Veröffentlicht am 24.04.2012

Lübecker Seeadler-Brutpaar vergiftet aufgefunden

WWF-Projektgruppe fand die jungen Vögel vor wenigen Tagen unter dem Horst

Bei einem Pressetermin im Lübecker Forstamt ist heute über den Fund zweier toter Seeadler informiert worden. Gefunden wurden die Tiere von Mitarbeitern des WWF. Dieser hat zu der Tötung der Tiere die nachfolgende Information herausgegeben:

„Nur Wenigen war der Horstplatz bekannt. Er befindet sich in einer großen Naturwaldparzelle des Forstamtes Lübeck, in der keinerlei Nutzungen vorgenommen werden. Umso überraschter waren die Mitarbeiter der WWF-Projektgruppe Seeadlerschutz, als sie am 21. April von Ferne den Bruterfolg der Adler kontrollieren wollten und keinerlei Lebenszeichen am Horst feststellten. Sie untersuchten das Gelände und fanden die beiden Brutvögel auf dem Rücken liegend neben dem Horst. Sie waren erst 7 bzw. 8 Jahre alt geworden – Adler können bis 40 Jahre leben. Sofort wurde der Revierförster Eckhard Kropla, der für Naturschutzfragen bei der Forstverwaltung zuständig ist, benachrichtigt, der die Vögel barg. Es wird jetzt in Spezialinstituten in Berlin und in der Toxikologie Göttingen versucht, den genauen Gifttyp festzustellen. Eine Vergiftung als Todesursache steht außer Zweifel. Vermutlich brachte das Männchen vergiftete Nahrung aus dem weiteren Umland zum Horst, damit das dort brütende Weibchen fressen konnte. Vermutlich haben dann beide Vögel von dem „Beutestück“ gefressen und sind vermutlich auch zeitgleich gestorben.

Das Adlermännchen wuchs 2004 als Nestgeschwister im von der Projektgruppe Seeadlerschutz bewachten Horst in Nehmten (Kreis Plön) auf. Es wurde im Mai beringt und ist dann im Verlaufe der nächsten Jahre an verschiedenen Orten anhand des Farbringes beobachtet worden. Das Weibchen wuchs 2005 in einem Horst am Kronsee auf. 2010 ließ sich dieses Paar im Raum Bliestorf/Kannenbruch nieder und brütete 2011 er-folgreich. Ein Jungvogel flog aus.

Die Fundumstände und das Erscheinungsbild der toten Adler decken sich leider mit weiteren kriminellen Vergiftungen an anderen Orten.

2010 konnte der WWF bei drei toten Seeadlern aus dem Kreis Ostholstein (Gothendorf) durch die Toxikologische Abteilung der Universitätsmedizin Göttingen das hochgiftige und in der EU verbotene Insektizid Mevinphos nachweisen. Dieses Gift wurde auch bei einem toten Adler im Kreis Herzogtum Lauenburg nachgewiesen. Die polizeilichen Ermittlungen ließen daraus schließen, dass jemand Füchse mit vergifteten Fleischbrocken töten wollte, der Adler aber als Aasfresser mit seinen scharfen Augen diese Nahrung zuerst nutzte.

Dramatisch sind aktuell Vergiftungen von geschützten Kolkraben und auch eines Roten Milans im Osten des Kreises Herzogtum Lauenburg in der Schaalsee-Region. 48 Raben wurden im April 2012 tot bzw. sterbend gefunden. Sowohl beim Roten Milan als auch bei den Kolkraben wurde das Insektizid Dimethoat festgestellt. Das in der Region brütende Seeadlerpaar ist ebenfalls verschwunden, wie eine Kontrolle des Reviereigentümers gemeinsam mit dem WWF am 23.04.2012 ergab.

Der WWF hat für Hinweise, die zur Überführung der/des Täters führen, eine Belohnung von 3.000 Euro ausgelobt.

Hintergrundinformationen:

Können die Adler nicht an Altersschwäche gestorben sein?

Die aufgefundenen Adler waren 7 bzw. 8 Jahre alt, da Adler bis zu 40 Jahre alt werden können, kommt ein natürlicher Tod nicht in Betracht.

Können die Adler durch z.B. vergiftete Ratten oder Mäuse zu Tode gekommen sein?

Es ist unwahrscheinlich. Legale Rattenbekämpfungsmittel weisen Giftstoffe auf, die allmählich die Brutgerinnung im Körper verhindern, so dass diese Nagetiere innerlich verbluten. Die Tiere ziehen sich dann in ihre Nester zurück und sind in der Regel auch nicht im Freiland zu erbeuten. Selbst wenn ein Adler eine vergiftete Ratte aufnehmen sollte –was sehr unwahrscheinlich ist, weil diese großen Greifvögel normalerweise Nagetiere nicht ergreifen- würde die Giftmenge einer Ratte nicht für den Tod ausreichen. Es ist außerdem außerordentlich unwahrscheinlich, dass beide Adler zur Brutzeit ausfliegen, um Ratten zu fangen. Dann würden ihr Gelege bzw. ihre Jungtiere im Horst versterben.

Auch der WWF Österreich berichtet in einer aktuellen Pressemitteilung vom 21.03.2012 über zwei mit dem Pestizid Carbufuran vergiftete Seeadler.

Ansprechpartner: Thomas Neumann; Fachbereich Naturschutz-Flächenmanagement WWF Deutschland; Hauptstrasse 144 in 23879 Mölln. Telefon: (04542) 6267; E-Mail: href="mailto:Thomas.Neumann@wwf.de">Thomas.Neumann@wwf.de “+++