Zu 1.
Der § 23 Abs. 2 Nr. 1 SGB VIII gibt vor, der Tagespflegeperson angemessene Kosten, die ihr
für den Sachaufwand entstehen, zu erstatten. Diese Erstattungen werden in Lübeck in Form
einer Pauschale von derzeit 1,72 € pro Kind und Stunde geleistet.
Aufgrund gesetzlicher Vorgaben und Gerichtsentscheidungen muss die Zusammensetzung
solcher Pauschalen nicht nur angemessen sondern auch nachvollziehbar und begründet
sein. Eine Offenlegung der Berechnungen der Sachkostenpauschale erfolgte im Herbst 2018
auf der Internetplattform "Frag den Staat", nachdem mehrere vorhergehende Anfragen von
der Verwaltung unbeantwortet blieben.
Auch die dort dargelegten Berechnungen wurden in Anbetracht des zusätzlichen Mietkostenzuschusses von der Verwaltung selbst nicht als angemessen angesehen. Warum die
Sachkostenpauschalen nun auf die vom Land Schleswig-Holstein vorgegebenen Mindestsätze zurückgefahren werden sollen, ist also in keiner Weise verständlich, vielmehr bedeuten
die neuen Sachkostenpauschalen für die KTP im eigenen Haushalt eine Kürzung von 1,72 €
auf 1,10 € (rund 36,5 %) und für die KTP in externen Räumen auf 1,33 € (über 23 %) pro
Kind und Stunde.
Diese Kürzung ist nicht dadurch auszugleichen, dass die Sätze für die Förderbeträge angehoben wurden. Letztere stellen den Anerkennungsbetrag der Kindertagespflegepersonen für
ihre Förderleistung, mithin ihr eigentliches Einkommen, dar. Dieses kann und darf nicht dazu
dienen, den bisherigen Standard der Ausstattungsqualität aufrechtzuerhalten und /oder auszugleichen, insbesondere auch, da hierdurch der Mindestförderbetrag stillschweigend unterlaufen werden würde. Die Kürzung der Sachkostenpauschale ist also nicht hinnehmbar,
wenn die Qualität der Kindertagespflege keinen Schaden nehmen soll.
Zu 2:
In der Förderrichtlinie ist erneut vorgegeben, dass die Kindertagespflegeperson mit den Erziehungsberechtigten eine Vertretungsregelung hinsichtlich ihrer eigenen Erkrankungen zu
treffen hat. Dies widerspricht dem § 23 Abs. 4 SGB VIII, der den Träger der öffentlichen Jugendhilfe verpflichtet, für Ausfallzeiten einer Tagespflegeperson rechtzeitig eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind sicherzustellen.
Diese Vorschrift wird im KiTa-Reform-Gesetz ausdrücklich bekräftigt, indem der örtliche Träger nicht nur verpflichtet wird sicherzustellen, dass für Ausfallzeiten der Kindertagespflegepersonen stets eine andere Betreuungsmöglichkeit für das Kind zur Verfügung steht, sondern auch einfordert, dass zwischen Kind und Vertretungsperson bereits vor der Vertretungssituation eine sichere Bindung aufgebaut wird. Für den Aufbau eines Vertretungssystems erhielt die Stadt bereits Bundesförderung, so dass es möglich sein sollte, hier zügig ein
entsprechend zuverlässiges Vertretungssystem zu installieren.
Der zugrundeliegende Passus der Förderrichtlinie ist dementsprechend jedenfalls gesetzeskonform anzupassen.
Zu 3:
In der Förderrichtlinie fehlt eine Festschreibung der erhöhten Sätze für Kinder U1 und behinderte/von Behinderung bedrohte Kinder (sowie Angaben über deren Voraussetzungen/
Grundlagen) .
Minister Heiner Garg kündigte in der Pressekonferenz vom 07.05.2020 an: "Auch die im Kita-
Reform-Gesetz erstmals verbindlich geregelte Mindestvergütung für die Kindertagespflegeperson wird planmäßig umgesetzt, um auch hier Verlässlichkeit für Tagespflegepersonen zu
ermöglichen."
Dies muss auch im Rahmen der hier betroffenen Fälle gewährleistet werden. Weder ist es
den Kindertagespflegepersonen zumutbar, dass sie bereits zugesagte Betreuungsverträge
für hier betroffene Kinder weiterhin zum regulären Satz erfüllen müssen, noch ist den KTPPen und Kindern sowie Eltern zumutbar - ggf. vorübergehend bis zum 01.01.2021, ein weiteres Kind aufzunehmen, um die entsprechenden Verluste, aus der Verschiebung der Umsetzung am 01.01.2021 aufzufangen.
Zudem wird in der Begründung der KiTaReform zu den erhöhten Förderbedarfen ausgeführt,
dass eine Beeinträchtigung sehr oft erst nach der Aufnahme in die Kita festgestellt wird. Dies
gilt auch für die Kindertagespflege. Es wäre also hier schnellstmöglich abzuklären, ob auch
dort Kinder ohne Eingliederungshilfeanspruch einen erhöhten Förderbedarf haben, wie dies
z.B. bei Kindern mit Verhaltensauffälligkeiten, in familiären Belastungssituationen oder mit
Fluchterfahrungen sein kann und wie dies in der Praxis nachzuweisen und zu behandeln/
umzusetzen ist. Weiterhin wäre zu klären, ob und wie eine Vertretungsreglung auch für diese
Kinder umzusetzen ist.