Vorlage - 2024/13005-01-01  

Betreff: Antwort auf Anfrage gem. §16 GO, BM Detlev Stolzenberg (Unabhängige Volt-PARTEI): Nachfragen zur Beantwortung der Anfrage VO/2024/13005.
Status:öffentlich  
Dezernent/in:Senatorin Joanna HagenBezüglich:
VO/2024/13005
Federführend:5.610 - Stadtplanung und Bauordnung Bearbeiter/-in: Weiß, Dietmar
Beratungsfolge:
Senat zur Senatsberatung
Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck zur Kenntnisnahme
27.06.2024 
9. Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Lübeck in der Wahlperiode 2023 - 2028 zur Kenntnis genommen / ohne Votum   

Beschlussvorschlag
Sachverhalt
Anlage/n

Beschlussvorschlag

 

BM Detlev Stolzenberg hat in der Bürgerschaftssitzung vom 30.05.2024 Nachfragen zur Beantwortung der Anfrage VO/2024/13005 gestellt. „Zur o.g. Anfrage wurde auf den Zwischenbericht VO/2024/12854 verwiesen. Nach Lektüre des Zwischenberichtes ergeben sich Interpretationsspielräume, die einer Klarstellung bedürfen bzw. zu Nachfragen führen. Diese sollen hier beantwortet werden.

 

Folgende Nachfragen sollen beantwortet werden:

 

1. Ist es korrekt, dass die Verwaltung die Erstellung eines Rahmenkonzeptes für Solarenergie-Freiflächenanlagen nach den Vorgaben des Landes Schleswig-Holstein zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht erforderlich ansieht.

 

2. Ist es korrekt, dass die Verwaltung die Entwicklung von Kriterien für eine Prioritätensetzung zur Einleitung notwendiger Bauleitpläne derzeit nicht für erforderlich ansieht.

3. Ist es korrekt, dass der Flächenbedarf von Solaranlagen, wie dies im Masterplan Klimaschutz mit 200 ha benannt worden ist, deutlich oberhalb dieses Ziels anzusetzen wäre. Der Flächenbedarf kann jedoch erst nach Vorlage der kommunalen Wärmeplanung ermittelt werden.

4. In einer ersten Einschätzung sind im Zwischenbericht 177 ha als vorbelastete und nach § 35 BauGB privilegierte Flächen für Solarfreiflächenanlagen benannt worden. Allerdings wurde bei der Überprüfung der privilegierten Flächen noch nicht die aktuelle gesetzliche Vorgabe zum überragenden öffentlichen Interesse berücksichtigt. Deshalb ist zu erwarten, dass in diesen vorbelasteten Bereichen nur die Flächen konkret ausgeschlossen werden können, für die gesetzliche Ausschlusskriterien gelten. Wie groß ist das Flächenpotenzial in den vorbelasteten Bereichen bei Anwendung der aktuellen gesetzlichen Vorgaben?

5. Im Zwischenbericht wird Suchraum mit einer Flächengröße von 2.396 ha benannt, die im Rahmen der Bauleitplanung entwickelt werden müssten, weil diese nicht privilegiert sind. Die Frage nach der Flächengröße, die aus Sicht der Verwaltung überplant werden sollten, wird nicht beantwortet. Daraus ergeben sich die Nachfragen:

a. Ist es aus Sicht der Verwaltung sinnvoll, zum Schutz vor Beeinträchtigungen und zur Bewahrung der Ertragsfähigkeit landwirtschaftlicher Flächen eine Obergrenze für Solarfreiflächenanlagen zu definieren.

b. Wäre die prioritäre Inanspruchnahme vorbelasteter Flächen für Solarfreiflächenanlagen als strategisches Ziel der Stadt rechtlich begründbar? Können mit dieser strategischen Begründung Anträge zur Aufstellung von Bauleitplänen abgelehnt werden?


 


Begründung

 

Zu 1. Ist es korrekt, dass die Verwaltung die Erstellung eines Rahmenkonzeptes für Solarenergie-Freiflächenanlagen nach den Vorgaben des Landes Schleswig-Holstein zum gegenwärtigen Zeitpunkt für nicht erforderlich ansieht.

 

Antwort: Es wird im Beratungserlass des Landes SH kein Erfordernis formuliert, ein derartiges Rahmenkonzept zu erstellen. Wie im Bericht erwähnt, liefe ein Rahmenkonzept gerade in einer Großstadt wie Lübeck, mit ihrer Vielzahl an Infrastrukturen, Raumtypen und (fachrechtlichen) Restriktionen, ständig hinter einer sich ändernden Rechtslage her. Die Verwaltung ist daher eher der Auffassung, dass es im Rahmen der derzeitigen rechtlichen Regelungen nicht sinnvoll ist. Diese Auffassung kann sich mit dem Inkrafttreten der im Bund geplanten Regelungen zu „Solarenergiegebieten“245b BauGB-E) sowie ggfs. erforderlichen Anpassungen im Landesrecht ändern.

 

Zu 2. Ist es korrekt, dass die Verwaltung die Entwicklung von Kriterien für eine Prioritätensetzung zur Einleitung notwendiger Bauleitpläne derzeit nicht für erforderlich ansieht.

 

Antwort: Aufgrund des derzeit geringen Aufkommens besteht kein Erfordernis, eine zusätzliche Priorisierung von Bauleitplänen für Solar-Freiflächen über die derzeit geltenden Regeln hinaus vorzunehmen.

 

Zu 3. Ist es korrekt, dass der Flächenbedarf von Solaranlagen, wie dies im Masterplan Klimaschutz mit 200 ha benannt worden ist, deutlich oberhalb dieses Ziels anzusetzen wäre. Der Flächenbedarf kann jedoch erst nach Vorlage der kommunalen Wärmeplanung ermittelt werden.

 

Antwort: Das ist korrekt. Dem Wert von 200 ha liegen Annahmen zum Strommix und zum Strombedarf zugrunde, die äerst zurückhaltend bemessen sind und die sich erst mit fortschreitender Planung konkretisieren lassen können.

 

Zu 4. In einer ersten Einschätzung sind im Zwischenbericht 177 ha als vorbelastete und nach § 35 BauGB privilegierte Flächen für Solarfreiflächenanlagen benannt worden. Allerdings wurde bei der Überprüfung der privilegierten Flächen noch nicht die aktuelle gesetzliche Vorgabe zum überragenden öffentlichen Interesse berücksichtigt. Deshalb ist zu erwarten, dass in diesen vorbelasteten Räumen nur die Flächen konkret ausgeschlossen werden können, für die gesetzliche Ausschlusskriterien gelten. Wie groß ist das Flächenpotenzial in den vorbelasteten Bereichen bei Anwendung der aktuellen gesetzlichen Vorgaben?

 

Antwort: Der § 2 EEG, auf den hier abgestellt wird, sieht eine Abwägungsentscheidung zugunsten der Erneuerbaren Energien vor, falls keine Rechtsgüter im Wege stehen, die vom selben oder höheren Verfassungsrang sind wie der Art. 20a GG (Staatsziel Schutz der Tiere u der natürlichen Lebensgrundlagen). Arten- und naturschutzfachliche Ausschlusskriterien, die hiermit u.a. gemeint sind, haben aber bereits jetzt in privilegierten Gebieten zu einem Ausschluss dieser Flächen geführt. Damit dürfte sich auch unter den „aktuellen“ gesetzlichen Vorgaben, abgesehen von einzelnen redaktionellen Anpassungen, wenig an den bereits kartierten Flächenpotenzialen ändern.

 

Zu 5. Im Zwischenbericht werden Suchräume mit einer Flächengröße von 2.396 ha benannt, die im Rahmen der Bauleitplanung entwickelt werden müssten, weil diese nicht privilegiert sind. Die Frage nach der Flächengröße, die aus Sicht der Verwaltung überplant werden sollten, wird nicht beantwortet. Daraus geben sich die Nachfragen:

 

a)      Ist es aus Sicht der Verwaltung sinnvoll, zum Schutz vor Beeinträchtigungen und zur Bewahrung der Ertragsfähigkeit landwirtschaftlicher Flächen eine Obergrenze für Solarfreiflächenanlagen zu definieren.

 

Antwort: Eine Obergrenze bezöge sich unmittelbar nur auf Flächen, die nicht auf dem Wege der Privilegierung genehmigungsfähig wären. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass die Bedarfe nicht klar sind (s. 3), die kommunalen Klimaschutzziele sehr ambitioniert sind (Erklärung Klimanotstand 2019, Treibhausgas-Neutralität 2035), die rechtliche Lage dynamisch, und die HL von dieser Dynamik in besonderem Maße betroffen ist (s. 1), fällt die Antwort auf die Frage, wo diese pauschale Obergrenze denn genau verlaufen sollte, schwer. Die Definition einer Obergrenze wird durch die offene Frage erschwert, von welchem Maß an Beeinträchtigungen von einer Solar-Freiflächenanlage eigentlich konkret ausgegangen werden muss und welche Beeinträchtigungen im Gegenzug von einer Nichtbeachtung der fortschreitenden Klimakrise zu erwarten wären. Zur Bewahrung der landwirtschaftlichen Ertragsfähigkeit bzw. zu einer Sicherung stadtnaher landwirtschaftlicher Produktion im weiteren Sinne bedarf es nach Auffassung der Verwaltung eines weitaus differenzierteren Regelwerkes, als eine Obergrenze oder eine Beschränkung der Solarenergie auf ertragsarme Standorte setzen könnte. Es erscheint zielführender, ein Nebeneinander von Landwirtschaft und Solarenergie auf Ebene des Bebauungsplans zu gewährleisten, z.B. durch eine in den textlichen Festsetzungen verankerte Verpflichtung zu einer Beweidung der Flächen bzw. einer Rückumwandlung in Agrarfläche nach Nutzungsaufgabe.

 

b)      re die prioritäre Inanspruchnahme vorbelasteter Flächen für Solarfreiflächenanlagen als strategisches Ziel der Stadt rechtlich begründbar? Können mit dieser strategischen Begründung Anträge zur Aufstellung von Bauleitplänen abgelehnt werden?

 

Antwort: Gemäß § 1 Abs. 3 BauGB besteht kein Anspruch auf die Aufstellung von Bauleitplänen. Eine Ablehnung einer Planaufstellung bedarf daher keiner besonderen strategischen Begründung. Eine prioritäre Inanspruchnahme bestimmter Flächen im Stadtgebiet wäre als strategisches Ziel denkbar, würde aber vor allem in Form einer Selbstbindung der politischen Entscheidungsträger Wirkung entfalten können. Dieses Ziel könnte jederzeit eingeschränkt, ergänzt oder erweitert werden.


 


Anlagen


 

Stammbaum:
VO/2024/13005   Anfrage gem. §16 GO, BM Detlev Stolzenberg (Unabhängige Volt-PARTEI): Planungsarbeiten für Solarenergie-Freiflächenanlagen.   Geschäftstelle Unabhängige-Volt-PARTEI   Anfrage
VO/2024/13005-01   Anfrage gem. §16 GO, BM Detlev Stolzenberg (Unabhängige Volt-PARTEI): Nachfragen zur Beantwortung der Anfrage VO/2024/13005.   Geschäftstelle Unabhängige-Volt-PARTEI   Anfrage
2024/13005-01-01   Antwort auf Anfrage gem. §16 GO, BM Detlev Stolzenberg (Unabhängige Volt-PARTEI): Nachfragen zur Beantwortung der Anfrage VO/2024/13005.   5.610 - Stadtplanung und Bauordnung   Antwort auf Anfrage öffentlich