betrieb würde bei derartigem Verhalten längst Bankrott gehen, wenn es keinen vernünftigen Jahresabschluss gebe. Ein privater Betriebsinhaber würde längst seine gesamte Mannschaft austauschen und die komplette Bewertungsarbeit mit neuem Personal erneut durchführen lassen.

Er könne nicht verstehen, dass die Verwaltung und das RPA sich hier gegenseitig die Schuld an der Misere zuweisen.

 

Frau Dr. Schur äußert ihr Verständnis für Herrn Niewöhners Unbehagen in dieser Angelegenheit. Deshalb habe das RPA in der vergangenen Woche den Auftrag an die Fa. BDO ausgelöst, um wie bereits geschildert, in 2 bis 3 Monaten ein gemeinschaftlich von den beteiligten Bereichen GMHL, Haushalt und Steuerung sowie dem RPA erarbeitetes und tragfähiges Ergebnis präsentieren zu können.

Aktuell sei man dabei, die Fakten aufzunehmen und zu bewerten. Anschließend wolle man im Zuge intensiver Besprechungen unter Federführung der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO als Mediator tragfähige Lösungen erarbeiten.

 

Herr Petersen appelliert dazu an alle beteiligten Bereiche, möglichst einen tragfähigen Kompromiss in dieser Angelegenheit zu finden. Angesichts des komplexen Themas Anlagevermögensbewertung könne er die unterschiedlichen Standpunkte der beteiligten Bereiche jeweils sehr wohl verstehen. Er erwarte entsprechende Darstellungen im Anhang und Lagebericht zum Jahresabschluss, damit der Bilanzleser verstehe, was im Einzelnen korrigiert wurde und was nicht.

 

Herr Niewöhner stellt eine Frage zu den Kosten der Mediation durch die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft BDO, die von Frau Dr. Schur dahingehend beantwortet wird, dass im Etat noch Restmittel zur Verfügung stehen.

Ferner stellt Herr Niewöhner den Antrag, den TOP 7.1 zu vertagen.

 

Herr Ramcke plädiert ebenfalls für eine Vertagung dieses Tagesordnungspunkts.

 

Der Vorsitzende lässt über die Vertagung abstimmen. Die Vertagung des TOP 7.1 wird einstimmig ohne Gegenstimmen und Enthaltungen beschlossen.