Gesundheitsamt: Gruppenangebot für alkoholkranke Frauen
Die Alkoholberatungsstelle des Gesundheitsamtes der Hansestadt Lübeck bietet einen neuen Kurs an, der sich an alkoholkranke Frauen sowie weibliche Angehörige von Alkoholkranken wendet.
Das Trinken von Alkohol gehört bei Frauen wie bei Männern zum täglichen Leben. Es besteht auch heute noch ein wesentlicher Unterschied in der Bewertung einer stark trinkenden Frau und eines stark trinkenden Mannes. Starkes und exzessives Trinken ist nach wie vor ein Bestandteil der Männerkultur. Bei Frauen wird dieses Verhalten verachtet und diskriminiert während bei Männern diese Verhaltensweisen als männlich und positiv bewertet werden.
Nach Schätzungen der Deutschen Hauptstelle gegen Suchtgefahren gibt es in Deutschland 530.000 Alkoholikerinnen und eine Million medikamentenabhängige Frauen. Die Verordnung von Medikamenten bei Frauen liegt um rund 50 Prozent höher als bei Männern. Zu den am meisten konsumierten Medikamenten gehören Psychopharmaka. Gefährlich sind hierbei die Psychopharmaka mit einem hohen Suchtpotential, wie Schlaf- und Beruhigungsmittel. Studien belegen, daß Frauen häufiger unter depressiven Verstimmungen, schweren Depressionen, Angst – und Eßstörungen leiden im Gegensatz zu Männern. Von daher „schlucken“ sie doppelt soviel Psychopharmaka – zwei Drittel der Medikamentenabhängigen sind Frauen!
Rolf Hüllinghorst, Geschäftsführer der deutschen Hauptstelle gegen Suchtgefahren erklärt dazu: „Viele süchtige Frauen suchen die Schuld bei sich selbst. Männer dagegen machen eher andere Menschen oder Lebensumstände für ihre Sucht verantwortlich.“
Trinken ist ein Ausdruck von Frust und Leid. Alkoholika sind Ersatz von Wut, mangelndem Selbstbewußtsein, Einsamkeit und fehlendem Durchsetzungsvermögen. Diese selbstzerstörende Strategie – der Selbstmord auf Raten – ist oft eine Antwort auf problembehaftete und gesellschaftliche Bedingungen. Aufgrund der Vielzahl ungelöster familiärer und beruflicher Konflikte sowie der eigenen Biographie kompensieren Frauen Diskriminierungen und die damit verbundene negative Emotionalität durch psychosomatische Störungen und Erkrankungen, aber auch durch Suchtmittel wie Alkohol, Nikotin und/oder Medikamenten.
Auch durch geschickte Werbung der Medien werden Glück und Wohlbefinden versprochen. Viele Konsumenten glauben - durch ständige Berieselung mit diesen Werbebotschaften - an die Wirkung der Stimulanzien: Präparat A macht kritikfähig, einsichtig, kontaktfreudig, nimmt Angst und schenkt Lebensfreude. Präparat C verspricht ein Leben ohne Angst, Schmerz, Anstrengung, Risiko, Trauer und Unsicherheit. All diese Versprechungen gehören zu den unerfüllten Wünschen, die zur Sucht führen können.
Die jahrelange Erfahrung im Suchtbereich zeigt, daß spezielle Therapieangebote für Frauen unzureichend angeboten werden. Daher sind oft die Interessen sowie die unterschiedlichen Lebenssituationen von Frauen nicht berücksichtigt worden.
Aus diesem Grund bietet Barbara Pauls von der Alkoholberatungsstelle des Gesundheitsamtes der Hansestadt Lübeck eine Gesprächsgruppe für Frauen und weibliche Angehörige an. Ziel dieser Gruppe ist die kritische Auseinandersetzung mit sich selbst und ihrem sozialen Umfeld, um zu einer realistischen Selbsteinschätzung zu kommen. Frauen sollen lernen, ohne Ersatzmittel wie Alkohol, Nikotin und/oder Psychopharmaka selbstbewußt auf Krisensituationen zu reagieren, ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse erkennen und realisieren.
Wer Interesse an dieser Frauengruppe hat, meldet sich bitte bei Barbara Pauls, Alkoholberatungsstelle des Lübecker Gesundheitsamtes der Hansestadt Lübeck, Sophienstraße 2 - 8, Lübeck, Telefon: (0451) 122-53 46. +++