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2 Wirtschaft und Soziales Lübeck, den 10.05.2010
280 Wirtschaft, Hafen und Liegenschaften Sachbearbeiterin: Heike Wembsdzio
Geschäftsstelle Kleingartenausschuss Tel.: 122 - 2303 / Fax 122 - 2390
N I E D E R S C H R I F T
- Ö f f e n t l i c h e r T e i l -
über die Sitzung des Kleingartenausschusses der Hansestadt Lübeck
am Dienstag, dem 29. April 2010
Wahlperiode 2008 / 2013 – Nr. 5
Beginn:
16.00 Uhr
Tagungsort: „Kleine Börse“ im Rathaus
Anwesende: Mitglieder des Kleingartenausschusses
Herr Stolz SPD als Vorsitzender
Frau Boeckmann SPD als Vertreterin für Frau Goltz
Herr Kreft SPD bis 16.45 Uhr
Frau Scheel SPD
Herr Fretwurst SPD
Herr Freitag CDU ab 16.05 Uhr
Frau Kanuschin CDU
Frau Ziebell CDU als Vertreterin für Herrn Schiller
Frau Schatz CDU
Herr Voht BfL als Vertreter für Frau Stadthaus-Panissié
Herr Sanders FDP
Frau Klöckner BÜ 90 als Vertreterin für Herrn Schubert
Frau Thom LINKE
Herr Dohmen LINKE
Teilgenommen haben ferner:
Vom Bereich 2.280 - Wirtschaft, Hafen und Liegenschaften
Herr Strätz
Herr Upts
Frau Sielaff – Anwärterin
Frau Wembsdzio als Protokollführerin
Vom Bereich 2.020 – Fachbereichscontrolling
Herr Kuschmierz
Vom Seniorenbeirat
Herr Driessen
3 ZuhörerInnen
Nicht anwesend:
Mitglieder des Kleingartenausschusses
Herr Gaulin – SPD
Ende: 17.15 Uhr
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Tagesordnung
I. Öffentlicher Teil der Sitzung Beratungsergebnis
Kenntnis Empfehl
ung
Verta
gt
1.0 Allgemeiner Teil
1.1 Begrüßung
1.2 Verpflichtung der nicht der Bürgerschaft angehörenden Mitglieder
1.3 Feststellung der Beschlussfähigkeit
1.4 Anträge und Beschlussfassungen zur Tagesordnung
1.5 Niederschrift vom 12. Februar 2010 - Nr. 4 -
2.0 Mitteilungen und Berichte
2.1 Neuverhandlung des Generalpachtvertrages
X
3.0 Anfragen, Anregungen und Verschiedenes
4.0 Anträge
II. Nichtöffentlicher Teil der Sitzung Beratungsergebnis
III. Öffentlicher Teil der Sitzung
8.0 Bekanntgabe der Beratungsergebnisse aus dem
nichtöffentlichen Teil
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I. Öffentlicher Teil der Sitzung
1.0 Allgemeiner Teil
1.1 Begrüßung
Herr Stolz begrüßt die Mitglieder des Ausschusses, die ZuhörerInnen und die
VertreterInnen der Verwaltung.
Herr Stolz teilt mit, dass die nächste Ausschusssitzung am Donnerstag,
23.09.2010 um 16.00 Uhr im Rathaus stattfinden wird.
1.2 Verpflichtung der nicht der Bürgerschaft angehörenden Mitglieder
Es sind keine Mitglieder zu verpflichten.
1.3 Feststellung der Beschlussfähigkeit
Herr Stolz stellt fest, dass der Ausschuss beschlussfähig ist.
1.4 Anträge und Beschlussfassungen zur Tagesordnung
Herr Stolz teilt mit, dass ihm ein Antrag vorliegt vom BÜNDNIS 90 / DIE
GRÜNEN. Es geht um die Anbringung einer Erinnerungstafel für den
ehemaligen Direktor der LVA, Herrn Alwin Bielefeldt am Verwaltungszentrum
Mühlentor. Frau Klöckner verteilt Kopien des Antrages an die
Ausschussmitglieder. Die Sitzung wird für 10 Minuten unterbrochen, damit
sich die Ausschussmitglieder mit dem Antrag befassen können. Danach wird
über die Dringlichkeit des Antrages abgestimmt.
Der Ausschuss beschließt mit 11 Ja-Stimmen und 3 Nein-Stimmen, dass der
Antrag zugelassen wird und unter TOP 3.1 behandelt wird.
1.5 Niederschrift vom 12. Februar 2010 – (Nr. 4)
Einwände gegen die Niederschrift vom 12. Februar 2010 bestehen nicht.
Die Niederschrift vom 12. Februar 2010 wird einstimmig festgestellt.
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2.0 Mitteilungen und Berichte
2.1 Neuverhandlung des Generalpachtvertrages
Herr Strätz berichtet, dass es im Rahmen der Verhandlungen zunächst um eine
Neufassung des bestehenden Vertragswerkes ging. Der Generalpachtvertrag (GPV)
besteht seit 1983 und umfasst inzwischen 28 Nachträge, so dass eine Lesbarkeit vor
allem für Außenstehende sehr schwierig geworden ist. Es wurden in gegenseitigem
Einvernehmen einige redaktionelle Änderungen vorgenommen.
Seit 2002 beträgt die Pacht unverändert 0,14 €/m². Grundlage für eine Pachterhöhung
ist nach dem Bundeskleingartengesetz die ortsübliche Pacht für den erwerbsmäßigen
Obst- und Gemüseanbau. Da hierfür in Schleswig-Holstein kein Index mehr geführt
wird, empfiehlt das Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, sich
an dem regionalen Pachtpreis für Ackerland zu orientieren. Nach Auskunft des Amtes
für ländliche Räume beträgt die durchschnittliche regionale Pacht 300,00 €/ha. Dies
sind je m² 0,03 € die mit 1,5 zu multiplizieren sind und davon ist dann das Vierfache als
Pacht zu errechnen. Die obere Grenze für die Kleingartenpacht liegt dann bei
0,18 €/m² p.a. Eine solche Pachterhöhung würde für den einzelnen
Kleingartenpächter bei einer Durchschnittsparzellengröße von ca. 400 m² eine
Pachterhöhung von derzeit 62,-- € jährlich auf 78,-- € jährlich bedeuten. Der
Kreisverband war bereit, diese Pacht zu akzeptieren, wenn im Gegenzug die
Verwaltungskostenpauschale von 10 % der Pacht, die bisher auf Widerruf gewährt
wurde, dauerhaft gewährt wird. Es wurde dazu noch eine Kündigungsklausel für die
Verwaltungskostenpauschale aus wichtigem Grund vereinbart
Frau Schatz stellt den Antrag, zu diesem Thema Herrn Engel, Vorstandsmitglied des
Kreisverbandes, Rederecht als sachverständige Person zu erteilen. Der Ausschuss ist
einstimmig einverstanden. Herr Engel bestätigt, dass der Kreisverband mit den
ausgehandelten Vertragsbedingungen einverstanden ist. Herr Fretwurst gibt den
Hinweis, dass es auf Seite 2 der Vorlage unter Punkt 2 richtig heißen muss: Bis
31.10.2016….Des weiteren wüsste er gern, ob die Gewährung der
Verwaltungskostenpauschale auch in der Stadt Kiel vom Landesrechnungshof
bemängelt wurde. Zudem verweist Herr Fretwurst darauf, dass in sämtlichen
Kleingärten ein Leerstand von ca. 5% zu verzeichnen ist. Würden der Kreisverband
und die Kleingärtnervereine die Verwaltung der Einzelpachtverhältnisse mit
Rechnungsführung usw. nicht mehr durchführen, würde die Hansestadt Lübeck für die
freistehenden Parzellen auch keine Pacht mehr erhalten und müsste zudem diese
Flächen noch pflegen. Nach dem Generalpachtvertrag erhält die Hansestadt Lübeck
jedoch die Pacht für alle Parzellen, egal ob verpachtet oder nicht. Herr Strätz bedankt
sich bei Herrn Fretwurst für den Hinweis auf den Schreibfehler in der Vorlage und
beantwortet seine Frage dahingehend, dass auch die Stadt Kiel vom
Landesrechnungshof kritisiert wurde. Herr Kreft hat Schwierigkeiten mit der Höhe der
Verwaltungskostenpauschale. Er hätte es besser gefunden, wenn der Prozentsatz bei
7-8 % gelegen hätte. Herr Fretwurst verweist auf die Richtlinien über die Planung im
Kleingartenwesen aus dem Jahr 1978, nach denen die Pacht für Kleingärten nie an der
Obergrenze liegen soll.
Der Ausschuss stimmt einstimmig der Vorlage zu und empfiehlt dem Finanz- und
Personalausschuss entsprechend zu beschließen.
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3.0 Anfragen, Anregungen und Verschiedenes
3.1 Antrag auf Anbringung einer Erinnerungstafel für den ehemaligen Direktor der
LVA, Herrn Alwin Bielefeldt am Verwaltungszentrum Mühlentor, Anlage 1
Frau Klöckner trägt vor, dass die Anregung zu dem Antrag kurzfristig vom
Grünen Kreis e.V. kam und im Kleingartenausschuss als Diskussionsbeitrag
eingebracht werden sollte. Nähere Informationen liegen der Partei BÜNDNIS 90 /
DIE GRÜNEN hierzu nicht vor. Frau Schatz und Frau Kanuschin stellen Fragen.
Herr Fretwurst teilt mit, dass er seine Biografie geschrieben hat, deren 1. Teil bei
der Stadtpräsidentin erhältlich ist. Der 2. Teil wird in ca. 6 Wochen erscheinen.
Dieser Teil beinhaltet auch die Entwicklung des Kleingartenwesens und Herr
Bielefeldt kommt auch darin vor. Herr Voht hätte gern mehr Informationen und
Frau Boeckmann schlägt vor, dass man vielleicht ja Frau Dr. Meyer-Rebentisch
zu einer Diskussion einladen könne. Herr Stolz greift den Vorschlag auf. Zur
nächsten Ausschusssitzung am 23.09.2010 kommt das Thema wieder auf die
Tagesordnung und Frau Dr. Meyer-Rebentisch wird eingeladen.
Der TOP wird vertagt.
4.0 Anträge
4.1 Frau Boeckmann beschwert sich, wie schon in der Sitzung am 11.02.2010, über den
Kleingärtnerverein Travetal e.V.. Dort wird ständig Müll abgeladen. Mit dem dortigen
Vorstand sei ein Gespräch nicht möglich. An der anschließenden Diskussion beteiligen
sich Frau Schatz, Frau Scheel, Frau Boeckmann und die Herren Sanders, Voht und Engel.
Herr Engel sagt zu, die Beschwerden im Vorstand des Kreisverbandes anzusprechen.
II. Eintritt in den nichtöffentlichen Teil der Sitzung
III. Wiedereintritt in den öffentlichen Teil der Sitzung
7.0 Bekanntgabe der Beratungsergebnisse aus dem nichtöffentlichen Teil
Im nichtöffentlichen Teil wurden keine Themen behandelt.
Herr Stolz bedankt sich bei allen Mitgliedern für die Mitarbeit, wünscht einen guten
Heimweg und beendet die Sitzung um 17.15 Uhr.
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Anlage 1
TOP 3.1 Antrag des BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
Lübeck, den 14. Mai 2010 Lübeck, den 14. Mai 2010
Vorsitzender Protokollführerin
(Wolfgang Stolz) (Heike Wembsdzio)
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Entwurf
BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN
…
…
Fraktionen der Lübecker Bürgerschaft
Datum: 28. April 2010
zu Punkt der Tagesordnung
Drucksache Nr. _
Sitzung der Bürgerschaft am 27. Mai 2010
Erinnerungstafel / Gedenktafel für Alwin Bielefeldt (1857 – 1942)
Sehr geehrte Frau Stadtpräsidentin,
die Fraktionen Bündnis 90 / DIE GRÜNEN und …. greifen eine Anregung des
Grünen Kreises e.V. auf und beantragen, die Bürgerschaft möge beschließen:
Es wird eine Erinnerungstafel / Gedenktafel für den ehemaligen Direktor der LVA,
Herrn Alwin Bielefeldt (1857 – 1942), in Abstimmung mit den Vereinen Grüner Kreis
e.V. und Rotes Kreuz Lübeck, sowie dem Kreisverband der Kleingärtner Lübeck und
der Rentenversicherung Nord gestaltet und am Verwaltungszentrum in der
Kronsforder Allee 2-4 angebracht.
Als günstiger Zeitpunkt für die Enthüllung der Tafel sollte ein Tag während der „Zeit
des Erinnerns“ im November 2010 festgelegt werden.
Begründung siehe umseitig
Mit freundlichem Gruß
An die
Frau Stadtpräsidentin
der Hansestadt Lübeck
Rathaus
23539 Lübeck
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Text von Frau Karen Meyer-Rebentisch, Kulturhistorikerin
Projekt Erinnerungstafel/Gedenktafel für Alwin Bielefeldt (1857-
1942)
Kurzfassung:
Alwin Bielefeldt war Direktor der LVA der Hansestädte von 1907 bis 1924 in Lübeck. Sein
Wirken in der LVA war von einem zu diesem Zeitpunkt überaus modernen, wegweisenden
Vorsorge-Gedanken geprägt.
Weit über Lübeck hinausreichende Verdienste erwarb er sich vor allem im Kleingartenwesen.
Er begründete bereits 1900 in Berlin-Charlottenburg die ersten Arbeiterkleingärten des Roten
Kreuzes, die nach paternalistisch-sozialen Gesichtspunkten organisiert waren und ärmeren
Familien die Möglichkeit boten, zu einem geringen Kostenbeitrag an der frischen Luft tätig zu
sein und sich mit Erzeugnissen aus dem Garten selbst zu versorgen. Nach diesem Vorbild
richtete er seit 1907 auch mehrere Kleingartenanlagen in Lübeck ein. Darüber hinaus war er
weiterhin reichsweit in der Kleingartenbewegung tätig und bemühte sich um mehr
Rechtssicherheit für die Pächter von Kleingärten. Eigentlich müsste anstelle von
„Schrebergärten“ die Rede von „Bielefeldt-Gärten“ sein.
Trotz seines herausragenden sozialpolitischen Engagements ist Alwin Bielefeldt unbekannt
geblieben. Die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 führte dazu, dass er zu
einer „Unperson“ wurde, deren Lebenswerk nicht gewürdigt wurde, denn Bielefeldt verhielt
sich den neuen Machthabern gegenüber ablehnend bis renitent. 1942 verstarb er in Berlin.
Biografie:
Alwin Bielefeldt, geboren am 21.9.1857 auf Rittergut Groß Garz in der Altmark. Studierte
nach dem Besuch des Gymnasiums in Stendal 1877-1880 in Göttingen, Leipzig und
Straßburg Rechtswissenschaften. Bestand 1881 in Colmar im Elsaß die Referendarprüfung
und trat als Referendar in den Staatsdienst des Landes Elsaß-Lothringen. Nach bestandener
Prüfung als Gerichtsassessor wurde er Regierungsassessesor im Verwaltungsdienst in
Metz.
1891 wurde er nach Berlin ins Reichsversicherungsamt berufen, wo er 1897 zum Geheimen
Regierungsrat und Senatsratsvorsitzenden aufrückte. Dort hatte er neben der Leitung seines
Senates das Generalienreferat über das Heilverfahren der Landesversicherungsanstalten
und dami das Aufsichtsreferat über verschiedene Anstalten – darunter auch die der
Hansestädte – inne. In Charlottenburg lebte er in der Sybelstraße. Er war verheiratet und
hatte zwei Kinder.
Von 1907 bis 1934 lebte er in Lübeck (seit 1924 am Friedrich-Wilhelm-Platz 4).
1934 kehrte Bielefeldt, inzwischen zum Witwer geworden, nach Berlin zurück, wo er am
23.12.1942 starb.
Zu seiner Tochter Edith, verheiratete Wahl, konnten keine biografischen Daten ermittelt
werden. Sein Sohn Edgar Bielefeldt, geboren 12.10.1890, verst. 16.12.1955, war
Gründungsmitglied des Aktionsausschusses des Börsenvereins. Musikverleger (Mitinhaber
der Fa. Otto Junne, Leipzig; 1942 Geschäftsleiter Fa. Ries&Erler Berlin). Leiter der
Fachschaft Musikverleger der Reichsmusikkammer, nach eigenen Angaben kein Mitglied der
NSDAP.
1951 verlagerte Bielefeldt den Junne-Verlag in die Westzonen nach Wiesbaden, später ist
der Junne-Verlag nach München gegangen. Der Sohn Edith Wahls, Harri Bielefeldt, ist
später Leiter des Verlages geworden. Er soll ohne Erben verstorben sein, Nachfahren sind
nicht bekannt. Es besteht lediglich Kontakt zu der Nachfolgerin im Verlag, Frau Farnoudi.
Bielefeldt und die LVA der Hansestädte:
Am 6.10.1906 war Bielefeldts Vorgänger bei der Landesversicherung der Hansestädte in
Lübeck, Direktor Gebhard verstorben. Man suchte einen Nachfolger für das bedeutende
Amt, eine ebenso „überragende Kraft“, wie Gebhard es gewesen sein sollte. Der
Stellvertreter Dittmer bewarb sich, schien aber einigen, die am Auswahlverfahren beteilt
waren, nicht hervorragend genug. Man erkundigte sich nach geeigneten Persönlichkeiten
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und die Empfehlung der Berlin LVA fiel auf Bielfefeldt. Dieser war einverstanden damit, in
Lübeck kein höheres Gehalt als in Berlin zu erhalten (12.000 Mark jährlich), wohl aber mehr
Selbständigkeit.
Man entschied sich für Bielefeldt, nachdem man festgestellt hatte, dass dieser „trotz seines
etwas 'verdächtigen' Namens nicht Jude sei und auch nicht linksradikalen Gedanken
anhinge 1. Bielefeldt trat sein neues Amt am 1. Februar 1907 an. 1911 wurden seine Bezüge
auf 14.000 Mark abzüglich 1500 Mark für die Dienstwohnung, die sich im LVA-Gebäude an
der Kronsforder Allee 2-4 befand, erhöht.
Bei seiner Tätigkeit in der LVA hat sich Bielefeldt zunächst besonders um die vorbeugenden
Heilverfahren gekümmert, unter anderem durch die Einrichtung von Fürsorgestellen für
Lungenkranke (Tuberkulose). Auf Anregung Bielefeldts entstand die erste
Walderholungsstätte für Männer bei Wesloe, bald auch eine für Frauen und Kinder. In seine
Amtszeit fielen weiterhin die Einrichtung von einer Fürsorgestelle für Trinker, für Menschen
mit chronischen Beinleiden sowie für Geschlechtskrankheiten.
Das besondere Augenmerk Bielefeldts galt der Fürsorge für Kinder und Waisen, für die unter
anderem in Groß Hansdorf ein Erholungsheim eingerichtet wurde. Im Sommer 1933 wurde
das dortige Kinderheim vorrübergehend ihm zu Ehren „Bielefeldt-Heim“ genannt.
Zum 31.1.1924 ging Bielefeldt in den Ruhestand. In der Folgezeit gab es mehrfach
Streitigkeiten um seine Ruhegeldbezüge. 1927 ging es dabei um Berechnungsformalitäten.
1933 hingegen verwehrte sich Bielefeldt gegen einen doppelten Abzug: Zum einen wurde
das ihm zustehende Ruhegeld aufgrund neuer Berechnungen gekürzt, zum anderen wurden
ihm Beiträge für „nationale Arbeit“ abgezogen – dagegen verwehrte er sich, was zu einer
längeren Korrespondenz führte, in der er als „unsozial“ bezeichnet wird.
Bielefeldt und die Kleingärten
Bielefeldt hatte schon im ausgehenden 19. Jahrhundert die Entwicklung in Frankreich und
Belgien verfolgt, wo Arbeitergärten (jardins ouvriers) eingerichtet worden waren. Er trug
diese Idee auf Vorträgen nach Deutschland und versuchte auch, die Berliner
Stadtverwaltung davon zu überzeugen, diese winkte jedoch ab. Schließlich gewann er die
damals noch eigenständige Kommune Charlottenburg für das Konzept. Der dortige, dem
Roten-Kreuz angegliederte Vaterländische Frauenverein, trat 1900 als Generalpächter auf
und verteilte erste Parzellen zu einem Pachtpreis von fünf Mark im Jahr an Arbeiterfamilien.
Die Kolonien waren patriarchalisch organisiert und bürgerlich-paternalistisch geführt. In den
folgenden Jahren kamen etliche Arbeitergärten – auch in Berlin – dazu.
1907 gründete Bielefeldt den deutschlandweiten Zentralverband deutscher Arbeiter- und
Schrebergärten. Er hielt international Vorträge über den Kleingartengedanken. Auch in
Lübeck konnte er seine Zuhörer von dieser Idee überzeugen, und wiederum mit
Unterstützung des hiesigen Vaterländischen Frauenvereins gelang es 1908 die ersten
Arbeitergärten an der Geniner Straße einrichten. 1911 folgten Gärten am Steinrader Weg,
bald darauf Gärten auf Marli und schließlich 1928 die erste Lübecker
Dauerkleingartenanlage in Buntekuh, die heute noch existiert.
In der Zwischenzeit bemühte sich Bielefeldt darum, die Rechte der Kleingärtner zu stärken.
Während des WK1 wurde er von der Reichsregierung als Berater zur Zentralstelle für den
Gemüsebau im Kleingarten berufen.
1921 wurde er Vorsitzender und 1923 Ehrenpräsident des Reichsverbandes der
Kleingärtner.
Der letzte Lebensabschnitt Bielefeldt:
In den Lübeckischen Blättern erschien anlässlich seines Ausscheidens aus dem Dienst 1924
eine kurze Biografie Bielefeldts, in der seine Verdienste bei der LVA und in der
Kleingartenbewegung gewürdigt werden. 1927 fand eine erneute Würdigung seiner
Leistungen durch ein Schreiben des Lübecker Senats anlässlich seines 70. Geburtstag statt.
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Aus den Lübeckischen Blättern 1932, Jahresbericht des Vaterländischen Frauenvereins geht
hervor, dass er weiterhin noch in Sachen Kleingarten aktiv war. Auch im Vorstand der LVA
war er weiterhin ehrenamtliches Mitglied.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten musste Bielefeldt erleben, dass die
ehrenamtlichen Mitglieder des LVA-Vorstandes aus politischen Gründen ausgewechselt
wurde. Im August 1933 kam er dem zuvor und schied er auf eigenen Wunsch aus. Sein
Nachfolger im Amt des Direktors der LVA, Emil Helms (nach dem Krieg Oberstadtdirektor),
wurde gegen den Parteigenossen Dr. Storck ausgetauscht.
Am 15. Dezember 1933 wurde quasi von oben nach unten der Verein Reichsbund Lübecker
Kleingärtner und Kleinsiedler, Landesgruppe Lübeck gegründet. Zum Vorsitzenden wurde
Dr. Storck, Direktor der LVA der Hansestädte. Die Arbeitergärten des Roten Kreuzes wurden
offenbar zunächst nicht vollständig mit gleichgeschaltet, denn im Jahresbericht 1936 des
neuen Vereins heißt es: „... als wir mit Ablauf des Berichtsjahres die bis dahin selbständige
Stadtgruppe der Arbeitergärten vom Rotn (sic) Kreuz aufgelöst und die einzelnen Kolonien
den jeweils zuständigen Stadtgruppen zugeteilt haben. Eine Benachteiligung der Mitglieder
wird durch notwendig gewordene Maßnahme keinesfalls eintreten.“ (grammatische Fehler im
Original, Bericht im Registergericht Lübeck)
Bielefeldt erwies sich nun mehrfach als politisch nicht konform. Seine Weigerung, Kürzung
der Altersruhebezüge sowie weitere Abzüge für „nationale Arbeit“ (u.a. Winterhilfswerk) zu
akzeptieren, wurde vom Vorstand der LVA an den Lübecker Senat weitergeleitet,
infolgedessen wurde er vor Vertretern der Kleingartenbewegung und des Roten Kreuzes als
„unsozialer Feind der Regierung“ diskreditiert.
Mit seinem Wegzug von Lübeck 1934 in eine günstigere Wohnung nach Berlin gab Bielefeldt
nach und ließ den Einzug von Mitteln für die „nationale Arbeit“ zu.
Im September 1937 berichtete der Lübecker Gruppenführer des Reichsbundes der
Kleingärtner, Parteigenosse Upahl von einer Postkarte, die ein Kleingärtner von Bielefeldt
empfangen habe. Darin distanziert sich Bielefeldt von den „jetzigen Machthabern“. Diese
Postkarte habe Anlass zu einem Untersuchungsverfahren der Gestapo gegeben. Der neue
Direktor der LVA Dr. Storck ließ aufgrund dessen prüfen, ob auch ein Dienststrafverfahren
zur Entziehung des Ruhegeldes eingeleitet werden kann.
Über ein solches Verfahren liegen keine Akten vor, sicher ist, dass Bielefeldt bis zu seinem
Tod eine Pension bezogen hat. Offensichtlich ist aber auch, dass eine Würdigung seiner
Person und seines Wirkens angesichts der distanzierten Haltung zur NS-Regierung nach
seinem Tod nicht stattgefunden hat und er deshalb in Vergessenheit geraten ist.
Kontext:
Der Verein Grüner Kreis Lübeck e.V. lässt durch die Kulturhistorikerin Dr. Karen Meyer-
Rebentisch eine Publikation zur Geschichte der Lübecker Kleingärten erarbeiten, es soll im
Anschluss auch eine Ausstellung zum Thema im Museum für Natur und Umwelt stattfinden.
Im Zuge der Recherchen ist Frau Dr. Meyer-Rebentisch auf die Person Bielefeldts gestoßen.
Bereits in den 1950er Jahren, als die ersten „Bielefeldt-Gärten“ an der Geniner Straße
bebaut werden sollten, hat sich der Verein für eine Würdigung des Mannes eingesetzt,
jedoch ist es nicht dazu gekommen.
Eine Anbringung einer Gedenktafel für Alwin Bielefeldt könnte im Kontext der nun geplanten
Veranstaltungen mit großer öffentlicher Aufmerksamkeit rechnen. Der angemessene Ort für
eine solche Tafel wäre der frühere Ort seines Wirkens, das Verwaltungszentrum in der
Kronsforder Allee 2-4, wo er auch gewohnt hat. Ein günstiger Zeitpunkt wäre die „Zeit des
Erinnerns“ im Herbst 2010. Neben dem Verein Grüner Kreis e.V. würden sich das Rote
Kreuz Lübeck, der Kreisverband der Kleingärtner Lübeck und die Rentenversicherung Nord
einbringen.
Karen Meyer-Rebentisch, 15.4.2010