Veröffentlicht am 04.09.2020

Grundbildungszentrum für Lübeck mit Landesförderung

Ziel: Bildungschancen für funktionale Analphabeten erhöhen

Grundbildungszentrum für Lübeck mit Landesförderung, von links nach rechts: Karsten Schneider, Christiane Wiebe, Silke Mählenhoff, Dr. Oliver Grundei

Am 4. September 2020 ist an der Volkshochschule Lübeck das landesgeförderte Grundbildungszentrum eröffnet worden. Vergleichbare Einrichtungen an der Volkshochschule Itzehoe und der Förde-vhs Kiel sind bereits aktiv. Das Ziel ist, Erwachsene in der gesamten Region dabei zu unterstützen, Kompetenzen im Lesen, Schreiben, Rechnen, sowie im Umgang mit digitalen Medien nachzuholen. Auch auf nachholende Schulabschlussprüfungen wird man sich dort vorbereiten können.

„Die Grundbildungszentren sorgen dafür, dass Menschen den Anschluss nicht verlieren“, sagte Dr. Oliver Grundei, Staatssekretär für Wissenschaft und Kultur. Es ginge vor allem darum, Menschen Teilhabemöglichkeiten zu erschließen. „Das Alltagsleben und vor allem die Arbeitswelt sind von Innovationen in schneller Folge und von Digitalisierung geprägt“, führte Grundei aus. Deshalb sei es wichtig, den Umgang damit zu lernen und eine Basis für lebenslanges Lernen zu schaffen.

Für die Jahre 2020 bis 2022 stellt das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur eine Gesamtsumme von rund 500.000 EUR zur Verfügung, um damit im Land Anlaufstellen zu schaffen, Teilnehmende zu beraten und Angebote durchzuführen. Träger des Gesamtprojekts ist der Landesverband der Volkshochschulen Schleswig-Holsteins.

„Die ersten drei Grundbildungszentren werden eng zusammenarbeiten“, erklärt Karsten Schneider, Direktor des Landesverbandes der Volkshochschulen. Der Austausch aller Mitglieder untereinander wird im Verband aktiv gefördert. „Auch von den Erfahrungen der Regionalstellen in unserem Bundesland können alle Standorte profitieren, auch wenn es für jede Stadt und jeden Kreis mit der eigenen Sozialstruktur individuelle Lösungen geben wird“, so Schneider weiter.

Bildungssenatorin Katrin Weiher betont, die Grundbildung habe an der VHS Lübeck eine lange Tradition: Bereits 1982 entstanden die ersten Alphabetisierungskurse für Erwachsene. VHS-Leiterin Christiane Wiebe und die Leiterin des neu entstehenden Grundbildungszentrums, Katrin Gellermann, freuen sich über die nun entstehenden neuen Möglichkeiten. So sollen im Lübecker Einzugsbereich neben dem bestehenden Angebot zur Verbesserung der Schreib- und Lesefertigkeiten und Grundlagen im Rechnen z.B. IT-Kurse und Kurse der politischen Grundbildung, Selbstlernzentren, Übergangskurse zu den Schulabschlüssen und ein Ehrenamtlichenprojekt mit Lernvorbildern entstehen.

Die Kurse sind für den Förderzeitraum kostenfrei. Das Wichtigste für die kommenden Monate: „Netzwerken, netzwerken, netzwerken!“ resümiert Christiane Wiebe, „und Orte suchen, in denen die persönliche Ansprache und Beratung von potentiellen Teilnehmenden möglich ist.“ Katrin Gellermann führt aus, dass nur 0,7 Prozent der Menschen mit Grundbildungsbedarf von sich aus einen Weg in Kursangebote finden. „Die anderen müssen wir über verschiedenste Wege irgendwo abholen und sie davon überzeugen, dass sich das Überwinden von Ängsten und negativen Erfahrungen in Bezug auf das Lernen lohnt! Und das, egal wie alt man ist!“, merkt sie an.

Das an der VHS Lübeck entstehende Grundbildungszentrum wird überregional agieren, zusammen mit weiteren Kooperationspartnern und kooperierenden Volkshochschulen in den umliegenden Kreisen Ostholstein, Stormarn und Herzogtum Lauenburg. Ziel ist es, möglichst viele Menschen möglichst wohn- oder arbeitsortnah zu erreichen.

Ursprung des Projekts ist die von Bund und Ländern gemeinsam beschlossene Dekade für Alphabetisierung und Grundbildung. Mit der Förderung von Grundbildungszentren durch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur wird das Ziel des Koalitionsvertrags umgesetzt, die Bildungschancen für funktionale Analphabeten zu erhöhen. Die Kursangebote der Zentren werden sich am persönlichen Lernstand ihrer Teilnehmenden orientieren und diese entlang einer Bildungskette begleiten.

Nach einer repräsentativen Studie von 2018 zu Lese- und Schreibkompetenzen der Deutsch sprechenden, erwachsenen Bevölkerung gelten bundesweit 6,2 Millionen Erwachsene zwischen 18 und 64 Jahren als gering literalisiert. Umgerechnet für Schleswig-Holstein sind das mehr als 210.000 Menschen.

Die Mehrheit von ihnen kann durchaus Sätze lesen oder schreiben, scheitert jedoch schon an zusammenhängenden – auch kürzeren – Texten. Hinzu kommen zum Beispiel Schwierigkeiten mit Grundrechenarten und Prozentrechnung oder geringes Wissen über den Umgang mit digitalen Medien. Über die Frage nach einem sicheren Arbeitsplatz hinaus ist die Möglichkeit zu gesellschaftlicher Teilhabe eingeschränkt, wenn die Kompetenzen in Deutsch, Mathematik und Englisch sowie weiteren Themen nicht ausreichen. Es geht darum, den Teilnehmenden die Möglichkeit zu geben, selbstbestimmt zu leben.

Doch auch Erwachsene können Bildung jederzeit nachholen. Viele Volkshochschulen in Schleswig-Holstein haben entsprechende Angebote. Durch die Grundbildungszentren werden die Angebote in den drei Städten stark erweitert und durch umfangreiche Beratungsmöglichketen ergänzt.

Ganz besonders werden sich die Grundbildungszentren daher an Jugendliche und Erwachsene richten, die sehr geringe Lese- und Schreibkompetenzen haben und/oder auch keinen Schulabschluss. Dazu zählen sowohl in Deutschland Aufgewachsene als auch Zugewanderte. Eine wichtige Aufgabe wird dabei sein, den örtlichen Bedarf genau zu analysieren, um die benötigten Angebote passend in Wohnortnähe der potenziellen Teilnehmenden einzurichten.

Für die Einrichtung von Grundbildungszentren haben sich insgesamt 14 Volkshochschulen beworben – teilweise in Kooperation, auch kreisübergreifend. Für das Auswahlverfahren hat der Landesverband der Volkshochschulen eine Vorstands-Kommission unter Leitung seines Vorsitzenden Dr. Ernst Dieter Rossmann eingesetzt. Dem Vorschlag der Kommission konnte sich das Bildungsministerium anschließen.

Anfragen zum Grundbildungszentrum Lübeck unter der Rufnummer (0451)122 4028 oder vhs@luebeck.de +++