000271L 2000-04-05
Von Donnerstag, 27. April, bis zum 15. Mai ist in der St. Petri Kirche zu Lübeck die außergewöhnliche Wanderausstellung zum Thema Suchtpräventation “EINFACH MENSCHLICH”. Von Menschen und Süchten - Ausstellung eines Phänomens” zu sehen. Die Realisation der erlebnispädagogischen Ausstellung wird durch Lions Clubs und die Hansestadt Lübeck unterstützt und begleitet durch den Träger, die “S. u. G. - Suchtpräventation und Genesung e. V.” Gefördert wird die Wanderausstellung durch die Deutsche Angestellten Krankenkasse, Schirmherrin in Lübeck ist die Sozialsenatorin Dagmar Pohl-Laukamp.
“EINFACH MENSCHLICH” ist eine Erfahrungsausstellung, nicht in erster Linie von Ärzten, Psychologen, Wissenschaftlern, sondern von Menschen gemacht, die erlebt haben, wie es ist, süchtig zu werden, erfahren haben, wie es sich anfühlt, süchtig zu sein und die Wege gefunden haben, das Ausleben ihrer Sucht zu beenden. Keine Belehrungen, kein pädagogischer Zeigefinger, sondern Erfahrungen, die berühren, zum Nachdenken anregen und die Gefühle und Erfahrungen der Besucher ansprechen. Davon lebt “EINFACH MENSCHLICH”.
Wer denkt beim Stichwort Sucht nicht zuerst an Alkohol, Zigaretten, Drogen, vielleicht noch an Magersucht? Denn Sucht sind auch nichtstoffliche Süchte. Süchtig sind für eine Mehrzahl unserer Bevölkerung immer “die Anderen”, die Randgruppen unserer Gesellschaft, die Menschen, die schon im Endstadium ihrer Sucht angelangt sind. Daß die Realität wesentlich komplexer ist, zeigt diese Ausstellung.
“EINFACH MENSCHLICH” verdeutlicht die fließenden Übergänge von Gesundheit zu Krankheit - weg von der Information über die Wirkungsweisen verschiedenster Stoffe. Ziel der Ausstellung ist die Sensibilisierung für die Krankheit Sucht und ihre Mechanismen. Schleswig-Holstein hat unter den westlichen Bundesländern die höchste Steigerung an Drogentoten.
Mit 80 drogenbedingten Todesfällen 1999 ist die Zahl gegenüber dem Vorjahr um 48,1 Prozent gestiegen. Diese erschütternde Bilanz nehmen die Lübecker Lions Clubs zum Anlaß einer bemerkenswerten “Zone Activity”. Schon vor dem auffälligen Endstadium ist Sucht eine sehr leidvolle Krankheit. Nach der anfänglich so positiven Wirkung von Sucht erleben Süchtige zunehmend eine Minderung ihrer Lebensqualität, Depressionen, Sinnleere, psychosomatische Erkrankungen. Ängste - oft ohne das die dahinterstehende Suchtkrankheit erkannt wird.
EINFACH MENSCHLICH hilft, Sucht zu verstehen - eine große Chance zu einer erfüllten, sinnhaften und selbstbestimmten Lebensweise. In acht Stationen, auf 400 Quadratmetern zeigen Betroffene und Fachleute in der Lübecker St. Petri Kirche die Sucht in allen Erscheinungsformen und führen Genesungsmöglichkeiten auf. Die Erfahrungswelt der Süchtigen wird durch eine dreidimensionale Gestaltung und begehbare Rauminstallationen begreif- und nachvollziehbar. Ihre Ängste und Gefühle vor, in und nach der Sucht werden spürbar.
Lebensgroße Standfiguren führen am Eingang in die Welt der Ausstellung ein. Sie zeigen ganz normale Menschen, von denen der eine oder andere süchtig ist. Ein raumhoher Baum zeigt die vielen Erscheinungsformen der Sucht, unter anderem Arbeitssucht, Medikamentensucht, Streitsucht, Habsucht, Eifersucht, stoffliche und nichttoffliche Sucht. In einem Wandelgang werden Fragen zum Thema von Betroffenen und Fachleuten beantwortet, während in einem Videoraum Passanten und ehemalige Süchtige ihre Erfahrungen schildern.
Auf überlebensgroßen Standfiguren werden die typischen Suchtmerkmale dargestellt. An einem Objekt wird der Teufelskreis der Co-Abhängigkeit in Bewegung gesetzt. Es werden Möglichkeiten gezeigt, aus diesem Kreislauf auszusteigen. Eine begehbare, immer enger werdende Spirale macht den schleichenden Weg in die Abhängigkeit der Sucht erfahrbar, bis hin zum Teufelskreis Tiefpunkt Entzug.
Zwei Fachkräfte, die persönliche und professionelle Erfahrung mit Sucht haben, betreuen die Ausstellung und begleiten Schulklassen und Gruppen mit einem Einführungs- und Nachgespräch. Für Lehrer und Gruppenleiter gibt es ein Lehrerhandbuch für fünf Mark mit Stundengestaltungsmöglichkeiten. Außerdem werden an zwei Stellen der Ausstellung Bücher vorgestellt und Informationsmaterial angeboten.
Ein Rahmenprogramm mit hochkarätigen Referenten bereichert die sehens- und erlebenswerte Ausstellung. Am Donnerstag, 27. April, 16 bis 18 Uhr, spricht Edeltraud Sochaczewsky, Fachärztin für Kinder- und Jugendpsychiatrie zum Thema “Sucht - begünstigende Faktoren bei Kindern”. Am Donnerstag, 4. Mai, 19 bis 21.30 Uhr, referiert Dr. phil. Dipl. Psychologe C. Veltrup über den “Umgang mit jugendlichen Drogenkonsumenten”. Am Dienstag, 9. Mai, 15 bis 17 Uhr, geht es um “Motivationsarbeit und Motivationstherapie: Aktuelle Trends in Lübeck” und am Donnerstag, 11. Mai, 15 bis 17 Uhr, um “Suchtvorbeugung schon im Kindergarten”. In einer Telefonaktion der “Lübecker Nachrichten” am Montag, 3. Mai, 14 bis 15 Uhr, geben Experten Auskunft zum Thema “Suchthilfe in Lübeck”.
Die Ausstellung “EINFACH MENSCHLICH. Von Menschen und Süchten - Ausstellung eines Phänomens” ist für junge Leute ab 14 Jahre, für Erwachsene, Eltern, Lehrer, Schüler, Schulklassen, Gruppen, Betroffene und für alle, die schon immer wissen sollten, ob sie süchtig sind oder werden könnten. Zu sehen ist sie von Donnerstag, 27. April, bis 15 Mai in Lübeck, St. Petri Kirche, Am Petrikirchhof 1, montags bis donnerstags von 8.30 bis 17 Uhr, freitags von 8.30 bis 16 Uhr und sonnabends von 10 bis 14 Uhr. Für Lübecker Schulen gibt es täglich fünf Sonderführungen, so daß jede Schule die Möglichkeit hat, die Ausstellung zu besuchen. Der Eintritt ist frei. +++