Die polnische Hansestadt Danzig stellt eine der reichsten Schatztruhen dar, wenn es um musikalische Kostbarkeiten aus der späten Hansezeit, also um 1600 geht. Das Europäische Hanse-Ensemble unter der Leitung von Manfred Cordes hat sich nun diesem Repertoire gewidmet. In der Reihe „Musik der Hansestädte“ ist gerade beim Label Classic Production Osnabrück (cpo) die zweite CD erschienen, die in Zusammenarbeit mit Deutschlandfunk Kultur entstanden ist.
Gegen Ende der Hansezeit hatte sich Danzig zum bedeutendsten Ostseehafen entwickelt. Macht und Reichtum zogen ein entsprechendes Repräsentationsbedürfnis nach sich, das sich auch in der Kunst widerspiegelte. In großer Besetzung – neun Vokalsolist:innen und historischen Instrumenten wie Zinken, Posaunen, Barockviolinen, Gamben, Dulzian, Trompeten, Chitaronne und Orgel – erweckt das Europäische Hanse-Ensemble Werke von Crato Büttner, Kaspar Förster d.J., Andreas Hakenberger, Marcin Mielczewski, Paul Siefert, Johann Wanning und Nicolaus Zangius zu neuem Leben. Die großartige Kirchenmusik, die diese Organisten und Kapellmeister an der Danziger Marienkirche schufen, spiegelt Polyphonie flämischer Prägung, aber auch italienische Einflüsse wie Mehrchörigkeit und Generalbassstil wider.
Damit steht sie in der kulturellen Tradition der Hanse-Zeit. „Im 16. und frühen 17. Jahrhundert existierte in Europa eine allgemeine musikalische Sprache, wohl angereichert mit lokalen Vorlieben und Besonderheiten, doch ohne nationale Abgrenzungen«, erklärt Manfred Cordes, musikalischer Leiter des Europäischen Hanse-Ensembles. Mit der einenden Kraft der Musik Grenzen zu überwinden, ist eines der großen Ziele seines 2019 gegründeten Projekts. In leidenschaftlicher Pionier- und Archivarbeit erschließt Cordes das musikalische Repertoire der Hansestädte und macht dieses gemeinsame kulturelle Erbe für die Menschen unserer Zeit erlebbar. »Die Konzerte bringen uns immer wieder einen bisher wenig beachteten Aspekt der Hansegeschichte nahe, indem sie die Musik dieser Zeit lebendig werden lassen“, sagt Felicia Sternfeld. Die Museumsdirektorin des Europäischen Hansemuseums freut sich sehr über die Besuche der Musiker:innen, die Ensembleproben und die inspirierende Zusammenarbeit mit dem Team des Europäischen Hanse-Ensembles.
Das Ensemble setzt sich jährlich neu aus internationalen Nachwuchstalenten auf dem Gebiet der Alten Musik zusammen. Für die aktuelle CD-Produktion wurde es um renommierte Musiker:innen wie Ulrike Hofbauer (Sopran), Jan van Elsacker (Tenor), Frithjof Smith (Zink), Simen Van Mechelen (Posaune), Veronika Skuplik (Barockvioline), Marcin Szelest (Orgel) und Joachim Held (Chitaronne) ergänzt. Sie alle sind ausgewiesene Spezialist:innen ihres Fachs und Dozierende der jährlichen Meisterkurse des Europäischen Hanse-Ensembles in Lübeck. Das Danziger Repertoire bringen sie zusammen mit den jungen Nachwuchskünstler:innen zu Gehör, die sich in den Kursen des Vorjahres bewährt haben.
Über 500 junge Menschen aus 50 Nationen, die in ganz Europa Alte Musik studieren, haben sich in den vergangenen fünf Jahren zur Teilnahme an dem Projekt beworben. 2024 ist das Europäische Hanse-Ensemble wieder mit einem Teil von ihnen auf Tournee in Duderstadt (17.5.), Hamburg (18.5.), Hameln (19.5.), Bremen (2.6.), Schwerin (6.6.), Stralsund (7.6), Magdeburg (8.6.), Lübeck (24.9.), Lemgo (26.9.), Göteborg und Marstrand/Schweden (13./14.10.). +++
Quelle: Europäisches Hansemuseum