Schmerzen sind zwar in hohem Maße individuell, doch in aller Regel sehr unangenehm, sodass wir ihnen möglichst schnell entkommen wollen. Dennoch ist die Wahrnehmung schmerzhafter Reize geradezu überlebenswichtig, denn Schmerzen erfüllen die Funktion eines Warnsignals, das drohende oder bereits bestehende Gewebeschäden anzeigt und uns so vor schwerwiegenden Verletzungen bewahrt. Gerät dieses Warnsystem außer Kontrolle, entstehen mitunter schwere Schmerzerkrankungen. Ionenkanalproteine sind elementare Bestandteile dieses Warnsystems, denn sie übersetzen Schmerzreize wie Hitze, Kälte, Reizstoffe oder mechanische Belastung in elektrische Signale, die von spezialisierten Nervenzellen, den sog. Nozizeptoren, ins Gehirn geleitet werden, wo wir sie als Schmerz interpretieren. Funktionsveränderungen der Ionenkanäle, wie sie etwa durch seltene Mutationen in den Kanalgenen hervorgerufen werden, sind der Grund für ein ganzes Spektrum von Erkrankungen, das von angeborener Schmerzunempfindlichkeit bis hin zu chronischen und neuropathischen Schmerzerkrankungen reicht. Die Erforschung dieser vergleichsweise seltenen Erkrankungen ermöglicht nicht nur neue Einblicke in die Schmerzphysiologie, sondern stimuliert auch die Suche nach neuen Therapien zur Behandlung chronischer Schmerzerkrankungen.
Prof. Dr. Enrico Leipold wurde 1977 in Sonneberg geboren, studierte Biochemie / Molekularbiologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena und promovierte im Jahr 2006 über die Wirkmechanismen Ionenkanal-spezifischer Neurotoxine aus dem Venom giftiger Tiere. Von 2006 bis 2018 forschte er am Zentrum für Molekulare Biomedizin der Universität Jena zur Funktionsweise von Ionenkanälen und ihrer Bedeutung für die Wahrnehmung von Schmerzen. Seit April 2018 ist Herr Leipold Professor für Neurowissenschaften in der Anästhesiologie an der Universität zu Lübeck. Gegenstand seiner aktuellen Forschungen sind Funktionsveränderungen von Ionenkanälen, die bei den betroffenen Personen einerseits schmerzhafte Erkrankungen auslösen, anderseits aber auch Schmerzunempfindlichkeit hervorrufen können. Gemeinsam mit dem Naturwissenschaftlichen Verein zu Lübeck
Dienstagsvorträge am 11. Februar 2020 um 19.30 Uhr, Gemeinnützige, Großer Saal, Königstraße 5, Lübeck, der Eintritt ist frei. +++
Quelle: Die Gemeinnützigen