Hansestadt Lübeck richtet ein Günter-Grass-Haus ein

Veröffentlicht am 01.06.2001

Hansestadt Lübeck richtet ein Günter-Grass-Haus ein

Hansestadt Lübeck richtet ein Günter-Grass-Haus ein

010404DK 2001-06-01

Lübeck wird ein Günter-Grass-Haus einrichten. Dies beschloß die Bürgerschaft, der Rat der Hansestadt, auf ihrer jüngsten Sitzung am Donnerstag, 31. Mai, mit großer Mehrheit und nur einer Gegenstimme. Damit ist der Weg frei für die Unterzeichnung eines entsprechenden Vertrages zwischen Günter Grass und der Hansestadt. Der Vertrag war am 11. Februar bereits von dem in Lübeck lebenden Schriftsteller sowie von Bürgermeister Bernd Saxe und Kultursenator Ulrich Meyenborg paraphiert worden.

Träger des Grass-Hauses soll die Kulturstiftung der Hansestadt Lübeck werden. Sie betreibt die Gedenkstätte für die Brüder Heinrich und Thomas Mann im “Buddenbrookhaus” in der Mengstraße. Dessen Leiter Dr. Hans Wißkirchen wird auch die Leitung des neuen Grass-Hauses übernehmen.

Lübeck ist damit die einzige deutsche Stadt, die ein Literaturinstitut für zwei Literaturnobelpreisträger betreibt. “Dies stellt eine weltweit einmalige Chance dar”, sagte Senator Meyenborg. Die Verknüpfung sei äußerst sinnvoll: Thomas Mann stehe, gemeinsam mit Heinrich und seiner Familie, repräsentativ für die Literatur der ersten Hälfte des Jahrhunderts, mit Rückgriffsmöglichkeiten in das 19. Jahrhundert. “Günter Grass steht exemplarisch für die zweite Hälfte des 20. Jahrhunderts und öffnet uns den Weg in das 21. Jahrhundert”, so Meyenborg.

Zur Verwirklichung dieser Pläne finanziert die Stadt 4,2 Millionen Mark vor, die durch Mittel von Bund, Land und Sponsoren weitgehend gedeckt werden. Dafür erwirbt die Stadt die Hälfte des Hauses in der Glockengießerstraße 21, in dem der Schriftsteller 1995 nach seinem Umzug von Berlin seinen Wohnsitz genommen und sein Sekretariat eingerichtet hat, und baut sie publikumsgerecht um.

In der Diele und im Hofgebäude des Gebäudes soll ab 16. Oktober 2002, dem
75. Geburtstag von Grass, eine erste Ausstellung öffentlich zugänglich sein. Die dafür erforderlichen Umbauten werden in diesem Herbst beginnen und unter anderem einen “Kunstraum” Grass schaffen, in dem auf rund 240 Quadratmetern die Verbindung von bildender Kunst und Literatur bei Günter Grass von den frühen 50er Jahren bis in die Gegenwart präsentiert wird. Das Konzept geht dabei von Jahresausstellungen aus, die das Werk von Günter Grass in den Mittelpunkt stellen, aber auch andere künstlerische Doppelbegabungen präsentieren werden.

Die Umbaumaßnahmen sehen weiterhin einen Museumsshop und ein Museumscafé vor.

Als Basis der neuen Forschungs- und Gedenkstätte wird die Hansestadt zum ersten eine umfassende Auswahl aus dem bildkünstlerischen “Vorlaß” von Günter Grass von den Anfängen bis in die Gegenwart erwerben. Darüber hinaus wird der literarische Vorlaß von 1995 an ebenfalls erworben und künftig in Lübeck wissenschaftlich betreut werden. Die Arbeit der Kulturstiftung ist im Bereich der wissenschaftlichen Aufarbeitung und der Publikumspräsentation darauf ausgerichtet, die Einheit im Werk von Günter Grass darzustellen. So finden sich zentrale Motive in der erzählenden, dramatischen, lyrischen und bildenden Kunst. Diesen Motiven nachzuspüren wird für die Wissenschaftler und Besucher aus aller Welt dann nur in Lübeck möglich sein.

Das Günter-Grass-Haus in Lübeck, die Akademie der Künste in Berlin, die den literarischen Vorlaß bis 1995 besitzt, das deutsche Literaturarchiv in Marbach, das eine vollständige Sammlung der Rezeptionszeugnisse betreut und die Günter-Grass-Stiftung Bremen mit ihrem audiovisuellen Archiv wollen im Interesse der wissenschaftlichen Erforschung des Gesamtwerkes von Günter Grass und dessen Vermittlung in der Öffentlichkeit künftig eng zusammenarbeiten. +++