Am Dienstag, 15. September, ist die Restaurierung des linken Bogenfelds in der Nordhalle des Heiligen-Geist-Hospitals der Öffentlichkeit vorgestellt worden. Es handelt sich dabei um die - vermutlich um 1320 - 1325 angefertigte - Wandmalerei, die 1866 wiederentdeckt und von dem Lübecker Maler Stolle freigelegt wurde. Die sehr komplexe Darstellung, die bis heute ikonographisch nicht eindeutig geklärt ist, zeigt den "Salomonischen Thron".
Auf der Wand sind verschiedene Szenen dargestellt, so die Krönung Mariens durch Christus, den Bräutigam der Seele. Er läßt sie an seiner Herrschaft teilhaben, bildlich angedeutet ist das durch die Übergabe des Lilienzepters. Mit dem Bildtypus der Krönung verschmilzt die Darstellung der Maria als Königin der Engel. Vierzehn Engel gruppieren sich mit ihren Instrumenten auf dem Thron Salomons.
Von 1990 - 1995 war die Wandmalerei Schwerpunkt eines Forschungsprojektes des Bundesministeriums für Forschung und Technologie (BMFT). Im Rahmen dieses Projektes wurde unter Leitung des Restaurators Jochen Seebach, Emkendorf, eine umfangreiche Schadensanalyse erstellt. Die Ursachen für die Schäden sind vielfältig und nicht nur einem Symptom zuzuordnen. Eine der Hauptschadensursachen liegt in der Freilegung der Wandmalerei von 1866.
Bei der damaligen Freilegung wurde der ursprünglich blaue Hintergrund entfernt und rot übermalt. Die rote Übermalung war eine falsche Interpretation der sich noch unter der Malerei befindlichen Rötelung der Wand. Die Wandmalerei, es ist eine Temperamalerei, wurde dann 1866 mit Ölfarbe übermalt, was zu einer erheblichen Schädigung führte. Bei der zweiten Restaurierung in den Jahren 1939 - 1940 wurde die Ölübermalung weitgehend von der Oberfläche entfernt. Diese Maßnahme führte zu einer weiteren Schädigung. Viele Verätzungen der Oberfläche verdeutlichten dieses.
Der vom Dachgesims bis zum Boden durchgehende Riß auf der linken Seite ist auf Mauerwerkssetzungen zurückzuführen und sehr alt. Er wurde mehrfach wieder geschlossen. Der Mörtel des Risses war vollständig mit Salzen durchsetzt. Sehr hoch ist die Salz- und Gipsbelastung in der Wandmalerei und im Mauerwerk. Feuchtigkeit drang durch offene Fugen in das Mauerwerk und aktivierte die Salze bis zu dem Riß. Durch den Kristallisationsprozeß der Salze wurde an großen Bereichen die Malschicht zerstört und bröckelte ab.
Weitere Schäden verursachten Klimaschwankungen in der Kirche. Aufwendige Messungen während des BMFT-Projektes bewiesen, daß sich das Innenraumklima sehr schnell dem Außenklima angleicht. Die Klimamessungen und ihre Analyse zeigten aber auch, daß der jährlich veranstaltete Weihnachtsmarkt des Deutschen Verbandes Frau und Kultur keinen Einfluß auf die Schadensentwicklung hat.
Durch eine großzügige, zweckgebundene Spende des Deutschen Verbandes Frau und Kultur, Ortsgruppe Lübeck, an die Stiftung konnte nun die westliche Wandmalerei, der "Salomonische Thron", nach den neuesten Erkenntnissen der Wissenschaft vom beauftragten Restaurator Jochen Seebach konserviert und restauriert werden. In das Konservierungskonzept wurden die Ergebnisse der BMFT-Projekte aufgenommen, so daß die Hoffnung bleibt, daß die jetzige Konservierung einen längeren Bestand hat als die vorherigen.
Ziel der Konservierung war es, den derzeitigen Verfall der Wandmalerei zu verlangsamen oder gar zu stoppen, nicht jedoch die Malerei so wieder herzustellen, wie sie ursprünglich war. An der Außenfassade wurden die offenen Fugen neu verfugt, um zu verhindern, daß Wasser in die Wand eindringt. Die umfangreichen Arbeiten des Restaurators umfaßten im wesentlichen die Festigung abblätternder Malschichten "Scholle für Scholle", Entfernung von gips- und salzbelasteter Einputzungen und Schließung aufgeplatzter Konturen der Vorzeichnung mit Spezialmörtel. Alle Retuschen wurden in Tratteggio (Stricheltechnik) mit reversiblen Aquarellfarben ausgeführt, so daß sie jederzeit für den Fachmann erkennbar bleiben. Die Kosten der Konservierung und Restaurierung beliefen sich auf 165 000 Mark.
Dank der finanziellen Förderung des Verbandes Frau und Kultur wird es auch möglich sein, die Wandmalerei des rechten Bogenfeldes der Nordwand "Majestas Domini" durch Seebach mit ähnlichem Kostenaufwand restaurieren zu lassen. Diese Malerei weist einen Schadensumfang auf, der nur unwesentlich geringer ist als am "Salomonischen Thron".
Die Stiftung Heiligen-Geist-Hospital hofft, im Frühjahr 1999 der Öffentlichkeit beide Wandmalereien im konservierten und restaurierten Zustand präsentieren zu können. Ihr Dank gilt bereits jetzt dem Verband Frau und Kultur als großzügigem Förderer von Restaurierungsmaßnahmen im Heiligen-Geist-Hospital und aktiven Begleiter des jüngst abgeschlossenen ersten Arbeitsabschnittes; das gleiche gilt den Vertreterinnen und Vertretern der Bereiche Denkmalpflege und Hochbau, die in Projektgruppen und bei vielen Arbeitsbesprechungen der Stiftung und dem Restaurator mit fachmännischem Rat zur Seite standen. +++