520 Teilnehmerinnen und Teilnehmer vereinte die internationale Konferenz "60 Jahre nach dem Novemberpogrom. Historische und pädagogische Perspektiven", die vom 9. bis zum 11. November in der Hansestadt Lübeck stattfand. 55 Referentinnen und Referenten aus aller Welt diskutierten unter der Schirmherrschaft von Ignatz Bubis die Ursachen des Holocaust und gingen der Frage nach, inwieweit die Deutschen schuldig an der historischen Entwicklung gewesen sind.
Der international wohl bekannteste Wissenschaftler der Tagung ist Prof. Dr. Daniel Goldhagen gewesen, dessen Arbeit "Hitlers willige Vollstrecker" seit zwei Jahren - nicht nur in Deutschland - für Furore gesorgt hat. Seine These, daß an der Vollstreckung der Verbrechen am jüdischen Volk eine sehr hohe Zahl von Deutschen involviert gewesen sein müsse und damit auch schuldig geworden sei - wie auch Eisenbahnbeamte, die Juden in die Vernichtungslager gefahren haben - , hatte Zustimmung, aber auch besonders Protest in der breiten Öffentlichkeit wie unter Fachwissenschaftlern erregt.
Die Tendenz des Protestes und Nicht-Sehen-Wollens vieler Deutscher paßt zu der kürzlich durch Martin Walser entfachten Diskussion, ob in Deutschland bereits eine Übersättigung zu den Themen des Holocaust erreicht worden sei. So war es unter anderem Ziel der Konferenz, die Teilnehmer in einem breiten, sachlichen und unvoreingenommenen Diskurs an diese Thematik heranzuführen. Dies geschah im wesentlich in Diskussionsrunden, aber auch mit dokumentarischen und szenischen Filmen.
Besonders erfreulich ist der hohe Anteil junger TeilnehmerInnen bei dieser Konferenz - allein aus Lübeck und Umgebung waren mehr als 150 Schülerinnen und Schüler dabei, wobei die Teilnahme der SchülerInnen von den Lübecker Nachrichten, von der Reinhold-Jarchow-Stiftung, Lübeck, und dem Unterstützungswerk der Loge zur Weltkugel in Lübeck gespendet wurde. Zunehmend beteiligten sich die jungen Menschen auch in den Diskussionsrunden. Nach ihren Eindrücken befragt, äußerten sich viele SchülerInnen sowohl beeindruckt als auch motiviert, mit eigenen Forschungen zu beginnen.
Die Veranstalter verstehen dies als eines der ganz wichtigen Resultate der Konferenz. Ein weiterer wichtiger Aspekt sei, daß mit der Konferenz in Lübeck ein Zeichen gesetzt werde gegen Brandanschläge auf Synagogen und Kirchen, gegen dumpfe rechtsradikale Parolen und Hakenkreuzschmierereien.
Es ist vorgesehen, eine Dokumentation zur Tagung herauszugeben. Hierfür werden noch Sponsoren gesucht.+++