Das Lübecker Konzept der Flüchtlingsunterbringung sieht vor, dass diesen Menschen nach ihrem Aufenthalt in einer Erstaufnahmeeinrichtung des Landes (EAE) möglichst unverzüglich ein selbstständiges Wohnen ermöglicht wird, damit eine schnelle Integration in den Alltag erfolgen kann. Das heißt: Sie sind selbst verantwortlich für ihre Haushaltsführung (Verpflegung, Arztbesuch, Alltagsgestaltung etc.). Hierfür erhalten sie finanzielle Mittel nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Diese Lebensführung ist in Notunterkünften wie Turnhallen oder Baumärkten nicht umsetzbar. Mangels ausreichender Gemeinschaftsunterkünfte in festen Bauten und Containerdörfern weicht die Stadt deshalb, neben anderen Notunterkünften, auf derzeit 29 gewerbliche Unterkünfte wie Hotels und Pensionen aus. Aufgrund der hohen Flüchtlingszahl im 2.Halbjahr 2015 wuchs die Zahl der genutzten gewerblichen Unterkünfte von 160 Plätzen im Januar 2015 auf 480 Plätze im Januar 2016 an. Für die Belegung derartiger gewerblicher Unterkünfte hat die Hansestadt Lübeck einen klaren Kriterienkatalog erstellt: Neben Schlafplatz und Gemeinschaftsfläche müssen sanitäre Einrichtungen und eine Kochmöglichkeit vorhanden sein. Je nach Standard des Objekts werden 18 bis maximal 20 Euro pro Person und Nacht bezahlt (Kosten fallen nur bei Belegung an). Zum Vergleich: Die Unterbringung in einem Containerdorf kostet derzeit 15 bis 17 Euro pro Person und Nacht. Die Betreuung in den städtischen Unterkünften (gewerbliche und Gemeinschaftsunterkunft) erfolgt grundsätzlich nach einem Lübecker Betreuungsschlüssel: ein Betreuer kümmert sich um 40 Flüchtlinge. Sind die Wohneinheiten kleiner als 40 Plätze, gibt es kein Büro vor Ort, der Betreuer besucht die Einheit regelmäßig zu festgelegten Zeiten.
Grundsätzlich verfolgt die Stadt das Ziel, zunächst die Notunterkünfte wie die Turnhalle in Moisling und den ehemaligen Baumarkt (diese Woche) leer zu ziehen, dann die gewerblichen Unterkünfte. Da hier Tagespreise aufgerufen sind, macht eine Prioritätenliste oder gar ein Umzug von einer Hotelunterbringung in die nächste keinen Sinn. Zudem geht die Stadt aufgrund der aktuellen Situation (2500 neue Flüchtlinge in 2016, Baustopp Ostseestraße, Rückzug eines Investors für 3 geplante Unterkünfte, geringe Auszugszahlen aufgrund der angespannten Wohnungsmarktlage) davon aus, dass ein schneller Leerzug der gewerblichen Unterkünfte nicht möglich sein wird.
Alternativ hat die Hansestadt Lübeck die städtische und damit kommunale Unterbringung von Flüchtlingen innerhalb der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes (EAE) auf dem Volksfestplatz geprüft. Damit eine parallele Nutzung der Container als EAE und als städtische Gemeinschaftsunterkunft erfolgen kann, gilt es unter anderem folgende Fragen zu klären:
- Asylsuchende in einer EAE erhalten eine „Rundum-Versorgung“, also Verpflegung, ärztliche Versorgung etc. in vollem Umfang und deswegen lediglich ein Taschengeld. Flüchtlinge in den Gemeinschaftsunterkünften dagegen erhalten erheblich höhere finanzielle Leistungen nach Asylbewerberleistungsgesetz, um selbständiges Wohnen zu ermöglichen. Deshalb muss sicher gestellt werden, dass keine Mischung beider Gruppen erfolgt, Leistungen wie Verpflegung etc. nur nach Berechtigung auch beansprucht werden. Gleichzeitig müssten aber auch bspw. Küchencontainer nachgerüstet werden, um selbstständiges Wohnen zu ermöglichen.
- Die Betreuung der Asylsuchenden in der EAE erfolgt im Auftrag des Landes durch das Deutsche Rote Kreuz. Die Hansestadt Lübeck kann nicht ohne Ausschreibung auf diese vor Ort angebotene Betreuungsleistung zurückgreifen, denn gemäß Beschluss des Hauptausschuss vom 10. Mai 2016 muss vor Inbetriebnahme einer neuen Gemeinschaftsunterkunft der Betreuungsvertrag ausgeschrieben werden. Bisher übernimmt die Gemeindediakonie im Auftrag der Stadt die Betreuung der Flüchtlinge
- Grundsätzliche Rahmenbedingungen zum Betrieb der EAE des Landes sind der Stadt nicht bekannt: Kosten pro Platz, sanitäre Versorgung, Bewachung etc.
Seitens der Hansestadt Lübeck ist in dieser Woche eine Anfrage an das zuständige Innenministeriums des Landes Schleswig-Holsteins erfolgt, ob, und wenn ja, zu welchen Konditionen eine Nutzung der zur Zeit freien Kapazitäten der EAE auf dem Volksfestplatz als kommunale Gemeinschaftsunterkunft möglich ist. Zwischenzeitlich hat das Land der Hansestadt angeboten, die bisherige Landesunterkunft auf dem Volksfestplatz vollständig als kommunale Unterkunft zu nutzen. Die Details, wie die finanziellen und organisatorischen Rahmenbedingungen, werden jetzt kurzfristig geprüft. +++