Veröffentlicht am 11.08.2021

Lübeck will ab 2022 doppelt so viele Rad- und Gehwege sanieren

Stadt legt Erhaltungsstrategie vor – Knapp über zehn Prozent der Rad- und Gehwege im kritischen Zustand – Verkehrsraum bei Sanierung insgesamt neu bewerten

Den Geh- und Radverkehr stärken, das ist das Ziel der Hansestadt Lübeck. Jetzt legt die Hansestadt Lübeck als eine der ersten Kommunen in Deutschland eine Erhaltungsstrategie für die bestehenden Geh- und Radwege vor. Dazu führt Bausenatorin Joanna Hagen aus: „Nach dem subjektivem Empfinden vieler Bürgerinnen und Bürger befinden sich zahlreiche Geh- und Radwege in einem schlechten baulichen Zustand. Dem sind wir jetzt konsequent und strategisch nachgegangen.“

Um die individuelle Wahrnehmung zu objektivieren, hat der Bereich Stadtgrün und Verkehr in Anlehnung an den Masterplan für die Sanierung der Straßen nun einen Masterplan für die Sanierung der Geh- und Radwege erstellt. Erfasst wurde mittels neuester Messtechnik der Zustand von rund 345.000 Quadratmetern Radwegefläche und rund 1.752.000 Quadratmetern Gehwegfläche. Im Ergebnis befinden sich knapp über zehn Prozent der Rad- und Gehwege in einem kritischen Zustand.

Erhaltungsklassen definieren Zustand

Bei der Bewertung der Geh- und Radwege wurden für die einzelnen aufgenommenen Wegeabschnitte sogenannte „Zustandswerte“ gebildet, die von einem guten Zustand bis zu einem sehr schlechten Zustand reichen.

Die Erhaltungsabschnitte wurden jeweils getrennt nach dem erforderlichen Substanzerhalt und nach den Gebrauchseigenschaften bewertet. Somit wurden jedem Erhaltungsabschnitt zwei Zustandswerte zugeteilt. Erfahrungsgemäß ist das subjektive Empfinden der Nutzer eines Geh- und Radwegs für die Gebrauchstauglichkeit und Ebenheit maßgebender als der Substanzerhalt. Daher wurden die beiden Faktoren in das Verhältnis 70:30 gesetzt. Diese beiden Zustandswerte wurden zusammengefasst und die jeweiligen Abschnitte wiederum in vier Erhaltungsklassen (EK) eingeteilt:

·         Erhaltungsklasse 1 bedeutet muss vollständig erneuert werden

·         Erhaltungsklasse 2 bedeutet muss teilweise erneuert werden

·         Erhaltungsklasse 3 bedeutet Unterhaltung erforderlich

·         Erhaltungsklasse 4 bedeutet keine Maßnahme erforderlich

Gemäß Auswertung der Radwege befinden sich rund 80.000 Quadratmeter Radwegfläche in einem guten Zustand (EK4), sowie rund 215.000 Quadratmeter in einem ausreichenden Zustand (EK 3). In einem mangelhaften Zustand (EK 2) befinden sich rund 46.000 Quadratmeter und in einem ungenügenden Zustand (EK 1) rund 4.000 Quadratmeter der Radwege.

Bei den Gehwegen befinden sich zum Zeitpunkt der Erfassung rund 900.000 Quadratmeter Gehwegfläche in einem guten Zustand (EK 4), sowie rund 687.000 Quadratmeter in einem ausreichenden Zustand (EK 3). In einem mangelhaften Zustand (EK 2) befinden sich rund 160.000 Quadratmeter und in einem ungenügenden Zustand (EK 1) rund 5.000 Quadratmeter der Gehwege.

Verkehrsraum neu bewerten: Unterschiedliche Belange auf engstem Raum

Anhand dieser Daten wurden Priorisierungslisten zur Sanierung der Rad- und Fußwege entwickelt. Rein theoretisch liegt der gesamte Erhaltungsbedarf für Radwege bei etwa 4,2 Millionen Euro und für Gehwegen bei etwa 22 Millionen Euro. Allerdings stellt die Erhaltung von so großen Flächenanteilen die Hansestadt Lübeck vor eine immense Herausforderung: Die jährliche Sanierungsleistung kann aufgrund der räumlichen Dichte (Erhalt von Zugängen und Rettungswegen, Umleitungserfordernisse, etc.), der Ressourcen (Personal, Finanzmittel und Kapazität der Baufirmen), sowie der Abstimmungsbedarfe mit den Leitungs- und Medienträgern nicht beliebig ausgeweitet werden.

Zudem wird es in der Zukunft nicht selten erforderlich sein, den gesamten Verkehrsraum zwischen den Gebäudekanten neu aufzuteilen. Verschiedene Belange wie beispielsweise des ÖPNV, der Fußgänger:innen, des Radverkehr, des KfZ-Verkehr sowie Baumbestand, Grünstreifen und das Parken, sind abzuwägen, um neue Lösungen zu finden. Die bestehende Infrastruktur muss in dieser Zeit aber baulich ebenfalls erhalten werden und eine sichere und komfortable Nutzung gewährleisten.

Bausenatorin Joanna Hagen: „Wir gehen einen pragmatischen Weg und machen das, was fachlich, finanziell und personell umsetzbar ist: Wir verdoppeln die jährliche Sanierungsleistung, und das bereits ab 2022!“ Jährlich sollen dann über einen Zeitraum von fünf Jahren 10.000 Quadratmeter Gehwege und 10.000 Quadratmeter Radwege saniert werden. Senatorin Hagen: „Wir gehen davon aus, dass bereits diese zusätzliche Leistung den Zustand unserer Gehwege und Radwege nachhaltig verbessern wird.“ Im Anschluss wird über eine erneute Zustandserfassung und –bewertung der Sanierungserfolg dokumentiert.

Hintergrund:

Wie auch bei der Erstellung des Masterplanes für die Sanierung der Straßen im Jahr 2018 wurde für die Geh- und Radwege eine messtechnische Zustandserfassung und -bewertung durchgeführt. Ein entsprechend ausgestattetes Quad-Messfahrzeug hat die rund 210 Kilometer Radwege in der Hansestadt befahren und Oberflächenschäden, Netzrisse, sowie Unebenheiten mit komplexer Lasertechnologie und speziellen Kameras aufgenommen. Für die Erfassung der Gehwege war ein Quad nicht einzusetzen, da die Gehwegbreiten, insbesondere in der Altstadt, dies nicht zuließen. Deshalb erfolgte die Erfassung der rund 1.000 Kilometer Gehwege durch E-Scooter, die über entsprechende Messvorrichtungen verfügen. Bausenatorin Joanna Hagen: „Dieser Ansatz ist absolut innovativ und wurde bisher in Deutschland noch nicht eingesetzt.“

Die Beschlussvorlage liegt den politischen Gremien zur Beratung vor. Die Entscheidung trifft die Bürgerschaft voraussichtlich am 26. August 2021.

Online ist die Vorlage zur Erhaltungsstrategie Gehwege / Radwege / Nebenflächen einsehbar unter www.luebeck.de/politik +++