Renaissancefassade des Rathauses erhält hellen Anstrich
Die Gutachterkommission „Renaissancefassade Rathaus“ hat heute nachmittag über den zukünftigen Anstrich von Lübecks „guter Stube“ entschieden: Nach einstimmiger Meinung der Experten soll die Sandsteinfassade an der Marktseite einen Anstrich in einem helleren Grauton erhalten, der etwas heller sein soll als die heute besichtigte Probe. Architekturdetails wie Mauervorsprünge oder kleine Halbsäulen („Pilaster“) sollen – nach Auffasssung einer großen Mehrheit der Kommission - dabei ebenfalls den gleichen Farbton erhalten, um die enorme Plastizität der sogenannten Laube nicht noch mehr zu betonen. Auch über die Farbgebung der Wappen wurde Einigkeit erzielt: Sie sollen möglichst matte, aber dennoch bunte Farben mit glänzenden Gold- und Silberverzierungen, entsprechend der Heraldik, erhalten, womit zugleich der Eindruck vermieden werden soll, die Fassade werde „bunt“. Dabei soll das Zusammenspiel mit den übrigen Wappen am gesamten Rathaus gewahrt werden.
Eine wesentliche Frage haben die Fachleute heute ebenfalls geklärt: Da die Sandsteinfassade aus unterschiedlichsten Steinarten besteht, die wiederum unterschiedlich hohe Eisenoxidanteile aufweisen, mußte ein Farbanstrich gefunden werden, der einen Austritt des Eisenoxids verhindert, den Stein aber zugleich dauerhaft schützt und konserviert. Das ist nur bei sogenannter Leimfarbe mit Bleizusatz der Fall. Dieser besondere, in den Stein eindringende Farbanstrich verhindert, daß das Eisenoxid aus dem Sandstein austritt und sich dann häßliche braune Flecken („Rostflecken“) auf der Fassade abzeichnen. Bei „atmenden“ Farben, also herkömmlicher Fassadenfarbe auf Kalk- oder Silikatbasis, würden diese braunen Flecken nach und nach auftreten.
Aufgrund dieser heutigen Entscheidung soll der neue Anstrich bereits in Kürze aufgetragen werden. Noch in dieser Woche soll der Auftrag vergeben werden, so daß die Fassade gestrichen wird, sobald die Witterung es zuläßt. Leimfarbe mit Bleizusatz muß in mehreren Arbeitsgängen aufgetragen werden, wobei zwischen jedem Anstrich etwa zehn Tage gewartet werden muß, um die Farbe abbinden zu lassen. Besonders beim letzten, dritten, Anstrich muß darauf geachtet werden, daß durch entsprechende Zusätze die Farbe einen weitgehend matten Ton erhält, ein Glanzeffekt also vermieden wird.
Hintergrund: Die Renaissance-Fassade wurde 1570/71 durch den Steinhauermeister Hans Fleminck und dessen Mitarbeiter Hercules Midow aus Gotland-Sandstein und “Benttiner Stein” in der Form der niederländischen Renaissance errichtet. Diese marktseitig gelegene „Laube“ (oberhalb des Eingangs zum Ratskeller) wurde bereits in der Vergangenheit mehrfach ausgebessert. Erste Sanierungsmaßnahmen sind bereits aus dem Jahr 1830 bekannt. Da schon damals der Gotland-Sandstein stark geschädigt war, wurde er überwiegend durch andere Sandsteine, insbesondere Elbsandstein, ersetzt. Auch nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Fassade mehrfach ausgebessert, doch bereits 1988 wurden erneut große Schäden festgestellt, die durch Reinigung und Festigung der Steine behoben werden sollten. Dazu jedoch kam es nicht. Denn der mit der Untersuchung der Fassade beauftragte Restaurator Jochen Seebach aus Emkendorf bei Kiel wies in seinem Bericht darauf hin, daß die geplante Maßnahme zu Folgeschäden führen würde.
Hinweis für die Medien: Weitere Details sind der Pressemitteilung „Sanierung der Renaissance-Fassade des Rathauses läuft an – Meldung 000118R vom 10. Februar 2000“ zu entnehmen. Die Meldung steht im Internet-Pressedienstarchiv, Februar 2000, regionale Meldungen, im Lübeck:Fenster (www.luebeck.de) +++