Visualisierung »Let’s play Mittelalter«
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Games gehören heute zu den einflussreichsten Kulturformen unserer Zeit. Sie bestimmen mit, wie Millionen Menschen – vor allem jüngere Generationen – Geschichte erleben, deuten und fühlen. Mittelalterliche Spielwelten, KI-generierte Bilder und epische Fantasy-Ästhetiken prägen historische Vorstellungswelten weit stärker als Schulbücher. Gleichzeitig wächst das gesellschaftliche Interesse daran, wie zuverlässig, wahr oder verzerrt diese Bilder eigentlich sind. Mit der kommenden Sonderausstellung »Let’s play Mittelalter« reagiert das Europäische Hansemuseum auf diese Fragen – und geht als erstes Museum in Deutschland einen radikal neuen Weg: Ab dem 9. Oktober 2026 verwandelt sich ein Teil des Lübecker Burgklosters in eine begehbare mittelalterliche Gaming-Welt, die nicht betrachtet, sondern gespielt wird.
Mit »Let’s play Mittelalter« betritt das Europäische Hansemuseum ungewohntes Terrain. Die Ausstellung zeigt nicht nur, wie Games Geschichte erzählen, sondern macht das Spiel selbst zum zentralen Vermittlungsprinzip. Rund 60 Prozent der Deutschen spielen Videospiele – und die Ausstellung nimmt diesen gesellschaftlichen Wandel ernst: Die Besucher:innen bewegen sich nicht durch klassische Ausstellungsräume, sondern durch eine narrative Spielwelt, in der historische Motive, Popkultur und Forschung miteinander verwoben sind.
»Games sind heute eines der wirkmächtigsten Medien unserer Zeit«, sagt Kuratorin Franziska Evers. »Mit ›Let’s play Mittelalter‹ möchten wir zeigen, wie sich historische Bilder formen und wie sie sich beim Spielen verändern. Wer spielt, begreift leichter.«
Die Besucher:innen erstellen ihren eigenen Avatar, lösen Aufgaben, sammeln Erfahrungspunkte und entscheiden selbst, welchen Weg sie in der mittelalterlichen Welt einschlagen. Nicht Texte führen durch die Ausstellung, sondern das Spiel: ein Turnierplatz, ein festliches Bankett im Grünen, eine geheimnisvolle »Drachenhöhle« und weitere immersive Settings. Jede Station ist ein Kapitel im Spiel und fordert eine eigene Entscheidung ein, bevor es weitergeht. Informationen werden nicht vermittelt, sondern erspielt.
Für die Umsetzung arbeitet das Museum mit Expertinnen und Experten aus Game Design, Szenografie und Medienkunst zusammen. Die vielfach ausgezeichnete Agentur Liquid gestaltet die visuellen Erlebnisräume und verbindet historische Stoffe mit zeitgenössischer Ästhetik.
Ein eigenes Gaming-Lab ermöglicht das freie Spielen und Ausprobieren. Durch Kooperationen mit Influencer:innen aus der Gaming-Community wird der Diskurs in digitale Öffentlichkeiten ausgeweitet. Sidequests, interaktive Elemente, digitale Erweiterungen und besondere Leihgaben aus anderen Museen sorgen dafür, dass die Ausstellung sowohl Gaming-Fans als auch Geschichtsinteressierte anspricht.
»Let’s play Mittelalter« ist eine Ausstellung, die man nicht passiv konsumiert. Sie ist ein Experiment des Museumsmachens – und ein Angebot, Geschichte in einer Sprache zu erleben, die Millionen Menschen täglich nutzen: beim Spielen.
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Quelle: Europäisches Hansemuseum
