Im zweiten Halbjahr 2027 plant die DBInfraGO die Generalsanierung der Strecke Hamburg – Lübeck und plant dafür eine Vollsperrung der Strecke für sechs Monate. Welche Folgen ergeben sich durch die Vollsperrung während der Sanierung für Lübeck und die Region Lübeck? Inwieweit ist die Erreichbarkeit Lübecks und der Region für die Wirtschaft und Pendler:innen gewährleistet? Welche Einschränkungen sind hier zu erwarten? Diese und weitere Fragen standen am Mittwoch, 30. Oktober 2024, im Rathaus der Hansestadt Lübeck im Fokus einer Informationsveranstaltung für etwa 60 interessierte Teilnehmer:innen aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung. Sie waren der Einladung der Hansestadt Lübeck gefolgt und wurden von Bürgermeister Jan Lindenau begrüßt. Er unterstrich die Bedeutung der Verkehrsthemen für die Region, die durch die Feste Fehmarnbeltquerung noch weiter zunehmen werden. Lübeck nimmt seine Funktion als Verkehrsknoten im TEN-T-Kernnetz ernst und hat insbesondere mit dem Hafenentwicklungsplan Rahmenbedingungen für die Wirtschaft definiert. Dazu bedarf es verlässlich verfügbarer und wirtschaftlich leistungsfähiger Verkehrsanbindungen. „Wir sehen die Chancen der Festen Fehmarnbelt-Querung, aber während der Bauphase darf der Logistik- und Pendlerstandort Lübeck nicht vollständig abgehängt werden. Unsere Häfen brauchen den Anschluss an das Bahnnetz auch während der Bauphase“, betonte Jan Lindenau.
Senatorin Joanna Hagen ergänzte anschließend, dass die Sanierungs- und Ausbauplanungen der DBInfraGO grundsätzlich begrüßt werden und dass die Notwendigkeit dieser unumstritten ist. Jedoch wies sie auch darauf hin, dass das Verkehrsflussmanagement eine entscheidende Rolle spielt und dass die Erreichbarkeit der Hansestadt und des Port of Lübeck sichergestellt sein müssen.
Um sich selbst ein Bild über die Auswirkungen der Korridorsanierungen machen zu können, wurde die TU Braunschweig durch die Hansestadt Lübeck mit einem Gutachten diesbezüglich beauftragt.
Prof. Dr. Michael Stuwe stellte die Ergebnisse des Gutachtens und die ermittelten Engpässe aufgrund der Generalsanierung und der daraus resultierenden Vollsperrung dar. Er betonte, dass durch den verfehlten Sanierungsansatz der DB InfraGo, das sogenannte „Riedbahnmodell‘, das sich nur in Ausnahmensituationen auf andere Regionen übertragen lasse, Lübeck und die angrenzenden Regionen vor unlösbare Aufgaben stelle. Der vollständige Projektbericht ist online abrufbar unter www.luebeck.de/pol-projektbericht
Antje Falk (Geschäftsführerin der BalticRailGate GmbH) zeigte die Bedeutung der Bahnanbindung für den Lübecker Hafen am Beispiel des Kombinierten Ladungsverkehrs auf und die erheblichen Auswirkungen, die die Totalsperrung auf den Schienengüterverkehr auf. Sie verdeutlichte die Effekte, die dazu führen können, dass signifikant Ladung von der Schiene auf die Straße verlagert wird. Antje Falk dazu: „Die Sanierung der Strecke Hamburg - Lübeck ist für den Lübecker Hafen absolut notwendig. Aber ein mehrmonatiges Abschneiden der Bahnanbindung, einer Lebensader des Lübecker Hafens, hätte fatale Folgen!“.
Die lokale Wirtschaft, vertreten durch die IHK, hat gemeinsam mit der Hansestadt bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der Planungen den Dialog mit DBInfraGO, Land und Hansestadt gesucht und gefördert, um die Auswirkungen auf die Wirtschaftsverkehre zu minimieren, stellte Rüdiger Schacht, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der IHK zu Lübeck, dar. In konstruktiven und sehr detaillierten Abstimmungen der Expert:innen von DBInfraGO, Stadt und Land werden Lösungsmöglichkeiten erörtert. Diese Bemühungen werden in nächster Zeit intensiv fortgesetzt. „Die Abwicklung des Schienenverkehrs allein über die Strecke Lübeck – Büchen entspricht dabei nicht den kapazitativen Anforderungen der Wirtschaft, weder für den Personen- noch für den Güterverkehr“, so Schacht.
Dass die geplante Generalsanierung inklusive Vollsperrung nicht nur bedeutenden Einfluss auf den Güterverkehr, sondern auch auf den Schienenpersonennahverkehr hat, stellte im Anschluss Dietmar Weiß vom Bereich Stadtplanung der Hansestadt Lübeck eindrücklich dar. So wäre der für etwa 24.000 Pendler: innen benötigte Schienenersatzverkehr nur in begrenztem Umfang stadtverträglich umsetzbar und die Auswirkungen der Zunahme des Individualverkehrs derzeit noch gar nicht absehbar.
Aus Sicht des Standortes ist es notwendig, dass zur Sicherstellung der Erreichbarkeit für Personen- und Wirtschaftsverkehre die derzeitigen Planungen zur Sperrung des Korridors Hamburg – Lübeck und insbesondere die gleichzeitige Sperrung der Strecke Lübeck - Bad Kleinen überprüft werden müssen. +++