Veröffentlicht am 16.02.2024

Neue Ausstellung widmet sich dem Schiffbau in Lübeck im 20. Jahrhundert

Sonderausstellung im Industriemuseum Herrenwyk vom 18. Februar bis 30. August 2024

Industriemuseum Geschichtswerkstatt Herrenwyk

Jahrzehntelang waren der Lübecker Hafen und der Unterlauf der Trave geprägt von Hellingen, Kränen und Dockbauplätzen. Zwischen 1882 und 2002 wurden in Lübeck in 120 Jahren Hunderte von Eisen- und Stahlschiffen gebaut. Dies nimmt das Industriemuseum Herrenwyk zum Anlass, diesem für die Wirtschaft der Hansestadt ehemals so bedeutenden Thema eine komplette Ausstellung zu widmen: Vom 18. Februar bis 30. August 2024 nimmt die Schau „Schiffbau in Lübeck im 20. Jahrhundert“ zum ersten Mal alle ehemaligen Lübecker Werften in den Blick. Sie beginnt dabei thematisch mit dem Übergang vom Holz- zum Eisenschiffbau in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und legt ihren Schwerpunkt auf die industrielle Produktion gewaltiger Stahlschiffbauten im 20. Jahrhundert. Neben der Darstellung der Historie liegt der Fokus auch auf den Arbeitern, die auf den Werften beschäftigt waren. Kuratiert hat die Ausstellung der Künstler und Autor Rainer Wiedemann.

Neben Texttafeln sind Schiffs- und Spanten-Modelle sowie alte Baupläne zu sehen. Über 150 bislang größtenteils unveröffentlichte Fotografien veranschaulichen den Schiff- und Dockbau, zeigen Stapelläufe, Kräne und Hellinge und geben Einblicke in die Entwicklung der Werftgelände und der Werkhallen. Auch visualisieren sie den Arbeitsalltag der Schlosser, Nieter und Schweißer. In den Boom-Zeiten des Schiffbaus in den 1950er Jahren waren in Lübeck Tausende von Fachkräften beschäftigt. Ein eigens in der Ausstellung eingerichteter Arbeitsplatz mit einer Werkbank mit typischen Werkzeugen wie Ausbeulhammer, Nietenwärmer, Pressniethämmer, Pressluftbohrer, Schweißwagen, Stanzen und Blechscheren sowie ein alter Schweißwagen vermitteln eindrücklich eine Vorstellung der harten Arbeit.

Die frühen Werftprojekte wie die von Henry Koch, H.J.A. Meyer oder Georg Wilhelm Evers sind heute kaum noch bekannt - ebenso wenig wie das Travewerk in Siems und die Travewerft auf der Teerhofinsel. Die ehemalige Lübecker Maschinenbau Gesellschaft LMG, später Orenstein & Koppel (kurz: O & K), ist vielen Lübecker:innen noch eher ein Begriff, besonders aber sicherlich die Flenderwerft. Zusammen mit den in Travemünde ansässigen HATRA-Werken und der Schlichting Werft konnten die Lübecker Werften sich einen weltweit ausgezeichneten Ruf im modernen Schiffbau erarbeiten. Von ihren Hellingen liefen bedeutende Schiffe ins Fahrwasser, Spezialschiffe für Forschung, Marine und Baggerbau, aber auch Fähr- und Containerschiffe sowie große „RoRo-Transporter“, also Roll on Roll off-Schiffe, bei denen die Waren mithilfe von Fahrzeugen direkt auf das Schiff gebracht werden konnten. Als die Flenderwerft im Jahr 2002 als letzte große Lübecker Werft für immer ihre Tore schloss, war dies das Ende einer Ära. Der Schiffbau verschwand damit gänzlich von der Bildfläche der Hansestadt.

Kurator Rainer Wiedemann hat mit dieser Schau bereits zum dritten Mal für das Industriemuseum Herrenwyk das Thema Schiffbau unter die Lupe genommen. Während er bislang den Fokus nur auf die Flenderwerft gelegt hat, setzte er sich nun mithilfe von bislang unbekanntem Material aus den Privatarchiven von Marcus Schlichting und Hans Hagelstein sowie der umfangreichen Materialsammlung von Heinz Haaker, der sich über 30 Jahre lang mit dem Thema beschäftigt hat, mit allen Lübecker Werften auseinander. „Es ist mir ein Anliegen, mit dieser Ausstellung in Form eines historischen Rückblicks zu erläutern, über welch bedeutende Schiffbau-Industrie Lübeck einst verfügte. Neben der auch heute noch bekannten Flenderwerft sind weitere bedeutende Werften wie die HATRA-Werke oder die Schlichting Werft in Travemünde vollkommen zu Unrecht in Vergessenheit geraten. Dieser Industriezweig hat das Stadtbild und das Leben der Menschen in Lübeck geprägt.“

Christian Rathmer, der Leiter des Industriemuseums Herrenwyk, ergänzt: „Zwanzig Jahre nach dem letzten Stapellauf in Lübeck war es an der Zeit, die große Ära des Eisenschiffbaus in Lübeck noch einmal Revue passieren zu lassen.“

Die Ausstellung wurde von der Possehl-Stiftung und dem Verein für Lübecker Industrie- und Arbeiterkultur gefördert.

Vernissage

Die Ausstellung wird am Sonntag, 18. Februar, um 11 Uhr im Industriemuseum Herrenwyk eröffnet. Nach Grußworten durch den Leitenden Direktor der LÜBECKER MUSEEN Dr. Tilmann von Stockhausen und den Museumsleiter Christian Rathmer, gibt Kurator Rainer Wiedemann eine Einführung in die Schau. Es folgt ein Podiumsgespräch über die Bedeutung, die Höhepunkte und das Ende des Schiffbaus in Lübeck im 20. Jahrhundert mit Technikhistoriker Ulf Böge, dem Enkel des Firmengründers der Schlichting Werft Marcus Schlichting sowie Rainer Wiedemann. Die Teilnahme beträgt 7 Euro für Erwachsene, 5 Euro für Kinder und Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren sowie 2 Euro für Kinder zwischen 6 und 15 Jahren.

Begleitprogramm

Begleitend zur Ausstellung gibt es jeden ersten Sonntag im Monat jeweils um 11 Uhr eine öffentliche Führung (die Teilnahme beträgt 7 Euro, ermäßigt 5 Euro). Zudem gibt es am 15. März und am 5. April jeweils um 19 Uhr einen Vortrag von Marcus Schlichting zum Thema „Von der Bootswerft zum Stahlschiffbau“, am 12. Mai um 11 Uhr einen Vortrag von Ulf Böge zu „HATRA Baumaschinen und Schiffen aus Travemünde“ sowie am 7. Juni einen Vortrag von Rainer Wiedemann rund um das Thema „Schiffbau bei Flender“. Die Teilnahme an allen Vorträgen beträgt 7 Euro, ermäßigt 5 Euro. Weitere Details und Programmpunkte sind der Homepage zu entnehmen.

Weitere Informationen unter https://geschichtswerkstatt-herrenwyk.de/  +++

Quelle: Die Lübecker Museen