Veröffentlicht am 14.03.2025

Grab- und Gedenkstein für Hoshkó aus Chile

Gedenkveranstaltung auf dem Vorwerker Friedhof am 18. März 2025

Friedhöfe sind weit mehr als nur Ruhestätten: Ein Ort der Trauer, der Ruhe, der Erinnerung, bis hin zur grünen Oase, ein Treffpunkt oder auch ein Ort der Kunst.

Im vergangenen Oktober wurden die menschlichen Überreste eines Mannes aus der indigenen Gemeinschaft der Selk’nam im Lübecker Rathaus an eine Delegation aus Feuerland (Chile) übergeben und unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf dem Vorwerker Friedhof in Lübeck beigesetzt. Der Schädel des etwa 50-jährigen Mannes, der im Zeitalter des Kolonialismus nach Lübeck gelangte, befand sich im Besitz der Lübecker Sammlung Kulturen der Welt. Aufgrund des engen Austauschs mit der Gemeinschaft der Selk’nam zur Vorbereitung einer Ausstellung, besuchte die Delegation Lübeck schon im Vorfeld. Sie taufte den Verstorbenen, um ihn wieder mit einem Namen ansprechen zu können und ihm damit seine Würde zurückzugeben, auf den Namen Hoshkó. Er ist nun nicht nur der am weitesten Gereiste auf dem Vorwerker Friedhof, sondern auch das erste bekannte Opfer kolonialer Gewalt, das auf deutschem Boden beigesetzt wurde.

Um dieser Bedeutung gerecht zu werden, erhält Hoshkós Ruhestätte nun einen Grab- und Gedenkstein, der von der Steinmetzmeisterin Nicole Stegemann mit viel Sorgfalt und individuell nach den Wünschen der Mitglieder der indigenen Gemeinschaft gefertigt wurde. Dem Bestattungsinstitut Schäfer & Co. war es ein wichtiges Anliegen, diesen als Schenkung an die Selk'nam zu übergeben, um damit bei diesem historisch und kulturell bedeutsamen Ereignis zu unterstützen und eine lebendige Erinnerungskultur zu fördern.

Im Einverständnis mit den Selk’nam findet am Dienstag, 18. März 025, um 15 Uhr mit dem Team der Sammlung Kulturen der Welt auf dem Vorwerker Friedhof eine kleine Gedenkveranstaltung statt, bei der der Grabstein eingeweiht wird.

Hintergrund:

Die Lübecker Sammlung Kulturen der Welt bewahrt nicht nur 30.000 Objekte aus aller Welt, sondern auch sterbliche Überreste von aktuell noch 24 Personen, die überwiegend im Zeitalter des Kolonialismus nach Lübeck gelangten. Von 2022 bis 2024 wurde die Herkunft dieser Verstorbenen durch die Ethnologin Dr. Claudia Kalka und den Museumsdirektor Dr. Lars Frühsorge erforscht. Ziel des Projekts war es, mögliche Nachfahren zu ermitteln und - sofern gewünscht - über eine Rückgabe bzw. Bestattung ins Gespräch zu kommen. 

Ein besonders produktiver Austausch ergab sich mit der Gemeinschaft der Selk’nam auf Feuerland (Chile), die 2023 in der gemeinsamen Ausstellung „Hoffnung am Ende der Welt“ mündete. Im September 2023 reiste eine Delegation der Selk’nam aus Chile nach Lübeck, um den Überresten ihres im Museum bewahrten Ahnen die Ehre zu erweisen. Bei dem Verstorbenen handelt es sich um einen ca. 50-jährigen Mann, dessen Schädel aus einem Grab auf Feuerland geraubt wurde und von einem Deutschen Auswanderer 1914 an das Lübecker Museum gesandt wurde. Dieser Grabraub fand zu einer Zeit statt, als die Indigenen auf Feuerland von europäischen Einwanderern massenhaft vertrieben und ermordet wurden. Einige wurden entführt und in deutschen Zoos wie Tiere ausgestellt, in anderen Fällen wurden Schädel als Forschungsmaterial für die Pseudowissenschaft der Rassenkunde gesammelt. Das Trauma, zu Forschungsgegenständen degradiert worden zu sein, beschäftigt die Indigenen bis heute.

Bei dem Besuch 2023 wurde der Verstorbene von den Selk‘nam auf den Namen Hoshkó getauft. Die durch die Organisation „Hach Saye“ vertretene Gemeinschaft betonte, dass ihr Ahne weder ausgestellt noch weiteren Untersuchungen unterzogen werden dürfte. Nur durch eine Bestattung könnte ihm seine Würde zurückgegeben werden. Hach Saye wünschten zudem eine direkte Übergabe ihres Ahnen ohne Einbeziehung chilenischer Behörden, was sich nach internationalem Recht jedoch nicht ohne Weiteres realisieren ließ. Daher entschlossen sich die Selk’nam zu einer Beisetzung von Hoshkó in Lübeck.

Weitere Informationen unter https://skw.die-luebecker-museen.de/ +++


Quelle: Die Lübecker Museen