Vorlage - VO/2025/14000-01  

Betreff: Fraktion Linke & GAL, AT: Einrichtung einer Energieagentur / eines Kompetenzzentrums Klimaneutralität
Status:öffentlich  
Federführend:Geschäftstelle LINKE & GAL Bearbeiter/-in: Mentz, Katja
Beratungsfolge:
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck
27.02.2025 
13. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck in der Wahlperiode 2023 - 2028      
Ausschuss für Umwelt, Sicherheit und Ordnung
18.03.2025 
Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Sicherheit und Ordnung mit Polizeibeirat      
Hauptausschuss
25.03.2025    30. Sitzung des Hauptausschusses      

Beschlussvorschlag

Der Bürgermeister wird beauftragt, die Gründung und Einrichtung einer kommunalen Energieagentur / eines Kompetenzzentrums Klimaneutralität zu initiieren.

Damit soll in Lübeck eine Anlaufstelle geschaffen werden, die nach dem Konzept einer „One-Stop-Agency aus einer Hand Beratung und Unterstützung anbietet sowie motivierende Beteiligungs- und Informationsformate für Bürger:innen, Unternehmen, Organisationen und Vereine organisiert und lokale Akteur:innen vernetzt.

 

Bis zur Bürgerschaftssitzung im Juli 2025 soll ein Konzept vorgelegt werden, das den finanziellen Mittel- und Personalstellenbedarf darstellt und Finanzierungsmöglichkeiten durch u.a. Fördermittel aufzeigt.

 

Sofern umliegende Gemeinden Interesse zeigen, sich an einer Energieagentur zu beteiligen, sollen die Möglichkeiten einer regionalen Ausweitung der Angebote und Aufgaben sowie der erweiterte Personalbedarf aufgezeigt werden.

 

Einzubindende Gruppen sind weitere Bereiche der Hansestadt Lübeck, Stadtwerke Lübeck, Wirtschaftsförderung Lübeck, Handwerkerschaft, Klima pro Lübeck, Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein, Finanzinstitute, Förder- und Finanzierungsexpert:innen, Hochschulen, bestehende Bürgerenergiegenossenschaften und ggf. weitere.

 

Zukünftige Aufgaben einer Wärme- und Energieagentur:
 

  • Kampagnen zur Wärmewende und zum Klimaschutz für Bürger:innen und im Gewerbe[1] durchführen
  • Beratung für Gebäudeeigentümer:innen zur Wärmewende, zu Klimaschutz und Klimaanpassung
  • Fördermöglichkeiten für die Energiewende im Gewerbe² und für Bürger:innen³ aufzeigen und bereitstellen
  • Information, Beratung und Unterstützung für die Gründung von Genossenschaften als Betreibermodell von Wärmenetzen in Quartieren, die nicht für den Anschluss ans Fernwärmenetz vorgesehen sind
  • Projekte entwickeln und umsetzen, wie z.B.
    • (Quartiers-)Befragungen durchführen und Beteiligungsformate entwickeln, die in Kooperation mit Handwerksbetrieben, Energieberater:innen sowie Förder- und Finanzierungsexpert:innen für Bürger:innen und Gewerbetreibende in den Quartieren durchgeführt werden
    • Organisation von Informationsveranstaltungen wie „Tag der offenen Tür“, um erfolgreiche Musterbeispiele für energetische Sanierungen und Heizsysteme für unterschiedliche Gebäudetypen erlebbar zu machen und zu zeigen, wie Klimaschutzmaßnahmen direkt den Alltag verbessern, z.B. durch geringere Energiekosten
  • Einrichtung und organisatorische Unterstützung eines fachkundigen Beirats (bestehend aus Akteur:innen der Zivilgesellschaft, sozialen Trägern, Kirchengemeinden, lokalem Handwerk, Architekt:innen, Wohnungswirtschaft, Mieterbund, politischen Parteien, Umweltschutzorganisationen, Stadtwerke und ggf. weitere) als Netz von Multiplikator:innen zur Verbesserung des Informationsflusses und des Dialogs.


 


 


Begründung

Der Transformationsprozess zu Klimaneutralität betrifft die gesamte Lübecker Bevölkerung sowie ansässige Unternehmen und ist auf breite gesellschaftliche Unterstützung angewiesen.

Deshalb ist eine der größten Herausforderungen beim Klimaschutz, neben der Bereitstellung personeller Ressourcen und finanzieller Mittel, eine umfassende, gute Beteiligung und Mobilisierung der lokalen Akteur:innen, Bürger:innen und Gewerbetreibenden.

Dies gilt insbesondere für die Wärmewende. Nur wenn es gelingt, Gebäudeeigentümer:innen als Partner:innen für die aktive Teilnahme zu gewinnen, kann die Wärmewende gelingen.

Sofern bestehende Gebäude zukünftig nicht oder nicht zeitnah an geplante Fern- oder Nahwärmenetze angeschlossen werden können, stehen viele Gebäudeeigentümer:innen vor der Frage, für welche dezentrale Lösung oder Zwischenlösung (z.B. Mietheizung) sie sich entscheiden sollen, wann der richtige Zeitpunkt für den Umstieg ist, welche Fördermittel es gibt und welche Investitionen in energetische Sanierungen sinnvoll sind.

Um Bürger:innen über Klimaschutz zu informieren und zur Teilnahme zu mobilisieren, existieren derzeit viele verschiedene Beratungsangebote, Kampagnen und gemeinschaftliche Initiativen. Dabei steht in der Regel ein Teilaspekt im Fokus. Für Klimaschutzmaßnahmen wie etwa das Umgestalten eines Altbaus hin zur Klimaneutralität müssen Bürger:innen häufig viele separate Beratungsstellen aufsuchen und sich mit den folgenden Themen befassen: Heizungsanlage, Einsatz von erneuerbaren Energien, Wärmedämmung, Denkmalschutz, Gebietssatzungen, kommunale Wärmeplanung, Lärmschutz, Auflagen Wasser & Boden, Finanzierungs- und Fördermittelberatung. Durch die unterschiedlichen Blickwinkel der Auskunft gebenden Stellen werden teilweise sich widersprechende Ratschläge erteilt.

Zum Klimaschutz motivierte Bürger:innen stellen sich mit Glück wenn auch unbefriedigt der Herausforderung. Unmotivierte Bürger:innen werden so nicht gewonnen. Zusätzlich zur Beratung ist Motivation und Unterstützung, auch finanzielle, für die erste Gruppe hilfreich und für die zweite Gruppe notwendig. Die vorhandenen Beratungsangebote in Lübeck reichen nicht aus, um das Ziel der Treibhausgasneutralität schnell zu erreichen. (MAKS, Anhang C, S. 355)

Eine Energieagentur als zentrale Servicestelle für Bürger:innen und Unternehmen ermöglicht dagegen die effiziente Bündelung von Fachwissen und Ressourcen und bietet insbesondere Bürger:innen, die noch nicht in ausreichendem Maße mit dem Thema Klimaschutz und der Umstellung auf klimaneutrale Wärmeversorgung vertraut sind, erleichterten Zugang zu Informations- und Beratungsangebote aus einer Hand. Dies steigert auch die Motivation.

Gleichzeitig ist eine Energieagentur Schnittstelle und kommunikatives Bindeglied zwischen der Stadtverwaltung, lokalen Akteur:innen, Bürger:innen und Unternehmen im Lübecker Stadtgebiet. Ideen und Anregungen von Bürger:innen und Gewerbetreibenden oder die Benennung von Schwierigkeiten können so frühzeitig in Planungen und Entscheidungen einbezogen werden.

Durch die Organisation und Durchführung von Informations- und Austauschveranstaltungen in Stadtteilen und Quartieren, soll der Dialog mit Bürger:innen, Handwerksbetrieben, Energieberater:innen und weiteren Expert:innen ausgeweitet und gefördert werden.

Auch sollen in Kooperation mit Bürger:innen und Unternehmen Veranstaltungsformate wie „Tage der offenen Tür“ oder des „offenen Heizungskellers“ initiiert werden, bei denen Sanierungsbesichtigungen stattfinden und Bürger:innen sich selbst ein Bild von einem Gebäude machen können, in dem eine klimaneutrale Wärmetechnik verbaut wurde. Geschichten über erfolgreiche energetische Sanierungen, sowie Abwägungs- und Entscheidungsprozesse können hierbei von den Gebäudeeigentümer:innen selbst erzählt werden.

Um die gesellschaftliche Unterstützung und Akzeptanz bei der Wärmewende weiter wachsen zu lassen, soll der genossenschaftliche Betrieb von Wärmenetzen angeregt und unterstützt werden. Diese haben sowohl ökonomisch als auch sozial und ökologisch Relevanz und führen zu einer hohen Identifikation der Bürger:innen mit dem Wärmenetz und stärken den sozialen Zusammenhalt.

Ein Beirat, bestehend aus den im Antragstext genannten Akteur:innen, ist ebenfalls hilfreich, um regelmäßig zum Stand der Planungen zu informieren und zu Rückmeldungen einzuladen. Ein solcher Beirat vergrößert das Netz von Multiplikator:innen und kann dafür sorgen, dass die Wärmewende an vielen Stellen zum Thema wird.

 

Fußnoten:

 

1 Das Gewerbe ist ein maßgeblicher Verursacher von Treibhausgasen in Lübeck. Wärme- und Prozessenergie, Stromverbrauch und Wirtschaftsverkehr verursachen zusammen über 40 Prozent der Emissionen. Nur eine kleine Minderheit der Gewerbebetriebe wird ohne externe Motivation bis 2035/2040 klimaneutral wirtschaften (zumindest ohne das Instrument der Kompensation zu beanspruchen).
 

2 Für den Gewerbesektor existieren derzeit etwa 390 Förderprogramme für Klimaschutz (EU, Bund, Land), um die Transformation hin zur Klimaneutralität zu beschleunigen. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die finanzielle Förderung des Gewerbes im Wesentlichen eine übergeordnete Aufgabe ist. Auf regionaler Ebene soll hauptsächlich zu diesen Fördermöglichkeiten beraten werden. Daneben gibt es einige Lücken, die durch kommunale Förderung ergänzt werden sollen, um passgenau die regionalen Notwendigkeiten abzudecken.
 

3 Für Bürger:innen existieren derzeit etwa 200 Förderprogramme für Klimaschutz (EU, Bund, Land), um die Transformation hin zur Klimaneutralität zu beschleunigen. Damit wird der Tatsache Rechnung getragen, dass die finanzielle Förderung im Wesentlichen eine übergeordnete Aufgabe ist. Auf regionaler Ebene soll hauptsächlich zu diesen Fördermöglichkeiten beraten werden. Daneben gibt es einige Lücken, die durch kommunale Förderung ernzt werden sollen, um passgenau die regionalen Notwendigkeiten abzudecken.

 

 

Quellen:

VO/2023/11957-01 Masterplan Klimaschutz (MAKS), Anhang C S. 355-358;

VO/2024/13808 Kommunale Wärmeplanung für Lübeck;

Gesellschaftliche Unterstützung für eine erfolgreiche Wärmewende“, Umweltbundesamt Gesellschaftliche Unterstützung für eine erfolgreiche Wärmewende | Umweltbundesamt


 


Anlagen