„Mein größter Wunsch ist es, dass die Früchte meines Lebenswerkes, meiner geliebten Vaterstadt, der Freien und Hansestadt Lübeck zu Gute kommen mögen.“ Dieser Satz entspringt dem hanseatischen Selbstverständnis von Emil Possehl, der 1850 als erster Sohn des Lübecker Kaufmanns Ludwig Possehl in der Beckergrube geboren wurde. Im Jahr 1873 tritt Emil Possehl in den väterlichen Betrieb ein und ist wenige Jahre später größter Erzhändler Europas. Als Unternehmer zeichnete er sich durch Disziplin und Weitblick aus. Bereits zu Lebzeiten war es ihm ein Anliegen, an die reiche Tradition des Stiftungswesens in Lübeck anzuknüpfen, die bis in die Blütezeit der Stadt im Mittelalter zurückreicht. Da seine Ehe kinderlos blieb, setzt er in seinem Testament die Possehl-Stiftung zur Erbin seines gesamten Firmenvermögens ein. Diese soll laut Stiftungszweck der „Förderung alles Guten und Schönen in Lübeck“ dienen.
Heute ist die Possehl-Stiftung alleinige Gesellschafterin der L. Possehl & Co. mbH, unter deren Führung als Management-Holding in rund 200 operativ tätigen Unternehmen und Gesellschaften in der ganzen Welt mehr als 13.000 Menschen für den gemeinsamen Erfolg der Unternehmensgruppe Possehl arbeiten. Die Unternehmensgruppe und somit auch die Stiftung hat im vergangenen Jahrhundert zwei Weltkriege, die Hyperinflation von 1923, Weltwirtschaftskrise von 1929 und die Weltfinanzkrise 2008/2009 mit Erfolg überstanden.
So wie Emil Possehl verantwortungsvoll sein Unternehmen leitete, war es auch sein Wille, dass die Stiftung für Lübeck und seine Bürgerinnen und Bürger in gleicher Weise Verantwortung übernimmt. In der Stiftungssatzung ist festgelegt, dass die Stiftung mit ihrer Arbeit „das schöne Bild und die öffentlichen Anlagen der Stadt“ erhält, „die gemeinnützigen Einrichtungen in Lübeck“ unterstützt, „die Kunst und Wissenschaft“ pflegt, „die Jugend“ fördert sowie „die Not der Bedürftigen“ lindert. Dieser Verantwortung entsprechend ist die Possehl-Stiftung, die im Mai des Jahres 1919 ihre Arbeit aufnahm, seit nunmehr 100 Jahren eine starke Stütze der städtischen Gesellschaft, ihrer Kultur und Architektur.
Die Possehl-Stiftung hat bisher im Sinne ihres Stiftungszwecks mit 391 Millionen Euro Projekte, Initiativen, Vereine und Institutionen in der Hansestadt Lübeck gefördert. Zu den großen Förderprojekten in den vergangenen Jahrzehnten zählten u.a. die Sanierung des Stadttheaters, der Anbau der Kunsthalle St. Annen an das St. Annen-Museum, die Unterstützung bei der energetischen Modernisierung der Lübecker Schulen oder bei der Sanierung der Lübecker Synagoge und der Musik- und Kongresshalle, die Förderung des Projekts „Stadt der Wissenschaft“ die Übernahme des Figurentheaters und Figurentheatermuseums sowie der Bau des Europäischen Hansemuseums.
Dabei hat die Stiftung aber nie nur große oder prestigeträchtige Projekte im Blick, denn im eigentlichen Fokus stehen immer auch die kleinen und konkreten Projekte und Nöte der Lübecker Bürgerinnen und Bürger. Die finanziellen Zuwendungen werden in Menschen, Institutionen, Bauten oder Orte der kulturellen Begegnung in der Erwartung investiert, dass der soziale, gesellschaftliche oder kulturelle Mehrwert deutlich größer ausfällt als das eingesetzte Kapital. Die Possehl-Stiftung verfolgt dabei zielstrebig und mit Weitblick ihre Stiftungsbestimmung, um das eingesetzte Geld in Chancen zu verwandeln.
Zusammengefasst zeigt das 100-jährige Wirken der Possehl-Stiftung vor allem in den letzten Jahrzehnten: Der Erhalt des kulturellen Erbes, die Vielfalt des kulturellen und sozialen Angebots wären angesichts der Haushaltslage der Stadt in den vergangenen Jahren ohne das großzügige gesellschaftliche Engagement der Possehl-Stiftung nicht denkbar und zeichnet dafür mitverantwortlich, dass Lübeck eine attraktive und lebenswerte Stadt für alle gesellschaftlichen Gruppen und Ziel von mehreren Millionen Touristen jedes Jahr ist. Die Förderungen der Stiftung ermöglichten vielen Menschen, selbstbestimmt ihre Lebenschancen wahrzunehmen. Das Wirken der Stiftung half das Gemeinwesen zu stärken, in dem gezielt Vereine, Gruppen und Initiativen unterstützt werden, die den sozialen Zusammenhalt fördern.
Hintergrund:
Die Goldene Ehrendenkmünze „Bene Merenti“ wurde 1835 vom Senat Lübecker Senat für die „Anerkennung von Verdiensten“ Einzelner geschaffen und seit dieser Zeit 55mal verliehen, zuletzt im Jahr 2014 an Dr. Christian Dräger. Lediglich im Jahr 1889 wurde die Bene Merenti – Ehrendenkmünze auf Beschluss des Senats nicht an eine Einzelperson, sondern an die Gesellschaft zur Beförderung gemeinnütziger Tätigkeit anlässlich ihres 100-jährigen Bestehens verliehen. Öffentlich anerkannt werden sollten seinerzeit gleichzeitig die Verdienste der Gesellschaft um die Hansestadt Lübeck.+++