Liebe Mitbürgerinnen und liebe Mitbürger,
mit schnellen Schritten geht das Jahr zu Ende und das neue Jahr wirft bereits seine Schatten voraus. Der richtige Zeitpunkt, einen Blick zurück zu werfen und zugleich darüber nachzudenken, was das kommende Jahr uns bringen mag.
Das Jahr 2008 war sicherlich eines der spannendsten der jüngeren Vergangenheit – sowohl für die Verwaltung als auch für die Politik in der Lübecker Bürgerschaft. Bei der Kommunalwahl Ende Mai wurde das Gemeindeparlament für die Wahlperiode vom 1. Juni 2008 bis zum 31. Mai 2013 gewählt. Die Bürgerschaft ist so groß, wie nie zuvor in ihrer über 60jährigen Geschichte. Nachdem in der vergangenen Wahlperiode noch 50 Mitglieder in die Interessenvertretung der Lübeckerinnen und Lübecker gewählt worden waren, sind es nach der Wahl am 25. Mai 2008 zunächst 58 Bürgerschaftsmitglieder gewesen. Nach dem neu festgestellten Ergebnis der Kommunalwahl durch den Gemeindewahlausschuss am 29. September besteht die Lübecker Bürgerschaft seit dem 7. Oktober nunmehr aus 60 Mitgliedern. Zudem ist das politische Spektrum so „bunt“ wie nie zuvor. Die SPD errang 18 Mandate, die CDU erhielt 15 Sitze und verlor damit ihre absolute Mehrheit aus der vorangegangenen Wahlperiode. Die neu formierte Partei Bürger für Lübeck (BfL) errang ebenso wie Bündnis 90/Die Grünen und „Die Linke“ sieben Sitze. Als fraktionsloses Mitglied vertritt Dr. Hildegund Stamm das Wählerbündnis „Lübecker Bunt“.
Die neue Zusammensetzung der Bürgerschaft ist sowohl für die Beschäftigten der Verwaltung als auch für die Bürgervertreter eine große Herausforderung – das Zusammenspiel zwischen Politik und Verwaltung funktioniert aber immer besser. Die erste große Bewährungsprobe ist der Haushalt für 2009, der voraussichtlich im Februar verabschiedet werden soll. Durch die aufziehende Finanzkrise, und die damit verbundenen Folgen sind für den städtischen Haushalt noch nicht verlässlich vorauszusagen. Die Unsicherheit der Prognosen über die künftige Entwicklung ist schlichtweg zu groß. Nur so viel ist sicher, die Hansestadt Lübeck wird die Auswirkungen der Krise zu spüren zu bekommen.
Dennoch kann die Hansestadt Lübeck stolz auf das bisher Erreichte beim Haushalt sein. Allen Unkenrufen zum Trotz ist der Schuldenberg der Kommune gesunken. Von vormals 468 Millionen Euro auf rund 450 Mio. Euro zum Ende des Jahres. Dieser Erfolg ist nicht zuletzt auch das Resultat der Bemühungen zur Haushaltskonsolidierung in den vergangenen Jahren. Die Pro-Kopf-Verschuldung, bezogen auf die Kredite, die die Hansestadt Lübeck für Investitionen aufgenommen hat, ist ebenfalls rückläufig. Rein rechnerisch hat jeder Lübecker Einwohner 2.128 Euro Schulden – vom Säugling bis zum Greis. Im Jahr 2007 lag diese Kennziffer bei 2.218 Euro. Zu beachten ist dabei, dass diese Investitionen immer auch den nachfolgenden Generationen zu Gute kommen. Denn es sind Ausgaben, die insbesondere für Infrastrukturmaßnahmen vorgenommen werden.
Im Haushalt konnte das strukturelle Defizit weiter reduziert werden und fällt geringer aus als zu Jahresbeginn geplant. Gemäß der 2. Nachtragshaushaltssatzung 2008 liegt das Defizit bei 133 Millionen Euro. Da laut Haushaltsordnung aber Defizite aus Vorjahren spätestens nach zwei Jahren ausgeglichen werden müssen, ist in dem Defizit der Verlust des Jahres 2006 in Höhe von 118 Mio. Euro enthalten. Somit weist der laufende Haushalt ein strukturelles Defizit von „nur“ noch 15 Millionen Euro aus. Allerdings ist schon jetzt abzusehen, dass das „Haushaltsloch“ im kommenden Jahr aufgrund der internationalen Finanzkrise auf über 30 Millionen Euro ansteigen wird. Zur Haushaltskonsolidierung gibt es auch in Zukunft keine Alternative. Sowohl Verwaltung als auch Politik sind daher gefordert, sich weiter anzustrengen. Aber angesichts der Finanz- und Wirtschaftskrise wird die Stadt das alleine nicht schaffen können. Große Hoffnungen setzen wir deshalb in das Konjunkturprogramm der Bundesregierung und erwarten zur Ankurbelung des Wachstums und zur Beschäftigungssicherung ein Investitionsprogramm zur Sanierung und Modernisierung der kommunalen Infrastruktur. Das ist gut angelegtes Geld für die Zukunft unserer Stadt.
Dennoch ist die Bautätigkeit in der Hansestadt Lübeck, ob nun durch die öffentliche Hand oder private Investoren so stark wie seit Jahren nicht mehr. Beispielhaft sei nur an den Bau und die Eröffnung des neuen Haerder-Centers im Herzen der Altstadt erinnert, an die erst kürzlich frei gegebene neue „Meierbrücke“ und die Nordtangente mit der „Eric-Warburg-Brücke“, die zu spürbaren Verkehrsentlastungen am Innenstadtrand führt. Nicht zu vergessen sind auch die Elektrifizierung der Bahnstrecke nach Hamburg und somit der Anschluss der Hansestadt an das ICE-Netz der Deutschen Bahn AG, der Bau des neuen Handelshofes durch die Ramada-Gruppe, der Bau des Altstadthotels in der Schmiedestraße und eines Modehauses an der Ecke Beckergrube/Breite Straße oder aber auch die laufenden Vorhaben zur Neugestaltung der Achse Schrangen – Klingenberg. Hervorzuheben ist die beabsichtigte Realisierung des Projektes Nördliche Wallhalbinsel. Bei diesem 130 Millionen Euro großen Investitionsvorhaben wurde nunmehr ein siegreicher Architekturentwurf ausgewählt, auf dessen Grundlage in den nächsten Jahren ein neues Stadtquartier mit Büros, Wohnungen und Gastronomie auf diesem Filetstück gegenüber der Altstadt entstehen soll.
Erfolgreich abgeschlossen werden konnten auch zwei nahezu parallel laufende Privatisierungsvorhaben. Sowohl für die Abfallsparte der Entsorgungsbetriebe als auch für die städtische Lübecker Hafen-Gesellschaft mbH (LHG) konnten strategische Partner gefunden werden. Das Unternehmen Nehlsen gründete rückwirkend zum 1. Januar 2008 gemeinsam mit der Stadt die Stadtreinigung Lübeck GmbH (SRL). Durch die vereinbarte Minderheitsbeteiligung in Höhe von 49,9 Prozent bleibt somit der Einfluss der öffentlichen Hand weiterhin gewahrt. Auch die berechtigten Interessen der Beschäftigten sind zukunftssicher vereinbart worden. Abgestimmt mit der Gesellschaft, den Betriebsräten und der Gewerkschaft wurden für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der neuen SRL eine Arbeitnehmersicherung abgeschlossen. Eine Arbeitnehmersicherung wurde auch für die Hafenbeschäftigten bei der LHG und beim Hafenbetriebsverein e.V. abgeschlossen. Bei der LHG stieg als strategischer Investor die Deutsche Bank–Tochter Rreef ein und erwarb 25,1 % der Gesellschaftsanteile.
Dass Lübeck sich zu Recht als Stadt der Wissenschaft(en) sieht, zeigt sich angesichts der großen Bedeutung der vier Lübecker Hochschulen – Universität und Fachhochschule, Musikhochschule und Verwaltungsfachhochschule der Bundespolizei. Sie sind fester Bestandteil unserer Stadt und tragen erheblich zum Ruf Lübecks als einer zukunftsgerichteten, modernen und weltoffenen Stadt bei. Die Hochschulen haben in den letzten Jahren immer wieder vielfältige Auszeichnungen und Preise für hervorragende Leistungen in Wissenschaft, Forschung und Lehre erhalten. In den nationalen und internationalen Rankings der besten Hochschulen belegen sie immer wieder Spitzenplätze.
Zwar ist es Lübeck in diesem Jahr nicht gelungen, sich beim bundesweiten Wettbewerb um die Auszeichnung als „Stadt der Wissenschaft 2009“ durchzusetzen, doch die Bewerbung hat einen Schwung ausgelöst, der beibehalten werden soll. Daher wird nun ein Wissenschaftsmanager gesucht, der die positiven Entwicklungen der Bewerbungsphase aufgreifen und fortsetzen soll. Das Stellenbesetzungsverfahren läuft derzeit. Es wird vor allem auch darum gehen, die Technologie- und Knowhow-Transfer zwischen Hochschulen und Wirtschaft weiter auszubauen.
Einmal hat sich Lübeck als Kulturhauptstadt des Nordens beweisen können. Der Thomas-Mann-Preis ging in diesem Jahr an Daniel Kehlmann, einem der vielversprechendsten Schriftsteller Deutschlands. Das Stadttheater feierte furios seinen 100. Geburtstag und ganz Lübeck rennt ins Kino, um „unsere“ Buddenbrooks“ zu sehen.
Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,
wir leben in turbulenten Zeiten, die uns vor große Herausforderungen stellen. Wir sollten jetzt optimistisch nach vorne schauen, unsere Kräfte und Stärken bündeln, damit wir gemeinsam die Hansestadt Lübeck weiter nach vorne bringen. Wir wollen daran arbeiten, dass unsere Stadt liebens- und lebenswert bleibt zum Wohle der Menschen, die in ihr leben und die zu uns kommen.
An dieser Stelle möchten wir allen Bürgerinnen und Bürgern danken, die sich vorbildlich nicht nur im abgelaufenen Jahr ehrenamtlich für das Gemeinwesen eingesetzt haben. Ihre Leistung zu unser aller Wohl ist nicht hoch genug zu würdigen.
Wir wünschen allen Bürgerinnen und Bürgern unserer Stadt und allen Menschen, denen unsere Stadt am Herzen liegt, einen guten Rutsch in ein glückliches, erfolgreiches und vor allem gesundes neues Jahr.
Gabriele Schopenhauer Bernd Saxe
Stadtpräsidentin Bürgermeister+++