Auszug - Kindertagespflege - Umstellung des Zahlungstermins für die laufenden Geldleistungen  

18. Sitzung des Jugendhilfeausschusses
TOP: Ö 4.1.3
Gremium: Jugendhilfeausschuss Beschlussart: (offen)
Datum: Do, 12.11.2015 Status: öffentlich/nichtöffentlich
Zeit: 16:00 - 18:45 Anlass: Sitzung
Raum: Großer Sitzungssaal (Haus Trave 7.OG)
Ort: Verwaltungszentrum Mühlentor
 
Wortprotokoll
Beschluss
Abstimmungsergebnis

Herr Jürgensen berichtet über die vorgesehene Umstellung des Zahlungstermins für lfd

Herr Jürgensen berichtet über die vorgesehene Umstellung des Zahlungstermins für lfd. Geldleistungen.
In der letzten Zeit musste die Stadt erhebliche Rückstellungen bilden, weil Überzahlungen (Anm.: aus der Aufgabe der Kindertagesbetreuung nach Erhalt der Vorauszahlungen) nicht beigetrieben werden konnten. Dadurch entstand der Stadt ein Forderungsausfall in Höhe von ca. 25.000,- €. Diese Außenstände sind z.T. aus persönlichen Gründen der Schuldner auch nicht vollstreckbar, sodass die Beträge abgeschrieben werden mussten. Diese aufgezeigten Tendenzen nehmen in jüngster Zeit weiter zu.
Da es sich um öffentliche Gelder handelt, ist die Stadt verpflichtet, hier gegenzusteuern. Aus dem Vertragsverhältnis steht einem Leistungserbringer eine Bezahlung erst in Anschluss an die Leistungserbringung zu. Aufgrund der seinerzeit vorgetragenen Gründe (Aufwendungen zur Einrichtung und aus dem laufenden Unterhalt der Betreuungsplätze) hat sich die Stadt seinerzeit bereit erklärt, die Zahlungen im Voraus zu erbringen. Nachdem durch diese Praxis nunmehr vermehrt und mit steigender Tendenz nicht unerhebliche Forderungsausfälle für die Stadt entstehen, möchte die Hansestadt Lübeck, den Gedanken eines üblichen Vertragsverhältnisses folgend, den Zahlungstermin an das Monatsende nach der Leistungserbringung legen.
Dabei ist die Stadt den vorgebrachten Argumenten soweit bereits entgegen gekommen. Ursprünglich war vorgesehen, den Zahlungstermin über 6 Monate jeweils um 5 Tage nach hinten zu verschieben, um den Tagespflegepersonen die Möglichkeit zu geben, die Zahlungsverschiebung langsam durch Einsparungen im laufenden Betrieb zu kompensieren, damit keine finanzielle Überforderung entsteht. Jetzt hat man sich in Abstimmung mit dem Verein, der die meisten Tagespflegepersonen vertritt darauf geeinigt, den Umstellungstermin auf September / Oktober 2016 zu verschieben und den betroffenen damit 12 Monate zum Ansparen zu ermöglichen. Dabei ist es trotzdem möglich, in einzelnen Härtefällen individuelle Regelungen zu vereinbaren, wenn die Umstellung sonst zu einer finanziellen Überforderung führen würde. Im Grundsatz ist aber die Umstellung des Zahlungszeitpunktes notwendig, um den Schutz der öffentlichen Belange zur sachgerechten Verwendung der eingesetzten Gelder Rechnung zu tragen. An der geforderten weiterhin notwendigen Vorauszahlung kann aus öffentlichem Interesse jedenfalls nicht festgehalten werden.

 

Herr Kürle spricht sich gegen eine Umstellung des Zahlungstermins aus, da man die durch Einzelfälle ausgelösten negativen Effekte nicht pauschal gegen alle anderen Tagespflegepersonen verwenden dürfe, die ihre Leistung vertragsgemäß erbringen.

 

Frau Kuring-Arent fragt die Relation zwischen dem Forderungsausfall in Höhe von 25.000,- € und dem Gesamtbetrag aller für die Erbringung von Betreuung durch Kindertagespflege ausgegebenen Mittel. Weiterhin schlägt sie vor, ansonsten den Zahlungstermin auf die Monatsmitte zu legen.
Herr Jürgensen erklärt, das der Gesamtbetrag zwischen 4 und 6 Mio. € liegen würde. Er ergänzt aber, dass es bei der Verwendung öffentlicher Gelder auf die Relation nicht ankommt. An dem unüblichen Zahlungstermin festzuhalten, obwohl Erkenntnisse vorliegen, dass der öffentlichen Hand dadurch nicht unerhebliche Verluste entstehen könnten, wäre pflicht- und rechtswidrig. Daher ist die Umstellung des Zahlungstermins zum Schutz öffentlicher Gelder zu verfolgen. Daneben führen zwei Zahlungstermine zu nicht unerheblichem Verwaltungsaufwand und zu vermeidbaren Kosten, zumal der für ein solches Vertragsverhältnis übliche Zahlungstermin nach der durchgeführten Leistungserbringung liegt. Wenn außerdem jedes Abrücken von einer Vorauszahlung als nicht zumutbar empfunden wird, wäre eine Verschiebung auf die Monatsmitte auch nicht zielführend.

 

Frau Mentz hält die Höhe des Forderungsausfalls in Bezug zum Gesamtvolumen der Zahlungen für geringfügig und führt weiter an, dass ihrer Kenntnis nach die Tagespflegepersonen die Umstellung nicht leisten können. Zudem ist ihr nicht klar, wer ein Härtefall wäre und wie viele Härtefälle es geben würde. Sie fragt sich, ob sich in diesem Zusammenhang der Aufwand lohnt und schlägt vor, Vertreter der anwesenden Tagespflegepersonen zu hören.

 

Herr Klüssendorf fragt, ob eine Person aus den anwesenden Tagespflegepersonen Stellung nehmen möchte. Es meldet sich Herr Willmann. Herr Klüssendorf fragt den Ausschuss, ob die Mitglieder der Anhörung von Herrn Willmann als fachkundige Person und betroffenem Bürger zustimmen. Der Ausschuss stimmt einstimmig der Anhörung zu.

 

Herr Willmann führt aus, dass die Umstellung von den Tagespflegepersonen nicht geleistet werden kann. Die meisten Kosten wie etwa Miete, Versicherungen, Energiekosten sind im Voraus zu leisten, nicht erst am Monatsende. Ansparungen sind aufgrund des geringen Verdienstes nicht möglich, zumal viele Tagespflegepersonen noch aufgrund der Einrichtung ihres „Betriebs“ und durch die damit verbundenen Kosten belastet sind. Würde der Zahlungstermin umgestellt, wäre das für einige Tagespflegepersonen existenzgefährdend. Hier könnten 60 bis 80 Tagespflegepersonen ihren Betrieb einstellen, 200 bis 300 Betreuungsplätze würden dadurch wegfallen.

 

Herr Untermann hat Verständnis für die Wünsche der Tagespflegepersonen, sieht aber auch das öffentliche Interesse. Als Kompromiss schlägt er vor, die bisherigen Verträge bei dem alten Zahlungstermin als Vorauszahlung zu belassen, neue Verträge aber auf das Monatsende zu vereinbaren, da sich diese nicht auf einen etwaigen Vertrauensschutz berufen könnten.
Herr Jürgensen verweist dazu erneut auf den Aufwand aus den unterschiedlichen Zahlungsterminen. Dazu diskutieren Herr Untermann, Herr Klüssendorf und Herr Jürgensen.

 

Herr Klüssendorf fragt Herrn Jürgensen, warum die schrittweise Verschiebung nicht zu Stande kam. Herr Jürgensen führt dazu aus, dass der Umstellungszeitpunkt als zu kurz empfunden wurde. Daher habe die Verwaltung eine Verlängerung des Zeitraums auf ein Jahr angeboten. Daraufhin bittet ein Zuschauer um die Erteilung des Rederechts und erklärte, er, Herr Pfeffer, habe als Vertreter des Vereins der Tagespflegepersonen an den Gesprächen teilgenommen und könnte dazu etwas beitragen. Herr Klüssendorf fragt den Ausschuss, ob dieser der Anhörung von Herrn Pfeffer als sachverständige Person zustimmt.
Der Ausschuss stimmt der Anhörung von Herrn Pfeffer einstimmig zu.
Herr Pfeffer führt aus, dass der Verein für seine Mitglieder der Verschiebung nur unter der Bedingung zugestimmt habe, dass die anstehende Erhöhung der Betreuungssätze es den Mitgliedern ermöglicht, die für die Verschiebung notwendigen Ansparungen zu treffen. Zurzeit seien aber die Erhöhung in Ihrer Höhe und dem Zeitpunkt ungewiss. Die Ansparmöglichkeiten betragen bei den Mitgliedern zwischen 40,- € und 120,- € monatlich. 60 – 100 Tagespflegepersonen hören seiner Einschätzung nach auf, wenn die Verschiebung des Zahlungstermins kommt. Abschließend weist er darauf hin, welche Wirtschaftskraft die Tagespflegepersonen für die Stadt darstellen, welche Steuern und Sozialbeiträge diese leisten und stellt dar, welche Leistungen gerade die Tagespflegepersonen für die Sicherstellung der Betreuung im Rahmen der gesetzlichen Änderungen für die Allgemeinheit erbracht haben.
Herr Jürgensen schlägt vor, mit dem Beschluss zur Umstellung abzuwarten, bis die Richtlinie vorliegt und absehbar ist, wie die Erhöhung ausfällt. Davon ausgehend werden dann erneut Gespräche mit dem Verein aufgenommen. Ziel sei aber nach wie vor die Umstellung des Zahlungstermins. Die Verwaltung muss den Zahlungstermin umstellen, da sie sich sonst rechtswidrig verhalten würde und ihre Dienstpflichten verletzt. Auch wenn 60 – 70 Personen eine Härtefallregelung in Anspruch nehmen würden, wäre das nur ein Anteil von ca. 1/3 der insgesamt 260 Tagespflegepersonen. Der weit aus überwiegende Teil wäre also in der Lage, die Umstellung zu bewältigen. Im Übrigen sei auch bei den Härtefällen die Umstellung des Zahlungstermins das Ziel; es würde lediglich individuell ein verträglicherer Weg für die Umstellung abgestimmt. In diesem Zusammenhang ist auch die Zahl der tatsächlich anerkennbaren Härtefälle abzuwarten. Aus der Erfahrung heraus ist die Zahl der objektiv vorhandenen Härtefälle oft geringer, als die zuerst befürchtete Zahl.

Weiterhin sprechen Herr Kürle, Herr Klüssendorf, Herr Quirder und Herr Pfeffer.

 

Herr Jürgensen formuliert noch einmal den Vorschlag der Verwaltung zum weiteren Vorgehen: Es wird der Beschluss bzw. die Richtlinie über die neue Höhe der Betreuungssätze abgewartet, daraus wird dann der Umstellungstermin entwickelt, zu dem dann erneut Gespräche mit dem Verein aufgenommen werden. Ziel ist aber die Umstellung des Zahlungstermins zur Abstellung der Zahlungsausfälle.

 

Herr Klüssendorf fragt, ob zu dem Bericht Anträge aus dem Ausschuss heraus gestellt werden. Dies ist nicht der Fall. Abschließend bittet Herr Klüssendorf zum Vorschlag von Herrn Jürgensen um das Votum der Mitglieder des Ausschusses.

Beschluss:

Beschluss:

Der Ausschuss nimmt den mündlichen Bericht zur Kenntnis und spricht sich einstimmig für das von Herrn Jürgensen vorgeschlagene Vorgehen aus.


Abstimmungsergebnis:

Einstimmig

Ja-Stimmen:             

Nein-Stimmen:             

Enthaltungen:             

Anlagen:  
  Nr. Status Name    
Anlage 1 1 öffentlich Tagespflegepersonen bangen um ihre Existenzx (37 KB)