Eine Übung dieser Art sieht die Richtlinie für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT) für Tunnelbauwerke ab einer Länge von 400 Metern in regelmäßigen Abständen vor, damit die Betriebssicherheit für die Nutzer weiterhin gewährleistet ist. Ziel der Übung ist es, die Zusammenarbeit zwischen dem Betreiber und der Berufsfeuerwehr, den Freiwilligen Feuerwehren, den Hilfsorganisationen und den Behörden im Rahmen der Gefahrenabwehr zu trainieren.
„Der Einsatz wurde innerhalb von rund 90 Minuten erfolgreich abgearbeitet und die bestehenden Konzepte sowie die neue Gebäudefunkanlage haben einwandfrei funktioniert. Auch das Zusammenspiel mit allen beteiligten Hilfsorganisationen, Behörden und dem Tunnelbetreiber wurde hier erneut überprüft. Wir haben mehrere Übungsbeobachter aufgestellt. So ist es uns nun im Nachgang möglich, etwaige Anpassungsbedarfe unserer Konzepte zu erkennen und anschließend im Rahmen einer Überarbeitung umzusetzen“ so Christoph Funk, Übungsleiter der Feuerwehr und zuständig für die Einsatzplanung bei der Feuerwehr Lübeck. „Jetzt, am Übungsende, möchte ich mich noch einmal bei allen Mitwirkenden und Helfern recht herzlich für die Unterstützung bedanken“, sagt Sven Brüning, Geschäftsführer der Herrentunnel Lübeck GmbH & Co.KG.
Am Samstagabend wurde zunächst nur die Südröhre für den Verkehr gesperrt. Ab
20 Uhr war dann für circa 2,5 Stunden der gesamte Tunnel nur noch für Einsatzfahrzeuge passierbar. Dies auch aus gutem Grund, wie Funk erläutert: „Bei größeren Schadensereignissen erfolgt auch im Realfall die Vollsperrung des Tunnels. Sinn einer Übung ist es ja, das Szenario so realitätsnah wie möglich zu gestalten, um das bestehende Einsatzkonzept für den Herrentunnel zu testen und die eingesetzten Kräfte zu fordern.“ In enger Abstimmung zwischen der Betreiberfirma sowie der Feuerwehr und der Polizei konnte die Übung erfolgreich absolviert werden, sodass ab circa 23 Uhr wieder beide Tunnelröhren für den Verkehr freigegeben waren.
Für den Gefahrenfall sind speziell auf den Herrentunnel abgestimmte Handlungsabläufe für unterschiedliche Notfälle mit den Einsatzdiensten festgelegt. Die RABT sieht vor, dass diese Handlungsabläufe regelmäßig unter möglichst realistischen Bedingungen geübt werden. Die erste Großübung im Herrentunnel fand noch vor dessen Eröffnung im August 2005 statt. Zwischenzeitlich erfolgte eine weitere und zwei reale Ereignisse (Lkw mit geplatztem Kühler und extremer Wasserdampfentwicklung sowie ein Pkw-Brand) wurden im Nachhinein gemäß der RABT als Ersatz für Vollübungen gewertet. Anfang 2017 fand als letzte Übung eine Anfahrtsübung der Feuerwehr Lübeck statt. Dabei wurde die Anfahrt der Einsatzkräfte zu beiden Tunnelportalen und des Einsatzleitdienstes zur Tunnelleitwarte, die Lageerkundung des Einsatzleitdienstes im Tunnelleitstand sowie die Einsatz-Taktik hinsichtlich Angriffsweg, Entrauchung, Kräfteansatz, Wasserversorgung und Evakuierung über Querschläge anhand des Szenarios „Klein-Lkw bleibt mit brennendem Hinterrad im Tunnel stehen“ geübt.
Neben den Vollübungen sind lt. RABT ebenfalls regelmäßig Teilübungen durchzuführen. Sie dienen hauptsächlich zur Überprüfung der Kommunikationswege, zur Übung der Anfahrtswege und der Nutzung der Sicherheitsausstattung. Darüber hinaus werden die Betriebs- und Sicherheitseinrichtungen des Herrentunnels zweimal im Jahr über eine Woche lang nachts unter Sperrung jeweils einer Tunnelröhre gewartet und gereinigt. Diese Wartungswoche wird in der Regel von Einsatzkräften genutzt, um ihre Kenntnisse über die Örtlichkeiten aufzufrischen beziehungsweise neue Mitarbeiter mit dem Herrentunnel vertraut zu machen.
Unfall im Tunnel – Das ist zu tun!
Es zeigt sich immer wieder, dass die genaue Ortung eines Ereignisses im Tunnel und damit die Einleitung von Hilfsmaßnahmen am schnellsten möglich ist, wenn die Tunnelnutzer die Meldeeinrichtungen in den Notrufnischen benutzen und nicht ihr Mobiltelefon. Notrufe über Mobiltelefone erschweren die Standortbestimmung und verzögern gefahrenabwehrende Maßnahmen. Von den Notrufnischen aus existiert eine direkte Sprechverbindung zur ständig besetzten Tunnelleitwarte. Gleichzeitig wird die diesem Bereich zugeordnete Videokamera auf die Monitore der Tunnelleitwarte geschaltet und so Sichtkontakt hergestellt. Außerdem kann in der Notrufnische über einen Handmelder Feueralarm ausgelöst werden. Die Tunnelleitwarte veranlasst die weiteren Maßnahmen.
Weitere Informationen zu Sicherheit und richtigem Verhalten in Straßentunneln enthalten die Broschüren „Sicherheit geht vor – Straßentunnel in Deutschland“ und „Richtiges Verhalten im Straßentunnel“ der Bundesanstalt für Straßenwesen, die online unter www.bast.de abgerufen werden können.
Hintergrund:
Gemäß Konzessionsvertrag für den Herrentunnel im Zuge der B 104 vom 11. März 1999 zwischen der Hansestadt Lübeck und der Herrentunnel Lübeck GmbH & Co. KG ging der Herrentunnel mit der Abnahme in das Eigentum und die Straßenbaulast der Hansestadt Lübeck über. Ebenfalls gemäß Konzessionsvertrag ist die Herrentunnel Lübeck GmbH & Co. KG als Betreiberin des Herrentunnels verpflichtet, das Bauwerk während des gesamten Konzessionszeitraumes zu erhalten, zu unterhalten und gemäß der einschlägigen technischen Regelwerke zu prüfen und zu warten.
Die Bauwerksprüfungen werden nach DIN 1076 durchgeführt. Der Tunnelbetrieb, insbesondere die Überwachung, Steuerung und Sicherung des Verkehrs, die Überwachung und Steuerung der Betriebseinrichtungen, die Reinigung und Erhaltung erfolgen, soweit sie nicht von der DIN 1076 abgedeckt sind, gemäß der Richtlinien für die Ausstattung und den Betrieb von Straßentunneln (RABT).
Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit dürfen Gefahrguttransporte den Herrentunnel zu keinem Zeitpunkt benutzen. Der Herrentunnel gehört nach der schleswig-holsteinischen Fahrwegbestimmung nach der Gefahrgutverordnung Straße, Eisenbahn und Binnenschifffahrt (GGVSEB) zum Negativnetz. Grund hierfür sind vor allem die Steigungsverhältnisse im Herrentunnel.+++